1981 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über die Regierungsvorlage (1774 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird


Gemäß § 2 Abs. 1 Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz, BGBl. Nr. 112/1963, in der geltenden Fassung, darf, wer Speisesalz herstellt oder importiert, dieses, außer den in Abs. 3 genannten Fällen, nur nach Zusatz von 20 Milligramm Kaliumjodid je Kilogramm und unter der Bezeichnung “Vollsalz” in den Verkehr bringen, wobei auf der Umschließung der Hinweis “jodiert” aufzuscheinen hat.

Auf Grund wiederholter Anfragen zu dieser Bestimmung wurden seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales fachliche Stellungnahmen eingeholt, in welchen die Frage der Jodierung von Speisesalz kontroversiell beurteilt wurde.

Aus dem Gutachten des Obersten Sanitätsrates vom 22. März 1997 geht hervor, daß die Unbedenklichkeit von Jodat nicht durch Studien der jüngeren Literatur belegt ist. Geeignete Untersuchungen zum Wir­kungsmechanismus und zur Wirkungsstärke (Dosis – Wirkung – Beziehung), die eine Risikoabschätzung ermöglichen würden, konnten in der Literatur nicht gefunden werden.

Eine konkrete Gesundheitsgefährdung durch Jodat läßt sich durch das vorliegende Gutachten des Obersten Sanitätsrates zwar nicht erwarten, jedoch auch nicht mit völliger Sicherheit ausschließen. Derzeit wird als Argument für die Unbedenklichkeit des Jodates die langjährige breite Anwendung von Jodat als Zusatz von Speisesalz ohne Beobachtung allfälliger schädlicher Wirkungen an Menschen ins Treffen geführt.

Darüber hinaus wird in dem Gutachten auf den Umstand hingewiesen, daß nach Meinung verschiedener Experten die gleichzeitige Zulassung von Jodid und Jodat zur Jodierung des Speisesalzes insofern von gesundheitlicher Relevanz sein könnte, als das gemeinsame Vorhandensein von Jodid und Jodat in Lebensmitteln und Speisen zur Bildung des flüchtigen elementaren Jods führen könnte, wodurch die effektive Aufnahme an verfügbarem Jod verringert werden könnte. Sollte dieser Umstand von praktischer Relevanz sein, wäre eine EU-weit einheitliche Regelung sinnvoll, die die Verwendung entweder von Jodid oder von Jodat zur Jodierung des Speisesalzes regelt.

Im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich Nr. 98/4416 betreffend Schwierigkeiten beim Inverkehrbringen von Speisesalz wird seitens der Europäischen Kommission die Auffassung vertreten, daß die Republik Österreich mit der obgenannten Bestimmung, welche das Vertreiben von Speisesalz, dem Kaliumjodat beigefügt wurde, in Österreich verbietet, gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs gemäß Artikel 30 und 36 EG-Vertrag verstößt.

Artikel 30 EG-Vertrag verbietet mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten. Gemäß Artikel 36 sind allerdings Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverbote oder -beschränkungen unter anderem “zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen” zulässig, wenn sie weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.

Derartige Argumente für eine Anwendung des Artikel 36 EG-Vertrag liegen im gegebenen Zusammen­hang jedoch nicht annähernd vor.

In Einklang mit der europaweiten Verwendung von Jodat steht auch folgendes:

–   Der WHO/FAO Codex Alimentarius Standard nennt als geeignete Methode der Kochsalzjodierung den Zusatz von Natrium- und Kalium-Jodaten und Jodiden, wobei die Menge des Zusatzes von den natio­nalen Gesundheitsbehörden unter Berücksichtigung der örtlichen Jodmangelsituation festzulegen ist.

–   Das Zusatzstoffkomitee der WHO/FAO hat 1990 festgestellt, daß Jodat und Jodid bereits seit über 50 Jahren in zahlreichen Ländern als Zusatz zu Salz verwendet werden, ohne daß unerwünschte Nebenwirkungen aufgetreten sind. Es sind keine toxikologischen Daten verfügbar, welche bei der Einnahme dieses Salzes (unter 1 Milligramm Jod/Tag) Gefahren für die Gesundheit anzeigen. Das Komitee stellte weiter fest, daß Kaliumjodat für Zwecke der Salzjodierung wegen seiner höheren Stabilität, insbesondere in Ländern mit heißen und feuchten klimatischen Verhältnissen, geeigneter sei als Jodid (WHO Techn. Rep.Ser. 806/1991).


–   Auch die WHO/UNICEF/ICCIDD (International Council for Control of Iodine Deficience Disorders) Empfehlung zieht die Verwendung von Kaliumjodat wegen seiner höheren Stabilität dem Jodid vor (WHO/EURO/NUT/98.1 und WHO/NUT/94.6).

–   Darüber hinaus ist der Zusatz von Kaliumjodat gemäß der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung vom 8. August 1995, in Umsetzung der Richtlinie 91/321/EWG der Kommission vom 14. Mai 1991, sogar für Säuglingsnahrung zugelassen.

Es ist daher eine Änderung des Bundesgesetzes über den Verkehr von Speisesalz, welche neben dem Jodid- auch Jodat-Zusatz zuläßt, geboten. Aus grundsätzlichen toxikologischen Erwägungen sollten aber in Zukunft Untersuchungen durchgeführt werden, die die Unbedenklichkeit von Jodat unter Berücksichti­gung der Möglichkeiten der modernen Forschungsmethoden belegen. Österreich hat in dieser Angelegen­heit deshalb mehrfach die Europäische Kommission befaßt und wird auch weiterhin auf europäischer Ebene dafür eintreten, daß alle toxikologischen Untersuchungen nachgeholt werden, welche die Unbe­denklichkeit des Jodatzusatzes zum Speisesalz beweisen. Derzeit wird als Argument für diese Unbe­denklichkeit die langjährige breite Anwendung von Jodat als Zusatz von Speisesalz ohne Beobachtung allfälliger schädlicher Wirkungen am Menschen ins Treffen geführt.

Aus den in der Novelle vorgesehenen Änderungen erwachsen den Gebietskörperschaften keine Mehr­kosten gegenüber der geltenden Rechtslage.

Verfassungsrechtliche Grundlage für dieses Bundesgesetz ist Artikel 10 Abs. 1 Z 12 des Bundes-Verfassungsgesetzes, welcher den Kompetenztatbestand “Gesundheitswesen” hinsichtlich Gesetzgebung und Vollziehung in die Zuständigkeit des Bundes weist.

Der Gesundheitsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 10. Juni 1999 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil, Klara Motter, Mag. Herbert Haupt sowie der Ausschußobmann Dr. Alois Pumberger und die Bundesministerin für Arbeit, Gesund­heit und Soziales Eleonora Hostasch.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem vorgelegten Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1999 06 10

                              Mag. Johann Maier                                                          Dr. Alois Pumberger

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann