2034 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Verfassungsausschusses


über den Antrag 1173/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminie­render Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiter­kammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetz­buch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden


Die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen haben den gegenständlichen Antrag am 18. Juni 1999 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Allgemeiner Teil

Die Bundesregierung hat auf Grund einer Entscheidung des Nationalrates eine Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen eingesetzt und hierüber dem Nationalrat in III-178 der Beilagen einen umfangreichen Bericht erstattet. In diesem Bericht sind zahlreiche Bestimmungen aufgelistet, die Behinderte – zumindest in ihrer sprachlichen Form – diskriminieren.

Mit dem vorliegenden Antrag sollen jene behindertendiskriminierenden Bestimmungen geändert werden, deren Änderung ohne weiteres möglich ist und die in die Vollziehungszuständigkeit von Bundesmini­sterien, die von sozialdemokratischen Bundesministern geleitet werden, und dem Bundesministerium für Justiz fallen. Durch diesen Antrag soll Gelegenheit gegeben werden, im Wege der Behandlung im Ausschuß auch noch weitere Bestimmungen, die Behinderte benachteiligen, zu ändern.

Durch diesen Antrag kann nur ein weiterer Schritt zum Abbau der Benachteiligung von Behinderten gesetzt werden. Es sind auch in der Zukunft noch große Anstrengungen nötig, um Behinderten die tat­sächliche Gleichstellung zu gewährleisten.

Durch diesen Antrag sind keine nennenswerten Mehrkosten in der Vollziehung zu erwarten.

Besonderer Teil

Zu Art. 1 Z 1 (§ 17a AVG):

Blinde bzw. hochgradig sehbehinderte (vgl. § 4a des Bundespflegegeldgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 111/1998) Beteiligte sind auf Grund ihrer Behinderung im Schriftverkehr mit der Behörde – bzw. als Partei auch im Rahmen der Akteneinsicht – Benachteiligungen ausgesetzt, da sie in der Regel eine Hilfsperson, die ihnen den Inhalt sie betreffender behördlicher Schriftstücke vorliest, benötigen. Durch die Bestimmung des § 17a AVG wird eine Amtspflicht der Behörde geschaffen, einem blinden bzw. hochgradig sehbehinderten Beteiligten, der weder durch einen gesetzlichen noch durch einen gewillkürten Vertreter vertreten ist, den Inhalt von Akten oder Aktenteilen durch Verlesung bzw. – nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten – in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.

Aus der systematischen Einordnung des § 17a in die Bestimmungen des 3. Abschnittes des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes über den Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten ergibt sich zum einen, daß diese Regelung nicht auf das Ermittlungsverfahren beschränkt ist. Zum anderen handelt es sich hiebei um eine (sehbehinderten-)spezifische Anleitungspflicht der Behörde, an die keine Zustellwir­kungen geknüpft sind. Als ,sonst geeignete Weise‘ kommt insbesondere der Ausdruck von Schriftstücken in Brailleschrift (Normalschrift oder Kurzschrift) in Frage, sofern der Beteiligte diese Schrift beherrscht. Nach Angaben des Österreichischen Statistischen Zentralamtes entfällt ein hoher Anteil der Sehbeein­trächtigungen in Form der ,praktischen Blindheit‘ bzw. der ,vollen Blindheit an beiden Augen‘ auf altersbedingte Sehbeeinträchtigungen (zirka 8 000 der insgesemt rund 13 000 Fälle betreffen Personen, die über 60 Jahre alt sind. Dies entspricht einem Anteil von etwa 60%.). Da ein Großteil dieser Personen die Brailleschrift erfahrungsgemäß nicht mehr erlernt, ist die Herstellung eines Brailleschriftausdruckes in diesen Fällen wohl nicht als geeignetes Mittel anzusehen.

Bei den Kosten für die Verlesung bzw. die Umsetzung des Inhaltes von Akten oder Aktenteilen in ,sonst geeigneter Weise‘ handelt es sich nicht um Barauslagen der Behörde im Sinne des § 76 Abs. 1 AVG, vielmehr sind diese Kosten – wie die Gebühren für den Gehörlosendolmetscher nach § 39a AVG – von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat (vgl. § 76 Abs. 5 AVG).

Zu Art. 1 Z 2 (§ 40 AVG):

Durch § 40 Abs. 1 zweiter Satz soll sichergestellt werden, daß die Behörde bei der Ermessens­entscheidung, die mündliche Verhandlung am Sitz der Behörde oder an dem Ort abzuhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint, auch den Aspekt des barrierefreien Zuganges zum Verhand­lungsort für körperbehinderte Beteiligte berücksichtigt. Auf Grund der beweismäßigen Bedeutung von Augenscheinsverhandlungen für das Ermittlungsverfahren findet diese Regelung keine Anwendung auf Verhandlungen, die mit der Durchführung eines Augenscheins an Ort und Stelle verbunden sind.

Zu Art. 1 Z 3 und 4 (§ 76 Abs. 1 und 5 AVG):

Bei den Kosten für die Verlesung bzw. die Umsetzung des Inhaltes von Akten oder Aktenteilen in ,sonst geeigneter Weise‘ handelt es sich nicht um Barauslagen der Behörde im Sinne des § 76 Abs. 1 AVG, vielmehr sind diese Kosten – wie die Gebühren für den Gehörlosendolmetscher nach § 39a AVG – von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.

Zu Art. 2 (Änderung des Arbeiterkammergesetzes 1992):

Einem Wunsch Behindertenvertreter entsprechend wurde im § 66 Abs. 1 der Nationalrats-Wahlordnung 1992 die Wortfolge ,blinde, schwer sehbehinderte und gebrechliche Wähler‘ durch die Wendung ,körper- oder sinnesbehinderte Wähler‘ ersetzt (BGBl. I Nr. 161/1998). Mit der vorgesehenen Regelung über das persönliche Wahlrecht (Änderung des § 19 des Arbeiterkammergesetzes 1992) erfolgt eine Anpassung an diese Änderung in der Nationalrats-Wahlordnung.

Zu Art. 3 (Bundesgesetz, mit dem die Allgemeine Bergpolizeiverordnung geändert wird):

Die derzeitige Formulierung des § 327 Abs. 1 der als Bundesgesetz in Geltung stehenden Allgemeinen Bergpolizeiverordnung wurde im Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der Bundesrechts­ordnung auf behindertenbenachteiligende Bestimmungen von der Untergruppe mehrheitlich als diskrimi­nierend kritisiert, da die verwendeten Ausdrücke ,Gebrechen‘ und ,behaftet‘ als nicht mehr zeitgemäß erachtet wurden. Diese Formulierung wird daher durch eine zeitgemäßere Formulierung ersetzt. Inhaltlich tritt dadurch keine Änderung ein.

Zu Art. 4 (Änderung der BAO):

Die Ergänzung des § 90 Abs. 1 erfolgt in Anlehnung an den Textvorschlag zu § 17a AVG, wonach die Behörde blinden oder hochgradig sehbehinderten Beteiligten, die eines Vertreters entbehren, auf Verlangen den Inhalt von Schriftstücken durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen hat.

Zu Art. 5 Z 1 (§ 79 Abs. 1 FinStG):

Der Behinderung von Blinden oder hochgradig sehbehinderten Beschuldigten und Nebenbeteiligten soll, sofern sie nicht vertreten sind, dadurch Rechnung getragen werden, daß die Akteneinsicht durch Verlesung der Akten oder Aktenteile oder sonst in geeigneter Weise ermöglicht wird.

Zu Art. 5 Z 2 (§ 84 Abs. 3 FinStG):

So wie bei der Vernehmung von Beschuldigten und Nebenbeteiligten, die der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig sind, ein Dolmetscher beizuziehen ist, soll auch bei der Vernehmung solcher gehörloser oder hochgradig hörbehinderter Personen ein Gehörlosendolmetscher beigezogen werden.

Zu Art. 5 Z 3 (§ 117 Abs. 2 und § 126 FinStG):

Das als sprachlich diskriminierend empfundene Wort ,Gebrechlichkeit‘ soll durch das Wort ,Behinde­rung‘ ersetzt werden.

Zu Art. 5 Z 4 (§ 127 Abs. 1 FinStG):

Die im neuen § 84 Abs. 3 vorgesehene Beiziehung eines Gehörlosendolmetschers bei der Vernehmung eines gehörlosen oder hochgradig hörbehinderten Beschuldigten oder Nebenbeteiligten soll auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung gelten.

Zu Art. 5 Z 5 und 6 (§ 185 Abs. 1 und 2 FinStG):

Die aus der Beiziehung eines Gehörlosendolmetschers für gehörlose oder hochgradig hörbehinderte Beschuldigte oder Nebenbeteiligte erwachsenen Kosten sind bei der Auferlegung eines Kostenersatzes nicht zu berücksichtigen.

