2030 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Verfassungsausschusses

 

über die Regierungsvorlage (1897 der Beilagen): Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbe­wahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz)

 

Der Schutz und die Erhaltung des kulturellen Erbes stellen für jeden Staat eine seiner vorrangigen Aufgaben dar. Kulturgut verkörpert nicht nur ein ideelles, sondern auch ein beträchtliches nationales Kapital, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen sein muß. Historische Unterlagen zählen zweifelsfrei zum kulturellen Erbe eines Staates.

Den im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses und in Wahrnehmung von Aufgaben des Bundes anfallen­den Unterlagen kommt für die Erforschung der Geschichte Österreichs besondere Bedeutung zu. Es ist daher durch gesetzliche Maßnahmen sicherzustellen, daß dieses Gut vor Vernichtung und Zersplitterung geschützt wird.

Da die geschichtliche Entwicklung Österreichs von allgemeinem und nicht nur von wissenschaftlichem Interesse ist, soll nicht nur der Wissenschaft, sondern auch generell den Bürgern ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Zugang zu den historisch wertvollen Unterlagen eingeräumt werden.

Mit der Einsicht in derartige Unterlagen ist jedoch in der Regel die Kenntnisnahme von personenbe­zogenen Daten und Äußerungen verbunden. Dadurch werden die verfassungsrechtlichen Grundfreiheiten und Menschenrechte der Betroffenen berührt.

In diesem Zusammenhang ist vor allem auf das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 Datenschutzgesetz, BGBl. Nr. 565/1978: “Jedermann hat Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbe­zogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens hat”) und auf das Grundrecht Schutz der Privatsphäre (Art. 8 MRK: “Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs”) zu verweisen.

Weiters ist die in der Bundesverfassung normierte Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit (Art. 20 Abs. 3 B-VG) zu erwähnen.

Diesen den Zugang zu den Archivalien einschränkenden verfassungsrechtlichen Regelungen steht vor allem das Grundrecht der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre (Art. 17 StGG) und das berechtigte Interesse des Bürgers auf Information über die historischen Abläufe in der politischen und kulturellen Entwicklung Österreichs gegenüber.

Auf europäischer Ebene ist auf die Schlußfolgerungen des Rates vom 17. September 1994 zur verstärkten Zusammenarbeit im Archivwesen, ABl. Nr. C 235 vom 23. August 1997, S 3, zu verweisen, wonach nach Auffassung des Rates die Archive einen beachtlichen Teil des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung im Sinne von Art. 128 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft darstellen. Die Nutzung der Archive kann zur Erreichung des ebenfalls im Art. 128 genannten Zieles beitragen, die Kenntnis der Kultur und der Geschichte der europäischen Völker zu verbessern.

In der Entschließung vom 14. November 1991 betreffend das Archivwesen hat der Rat (ABl. Nr. C 314 vom 5. Dezember 1991, S 2) ausdrücklich festgehalten, daß das Erbe der europäischen Archive eine unverzichtbare Quelle für die europäische Geschichtsschreibung und für die Geschichtsschreibung jeder einzelnen Nation ist und daß gut geführte und zugängliche Archive einen entscheidenden Beitrag zum demokratischen Gesellschaftssystem leisten.

Diese Feststellungen und Schlußfolgerungen der Organe der Europäischen Union sind uneingeschränkt auch auf Österreich zu übertragen.

Der Schutz von historisch wertvollen Unterlagen ist durch das Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/ 1923, sichergestellt. In der zur Zeit geltenden Fassung des Denkmalschutzgesetzes ist der Archivalien­begriff nicht definiert. Der Archivalienbegriff ist in der Durchführungsverordnung zum Denkmalschutz­gesetz vom 19. Jänner 1931, BGBl. Nr. 56, definiert. Diese Verordnung steht derzeit noch in Geltung.

Auf Grund der technischen Entwicklung werden schriftliche Aufzeichnungen, denen historische Bedeu­tung zukommt, vielfach nicht mehr auf Papier, sondern auf elektronischen Informationsträgern hergestellt und aufbewahrt. Da der Archivalienbegriff aus dem Jahre 1931 diese technischen Möglichkeiten nicht berücksichtigt, unterliegen derartige elektronische Informationsträger nicht dem Denkmalschutz, so daß wertvolle historische Informationen verloren werden könnten.

Der derzeit in parlamentarischer Behandlung stehende Entwurf einer Novelle des Denkmalschutzgesetzes (Regierungsvorlage, 1769 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP) enthält im § 25 die Definitionen der Begriffe “Archivalien” und “Schriftgut”, die den technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie Rechnung tragen.

Eine gesetzliche Zugangsregelung zu diesen Unterlagen des Bundes besteht jedoch derzeit nicht.

Der vorliegende Entwurf soll daher im Interesse der Rechtssicherheit den Begriff des Archivgutes des Bundes klar umschreiben und die Zugangsmöglichkeiten zu diesem Archivgut unter Beachtung schutz­würdiger Belange Dritter normieren. Dabei ist auf eine Interessensabwägung zwischen den Grundrechten der Informations- und Wissenschaftsfreiheit einerseits und den Grundrechten auf Schutz der Persön­lichkeit und der Privatsphäre andererseits Bedacht genommen worden.

Die Regelungen über den Zugang zu den archivwürdigen Unterlagen sind im vorliegenden Entwurf eingeschränkt auf das Archivgut des Bundes.

Der Zugang zum Archivgut der Länder und Gemeinden und zum Archivgut von Privaten kann nämlich mangels verfassungsgesetzlicher Zuständigkeit nicht durch “einfaches” Bundesgesetz geregelt werden.

Auf den Kompetenztatbestand “Denkmalschutz” Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG können derartige Regelungen aus folgenden Gründen nicht gestützt werden:

Der Kompetenztatbestand “Denkmalschutz” ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungs­gerichtshofes zur Auslegung von Kompetenztatbeständen in der Bedeutung zu verstehen, die ihm im Zeitpunkt seines Wirksamwerdens am 1. Oktober 1925 (vgl. VfSlg. 4680/1964) – nach dem damaligen Stand der Rechtsordnung – zugekommen ist. Am 1. Oktober 1925 stand bereits das auch heute noch geltende Denkmalschutzgesetz vom 25. September 1923, BGBl. Nr. 533, in Kraft. Dieses Gesetz versteht unter Denkmälern von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschicht­licher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung. Unter dem Begriff “Denkmalschutz” sind alle jene Maßnahmen einzuordnen, die mittelbar oder unmittelbar zur Verhinderung der Zerstörung oder wesensfremden Veränderung von Denkmälern dienen sollen.

In seinem Erkenntnis VfSlg. 14266/1995 hat der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit unbe­weglichen Denkmälern festgehalten, daß der Kompetenztatbestand “Denkmalschutz” allein schon durch die Verwendung des Begriffes “Schutz” ein finales Element enthält. Der Denkmalschutz umfasse daher nur Regelungen, die der Abwehr spezifischer Gefahren für solche Denkmäler dienen. Dabei gehe es freilich nicht um Gefahren jeglicher Art. Vielmehr könnten, gestützt auf den Kompetenztatbestand “Denkmal­schutz”, nur Regelungen erlassen werden, die der Abwehr solcher einem Denkmal drohenden Gefahren dienen, die für die mit dem Kompetenztatbestand “Denkmalschutz” umschriebene Verwaltungsmaterie typisch sind. In der Folge prüfte der VfGH anhand des Versteinerungsmaterials, welchen Gefahren durch gesetzliche Regelungen im Rahmen dieses Kompetenztatbestandes zulässiger­weise begegnet werden könne. Dabei hielt er auch fest, daß sich der Inhalt des Kompetenzbegriffes “Denkmalschutz” keineswegs in der Gesamtheit der am Tage des Wirksamwerdens dieses Kompetenz­tatbestandes geltenden Gesetze erschöpfe; vielmehr seien auch Neuregelungen zulässig, sofern sie nur nach ihrem Inhalt systematisch dem Kompetenztatbestand angehören. Für eine derartige “intrasyste­matische” Weiterentwicklung müßte allerdings ein denkmalschutzrechtlicher Ansatzpunkt bestehen.

Wenngleich der VfGH seine Aussagen ausdrücklich auf unbewegliche Denkmäler bezogen hat, ist davon auszugehen, daß die oben angeführten Aussagen grundsätzlich auch bei beweglichen Denkmälern Geltung beanspruchen können.

Auf den Kompetenztatbestand “wissenschaftlicher und fachtechnischer Archiv- und Bibliotheksdienst” Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG können derartige umfassende Zugangsregelungen ebenfalls nicht gestützt werden:

Eine historische Analyse zeigt nämlich, daß in Vorentwürfen zum B-VG 1920 ein entsprechender Kompe­tenztatbestand “Archivwesen” vorgesehen war: So war im Mayrschen Privatentwurf ein Kompetenztat­bestand “Bundesarchivwesen” enthalten (siehe Ermacora, Die Entstehung der Bundesverfassung 1920, 118), im 6. Mayr-Entwurf der Begriff “Archiv- sowie Bibliothekswesen sowie die Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaftlichen Sammlungen” (Ermacora, aaO 166). Bei einer Aussprache mit Parteienvertretern wurde dieser Kompetenztatbestand diskutiert und die Einschränkung auf “Archiv- und Bibliotheksdienst” vorgeschlagen (Ermacora, aaO 176). Im Linzer-Entwurf ist wiederum der Begriff “Archiv- und Bibliothekswesen” enthalten (Ermacora, aaO 182). In der Folge wurde die Forderung nach Abänderung dieses Begriffes in “Archiv- und Bibliotheksdienst” verlangt (Ermacora, aaO 203), wobei zunächst der Kompetenztatbestand “Archiv- und Bibliothekswesen” noch beibehalten wurde (siehe den Kompetenzkatalog für den Unterausschuß des Verfassungsausschusses: Ermacora, aaO 213). Auf Grund von Änderungsanträgen bei den Beratungen wurde schließlich der Begriff “Regelung des wissenschaft­lichen und fachtechnischen Archiv- und Bibliotheksdienstes” aufgenommen (Ermacora, aaO 243). Im Verfassungsausschuß entfielen noch die Worte “Regelung des” (Ermacora, aaO 275). Die endgültige Fassung lautete letztlich “wissenschaftlicher und fachtechnischer Archiv- und Bibliotheksdienst”.

 

2

In den Erkenntnissen VfSlg. 2784 und 2916/1955 hat der VfGH die Auffassung vertreten, unter Ange­legenheiten des “Dienstes” im Sinne des Kompetenztatbestandes “wissenschaftlicher und fachtechnischer Archiv- und Bibliotheksdienst” seien “offensichtlich nur organisatorische Einrichtungen in dem betref­fenden Verwaltungszweig” zu verstehen, nicht aber auch die materiellrechtliche Seite der betreffenden Verwaltungsaufgaben.

Schließlich bietet auch der Kompetenztatbestand “Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaft­lichen Sammlungen und Einrichtungen des Bundes” (Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG) keine geeignete Grundlage für eine allgemeine Zugangsregelung zu Archivgut.

Durch die B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, wurde nämlich die vormals umfassende Zuständigkeit des Bundes, künstlerische und wissenschaftliche Sammlungen und Einrichtungen in Gesetzgebung und Vollziehung zu besorgen, auf künstlerische und wissenschaftliche Einrichtungen des Bundes beschränkt. Damit sollte nach den Materialien “gewährleistet werden, daß die künstlerischen und wissenschaftlichen Sammlungen und Einrichtungen der Länder und Gemeinden hinsichtlich der Gesetzgebung und Voll­ziehung Landessache werden. Damit wurde einem Wunsch der Länder Rechnung getragen, der darin bestand, für ihre eigenen und die Einrichtungen der Gemeinden, insbesondere die Landes- und Orts­museen, eigene Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen zu haben” (EB zur RV 182 BlgNR, 13. GP, 14).

Eine gesetzliche Zugangsregelung zu den Archivalien der Länder besteht derzeit nur in Kärnten (siehe LGBl. Nr. 40/1997). In den übrigen Ländern ist der Zugang durch Statuten und Benützungsordnungen geregelt, wobei grundsätzlich eine 50jährige gleitende Archivsperre mit bestimmten Ausnahmen vorherrscht.

Die verfassungsrechtliche Grundlage für den vorliegenden Gesetzentwurf findet sich in Art. 10 Abs. 1 Z 13 (wissenschaftlicher und fachtechnischer Archiv- und Bibliotheksdienst, Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaftlichen Sammlungen und Einrichtungen des Bundes), Art. 10 Abs. 1 Z 16 (Einrichtungen der Bundesbehörden und sonstigen Bundesämter), Art. 17 und soweit sich der Gesetz­entwurf auf die durch Bundesgesetz eingerichteten juristischen Personen öffentlichen Rechts bezieht (§ 2 Z 4 lit. b des Entwurfes), stützt er sich auf die entsprechende Kompetenzbestimmung, auf der das betreffende Gesetz beruht, mit dem die betreffende Einrichtung errichtet wurde.

Der Verfassungsausschuß hat die erwähnte Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Juli 1999 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Gerhard Kurzmann, Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits sowie der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann.

Zwei Abänderungsanträge des Abgeordneten Dr. Volker Kier sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen fanden nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Peter Kostelka mit Stimmenmehrheit angenommen.

Dem angenommenen Abänderungsantrag war nachstehende Begründung beigegeben:

“Zu Z 1:

Durch diese Regelung soll ausdrücklich die Möglichkeit der Übertragung des Archivguts der Kammern an die Landesarchive normiert werden.

Zu Z 2:

Die im § 5 Abs. 7 der Regierungsvorlage vorgesehene Skartierung von nicht archivwürdigem Schriftgut ist auch vor dem Hintergrund datenschutzrechtlicher Argumente zu sehen. Anstelle der Vernichtung von Schriftgut, das bei Bundesdienststellen in den Ländern angefallen ist, soll aber die Möglichkeit geschaffen werden, dieses den Ländern zur Archivierung anzubieten.

Zu Z 3:

Durch diese Regelung soll das Österreichische Staatsarchiv verpflichtet werden, das Archivgut im Rahmen der vorhandenen Resourcen wissenschaftlich zu bearbeiten.”

Weiters stellt der Verfassungsausschuß mit Stimmenmehrheit folgendes fest:

“Zu § 5 Abs. 6:

Der Verfassungsausschuß geht davon aus, daß in den vom Bundesminister für Justiz zu erlassenden Verordnungen Vorsorge zu treffen ist, daß Bestände, die für den Rechtsgüterschutz unentbehrlich sind, wie Grundbücher oder Verlassenschaftsakten, vorrangig den Landesarchiven anzubieten sind.

Zu § 16:

Der Verfassungsausschuß hält fest, daß bei den von den Rechtsvorgängern der Bundesdienststellen (zB Landesdienststellen als Rechtsvorgänger der Sicherheitsdirektion) angelegten, nunmehr in den Landesarchiven aufbewahrten Akten jedenfalls von der Rechtmäßigkeit der Aufbewahrung im jeweiligen Landesarchiv auszugehen ist.”

