IV-5 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Freitag, 21. März 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XX. Gesetzgebungsperiode                                Freitag, 21. März 1997


Tagesordnung

1. Regierungskonferenz

 

1. Institutionen

 

2. Erste Säule

 

3. Zweite und Dritte Säule

 

SON CONF/2500/96 Entwurf zur Revision der Verträge (17782/EU XX. GP)

 

SON CONF/2500/96 COR 1 Entwurf zur Revision der Verträge (18433/EU XX. GP)

 

SON CONF/3813/97 Flexibilität (21551/EU XX. GP)

 

SON CONF/3814/97 qualifizierte Mehrheitsentscheidungen (21552/EU XX. GP)

 

SON CONF/3815/97 Stimmengewichtung/Entscheidungsfindung im Rat (21553/EU XX. GP)

 

Bericht der Ständigen Vertretung über die 10. Tagung der Außenminister am 20. 1. 1997/Regierungskonferenz (20090/EU XX. GP)

 

Bericht der Ständigen Vertretung über die 11. Tagung der Außenminister am 24. 2. 1997/Regierungskonferenz (21867/EU XX. GP)

 

Bericht der Ständigen Vertretung über die 26. Tagung der Beauftragten der Außen­minister am 10. und 11. 2. 1997 (21323/EU XX. GP)

2. Unterrichtung gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG über einen Wechsel im Wirtschafts- und Sozialausschuß (Vorlage 65/HA)

3. Antrag des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf Zustimmung zum Beschluß der Bundesregierung betreffend Weiterbelassung des öster­reichischen Militärbeobachter- und Logistikkontingents bei United Nations Iraq Kuwait Observation Mission (UNIKOM) (Vorlage 66 HA)

Beginn der Beratungen: 9.03 Uhr

Obmann Dr. Heinz Fischer eröffnet die Sitzung des Hauptausschusses und begrüßt alle An­wesenden, allen voran Herrn Vizekanzler Dr. Schüssel und Herrn Staatssekretär Dr. Wittmann, sehr herzlich.

Einvernehmlich wird der ursprünglich vorgesehene Punkt 4 der Tagesordnung abgesetzt.

Ebenso wird Einvernehmen darüber erzielt, die Diskussion von Anfang an in drei Hauptgruppen – Institutionen, Erste Säule sowie Zweite und Dritte Säule – zu teilen, pro Block gewissermaßen eine Redezeit – je 9 Minuten für die Grünen und Liberalen und je 12 Minuten für die anderen Fraktionen – zu vereinbaren und die Beratungen mit kurzen Statements des Herrn Vizekanzlers und des Herrn Staatssekretärs einzuleiten.

Punkt 1

Regierungskonferenz

1. Institutionen

2. Erste Säule

3. Zweite und Dritte Säule

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel be­richtet zunächst, daß man mit den Verhandlungen in die Endrunde gelange. Montag und Dienstag finde eine zweitägige Klausurtagung – am ersten Tag in Brüssel, am zweiten Tag in Rom anläßlich der Feiern zum 40jährigen Jahrestag des Vertragsabschlusses – statt. Für Mitte Mai werde ein Termin gesucht, um noch einen Europäischen Rat zwischenzuschalten, ehe man im Juni in Amsterdam in die Abschlußverhandlung hineingehe.

An den Grundprinzipien habe sich wenig geändert. Der Abschluß der Regierungskonferenz-Ver­handlungen in Amsterdam sei das wichtigste Projekt der Europäischen Union im ersten Halbjahr 1997. Alle Mitgliedstaaten hätten ein vitales Interesse an diesem Abschluß, um nicht die ande­ren Reformvorhaben und die anderen großen Themen – Euro, Politikreform, Agrarpolitik, Struk­tur­fonds, aber auch die Osterweiterung – zu blockieren. Auch wenn durch das Übersetzen und das endgültige Draften der Texte das Paraphieren der Verträge vermutlich erst zwei, drei Mo­na­te später unter luxemburgischem Vorsitz möglich sein werde, der politische Abschluß solle in Amsterdam erfolgen, was einigermaßen realistisch sei, weil die EU immer wieder gezeigt habe, daß sie unter Druck, auch unter zeitlichem Druck in der Lage ist, Fortschritte zu erzielen.

Die Iren haben noch in Dublin einen ersten Textentwurf vorgelegt. Zu noch vorhandenen weißen Flecken – Dritte Säule, institutionelle Frage und Flexibilität – habe die niederländische Präsident­schaft nun ein Addendum ausgearbeitet, das am 25. März erstmals diskutieren werde. Die Öster­reicher gingen deswegen mit Zuversicht in die Verhandlungen, weil sich gezeigt habe, daß die österreichischen Beiträge erstens sehr konstruktiv gewesen seien und zweitens durchaus auch den Gang den Verhandlungen bestimmt hätten. Konkrete Vorschläge seien von Österreich vor allem zu den Themen Menschenrechte, Beschäftigung und Umwelt vorgelegt worden und hätten großteils auch im irischen Entwurf ihren Niederschlag gefunden. Österreich hätte sich da­mit als ein reformorientiertes Land positioniert, das sich für eine effektivere, bürgernähere und demo­kratischer Union einsetzt.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann meint, daß die Akzeptanz der Regierungskonferenz davon abhängen werde, ob die Probleme, die alle europäischen Länder betreffen – Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Umwelt, Grundrechte – tatsächlich zur Behandlung kämen. Zu all diesen drei Bereichen habe Österreich eine eindeutige Position bezogen. Viele dieser Punkte seien, wie bereits berichtet, in den irischen Vertragsentwurf aufgenommen worden, insbesondere im Bereich der Beschäftigung gebe es eine sehr weitgehende positive Tendenz im irischen Vertragsentwurf. Es werde Ziel sein, nicht unter diesen Vertragsentwurf zu fallen, sondern zu versuchen, noch andere Kernpunkte in den Vertrag aufzunehmen.

Großbritannien und Deutschland seien derzeit noch gegen die Aufnahme des Beschäftigungs­kapitels, doch beim Besuch des Kanzlers in Deutschland habe sich gezeigt, daß diese Position doch nicht ganz so festgefahren sei.

Im Bereich Umwelt konnte ein relativ breiter Konsens bezüglich der Vorschläge Österreichs ge­funden werden. Schwierigkeiten werde es beim Artikel 100a Abs. 4 geben, wenn es darum gehe, die Einführung strengerer einzelstaatlicher Umweltstandards durchzusetzen.

Im Bereich der Grundrechte wurde eine gemeinsame Initiative mit Italien eingebracht. Es habe der Intervention mehrerer Mitgliedstaaten bedurft, um die Option eines Beitritts zur Euro­päischen Menschenrechtskonvention weiter in Verhandlung zu halten. Im wesentlichen seien die Po­sitionen Österreichs in diesen Bereichen sehr ambitioniert, sehr weitreichend. Damit würden wesentliche Themen Europas berührt, und der Grad der Durchsetzung sei relativ positiv zu sehen.

Obmann Dr. Heinz Fischer teilt mit, daß er inzwischen Vorschläge für Stellungnahmen von den Freiheitlichen – Kollege Mag. Schweitzer –, von den Liberalen – Kollegin Dr. Gredler – und von den Grünen – Mag. Doris Kammerlander – bekommen habe, die auch zur Diskussion stünden.

Die erste Frage des Abgeordneten zum Europäischen Parlament Dr. Hannes Swoboda (SPÖ) an den Herrn Vizekanzler und an den Herrn Staatssekretär geht in die Richtung, wie diese die Situation im Verhältnis der verschiedenen Institutionen – Kommission, Rat und Euro­päisches Parlament – einschätzen. Es habe seitens der österreichischen Regierung und auch einiger anderen Regierungen – dazu gehöre etwa Deutschland – klare Aussagen gegeben, das Europäische Parlament in einigen Bereichen zu stärken, und Abgeordneter Swoboda möchte wissen, ob die österreichische Regierung nach wie vor diese Position im Detail vertritt.

Zweitens: Wie sind die zumindest nach außen getragenen Äußerungen aus der französischen Regierung einzuschätzen, die dem nicht nur nicht zustimme, sondern vielleicht sogar gewisse Rechte und Möglichkeiten wegnehmen wolle?

Drittens: Wie sind die Bemühungen einiger Länder – vor allem wiederum Frankreich – ein­zuschätzen, die nationalen Parlamente über COSAC in die direkte Entscheidungsfindung ein­zubeziehen? Nach Meinung Dr. Swobodas habe Österreich dieses Problem durch die Ein­bindung des österreichischen Parlaments in die nationale Entscheidungsfindung vorbildhaft ge­löst. Das könne der richtige Weg sein, wenngleich noch einige Stärkungen möglich seien.

Viertens: Wird es möglich sein, bei der Position zu bleiben, daß jedes Land zumindest nach absehbarer Zeit einen Kommissar stellt? Das sei ein wichtiges Moment der Identifikation eines Landes mit der Europäischen Union. Wie ist die Debatte zu diesem Standpunkt? Gibt es hierzu eine absolute Position Österreichs?

Der letzte Punkt betrifft die Frage der Flexibilität. Wenn es Flexibilität geben soll, sollte diese nach Meinung des Redners möglichst eingeschränkt sein, weil Länder, die einen Fortschritt erzielen wollen, diesen auch über das Mehrheitsprinzip erzielen könnten. Wie jedoch soll die Entscheidungsfindung im Bereich der Flexibilität erfolgen? Können dann nur Parlamentarier aus jenen Ländern an den Entscheidungsfindungen teilnehmen, die auch bereit seien, diesen Fort­schritt durchzuführen, oder würde die Einheitlichkeit der Entscheidungsfindung gewahrt bleiben?

Ziel sollte es sein, erstens das Europäische Parlament – selbstverständlich nicht auf Kosten der nationalen Parlamente – zu stärken, zweitens darauf hinzuwirken, daß jedes Land, auch ein kleines Land wie Österreich, einen Kommissar stellt, und drittens auch in den Fällen, in denen Flexibilität notwendig erscheint, die Entscheidungsfindung der gesamten Union zu ge­währ­leisten.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) erwähnt eingangs, daß ihm ein Schreiben des Bundeskanzlers Klima vom 5. Dezember vorliege, in dem dieser betone, daß er dem Haupt­ausschuß jederzeit zur Verfügung stehe, um über den jeweiligen Verhandlungsstand zu be­richten. Man habe nun seit vielen Monaten versucht, einen Hauptausschuß zustande zu bringen, bei dem endlich der Bundeskanzler über den Stand der Verhandlungen berichten würde. Auch heute sei der Bundeskanzler wieder nicht anwesend, der Hauptausschuß habe jedoch ein Recht darauf, vom Bundeskanzler selbst über den Stand der Verhandlungen informiert zu werden.

Eine zentrale Frage werde in Hinkunft die Handhabung der Ein- und Mehrstimmigkeit sein. Offensichtlich sei Österreich in den meisten Bereichen für Mehrstimmigkeit eingetreten. Der Redner ersucht, noch einmal ganz explizit jene Bereiche zu nennen, in denen dies nicht der Fall sein soll. Zudem stelle sich die Frage, wie spezifisch österreichische Interessen bei Bevor­zugung der Mehrheitsentscheidung gewahrt bleiben könnten, vor allem auch im Hinblick auf die in Diskussion stehenden Möglichkeiten der Stimmgewichtung und der doppelten Mehrheit. Es sei zu befürchten, daß eine Übermacht der Großen entstehe. Wie könnte garantiert werden, daß Österreichs Interessen weitgehend berücksichtigt und durchgesetzt werden?

Ein zweiter Fragenkomplex betrifft die äußerst problematische Arbeitsmarktsituation in der Euro­päischen Union, mit der zunehmend auch Österreich konfrontiert sei, weshalb die Rechte von Staatsangehörigen aus Drittländern, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, von besonderer Bedeutung seien, weil das Recht auf Niederlassung in anderen Mitgliedstaaten auch den Zugang zur Beschäftigung inkludiere. Wie ist die Position der österreichischen Bundes­regierung, wenn es in diesen Fragen zu einer Vergemeinschaftung kommt?

Die Diskussion um die Institutionen sei auch im Zusammenhang mit der Frage der Oster­weiterung zu sehen. Laut Botschafter Scheich sei die Regierungsposition: Je schneller, desto besser!, obwohl es viele Argumente gebe, die dagegen sprechen.

Wie soll eine Gemeinsame Agrarpolitik in Hinkunft finanziert werden, wenn demnächst die Ost­staaten aufgenommen werden? Wie sollen die Strukturfonds ausgestattet werden? Wie soll etwa bei baldigem Beitritt Ungarns den zu erwartenden Problemen auf dem Arbeitsmarkt vor allem in Ostösterreich begegnet werden?

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP) sieht als einen der wesentlichen zukünftigen Punkte die Erweiterung der Europäischen Union um ost- und mitteleuropäische Staaten an. Es werde daher notwendig sein, entsprechende Reformen sicherzustellen, um auch nach der Osterweite­rung einen effizienten Entscheidungsprozeß innerhalb der Europäischen Union zu gewähr­leisten. Da die ost- und mitteleuropäischen Staaten überwiegend kleinere oder mittlere Staaten sind und diese derzeit in der Europäischen Union eine überproportional starke Stellung haben, provoziere das natürlich auch die größeren Staaten, insbesondere auch Frankreich, auf ihre Rechte zu pochen.

Inwieweit ist in der Regierungskonferenz ein Druck der Großen vor allem im Hinblick auf das Beschlußfassungssystem spürbar? Wie begegnet Österreich als kleiner Staat, der bisher von diesem überproportionalen Gewicht der kleineren Staaten profitiert hat, diesem Druck?

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) kritisiert zu Beginn ebenfalls die Abwesen­heit des Bundeskanzlers, die kurzen und belanglosen Berichte der Regierungsmitglieder, in denen auf aktuelle Dinge – etwa das Non-Paper der niederländischen Regierung oder die Diskus­sion über Flexibilität, worüber man aus den Medien mehr erfahre als hier im Haupt­aus­schuß – überhaupt nicht eingegangen wurde, und erinnert an die Tatsache, daß dieser Haupt­aus­schuß ursprünglich mit der Aufgabe betraut wurde, die EU-Angelegenheiten in einem Aus­maß und in einer Art und Weise zu verfolgen, wie es dem Parlament anstehe.

Obmann Dr. Heinz Fischer wendet der Fairneß halber ein, daß sich das letzte Mal die Kritik dagegen gerichtet habe, daß der Bundeskanzler 40 Minuten lang eingeleitet habe, weshalb man heute mehr Raum für konkrete Fragen lassen wollte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander bestätigt dies, betont aber, daß sich ihre heutige Kritik nicht gegen die Länge oder Kürze der Wortmeldung des Herrn Vizekanzlers, sondern gegen den Inhalt richte. Auch in Kürze könne man Wichtiges darstellen. Vor allem sei interes­sant, welcher Art die erwähnte Zusammenkunft am 25. März sei, was dort beraten und mög­licherweise beschlossen werde. Danach richte sich ja auch die Diskussion im Hauptausschuß, davon sei es abhängig, ob Empfehlungen an den Herrn Vizekanzler und an die Verhandler gegeben werden sollen oder nicht.

Zum Punkt Institutionen möchte sich die Rednerin vor allem auf die Flexibilitätsbedingungen be­schränken, die – im Gegensatz zu den Papieren von Dublin, in denen das in dieser Prägnanz und in dieser Deutlichkeit noch nicht herauskam – im Non-Paper der niederländischen Regie­rung nun ganz klar und deutlich präzisiert seien. Der Vorschlag sehe Flexibilität in einer Art und Weise vor, daß mit Listen geregelt werden soll, welche Materien in diesen Flexibilitätsbereich hineinfallen und welche nicht. Österreich scheine – ebenfalls den Medien zufolge – für Flexibilität zu sein, aber nicht in Listen eingegrenzt und eingeschränkt.

Verwundert zeigt sich die Rednerin darüber, daß überhaupt nicht darüber diskutiert werde, daß Flexibilität Kerneuropa, Europa der zwei Geschwindigkeiten bedeute, wiewohl auch der Herr Vizekanzler und Außenminister sich im Zuge verschiedener außenpolitischer Debatten im Haus gegen ein Europa der zwei Geschwindigkeiten ausgesprochen und auf eine Integration aller Mitgliedstaaten Wert gelegt habe.

Flexibilität bewirke genau das Gegenteil. Sie verstärke nicht die Zusammenarbeit, sondern führe zu einer Desintegration, weil bestimmte Länder aus bestimmten institutionellen Rahmenbe­dingungen herausfallen.

Die Grünen haben einen Antrag auf Stellungnahme vorbereitet, die Rednerin möchte ihn aber erst in der zweiten Wortmeldung zu dieser Runde einbringen, wenn sie gehört habe, was genau nach dem Wochenende auf dem Plan stehe.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) erinnert daran, daß der Hauptausschuß die letzte umfassende schriftliche Position der Regierung 1996 erhalten habe. Die rasche Progression der Regierungskonferenz ließe es ihrer Meinung nach wünschenswert erscheinen, nicht in Jahresabständen, sondern in kürzeren Abständen regelmäßig informiert zu werden.

Eine Frage an den Vizekanzler geht dahin, ob in der Flexibilität eine Gefährdung des Acquis zu erkennen sei oder ob die Interpretation zulässig sei, daß die Effektivität in der Dritten Säule dadurch verbessert würde.

In bezug auf das Europäische Parlament sei die Position der Regierung unklar. Einerseits habe die Regierung für eine Ausdehnung des Mitentscheidungsverfahrens plädiert, andererseits sei Meldungen in den Zeitungen zu entnehmen gewesen, daß bei Maßnahmen zur BSE-Be­kämpfung eine Mitwirkung des Europäischen Parlaments eigentlich nicht erwünscht sei – im Gegensatz zum Kommissar Fischler, der das angeregt habe.

Wie soll die Mitentscheidung des Europäischen Parlaments in der Zukunft ausschauen? Wird das Mißtrauensvotum auf einzelne Mitglieder der Kommission ausgedehnt werden beziehungs­weise möglich sein? Wird es für das Europäische Parlament die Möglichkeit von Gesetz­gebungsinitiativen geben? Es sei ja nicht vorstellbar, daß wohl verschiedene Institutionen, nicht aber das Parlament und jene Leute, die frei gewählt worden seien, diese Möglichkeit haben sollen.

Darüber hinaus: Welche Ziele werden definiert, damit die nationalen Parlamente rechtzeitig über alle Vorhaben, die im Rahmen der Europäischen Union geplant sind, informiert werden?

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel erinnert daran, daß er bezüglich der Einleitung ausdrücklich gefragt und es so verstanden habe, daß es eine prozedurale, nicht in die Substanz eingehende sein soll. Keinesfalls sei es seine Absicht gewesen, unvollständig zu informieren. Zudem habe es bereits viele Diskussionsrunden gegeben.

Richtig sei, daß der Hauptausschuß die letzte schriftliche Information über den Text der Iren im Dezember bekommen hat. Der nächste schriftliche Bericht werde überreicht, sobald der nieder­ländische Textentwurf diskutiert sei, was nächste oder übernächste Woche der Fall sein werde.

Zur Problematik Europäisches Parlament – nationale Parlamente vertritt Österreich, wie be­kannt, eine Position der weitestgehenden Stärkung des Europäischen Parlaments. Österreich habe sich innerhalb der Regierungskonferenz sehr dafür eingesetzt, daß der jeweilige Präsident des Europäischen Parlaments auch immer an den inhaltlichen Verhandlungen teilnehmen kann, habe sich damit aber nicht durchgesetzt. Praktisch gebe es daher immer nur am Anfang einer Verhandlungsrunde ein Statement des Präsidenten, was aber von Österreich und einigen anderen Ländern durch Wortmeldungen zum Bericht des Präsidenten und Einbringen der Stel­lungnahmen bereits zu diesem Zeitpunkt unterlaufen werde.

Hinsichtlich der Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments werde es wahrscheinlich – das hänge auch mit der Erweiterungsdiskussion zusammen – eine Obergrenze von in etwa 700 Mitgliedern geben, was bedeuten würde, daß Österreich bei einer künftigen Erweiterung weniger Sitze zur Verfügung hätte. Österreich möchte, daß der bisherige Schlüssel in der Sitz­verteilung weiterhin gelten soll. Darüber herrsche im Augenblick kein Konsens, es sei aber inhaltlich auch noch nicht sehr stark diskutiert worden.

Großen Konsens gebe es hingegen darüber, daß die Zahl der Verfahren deutlich beschränkt werden soll, und zwar im wesentlichen auf drei: Anhörung, Zustimmung, Mitentscheidung.

Konkret gibt es einen Vorschlag der Präsidentschaft, daß die Zustimmung des Europäischen Parlaments auf internationale Verträge, auf Beitrittsverträge, auf relevante Entscheidungen im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion – also vor allem der Artikel 105 Abs. 6 und der Artikel 106 Abs. 5 – sowie das einheitliche Wahlverfahren beschränkt werden solle.

Hinsichtlich der dem Zustimmungsverfahren unterliegenden Bestimmungen des Artikels 8a – das sind die Freizügigkeit und die Strukturfonds – seien neben Österreich auch die meisten anderen Mitgliedstaaten für den Übergang zur Mitentscheidung. Spanien wolle jedoch bei der Strukturpolitik auf gar keinen Fall eine Änderung haben.

Was das Mitentscheidungsverfahren betrifft, schlägt die Kommission vor, die Mitentscheidung des Europäischen Parlaments auf den gesamten Legislativbereich auszudehnen und die Be­stimmung, was legislativ ist, anhand einer eigenen Kriterienliste festzulegen. Demzufolge würde dieses Mitentscheidungsverfahren auf die meisten Bereiche, in denen jetzt Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament gelte, angewendet werden, also auf die gemeinsame Verkehrs­politik, Berufsbildung, Struktur- und Kohäsionsfonds, Umweltschutz, Entwicklungszusammen­arbeit.

Bei der Agrarpolitik und bei der gemeinsamen Handelspolitik würde zwischen legislativen und nichtlegislativen Akten unterschieden werden, was wichtig sei, weil ansonsten das Europäische Parlament, gerade was die Preisbestimmungen innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik anlangt, unendlich überfordert wäre.

Im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion soll gemäß der Position der Kommission die Konsultation das Verfahren der Zusammenarbeit ersetzen. Die Präsidentschaft schlage vor, auf legislative Fragen, die derzeit im Zusammenarbeitsverfahren behandelt werden, in Zukunft die Mitentscheidung anzuwenden, bei den nichtlegislativen Bereichen soll konsultiert werden. Von den Mitgliedstaaten her gebe es eine breite Zustimmung zu dieser vorgeschlagenen Liste, nur Großbritannien verweigere jede Ausdehnung des Mitentscheidungsverfahrens. Frankreich, das seit verschiedenen Vorfällen bei Abstimmungen gegenüber dem Europäischen Parlament sehr, sehr skeptisch war und ist, scheint dennoch den Großteil der genannten Punkte akzeptieren zu können.

Was die Reform des Mitentscheidungsverfahrens anlange, würde sich das Verfahren in zwei Lesungen abwickeln, also im Fall der sogenannten „kleinen Vermittlung“ in diesem Stadium ein eigenes Vermittlungsverfahren, für dessen Einleitung aber eine Frist festgesetzt werden müßte, damit es dann wirklich auch in einem absehbaren Zeitrahmen erfolgt, und die Möglichkeit einer dritten Lesung im Rat. Dieser Punkt sei allerdings sehr kontroversiell.

Was die Frage der Mißtrauensvoten gegen Kommission und Kommissionsmitglieder betrifft, gebe es bei den Mitgliedstaaten einen ganz klaren Konsens, daß das nur gegen die Kommission als Ganzes und nicht gegen einzelne Kommissäre gerichtet sein könne. Es wäre auch absolut un­vernünftig, Mißtrauensvoten gegen einzelne Kommissäre vorzusehen, denn die Kommission sei ein Kollegialorgan, und es sei durchaus möglich, daß auch ein Kommissär mit seiner Linie in der Kommission nicht durchkomme.

Im Bereich der Kommission gebe es eine ganz klare kollegiale Verantwortlichkeit. Österreich lehne eine Ausdehnung der Mißtrauensvoten auf einzelne Kommissäre strikte ab, und das sei auch die Position sämtlicher Mitgliedstaaten.

Die Regierung habe nichts dagegen, die COSAC-Mechanismen zu verbessern und zu stärken, aber prinzipiell werde die Meinung vertreten, daß die Einbindung der nationalen Parlamente Sache der jeweiligen Länder ist. Es sei auch wichtig, die Balance zwischen Europäischem Parla­ment und den nationalen Parlamenten zu halten und nicht einseitig vorzugehen. Eine starke Stellung der nationalen Parlamente in diesem Bereich solle durchaus beibehalten werden.

Die Frage der Europäischen Kommission sei bisher nicht wirklich diskutiert worden. Es gebe jetzt ein ganz interessantes Papier von seiten der Kommission selbst, daß eine interessante Weiterentwicklung erkennen lasse. Dieses Papier sei in einer eigenen Klausur der Kommission am 5. März diskutiert worden, wobei erstmals Frontlinien zwischen den großen und den kleinen Staaten sichtbar wurden.

Die Mehrheit der Mitgliedstaaten – so auch Österreich – unterstütze eindeutig die Nominierung eines Kommissärs pro Mitgliedsland. Österreich hält diese Frage für überhaupt nicht ver­handel­bar. Interessant sei, daß die Kommission selbst ein Mitglied pro Land für ausreichend hält, was be­deute, daß die fünf großen Länder den zweiten Kommissär verlieren. Die Briten, aber auch die Spanier haben sodann die These aufgestellt, man müsse den Verlust des zweiten Kom­missärs für die großen Länder durch eine Verbesserung der Stimmgewichtungen kompensieren, was einen allgemeinen Protest ausgelöst habe. – Auch das sei nicht verhandelbar.

Sehr wohl verhandeln könne man die Frage der doppelten Mehrheit. Vor allem im Lichte einer künftigen Erweiterung müsse man sehen, daß die Union mit Ausnahme Polens um kleine Länder erweitert werde, sodaß dann tatsächlich die Situation entstehen könnte, daß es eine Stim­menmehrheit einer überwältigende Zahl von Ländern gibt, aber trotzdem die Bevölke­rungsmehrheit überstimmt werden könnte. Da müsse man das Legitimationsargument gelten lassen und sich die Frage stellen, ob es tolerabel sei, daß eine Bevölkerungsmehrheit innerhalb der Union von einer Staatenmehrheit überstimmt wird.

Das stehe auch nicht im Gegensatz zu dem von Kollegen Schweitzer gewünschten Beibehalten der Einstimmigkeit, denn die doppelte Mehrheit sei in diesem Sinne bestenfalls eine zusätzliche Hürde gegen eine zu leichtgemachte Mehrstimmigkeit. Seitens eines kleinen Land sei daher der Wunsch der großen Länder nach einer solchen doppelten Mehrheit absolut zu akzeptieren, wie es überhaupt ratsam erscheine, daß auch die kleinen Länder eine gewisse Flexibilität in die Vertragsverhandlungen einbringen, wenn man eine effizientere Union haben wolle.

Über den Vorschlag der Kommission, nun eine Reform der Kommission selbst vorzunehmen und zunächst einmal die Zahl der Kommissäre mit 20 festzuschreiben, könne man in der ersten Runde durchaus diskutieren, denn damit wäre auf absehbare Zeit dem Prinzip „ein Staat – ein Kommissär“ durchaus Rechnung getragen. Alles, was drüber hinausginge, müßte mit einer Review-Klausel eigens beschlossen werden. Man müsse nur aufpassen, daß eine künftige Formulierung nicht eine gewisse Ambiguität enthalte, sodaß de facto die Zahl der Mitgliedsländer und die Zahl der Kommissäre nicht mehr absolut deckungsgleich wäre, wenn die Zahl 20 überstiegen wird. Diesbezüglich müsse volles Mitbestimmungsrecht und Einstimmig­keit gewahrt bleiben!

Dieser Teil werde sicherlich am Ende ein sehr strittiger sein und vermutlich erst in den aller­letzten Minuten des Europäischen Rates in Amsterdam gelöst werden können.

Diskutieren könne und solle man im Rahmen einer inneren Reform der Kommission über die Portfolios, denn es müsse nicht unbedingt jeder Kommissär eine Generaldirektion unter sich haben. Man könne durchaus – wie es die Kommission vorschlägt – die Kommissäre für be­stimmte Projekte zuständig machen, was unter Umständen sogar interessanter sein könne.

Auch die Reform der Dienste, die erstmals von der Kommission angesprochen wurde, sei eine sehr kluge Sache.

Der interessante Bereich der Flexibilität ist nach Meinung von Vizekanzler Dr. Schüssel eine Krücke. Er hielte mutigere Mehrheitsabstimmungen für gescheiter. Da dies ein sehr strittiger Punkt sei, forciere man jetzt die Flexibilität, trotzdem sollte man, wo dies möglich ist, auf dem Weg der Mehrheitsabstimmungen weitergehen.

Was steht nun in diesem Bereich zur Diskussion? – Die Niederländer schlagen eine General­klausel vor, wonach die Flexibilität für die allgemeinen Bedingungen zur Anwendung gelangen soll, Spezialklauseln hingegen für jede einzelne Säule, sodaß dort immer spezifisch festgelegt werde, was angesichts der heiklen Ersten Säule, die mit Binnenmarkt, Wirtschafts- und Währungsunion et cetera das Herzstück darstelle, sehr klug sei. Zu diesem Grundkonzept, das keineswegs ein Geheimpapier sei, gebe es eine breite Zustimmung, es wurde allerdings noch nicht darüber diskutiert.

Zur Generalklausel: Die Österreicher und die kleinen Länder wollen diese Generalklausel auch schon in die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes hineinbringen, damit die Einhaltung der Gesamtprinzipien in diesem Bereich ermöglicht werde. Dieser Punkt sei natürlich noch sehr strittig.

Zum Anwendungsbereich, also zur berühmten Liste, gebe es eine eindeutige Ablehnung einer Positivliste, hinsichtlich einer Negativliste seien die Meinungen geteilt. Die Spanier, Finnen, Schweden, Portugiesen und Iren wünschen eine solche Liste, Frankreich und Luxemburg sprechen sich massiv dagegen aus. Deutschland will keine Liste, sondern einen Kriterien­katalog, und die Österreicher sind der Meinung, daß die Flexibilität auf die nicht ausschließlichen Kompetenzen der Gemeinschaft eingegrenzt und an die Bedingung geknüpft werden soll, daß dadurch die zentralen Elemente der Ersten Säule nicht beeinträchtigt werden.

Es gebe gegensätzliche Auffassungen darüber, ob Flexibilität nur dort gelten soll, wo einstimmig entschieden werde – eine Forderung des Europäischen Parlaments und der Kommission –, oder ob es ein differenziertes Vorgehen auch in Bereichen geben soll, in denen Mehrheitsent­scheidungen erfolgen. Schengen zum Beispiel könnte ein solches Thema sein oder die Steuern im WWU-Kontext. Es könne auch sein, daß man im Rahmen einer Erweiterungsdiskussion zu heterogenen, abgestuften Mitgliedschaften komme, weil eine Erweiterungsrunde, auch wenn sie rasch begonnen werde, erstens nicht so rasch abgeschlossen werden könne und zweitens natürlich sehr große spannende Übergangsregelungen enthalten müsse. Daher sei die Flexibilität auch in diesem Bereich durchaus diskutabel.

Offen sei auch die Frage, wie die Flexibilität ausgelöst werden soll. Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Italien, Finnland, die Kommission und Spanien – Spanien allerdings nur unter der Voraussetzung einer Negativliste – treten für eine Mehrheitsent­scheidung ein, andere wiederum sagen, die Auslösung der Flexibilität als solches müsse ein­stimmig erfolgen und dann werde sie durch eine qualifizierte Mehrheit von Mitgliedstaaten kom­men. Österreich habe sich in dieser Frage noch nicht endgültig festgelegt, weil man noch stärker über die Substanz der Flexibilität diskutieren wolle, ehe dann die rein prozeduralen Punkte ge­klärt werden.

Persönlich vertritt der Vizekanzler die Meinung, daß vernünftigerweise letztlich eine qualifizierte Mehrheit als Auslöser herangezogen werden sollte, aber offiziell habe man sich noch nicht festgelegt.

Eine sehr wichtige Frage sei auch, welche Rolle der Kommission bei der Flexibilität zukomme. Nach Meinung Österreichs müsse die Flexibilität auf Antrag eines Mitgliedstaates ausgelöst werden, danach aber müsse die Kommission einen Avis conforme abgeben, daß heißt, eine wirklich begründete Stellungnahme, daß eben diese Flexibilität in dieser oder jener Frage nicht den Kernbereichen des Binnenmarktes widerspricht. Desgleichen müßte sie auch den Vor­schlag einer konkreten Ausgestaltung der verstärkten Zusammenarbeit machen. Das sei noch nicht endgültig diskutiert, findet aber – vorsichtig ausgedrückt – auch die Zustimmung der über­wiegenden Anzahl der Mitgliedstaaten.

Zur Frage der Einstimmigkeit – dies zum Abgeordneten Schweitzer – sei die österreichische Position schon sehr oft wiederholt worden. Es gehe vor allem um umweltrelevante Bereiche, Grundverkehr, Wasser, und von der schriftlich vorliegenden Liste, was als unverzichtbar für die Einstimmigkeit angesehen werde, sei nicht ein Halbsatz weggestrichen worden.

Zur Frage der Osterweiterung werde immer wieder der Vortrag von Botschafter Scheich zitiert. Darin habe dieser aber lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Bedingungen des Beginns der Verhandlungen festgelegt seien, nämlich sechs Monate nach Ende der Regierungskonferenz, das Verhandlungsende sei vollkommen offen.

Beim informellen Außenministerrat am Wochenende in Apeldoorn in Holland sei sehr lange über diese Frage diskutiert worden. Vizekanzler Dr. Schüssels These – der sich dann eigentlich alle angeschlossen haben außer den Deutschen, die zu spät gekommen waren und dann genau das Gegenteil gesagt haben – war: No names! Kein Mitgliedsland der Union solle Lieblings­kandidaten nennen, wer unbedingt in der ersten Runde dabei sein müsse, man solle vielmehr die vier Berichte der Kommission abwarten, die Ende Juli, vorausgesetzt, die Regierungskon­ferenz ist fertig, vorgelegt werden. Übrigens werde es von seiten der Kommission auch einen eigenen Bericht über die finanzielle Auswirkung einer allfälligen Erweiterung der Europäischen Union geben, der wahrscheinlich am 16. Juli vorgelegt werden wird.

No dates! – Keine Auskünfte, wann die Verhandlungen fertig sein müssen. Das Wesen von Ver­handlungen ist, daß man deren Beginn, jedoch nicht deren Ende festsetzen könne.

Dritte Bedingung: Kein zusätzliches Geld! Vizekanzler Dr. Schüssel hält es für ganz ent­scheidend, daß nicht von dem Grundprinzip abgerückt werde, daß 1,27 Prozent des Bruttoin­lands­produkts die Höchstgrenze für die Beiträge an die Europäische Union sind. Damit müsse man auch eine künftige Erweiterungsrunde verkraften können.

Man könne also behaupten, daß sich die Position Österreichs in diesem Prozeß absolut wieder­finde. Heikle Punkte – Arbeitsmarkt, Freizügigkeit der Arbeitskräfte, Landwirtschaft, wahrschein­lich aber auch manche industrielle Fragen oder Dienstleistungsbereiche – sollten in Übergangs­regelungen fixiert werden. Darüber könne man jetzt natürlich noch wenig sagen kann, weil die Verhandlungen nicht einmal noch begonnen haben.

Eine Frage ging in die Richtung, was Montag und Dienstag nächster Woche sein werde. Am Montag findet ein allgemeiner Rat statt, der sich zwischendurch vertagt und in einem eigenen Block als Regierungskonferenz tagt. Dabei könnten theoretisch Beschlüsse gefaßt werden. Dies sei aber nicht der Fall, sondern alle Beschlüsse werden am Ende in einem Europäischen Rat in Amsterdam gefaßt.

Am Dienstag wird es in Rom am Rande der Feiern „40 Jahre Europäischer Vertrag“ eine weitere informelle Runde geben, die jedoch eine reine interne Klausur der Außenminister ist, wobei es um die Frage gehen wird, wie letztlich das Zieldatum erreicht werden kann.

Über die Rechte von Staatsangehörigen aus Drittländern sei auf Ministerebene noch relativ wenig diskutiert worden, auf der Ebene der Beauftragten sehr intensiv. Prinzipiell wolle man einen ganz großen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit und die Weiterentwicklung in der Dritten Säule legen, etwa in der Form, daß man Europol nicht nur als eine Informations­drehscheibe beläßt, sondern auch operativ stärker macht, damit man wirklich den Kampf gegen das organisierte Verbrechertum stärker aufnehmen kann. Das werde von einigen Mitglied­staaten massiv mit einem Fragezeichen versehen. Hinzu komme noch, daß Österreich – und wahrscheinlich kaum ein anderes Land – den Europol-Vertrag noch nicht ratifiziert habe. Dies habe man sich aber für 1997 vorgenommen.

Ein Vorschlag von Vizekanzler Dr. Schüssel geht in die Richtung, in den nächsten drei bis fünf Jahren einen Stufenplan zu entwickeln, in dem festgelegt wird, was man alles innerhalb eines bestimmten Zeitplanes vergemeinschaften möchte.

Der zweite Bereich, der prinzipiell an sich von allen akzeptiert werde, sei die Zusammenarbeit bei Asyl, bei Migration, beim Zoll. Da gebe es eine Fülle von sehr schwierigen Detailpunkten. So könne man sich zum Beispiel nicht vorstellen, daß man mit dem Asyl automatisch das Recht auf Aufenthalt und Arbeitsberechtigung in allen Mitgliedstaaten erwerben könne. Dies sei ein sehr heikler Punkt, und Österreich habe diese Fragen als erstes Land – auf der Beauftragtenebene – aufgeworfen. Interessanterweise seien da erst manche aufgewacht. Es sei eine Diskussion ent­standen, die nun auf der Ministerebene politisch weiterentwickelt werden müsse. Eine Frei­zügigkeit von Drittstaatsangehörigen würde für Länder mit hohen sozialen Standards, zu denen auch Österreich gehöre, vermutlich zu schweren Belastungen führen.