Zu Art. 6 (Änderung der Abgabenexekutionsordnung):

§ 25 AbgEO enthält abweichend von den einschlägigen Bestimmungen der BAO, die nach § 1 AbgEO im Vollstreckungsverfahren anzuwenden sind, eine eigene Regelung über die Akteneinsicht. In Berücksichti­gung der sowohl im AVG als auch in der BAO vorgenommenen Ergänzungen, wonach die Behörde blinden und hochgradig sehbehinderten Beteiligten, die eines Vertreters entbehren, auf Verlangen den Inhalt von Schriftstücken durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen hat, erfolgte auch eine entsprechende Ergänzung in der Abgabenexekutionsordnung. Eine weitergehende Regelung in der Abgabenexekutions­ordnung ist mit dem Ziel des Abgabenvollstreckungsverfahrens nicht in Einklang zu bringen. Bezüglich allfälliger Kosten ist auf die §§ 313 f BAO zu verweisen.

Zu Art. 7 (Änderung des ABGB):

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Alte sprachliche Formulierungen, die geeignet sind, Behinderte zu diskriminieren, sollen durch zeitge­mäße ersetzt werden, wobei sich diese teilweise an die §§ 310 und 865 ABGB anlehnen. Dadurch soll der Inhalt der gesetzlichen Bestimmung nicht geändert werden.

Zu Art. 8 (Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes):

Blinde oder hochgradig sehbehinderte Personen (§ 4a Abs. 4 und 5 Bundespflegegeldgesetz) sind bei der Kenntnisnahme vom Inhalt gerichtlicher Schriftstücke und Akten mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert. Die vorgeschlagene Bestimmung soll diese Probleme nach Möglichkeit beseitigen.

Wenn auch davon ausgegangen werden kann, daß viele blinde oder hochgradig sehbehinderte Personen durch die Unterstützung von Vertrauenspersonen in die Lage versetzt sind, gerichtliche Schriftstücke zur Kenntnis zu nehmen, ist doch dafür vorzusorgen, daß solche Personen, die diese Hilfe nicht haben, auf Grund ihres beeinträchtigten Sehvermögens bei der Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte keine Nachteile erleiden. Das Gericht hat daher nach den Erfordernissen des Einzelfalls in allen gerichtlichen Verfahren durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß eine blinde oder hochgradig sehbehinderte Person, die weder über einen gewillkürten oder gesetzlichen Vertreter noch über einen Verteidiger verfügt, vom wesentlichen Inhalt gerichtlicher Schriftstücke, etwa Protokollen und Entscheidungen, und Akten, Kenntnis erlangen kann. Als solche Maßnahmen des Gerichts kommen insbesondere Ausdrucke in Braille- oder Kurzschrift, die Übermittlung von Disketten oder Tonbändern oder – bei kürzeren Schrift­stücken – auch Vorlesen in Betracht. Die dafür entstehenden Kosten hat jedenfalls der Bund zu tragen.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, um blinden oder hochgradig sehbehinderten Parteien die adäquate Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte zu ermöglichen, soll ihnen unabhänig von ihrer Einkommens- und Vermögenslage in Zivilverfahren Verfahrenshilfe gewährt, im Strafverfahren ein Verteidiger beigegeben werden.

Zu Art. 9 (Änderung der Strafprozeßordnung):

Eine alte sprachliche Formulierung, die geeignet ist, Behinderte zu diskriminieren, wird durch eine zeitgemäße sprachliche Fassung ersetzt. Dadurch soll der Inhalt der gesetzlichen Bestimmung nicht geändert werden.”

Der Verfassungsausschuß hat den Initiativantrag in seiner Sitzung am 1. Juli 1999 in Verhandlung genommen.

In der Debatte ergriffen außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Dr. Helene Partik-Pablé, Maria Rauch-Kallat, Dr. Volker Kier und Heidrun Silhavy das Wort.


Die Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Heidrun Silhavy brachten einen Entschließungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

“Die Zustellung behördlicher Schriftstücke im Rahmen des Zustellgesetzes und die damit verbundenen Rechtsfolgen können für sehbehinderte und blinde Personen eine Reihe von Problemen mit sich bringen. Insbesondere stellt die Hinterlassung schriftlicher Verständigungen über die Hinterlegung von Schrift­stücken bzw. über die erfolglose Vornahme eines Zustellversuches für sehbehinderte Personen eine belastende Situation dar. Zum einen wird den Sehbehinderten und Blinden oft gar nicht bewußt, eine behördliche Verständigung erhalten zu haben, zum anderen sind Sehbehinderte und Blinde hiedurch auf die Inanspruchnahme von Hilfspersonen angewiesen.”