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1999 07 01

                            Dr. Günther Kräuter                                                          Dr. Peter Kostelka

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz)

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Geltungsbereich

§ 1. Dieses Gesetz regelt die Archivierung und die Nutzung von Archivgut des Bundes.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten:

           1. Archivalien:

               Archivalien gemäß § 25 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes, BGBl. Nr. 533/1923.

           2. Schriftgut:

               Schriftgut gemäß § 25 Abs. 2 des Denkmalschutzgesetzes, ausgenommen persönliche Unterlagen wie beispielsweise Aufzeichnungen und Notizen.

           3. Archivgut:

               Archivalien, die nach dem Denkmalschutzgesetz unter Schutz stehen.

           4. Archivgut des Bundes:

               Archivgut, das bei folgenden Einrichtungen in Wahrnehmung der Aufgaben anfällt:

                a) Bundesdienststellen;

               b) bei juristischen Personen öffentlichen Rechts, die durch einfaches Bundesgesetz eingerichtet sind;

                c) Unternehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 vH des Grund-, Stamm- oder Eigen­kapitals beteiligt ist oder die der Bund durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht und die im Allgemeininteresse liegende Auf­gaben nichtgewerblicher Art erfüllen;

               d) Stiftungen und Fonds, wenn der Bund überwiegend das Stiftungs- oder Fondsvermögen bereitgestellt hat;

                e) Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Organen des Bundes oder von Personen verwaltet werden, die hierzu von Organen des Bundes bestellt sind.

           5. Archivieren:

               Erfassen, Übernehmen, Verwahren, Erhalten, Instandsetzen, Ordnen, Erschließen, Verwerten und Nutzbarmachen von Archivgut des Bundes für die Erforschung der Geschichte und Gegenwart, für sonstige Forschung und Wissenschaft, für die Gesetzgebung, Rechtsprechung, Verwaltung sowie für berechtigte Belange der Bürger.

           6. Archiv:

               Einrichtung, welche ausschließlich oder überwiegend Tätigkeiten gemäß Z 5 wahrnimmt.

           7. Archive des Bundes:

               Das Österreichische Staatsarchiv, die Archive der Bundesdienststellen und der Einrichtungen, denen nach diesem Gesetz die Archivierung von Archivgut des Bundes obliegt.

Zuständigkeit zur Archivierung

§ 3. (1) Das Archivieren von Archivgut der Bundesdienststellen obliegt grundsätzlich dem Österrei­chischen Staatsarchiv.

(2) Abweichend von Abs. 1 können folgende Bundesdienststellen für das in ihrem Bereich anfallende Archivgut eigene Archive führen:

           1. die Parlamentsdirektion;

           2. der Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof und Oberste Gerichtshof;

           3. die Universitäten;

           4. das Bundesdenkmalamt, die Österreichische Nationalbibliothek, die Bundesmuseen, die Österrei­chische Phonothek und Hofmusikkapelle;

           5. das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen.

(3) Die Einrichtungen gemäß § 2 Z 4 lit. b bis lit. e haben das in ihrem Bereich anfallende Archivgut selbst zu archivieren oder für dessen Archivierung zu sorgen. Sie können aber auch das Archivgut dem Österreichischen Staatsarchiv zur Archivierung übergeben. In diesem Fall geht das Archivgut in das Eigentum des Bundes über. Die durch Bundesgesetz eingerichteten Kammern können das in ihrem Bereich angefallene Schriftgut mittels Vertrag auch den Landesarchiven zur Archivierung übertragen, wenn die Wahrung der Rechte gemäß §§ 7 und 9 sichergestellt und für die Nutzung dieses Archivgutes eine Benutzungsordnung entsprechend § 10 festgelegt ist.

(4) Der Bundeskanzler kann, wenn es im Interesse einer fachgerechten Archivierung gelegen ist, durch Vertrag geeignete Einrichtungen zur Archivierung von Archivgut des Bundes heranziehen, das in Form von Bild-, Film-, Video- und Tonmaterial angefallen und nach diesem Gesetz oder auf Grund einer Vereinbarung vom Österreichischen Staatsarchiv zu archivieren ist.

(5) Das Österreichische Staatsarchiv hat auf Verlangen die Bundesdienststellen gemäß Abs. 2 und die Einrichtungen gemäß Abs. 3 in Fragen der Archivierung zu beraten.

(6) Der Bundeskanzler ist im Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesminister ermächtigt, Archivgut, das bei Dienststellen des Bundes in den Ländern anfällt, dem Archiv des jeweiligen Landes ins Eigentum zu übertragen,

           1. soweit das Archivgut überwiegend von regionaler Bedeutung ist und

           2. das Land dieser Übertragung ohne Anspruch auf Kostenersatz zustimmt und die Wahrung der Rechte gemäß §§ 7 und 9 sichergestellt und für die Nutzung dieses Archivgutes eine Benutzungsordnung entsprechend § 10 festgelegt ist.

Archivregister

§ 4. (1) Das Österreichische Staatsarchiv hat zur Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten von Archivgut ein öffentliches Archivregister zu führen.