Prinzipiell liege vor allem im Bereich der Zollzusammenarbeit und der Kooperation sehr viel Potential, um die Effizienz der Union nach außen zu erhöhen. Vizekanzler Dr. Schüssel ist gerne bereit, nach jeweiligen Sitzungen den einzelnen Klubs eine Zusatzinformation zukommen zu lassen.

Unmittelbar den Gang der Dinge verfolgen zu können, hält Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) für eines der wesentlichsten Dinge, die dieser Ausschuß bietet. Er sieht dies als eine Möglichkeit an, auf die Weiterführung der Verhandlungen Einfluß zu nehmen, und hielte es für falsch, in Form von schriftlichen Beschlüssen Dinge festzuschreiben, die die Handlungsfähig­keit der österreichischen Verhandler einschränken würden.

Erfreut ist Abgeordneter DDr. König darüber, daß es offensichtlich gelingen wird, die Mitent­scheidung des Europäischen Parlaments für die Legislativverfahren überall dort einzuführen, wo es Mehrheitsentscheidungen im Rat geben wird. Die Beschränkung auf drei Verfahren werde zweifels­ohne zu einer großen Vereinfachung und besseren Effizienz des Parlaments führen. Im übrigen gelte hierfür dasselbe wie bei der doppelten Mehrheit im Rat. Die Mitentscheidung des Euro­päischen Parlament gewähre eine zusätzliche Sicherheit vor dem Überstimmtwerden und sei keine Beeinträchtigung der Möglichkeiten im Rat.

Ausdrücklich sei zu betonen, daß die Mitentscheidung des Parlaments voraussetzt, daß es weiterhin bei der qualifizierten Mehrheitsentscheidung im Parlament bleibt. Die jetzige Regelung, daß solche Mitentscheidungen im Gesetzgebungsverfahren nur mit der Mehrheit der möglichen Stimmen und nicht mit der Mehrheit der zufällig Anwesenden getroffen werde, sei ganz ent­scheidend für die Durchführung einer sinnvollen Mitentscheidung zwischen Europäischem Parla­ment und Rat.

Die Flexibilität, die nach Meinung des Abgeordneten DDr. König mit qualifizierter Mehrheit be­schlossen werden müsse – wenn auch mit dem Avis conforme der Kommission –, sei ein sinn­volles Korrektiv zur Mehrheitsentscheidung im Rat. Gelinge es nicht, die Mehrheitsentscheidung im Rat wirklich weitgehend durchzusetzen, werde es mit der Aufnahme neuer Mitglieder, werde es mit der Erweiterung Schwierigkeiten geben. – Kollegin Kammerlander sollte ihre Haltung in dieser Frage überdenken.

Wenn man nun auf europäischer Ebene mit Recht versuche, auch jene Dinge, die derzeit noch in der Dritten Säule sind, in das Gemeinschaftsverfahren zu bringen und mit Mehrheit zu entscheiden, dann komme der Subsidiarität sehr große Bedeutung zu.

Frage daher: Wie wird die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips vom Herrn Vizekanzler ge­sehen? Wird es Verbesserungen geben? Subsidiarität sei zwar ein Grundsatz, der in Maastricht geschaffen wurde, aber die Art der Umsetzung sei derzeit nicht geregelt, und auch die Frage, ob es judiziert oder politisch besser abgeklärt werden sollte, sei völlig offen.

Abgeordneter zum Europäischen Parlament Professor Dr. Gerhard Hager (Freiheitliche) kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß man in einem Schiff mit dem Namen „Europäische Union“ sitze, über dessen Ausstattung man zwar ausführlich diskutiere, aber nicht gefragt werde, wohin man damit fahren wolle. Vielmehr sei das Schiff schon unterwegs in ein Amster­dam voll unbekannter Größen, und eine davon sei die Flexibilität.

Allein die Begriffsbezeichnung Flexibilität sei nicht sehr beliebt. Man verwende daher synonyme Begriffe wie verstärkte Zusammenarbeit, verstärkte Integration, differenzierte Integration und ähnliches.

Sowohl dem Abgehen vom Einstimmigkeitsprinzip als auch der subsidiären Flexibilität liege das Bemühen zugrunde, den Mangel an Weiterentwicklung in der Europäischen Union zu über­winden. Dies widerspreche jedenfalls dem Geist der Gründungsväter, die das Einstimmigkeits­prinzip aus gutem Grund festgeschrieben haben, weil sie davon ausgingen, daß eine positive Entwicklung der Union nur auf dem freien, gemeinsamen Willen aller beteiligten Staaten unter Wahrung ihrer Souveränität beruhen könne.

Es sei eingeräumt, daß es bei 6 anders war als bei 15 und daß es bei maximal 21 ein un­lösbares Problem wäre und ein Scheitern der Pläne bedeutete. Aber die Gefahren, ein Europa à la carte, ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten zu bekommen, seien groß.

Im Zusammenhang mit der Flexibilität, die ein ganz wesentliches Problem im institutionellen Gefüge darstelle, seien Fragen offen. In welchen Bereichen soll sie überhaupt möglich sein? Wie viele Staaten müssen sich an einer flexiblen Aktion beteiligen? Wie ist das mit dem Initiativrecht? Wie soll das Verfahren gestaltet werden? Was ist das Schicksal der nicht teil­nehmenden Mitgliedstaaten in der Folge auch im Verfahren? Werden sich die nicht beteiligten Mitgliedstaaten in den weiteren Entscheidungsprozeß eingebunden fühlen können oder werden sie dann zuschauen müssen?

Offen sei die Frage der Kosten der flexiblen Aktion. Offen sei ferner, wie die Ultima-ratio-Klausel, zu der sich alle – zumindest mit einem Lippenbekenntnis – bekennen, und wie der Übergangscharakter der flexiblen Aktion festgeschrieben werden soll. Unklar sei auch, wieweit der Europäische Gerichtshof in diese ganze Problematik eingebunden werden soll, und über­haupt noch nicht erörtert worden sei die Frage, was dann sein soll, wenn ursprünglich teil­nehmende Mitgliedstaaten die Lust oder das Interesse an der Weiterentwicklung gemeinsamer Politiken verlieren.

Zu bemerken sei auch, daß die meisten Vertreter der Mitgliedstaaten an der Regierungs­kon­ferenz ihre Position mehr oder weniger ausführlich zusammengefaßt und zum Teil auch im Institutionellen Ausschuß vorgetragen haben. Abgeordneter Dr. Hager hat sich die Mühe ge­macht, diese Positionen gegenüberzustellen und konnte dabei feststellen daß es zu allen ent­scheidenden Fragen nach wie vor unterschiedliche Auffassungen gibt, weshalb er den Optimis­mus des Herrn Vizekanzlers, daß es tatsächlich im ersten Halbjahr 1997 zu einer Entscheidung kommen werde, nicht teilen könne.

Der österreichische Standpunkte wurde – wie auch heute wieder – eher allgemein formuliert, wiewohl es wissenswert wäre, welchen Standpunkt Österreich zu all den aufgezählten Fragen im konkreten vertritt. Im Sinne der von Österreich geforderten Transparenz und Bürgernähe seien klare Antworten und Auskünfte zu geben und die Bürger allgemein und umfassend zu informieren.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ) weist als erstes darauf hin, daß es unter­schiedliche Zugänge zur Handhabung der Flexibilität in bezug auf die drei Säulen gebe, und be­tont, daß er vor allem bei der Ersten Säule für eine sehr, sehr restriktive Handhabung plädiere. Vor dem Hintergrund der anstehenden Osterweiterung könne ansonsten gerade beim Binnen­markt die Unübersichtlichkeit zunehmen, was für die unterschiedlichen Marktteilnehmer das aller­schlechteste wäre.