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Initiativantrag unter Berücksichtigung eines Abände­rungsantrages der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Heidrun Silhavy sowie eines Abänderungs­antrages der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Maria Rauch-Kallat und Genossen in der diesem Bericht beigedruckten Fassung einstimmig angenommen. Weiters wurde der oberwähnte Entschließungs­antrag mit Stimmen­mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.  dem angeschlossenen Gesetzentwurf (Anlage 1) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.  die beigedruckte Entschließung (Anlage 2) annehmen.

Wien, 1999 07 01

                                      Otto Pendl                                                                    Dr. Peter Kostelka

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage 1

Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminie­render Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allge­meine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorgani­sationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG

Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/19xx, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 17 wird folgender § 17a samt Überschrift eingefügt:

“Blinde und hochgradig sehbehinderte Beteiligte

§ 17a. Blinden oder hochgradig sehbehinderten Beteiligten, die eines Vertreters entbehren, hat die Behörde auf Verlangen den Inhalt von Akten oder Aktenteilen durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.”

2. § 40 Abs. 1 lautet:

§ 40. (1) Mündliche Verhandlungen sind unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen und, sofern sie mit einem Augenschein verbunden sind, womöglich an Ort und Stelle, sonst am Sitz der Behörde oder an dem Ort abzuhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint. Bei der Auswahl des Verhandlungsortes ist, sofern die mündliche Verhandlung nicht mit einem Augenschein verbunden ist, darauf zu achten, daß dieser für körperbehinderte Beteiligte gefahrlos und tunlichst ohne fremde Hilfe zugänglich ist.”

3. § 76 Abs. 1 lautet:

§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.”

4. § 76 Abs. 5 lautet:

“(5) Die Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehenden Gebühren sind – falls hiefür nicht die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben – von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.”

Artikel 2

Änderung des Arbeiterkammergesetzes 1992

Das Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. Nr. 626/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 166/1998, wird wie folgt geändert:

§ 19 letzter Satz lautet:

“Die Arbeiterkammer-Wahlordnung hat vorzusehen, daß sich körper- oder sinnesbehinderte Wähler von einer Person, die sie sich selbst auswählen können, führen und sich bei der Wahlhandlung helfen lassen dürfen.”

Artikel 3

Bundesgesetz, mit dem die Allgemeine Bergpolizeiverordnung geändert wird

Die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, BGBl. Nr. 114/1959, zuletzt geändert durch das Mineralrohstoffgesetz, BGBl. I Nr. 38/1999, wird wie folgt geändert:

§ 327 Abs. 1 lautet:

§ 327. (1) Arbeitnehmer, von denen dem Arbeitgeber bekannt ist, daß sie an körperlichen Schwächen oder an Behinderungen in einem Maße leiden, daß sie dadurch bei Arbeiten im Bergbau einer besonderen Gefahr ausgesetzt wären oder andere Arbeitnehmer gefährden könnten, dürfen mit Arbeiten im Bergbau nicht beschäftigt werden.”

Artikel 4

Änderung der Bundesabgabenordnung – BAO

Die Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/1999, wird wie folgt geändert:

In § 90 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

“Blinden oder hochgradig sehbehinderten Parteien, die nicht durch Vertreter (§§ 80 ff) vertreten sind, ist auf Verlangen der Inhalt von Akten und Aktenteilen durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.”

Artikel 5

Änderung des Finanzstrafgesetzes

Das Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 55/1999, wird wie folgt geändert:

1. Im § 79 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

“Sind Beschuldigte oder Nebenbeteiligte blind oder hochgradig sehbehindert und nicht durch Verteidiger oder Bevollmächtigte vertreten, so hat ihnen die Finanzstrafbehörde auf Verlangen den Inhalt der Akten oder Aktenteile durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.”

2. § 84 Abs. 3 lautet:

“(3) Der Vernehmung ist ein Dolmetscher beizuziehen, wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert ist.”

3. Im § 117 Abs. 2 und im § 126 tritt jeweils an die Stelle des Wortes “Gebrechlichkeit” das Wort “Behinderung”.

4. Im § 127 Abs. 1 lautet der zweite Satz:

“Der mündlichen Verhandlung ist ein Schriftführer und, wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert ist, ein Dolmetscher beizuziehen.”