(2) Das Register hat, soweit das Österreichische Staatsarchiv hiervon Kenntnis hat, insbesondere zu enthalten:

           1. die in Österreich eingerichteten Archive samt Anschrift, gegliedert nach Bundes-, Landes-, Kommunal- und Privatarchiven;

           2. eine allgemeine Übersicht über die in den Archiven gelagerten Unterlagen;

           3. die Benützungsbedingungen der Archive.

(3) Die Archive des Bundes sind verpflichtet, dem Österreichischen Staatsarchiv für die Einrichtung und Führung des Registers die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Das Österrei­chische Staatsarchiv hat mit den anderen Archiven die Zusammenarbeit zum Aufbau und zum Führen des Archivregisters zu suchen.

(4) Jedermann kann unentgeltlich Einsicht in dieses Register nehmen. Das Österreichische Staats­archiv hat das Register über das Internet zur Einsicht anzubieten.

Aussonderung, Anbietung und Skartierung

§ 5. (1) Die Bundesdienststellen, die gemäß § 3 Abs. 2 kein eigenes Archiv führen, haben, soweit völkerrechtliche Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen, das gesamte Schriftgut, das bei der Erfüllung ihrer Aufgaben oder der ihrer Rechtsvorgänger angefallen ist und zur Erfüllung ihrer laufenden Aufgaben nicht mehr benötigt wird, auszusondern und dem Österreichischen Staatsarchiv grundsätzlich zusammen mit den für die Benützung notwendigen Behelfen (zB Register) zur Übernahme anzubieten.

(2) Das Schriftgut, das keine dem § 1 Abs. 3 des Datenschutzgesetzes unterliegenden Daten enthält, ist spätestens 30 Jahre nach der letzten inhaltlichen Bearbeitung anzubieten, wenn nicht der besondere Inhalt des Schriftgutes oder gesetzliche Regelungen eine längere Aufbewahrung bei der betreffenden Stelle erfordern. Ist das Schriftgut aktenmäßig zusammengefaßt, so bestimmt sich dieser Zeitraum nach dem Datum des jüngsten Schriftstückes der Akte. Das Datum der inhaltlich letzten Bearbeitung ist gleichzeitig der Beginn der Schutzfristen gemäß § 8.

(3) Schriftgut, das Daten enthält, die gemäß § 1 Abs. 3 des Datenschutzgesetzes zu löschen wären, weil sie zur Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, nicht mehr erforderlich sind, ist vor seiner Löschung bzw. Vernichtung auf seine Eigenschaft als Archivgut zu überprüfen. Wird diese Eigenschaft festgestellt, ist das Schriftgut unter Verschluß dem Österreichischen Staatsarchiv zu übergeben, wobei das Datum des Ablaufs der Schutzfrist anzugeben ist.

(4) Die Bundesregierung ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welchen Arten von Schriftgut die Eigenschaft eines Archivgutes offenkundig nicht zukommt oder zukommen wird. Bei Schriftgut auf elektronischen Datenträgern kann in der Verordnung geregelt werden, in welchen Fällen aus Gründen der technischen Möglichkeit oder der wirtschaftlichen Vertretbarkeit von der Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 3 abgesehen werden darf.

(5) Schriftgut ist grundsätzlich im Original, Schriftgut auf elektronischen Informationsträgern, in einer Form zur Übernahme anzubieten, die zum Zeitpunkt des Anbietens den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.

(6) Der Bundesminister für Justiz hat mit Verordnung für Schriftgut von gerichtlichen Verfahren die näheren Vorschriften über die Aussonderung, die Anbietung sowie die Skartierung zu erlassen. In dieser Verordnung ist im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler vorzusehen, welches Schriftgut zunächst dem Österreichischen Staatsarchiv anzubieten ist. Für derartiges Schriftgut und für Schriftgut, das beim Verfassungsgerichtshof, beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Obersten Gerichtshof anfällt, beträgt die Anbietungsfrist 50 Jahre.

(7) Schriftgut, das im Zuge des Anbietens vom Österreichischen Staatsarchiv nicht als Archivgut gewertet wird, ist zu skartieren; Schriftgut auf elektronischen Informationsträgern ist zu löschen. Ausgenommen davon ist das Schriftgut gemäß Abs. 6, sofern es nicht unter Abs. 3 fällt.

(8) Archivgut in Form von Bild-, Film-, Video- und Tonmaterial ist spätestens 30 Jahre nach der Herstellung anzubieten; es kann anstelle des Originals in Form einer Kopie angeboten werden.

(9) Vor Skartierung gemäß Abs. 7 ist das Schriftgut, das bei Dienststellen des Bundes in den Ländern angefallen ist, dem zuständigen Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, sofern nicht datenschutz­rechtliche Bestimmungen dem entgegenstehen.

Ermittlung und Übernahme des Archivgutes des Bundes

§ 6. (1) Die Bundesdienststellen haben, soweit sie gemäß § 3 Abs. 2 kein eigenes Archiv unterhalten, dem Österreichischen Staatsarchiv anzuzeigen, welches Schriftgut gemäß § 5 ausgesondert und angeboten wird. Im Zuge des Anbietens haben die Bundesdienststellen am Schriftgut, bei dem die Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 2 vorliegen, einen entsprechenden Vermerk anzubringen.