Außerdem bestehe die Gefahr, daß man den Druck vom qualifizierten Mehrheitsverfahren etwas wegnehme, weil man die Möglichkeit habe, auf der Ebene der Flexibilitätsschiene voran­zu­kommen, und daraus könne unter Umständen schon ein gewisser desintegrativer Effekt ent­stehen. Dann käme es nicht nur zu einem Europa der zwei Geschwindigkeiten, sondern mehrerer Geschwindigkeiten

Zweiter Punkt: Osterweiterung. No names, no dates, no money könne natürlich auch heißen: No results. Gerade bezüglich des Geldes müsse man sich die Frage stellen, was das auf der anderen Seite für die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik, was das für die Regionen bedeute. Vor dem Hintergrund gerade in diesen beiden Bereichen zu ortender Renationalisierungs­tendenzen sei es möglicherweise nicht gescheit, den Druck in diese Richtung noch weiter zu verstärken.

Abgeordneten Dr. Gusenbauer soll es recht sein, wenn das Ganze nichts kostet, als Zielsetzung sei es auch akzeptabel, aber ein gesundes Maß an Skepsis, ob das tatsächlich möglich sein werde, möchte er doch anmelden.

Die Zweifel hinsichtlich der Mitwirkungsmöglichkeiten des nationalen Parlamentes, auch was die Regierungskonferenz betrifft, sind für Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) keines­wegs behoben, sondern eher bestätigt worden. Ihrer Meinung nach sollten sehr wohl konkrete Stellungnahmen zu den einzelnen Ergebnissen gefaßt werden.

Wenngleich es noch keine bindenden oder endgültigen Beschlußfassungen zu den einzelnen Beratungsgegenständen in der Regierungskonferenz gebe, seien Verhandlungspositionen, die man vorher bei einem Ratstreffen, bei einem informellen Treffen einnehme, doch so etwas wie Festlegungen für das Endergebnis in Amsterdam, denn es wäre unglaubwürdig, würde sich etwa die österreichische Position in wesentlichen Punkten alle paar Wochen ändern.

Die Antwort auf die Frage, wieweit etwas verbindlich festgelegt wird, sei nicht erfolgt, obwohl der Vizekanzler selbst am 20. Jänner hinsichtlich der Flexibilität bereits gesagt habe, er trete für diese Lösung ein, auch wenn er diese Flexibilität nun als Krücke bezeichne.

Von seiten der Grünen werden zwei Anträge auf Stellungnahme eingebracht, weil zu befürchten sei, daß Verhandlungspositionen festgelegt werden, die dann unwiderruflich seien. Zudem sei es Aufgabe des Hauptausschusses, mitzuwirken und einzuwirken auf die Verhandlungen – auch im Rahmen der Regierungskonferenz.

Der eine Antrag auf Stellungnahme betrifft die Flexibilität und geht dahin, daß der Regierungs­vertreter sich dafür einsetzen möge, daß weder eine Ermächtigungsklausel zu flexiblem Vor­gehen einiger Mitgliedstaaten in den Vertrag aufgenommen wird noch die verstärkte Zusam­men­arbeit als Grundprinzip im Vertrag verankert werden soll.

Der andere Antrag auf Stellungnahme bezieht sich auf einige Bereiche der Mitentscheidung im Europäischen Parlament. Die Grünen gehen da etwas weiter als die Regierungsparteien, stimmen aber in vielen Punkten mit dem Antrag der Liberalen überein. Der wichtigste Punkt sei, daß bei Einführung von Mehrheitsentscheidungen im Rat das Einstimmigkeitserfordernis bei Änderungen des Primärrechtes auf jeden Fall aufrechterhalten bleiben müsse.

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ) stellt fest, daß es offensichtlich Konsens sei, daß bei den institutionellen Fragen die Erweiterung auf möglicherweise 25, 26 Mitgliedstaaten immer mitgedacht und auch mitberücksichtigt werde.

Zur Frage der Größenordnung des Europäischen Parlaments mit etwa 700 nimmt Abgeordneter DDr. Niederwieser an, daß dies auch die österreichische Position sei, ebenso daß die Stimmen­gewichtung in etwa so bleiben soll wie bisher.

Etwas irritiert haben ihn die Ausführungen zur doppelten Mehrheit, die in bezug auf die Kommission erfolgt sind, während er selbst diese doppelte Mehrheit eher als Instrument des Rates in Erinnerung habe. Wenn es sich tatsächlich auf den Rat beziehe, würde das in der Endausbauphase rund 132 Ratsmitglieder bedeuten, und es sei die Frage, ob man das noch als ein arbeitsfähiges Gremium ansehen könne. (Vizekanzler Dr. Schüssel erläutert hiezu in einem Zwischenruf, daß es sich um Stimmen, nicht um Teilnehmer handle.)

Vierter Punkt: Zum Ausschuß der Regionen stelle sich die Frage, ob angesichts von Über­legungen zur überregionalen Zusammenarbeit, die grenzüberschreitend sein könne, die Absicht bestehe, eine Ausdehnung vorzunehmen.

Es sei erwähnt worden, daß der Präsident des Europaparlaments an verschiedenen Ver­hand­lungen teilnehme, und es sei eine interessante Variante, daß die Exekutive bei verschiedenen Beratungen die Legislative zuziehe. Dem Abgeordneten schiene das – obwohl mit dem Präsi­denten überhaupt nicht besprochen – im Hinblick auf eine verbesserte innerösterreichische Zu­sammenarbeit ebenfalls eine interessante Überlegung zu sein.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) fragt im Hinblick auf das Agreement „no names“, ob der Bundeskanzler darüber informiert sei und ob man in bezug auf Nachbarstaaten von Österreich von dieser Linie der Bundesregierung abgehe.

Zur Befürchtung, daß das Europäische Parlament bei einer Mitentscheidung etwa über Preise Schwierigkeiten machen könnte, meint Abgeordnete Dr. Gredler, daß man ihrer Meinung nach die Mitentscheidungskompetenz im Gesamtbudget durchaus fordern sollte, um ein Korrektiv zu erreichen. Wenn man zum Beispiel das Agrarbudget kenne, wisse man auch, daß es nicht den Vorstellungen Österreichs entspricht.

Die Ausführungen zur Flexibilität haben die Abgeordnete erstaunt, denn wenn ein Staat gegen die Flexibilität sei, könne er nur für die Einstimmigkeit sein, um Flexibilität in manchen Punkten zu erreichen. Alles andere würde den Prozeß stoppen. Auf ein Avis conforme der Kommission zu warten, hält sie angesichts ihrer Erfahrungen mit der Kommission für nicht zielführend.

In bezug auf die erwähnte Ratifikation des Europol-Vertrages sei die Schlüsselfrage sicherlich der Datenschutz, der in diesem Vertrag auf Erkenntnissen des Europarates aus dem Anfang oder der Mitte des letzten Jahrzehnts beruhe. Da die Bundesregierung gerade im Begriff sei, sich bezüglich Rasterfahndung und Lauschangriff zu einigen, erbittet die Abgeordnete noch Präzisierungen.

Weitere Frage: Soll bei der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips die Stärkung der Regionen oder die Stärkung der Parlamente im Vordergrund stehen? Es heißt auch, daß es zu Rück­nahmen von Teilbereichen kommt. Handelt es sich dabei auch um Teilbereiche, die im Acquis enthalten sind? Wenn ja, um welche?

Es gibt Bereiche, die laut Aussage des Vizekanzlers nicht verhandelbar seien. Abgeordnete Dr. Gredler erbittet eine möglichst detaillierte Aufstellung darüber, was für Österreich nicht verhandelbar sei.

Zum Schluß bringt Abgeordnete Dr. Gredler den Antrag auf Stellungnahme der Liberalen ein und erklärt sich bereit, den Punkt über die Möglichkeit von Gesetzesinitiativen für das Euro­päische Parlament separat abzustimmen. Es sei ihr bewußt, daß das Europäische Parlament in seiner Gesamtheit das nicht befürwortet, es müsse aber erlaubt sein, daß die Liberalen eine divergierende Position dazu einnehmen.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) verweist auf die Antwort des Außen­ministers, wonach die Frage der Rechte Drittstaatsangehöriger auf Ministerebene noch nicht be­handelt worden sei. Einer Unterlage über die im Rahmen der Regierungskonferenz abgehaltene 11. Tagung der Außenminister am 24. 2. 1997 in Brüssel entnehme er aber, daß genau diese Fra­ge unter Punkt 3 behandelt wurde.