5. Im § 185 Abs. 1 lautet der letzte Satz:

“Die Kosten für die Beiziehung eines Dolmetschers sind nicht zu berücksichtigen, wenn die Beiziehung notwendig war, weil der Beschuldigte der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert war.”

6. Im § 185 Abs. 2 wird folgender letzter Satz angefügt:

“Die Kosten für die Beiziehung eines Dolmetschers sind nicht zu berücksichtigen, wenn die Beiziehung notwendig war, weil der Nebenbeteiligte der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert war.”

Artikel 6

Änderung der Abgabenexekutionsordnung – AbgEO

Die Abgabenexekutionsordnung – AbgEO, BGBl. Nr. 104/1949, zuletzt geändert durch das Bundes­gesetz BGBl. Nr. 694/1993, wird wie folgt geändert:

1. § 25 erhält die Bezeichnung (1).

2. Als Abs. 2 wird eingefügt:

“(2) Ist der Abgabenschuldner blind oder hochgradig sehbehindert und nicht vertreten (§§ 80 ff BAO), so ist ihm auf Verlangen der Inhalt von Akten oder Aktenteilen durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.”

Artikel 7

Änderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches

Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811, zuletzt geändert durch das Bundes­gesetz BGBl. I Nr. xxx/1993, wird wie folgt geändert:

1. § 566 lautet:

§ 566. Wird bewiesen, daß die Erklärung in einem die hiefür erforderliche Besonnenheit ausschließenden Zustand, wie dem einer psychischen Krankheit, einer geistigen Behinderung oder der Trunkenheit, geschehen sei, so ist sie ungültig.”

2. § 591 lautet:

§ 591. Personen unter achtzehn Jahren, Personen, denen auf Grund einer Behinderung die Fähigkeit fehlt, entsprechend der jeweiligen Testamentsform den letzten Willen des Erblassers zu bezeugen, sowie diejenigen, welche die Sprache des Erblassers nicht verstehen, können bei letzten Anordnungen nicht Zeugen sein.”

3. Im § 616 werden die Worte “einem Sinnlosen” durch die Worte “einem Testierunfähigen” ersetzt.

4. § 1308 lautet:

§ 1308. Wenn Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, oder Unmündige jemanden beschädigen, der durch irgendein Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben hat, so kann er keinen Ersatz ansprechen.”

5. Im § 1494 wird die Wendung “wie gegen Pupillen, Wahn- oder Blödsinnige,” durch die Wendung “wie gegen Minderjährige oder Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben,” ersetzt.

Artikel 8

Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG

Das Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl. Nr. 217/1896, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 56/1999 in der Fassung der Kundmachung BGBl. I Nr. 76/1999, wird wie folgt geändert:

1. Nach dem § 79 wird folgender § 79a eingefügt:

§ 79a. (1) Wenn dies erforderlich scheint, hat das Gericht – gegebenenfalls unter Verwendung technischer Hilfsmittel – dafür zu sorgen, daß eine blinde oder hochgradig sehbehinderte Partei, die nicht vertreten ist, vom wesentlichen Inhalt der zugestellten Schriftstücke und der bei Gericht befindlichen Akten Kenntnis erlangen kann; die Kosten trägt der Bund.

(2) Kann mit den Maßnahmen nach Abs. 1 das Auslangen nicht gefunden werden, ist in Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen einer solchen Partei unabhängig von ihren Einkommens- und Vermögens­verhältnissen auf Antrag Verfahrenshilfe (§ 64 Abs. 1 Z 3 und 4 ZPO) zu gewähren; für die Beigebung eines Verteidigers in Strafsachen ist § 41 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe anzuwenden, daß auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten nicht Bedacht zu nehmen ist.”

2. Im § 98 wird nach dem Abs. 6 folgender Abs. 7 angefügt:

“(7) § 79a tritt mit 1. August 1999 in Kraft.”

Artikel 9


Änderung der Strafprozeßordnung 1975

Die Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/1999, wird wie folgt geändert:

Im § 198 Abs. 3 wird das Wort “taub” durch den Ausdruck “gehörlos” ersetzt.

Anlage 2

Entschließung

Die Bundesregierung wird ersucht, alle Verständigungen über die Hinterlegung von Schriftstücken so zu gestalten, daß sehbehinderte und blinde Personen die Möglichkeit haben, die behördliche Natur dieser Verständigung zu erkennen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob sehbehinderten und blinden Personen bereits bei Einleitung eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens ein Anspruch auf die Ver­wendung derartiger Schriftstücke eingeräumt werden kann.