(2) Das Österreichische Staatsarchiv stellt innerhalb eines Jahres endgültig fest, welches Schriftgut als Archivgut gilt. Hierzu hat die anbietende Stelle dem Österreichischen Staatsarchiv vollständigen Einblick in das betreffende Schriftgut zu gewähren. Entscheidet das Österreichische Staatsarchiv nicht innerhalb dieser Frist, so gilt das betreffende Schriftgut nicht als Archivgut. Das Archivgut ist vom Österreichischen Staatsarchiv zu übernehmen.

(3) Das Schriftgut, das unmittelbar beim Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Vizekanzler, bei einem Bundesminister oder Staatssekretär in Ausübung ihrer Funktion oder in deren Büros anfällt und nicht beim Nachfolger verbleiben soll, ist unverzüglich nach dem Ausscheiden aus der Funktion dem Österreichischen Staatsarchiv zu übergeben. Dieses Schriftgut ist vom Österreichischen Staatsarchiv bis zum Ablauf von 25 Jahren nach dem Ausscheiden aus der Funktion gesondert unter Verschluß und versiegelt aufzubewahren. In dieses Schriftgut darf, sofern bundesgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur mit Zustimmung des seinerzeitigen Funktionsinhabers oder einer von ihm bestimmten Person Einsicht genommen werden. Ist keine Person bestimmt worden, so bedarf es im Falle des Ablebens des Funktionsinhabers der Zustimmung der unmittelbaren Nachkommen. Über jede Einsicht während dieser Frist sind genaue Aufzeichnungen zu führen.

(4) Das Österreichische Staatsarchiv hat anläßlich der Übernahme von Archivgut jeweils den Beginn des Laufes der Schutzfrist gemäß § 5 Abs. 2 festzustellen.

Recht auf Auskunft und Gegendarstellung

§ 7. (1) Soweit Daten nicht ohnehin dem Auskunftsrecht nach dem Datenschutzgesetz unterliegen, haben Archive des Bundes Betroffenen auf Antrag Auskunft über die sie betreffenden Daten zu erteilen, soweit

           1. das Archivgut erschlossen ist,

           2. die Betroffenen Angaben machen, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und

           3. der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand im Verhältnis zu dem geltend gemachten Informationsinteresse steht.

(2) Die Auskunft nach Abs. 1 kann auch durch Einsicht in das Archivgut gewährt werden, wenn der Erhaltungszustand des Archivgutes dies erlaubt.

(3) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit überwiegende berechtigte Interessen eines anderen oder überwiegende öffentliche Interessen der Auskunftserteilung entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit

           1. des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder

           2. der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder

           3. der Sicherstellung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung oder

           4. des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Repu­blik Österreich oder der Europäischen Union oder

           5. der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten

ergeben.

(4) Machen Betroffene glaubhaft, daß das Archivgut eine falsche Tatsachenbehauptung enthält, die sie erheblich in ihren Rechten beeinträchtigt, so können sie verlangen, daß dem betreffenden Archivgut eine vom Betroffenen verfaßte Gegendarstellung beigefügt wird. Die Gegendarstellung hat sich auf die Tatsachenbehauptung zu beschränken und die entsprechenden Beweismittel anzuführen, auf die die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung gestützt wird. Dies gilt nicht für Schriftgut von gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren.

(5) Zur Entscheidung in den Fällen gemäß Abs. 3 und 4 ist jene Stelle zuständig, bei der die Unterlagen entstanden sind.

(6) Zur Erschließung gemäß § 2 Z 5 dürfen die Archive des Bundes das Archivgut mittels elektro­nischer Informationsträger erfassen und speichern.

Freigabe von Archivgut zur Nutzung, Schutzfristen

§ 8. (1) Archivgut ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, erst nach Ablauf von 30 Jahren nach Beginn der Schutzfrist gemäß § 5 Abs. 2 letzter Satz zur Nutzung gemäß § 9 freizugeben.

(2) Würde durch die Freigabe gemäß Abs. 1 die öffentliche Sicherheit, die umfassende Landesvertei­digung oder auswärtige Beziehungen oder wichtige Interessen der Einrichtungen gemäß § 2 Z 4 lit. b bis e gefährdet werden, ist das betreffende Archivgut erst nach Wegfall dieser Gründe, spätestens jedoch nach Ablauf von 50 Jahren ab Beginn der Schutzfrist, zur Nutzung freizugeben.

(3) Archivgut gemäß § 5 Abs. 3 darf ebenfalls erst nach Ablauf der Schutzfrist von 50 Jahren zur Nutzung freigegeben werden.

(4) Die Schutzfristen gemäß Abs. 1 und 2 können von der abgebenden Stelle im Einzelfall bis auf 20 Jahre für wissenschaftliche Forschungen durch Personen mit einschlägigen Fachkenntnissen und Forschungserfahrungen verkürzt werden. Dabei können Auflagen im Interesse der Geheimhaltung gemäß Abs. 2 festgelegt werden. Ein Anspruch auf Verkürzung der Schutzfrist besteht nicht.

(5) Vor Ablauf der Schutzfrist gemäß Abs. 3 darf personenbezogenes Archivgut, außer im Fall der Einwilligung der Betroffenen, nur nach Ablauf von 20 Jahren ab Beginn der Schutzfrist im Einzelfall zur Nutzung freigegeben werden, wenn

           1. die Nutzung für die Durchführung eines bestimmten Forschungsvorhabens einer Person gemäß Abs. 4 erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht beeinträchtigt werden oder

           2. die öffentlichen Interessen an der Durchführung des Forschungsvorhabens gegenüber den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen.

(6) Die Schutzfristen gelten nicht für solches Archivgut, das bereits bei seiner Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt oder der Öffentlichkeit bereits zugänglich war.

Nutzung des Archivgutes

§ 9. (1) Jedermann ist berechtigt, gemäß § 8 freigegebenes Archivgut nach Maßgabe dieses Bundes­gesetzes und im Rahmen der Benutzungsordnung (§ 10) des betreffenden Archivs des Bundes zu amtlichen, wissenschaftlichen oder publizistischen Zwecken sowie zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange zu nutzen. Besondere Vereinbarungen mit den Eigentümern und testamentarische Verfügungen von sonstigem in Archiven des Bundes befindlichen Archivgut bleiben unberührt.

(2) Das gemäß § 8 Abs. 4 und 5 vorzeitig freigegebene Archivgut darf nur für wissenschaftliche Zwecke oder nur für Zwecke, für die die Einwilligung erteilt worden ist, verwendet werden.

(3) Das betreffende Archiv kann Personen, die gegen Abs. 2 oder wiederholt oder schwerwiegend gegen die Benutzungsordnung verstoßen, die Nutzung von Archivgut untersagen.

(4) Die Nutzung von Archivgut ist einzuschränken oder zu versagen, soweit

           1. das Archivgut dadurch gefährdet wird,

           2. ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand verursacht wird,

           3. die Aufgaben des Archivs des Bundes in einem unvertretbaren Maße erschwert werden,

           4. eine Vereinbarung mit dem Eigentümer des betreffenden Archivgutes oder eine testamentarische Verfügung oder Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes entgegenstehen,

           5. der Benutzungszweck anderweitig, insbesondere durch Einsichtnahme in Druckwerke oder Reproduktionen hinlänglich erreicht werden kann oder

           6. das Archivgut wegen gleichzeitiger anderweitiger Nutzung nicht verfügbar ist.

(5) Die Nutzung des Archivgutes erfolgt in der Regel durch persönliche Einsicht. Schriftliche Auskunft ist dann zu erteilen, wenn damit ein vertretbarer Arbeitsaufwand nicht überschritten wird.

Benutzungsordnungen

§ 10. (1) Jedes Archiv des Bundes hat eine Benutzungsordnung zu erlassen, die im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und im jeweiligen Archiv durch Anschlag zu veröffentlichen ist.

(2) Die Benutzungsordung hat insbesondere zu regeln:

           1. die Vorgangsweise und die Sorgfaltspflichten bei der Nutzung von Archivgut;

           2. die Herstellung von Kopien und Reproduktionen;

           3. die Haftung der Benutzer für Schäden am Archivgut und die Haftung des Archivs gegenüber den Nutzern;

           4. die Nutzung des Archivgutes durch die abgebende Stelle;

           5. die Entgelte für die Nutzung von Archivgut und den Kostenersatz für die Herstellung von Kopien und Reproduktionen;

           6. die sonstigen Vertragsbedingungen für die Nutzung des Archivgutes.

(3) Die Entgelte gemäß Abs. 2 Z 5 sind unter Berücksichtigung des Benutzungszweckes nach dem Personal- und Sachaufwand, den die Benutzung dem Archiv des Bundes verursacht, zu bestimmen. Vom Entgelt kann aus besonderen persönlichen berücksichtigungswürdigen Gründen des Nutzers, aus besonderem wissenschaftlichen Interesse oder öffentlichen Interesse abgesehen werden.

Veröffentlichung von Werken

§ 11. (1) In Werken dürfen personenbezogene Daten erst zehn Jahre nach dem Tode der Betroffenen oder Untergang der juristischen Personen veröffentlicht werden, es sei denn, die Betroffenen haben ausdrücklich der Veröffentlichung zugestimmt. Ist das Todesjahr nicht feststellbar, endet die Schutzfrist 110 Jahre nach der Geburt der Betroffenen.

(2) Die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten ist jedoch vor Ablauf der Frist gemäß Abs. 1 zulässig, wenn an deren Veröffentlichung wegen der Stellung der betroffenen Person im öffentlichen Leben oder wegen eines sonstigen Zusammenhanges mit dem öffentlichen Leben ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit besteht. Dies gilt nicht für Daten des höchstpersönlichen Lebensbereiches.

(3) Die Medieninhaber (Verleger) sind verpflichtet, von veröffentlichten Werken, die unter wesentlicher Verwendung von Archivgut des Bundes verfaßt wurden, kostenlos ein Belegexemplar dem betreffenden Archiv des Bundes abzuliefern.

2. Abschnitt

Österreichisches Staatsarchiv

Organisation

§ 12. (1) Das Österreichische Staatsarchiv ist eine Dienststelle des Bundes. Es untersteht unmittelbar dem Bundeskanzler.

(2) Mit der Leitung des Österreichischen Staatsarchivs ist der Generaldirektor betraut. Die innere Organisation des Österreichischen Staatsarchivs legt der Bundeskanzler fest. Das Österreichische Staatsarchiv hat das ihm übergebene Archivgut zu archivieren und nach Maßgabe vorhandener personeller Ressourcen auch wissenschaftlich zu bearbeiten.

Übernahme von sonstigem Archivgut

§ 13. (1) Das Österreichische Staatsarchiv kann Archivgut, das ihm nach diesem Gesetz nicht anzubieten ist, auf vertraglicher Grundlage oder durch letztwillige Verfügung für den Bund erwerben oder in Verwahrung nehmen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht.

(2) Das gemäß Abs. 1 erworbene oder in Verwahrung genommene Archivgut unterliegt, wenn nicht ausdrücklich anderes vereinbart ist, den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

Zuwendungen an das Österreichische Staatsarchiv

§ 14. (1) Das Österreichische Staatsarchiv kann für den Bund durch Schenkungen und letztwillige Verfügungen Vermögen erwerben. Für einen derartigen Erwerb von beweglichem und unbeweglichem Vermögen bedarf es der Zustimmung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen.

(2) Das Österreichische Staatsarchiv darf das Vermögen gemäß Abs. 1 für seine Zwecke verwenden, sofern keine andere Zweckwidmung vom Schenker oder Erblasser bestimmt worden ist.

3. Abschnitt

Schluss und Übergangsbestimmungen

Abgrenzung zu sonstigen Bundesgesetzen

§ 15. Andere gesetzliche Bestimmungen, die Einsichts-, Mitteilungs- und Vorlagerechte und
-pflichten sowie Auskunftspflichten regeln, bleiben unberührt; ebenso die Bestimmungen des Personen­standsgesetzes, BGBl. Nr. 60/1983, über die Aufbewahrung von Büchern und Akten sowie die Rechte nach dem Urheberrechtsgesetz.

Vor dem 1. Jänner 2000 angefallenes Archiv- und Schriftgut, Archivregister, Einrichtung von Archiven

§ 16. (1) Auf Unterlagen, die nach diesem Bundesgesetz als Schriftgut gelten und vor dem 1. Jänner 2000 bei einer Bundesdienststelle oder bei einem ihrer Rechtsvorgänger angefallen sind, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden, es sei denn, sie befinden sich zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig nicht mehr bei einer Bundesdienststelle.

(2) Auf Unterlagen, die nach diesem Bundesgesetz als Archivgut gelten und vor dem 1. Jänner 2000 bei einer Einrichtung gemäß § 2 Z 4 oder bei einem ihrer Rechtsvorgänger angefallen sind, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden, soweit sich diese Unterlagen zu diesem Zeitpunkt bei einer solchen Einrichtung oder in einem Archiv des Bundes befinden.

(3) Ist zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei Unterlagen gemäß Abs. 1 der Zeitraum gemäß § 5 bereits abgelaufen, so sind die Unterlagen innerhalb eines Jahres dem nach diesem Bundesgesetz zuständigen Archiv des Bundes anzubieten.

(4) Das Archivregister gemäß § 4 ist bis 31. Dezember 2002 einzurichten.

(5) Die Einrichtungen gemäß § 2 Z 4 lit. b bis e haben nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes unverzüglich mit dem Erfassen, Ordnen, Erschließen und der Nutzbarmachung ihres Archivguts zu beginnen und diese Tätigkeiten bezüglich des nach diesem Bundesgesetz frei zugänglichen Archivguts so bald als möglich abzuschließen.


Personenbezogene Bezeichnungen

 

§ 17. Bei den in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

Verweisungen

§ 18. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Inkrafttreten, Außerkrafttreten von Vorschriften

§ 19. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2000 in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt

           1. § 10 Abs. 3 Behörden-Überleitungsgesetz, StGBl. Nr. 94/1945, und

           2. die Verordnung BGBl. Nr. 56/1931 außer Kraft.

Vollziehung

§ 20. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

           1. hinsichtlich des § 3 Abs. 1, 3 bis 5, der §§ 4, 6 Abs. 2, 12, 13 Abs. 2 und § 14 Abs. 2 der Bundeskanzler;

           2. hinsichtlich des § 5 Abs. 6 in bezug auf die Zivil- und Strafgerichte der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, im übrigen der Bundeskanzler;

           3. hinsichtlich des § 3 Abs. 6 der Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesminister und dem Bundesminister für Finanzen;

           4. hinsichtlich der §§ 10 Abs. 3, 13 Abs. 1 und 14 Abs. 1 der Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen;

           5. hinsichtlich des § 5 Abs. 4 die Bundesregierung;

           6. im übrigen der zuständige Bundesminister.