Deshalb noch einmal die Frage: Wie war dort die österreichische Position in dieser Frage? Ist man für eine Vergemeinschaftung eingetreten, oder soll weiterhin national entschieden werden? Es habe diese Verhandlung bereits gegeben, also müsse Österreich auch eine Position in dieser Verhandlung gehabt haben.

Abgeordneter Mag. Schweitzer bringt zwei Anträge auf Stellungnahme ein.

Mit dem ersten Antrag soll erreicht werden, daß die Amtsenthebung jedes einzelnen Mitgliedes der Kommission, welches die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt, ermöglicht wird.

Der zweiter Antrag auf Stellungnahme bezweckt eine stärkere Ausgestaltung und Verankerung des Subsidiaritätsprinzips und geht unter anderem auf Ausführungen des Landeshauptmannes von Vorarlberg zurück, der die derzeitige Form für unzureichend hält.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel nimmt sogleich zur Subsidiarität Stellung und verweist darauf, daß der irische Entwurf schon ein Ver­tragsprotokoll über die prozeduralen Regeln und die Anwendungskriterien für die Subsi­diarität vorgeschlagen habe. Der Ansatz sei für etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten – Griechen­land, Schweden, Finnland, Luxemburg, Dänemark, Irland und Italien – akzeptabel, die Spanier wollen ein Protokoll nur mit Verfahrensbestimmungen. Sie wollen vor allem keinen Hinweis auf weitere Gebietskörperschaften. Schwierig sei es, weil jeder unter Subsidiarität etwas anderes verstehe. In Österreich etwa sei darunter nicht nur das Verhältnis zwischen der Gemeinschaft und den Nationalstaaten, sondern auch das Verhältnis zu den darunterliegenden Gebietskörper­schaften oder sogar zu den Gemeinden zu verstehen. Einige vertreten den Ansatz Subsidiarität im Verhältnis Brüssel zu den jeweiligen Hauptstädten, aber nicht daruntergehend, Österreich hin­gegen wolle natürlich die Länder und die Gemeinden ebenfalls miteinbinden.

Spanien sei also für so ein Protokoll, aber eben mit der klaren Linie, daß das nicht auf die Gebietskörperschaften ausgedehnt werden kann, die Griechen haben eine Präferenz für die Erklärung mit den Schlußfolgerungen vom Europäischen Rat in Edinburgh, die Kommission verhalte sich sehr ambivalent bis zurückhaltend in dieser Frage.

Österreich sei mit diesem Vorschlag auch nicht einverstanden, aber aus ganz anderen Gründen. Es bestehe ein Ergänzungswunsch zum Artikel 3b des Europäischen Vertrages mit aus­drück­licher Bezugnahme auf die Gebietskörperschaften, weiters ein Wunsch nach Ergänzung des Protokollentwurfs bezüglich Anwendung des Prinzips mit Kriterien, eine Bestimmung zum Ver­hältnismäßigkeitsprinzip und Konsultationen der Europäischen Kommission mit den Gebiets­körperschaften. Des weiteren solle der Subsidiaritätsbericht an den ADR, an den Ausschuß der Regionen, übermittelt werden et cetera.

Der Ausschuß der Regionen sollte in seiner Rechtsposition deutlich gestärkt werden, verstärkte Konsultationsrechte bekommen. Österreich sähe es auch gerne, daß er ein Antragsrecht im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof hätte, stehe damit allerdings vollkommen allein da.

Zur Frage des Abgeordneten Hager und seiner Metapher vom Schiff, von dem man nicht wisse, wohin es fahre, meint Vizekanzler Dr. Schüssel, daß dieser Punkt – zwar nicht in Hagers An­wesenheit – schon einige Male sehr ausführlich besprochen worden sei, er versuche aber gerne, es noch einmal darzustellen.

Der Institutionenaspekt sei sicher nicht vorrangig, die österreichische Position sei vielmehr, stärker in die Substanz, in die Ziele der Europäischen Union hineinzugehen. Das war auch der Grund, gemeinsam mit den Italienern eine Initiative zu starten, um die Unionsbürgerschaft, die Bürgerrechte innerhalb der Union zu stärken. Nicht mit allen Punkten habe sich Österreich durchgesetzt, weil zum Teil völlig neue Elemente in die Diskussion hineingebracht wurden, etwa die Frage von europaweiten Referenten oder Volksinitiativen.

Desgleichen sei die Frage der Menschenrechte ein ganz starkes österreichisches Anliegen. Es sei wichtig, den Beitritt der Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention in den Vorder­grund zu rücken, der Union Rechtspersönlichkeit zu geben, eine Klausel in den Vertrag aufzu­nehmen, daß neue oder auch alte Mitglieder die Menschenrechte genauso einhalten müssen wie zum Beispiel die Maastricht-Kriterien für Budgetdefizit oder Inflation.

Die Beschäftigung müsse sehr stark verankert werden. Das Beschäftigungskapitel solle nicht dazu dienen, die Verantwortung nach Brüssel abzuschieben, jedoch sei der Kampf um die Vollbeschäftigung auch auf der europäischen Ebene voll aufzunehmen, denn viele Themen seien nicht mehr national gewinnbar, sondern letztlich nur in einer europäischen Kampf­ge­mein­schaft lösbar.

Zu diesen Fragen gehören Verhandlungen mit der WTO, Forschung, Großforschung vor allem, Entwicklung, eben das Ernstnehmen der Beschäftigungspolitik auf europäischer Ebene durch den Ausbau der Transeuropäischen Netzen bis hin zur Telekommunikation, dazu gehören Binnenmarktregeln und nicht zuletzt auch die Erweiterungsoption.

Und wenn man den Japanern etwas herausreißen wolle, dann gehe das auch nur mit dem Druck der gesamten Europäischen Union. Farnleitner sei etwa kürzlich in Japan gewesen und habe erklärt, die ganze Europäische Union zögere, Japan bei seiner Bewerbung für die Welt­aus­stellung zu unterstützen, wenn nicht auf anderen Ebenen Bewegung in Handelskonzessionen käme. Und siehe da, plötzlich kamen gewisse Dinge wieder in Bewegung.

Auch das Thema der Umweltziele habe im Vertrag schon deswegen eine vorrangige Rolle, weil ein Land im nationalen Alleingang nicht viel gewinnen könne. Diesbezüglich habe Österreich in der kurzen Zeit seiner Mitgliedschaft gemeinsam mit anderen Bündnispartnern tatsächlich schon einiges bewegt.

Das Schiff fahre also und habe auch ein sehr klares inhaltliches Ziel: Diese Union hat sich vor­genommen, tatsächlich der Welt ein Beispiel zu geben, was soziale Verträglichkeit von Wirtschaft und Sozialstandards betrifft, was ökologische Globalverantwortung und Menschen­rechte anlangt. Das seien die Hauptanliegen im Vertrag, und diese seien für die Bürger von entscheidender Bedeutung.

Zur Frage Mehrheitsentscheidung – Einstimmigkeit vertritt Vizekanzler Dr. Schüssel die Meinung, daß ein stures Festhalten an der Einstimmigkeitsregel möglicherweise dazu führen könnte, daß vieles auslagert werde. Wenn man darauf bestehe, etwa in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik alles nur einstimmig zu machen, so hätten Bosnien und Albanien bereits gezeigt, wie mühsam es sei, einstimmige Linien festzulegen.

Würden verschiedene Dinge ausgegliedert werden, bestünde die Gefahr, daß zum Beispiel ein Direktorium von einigen großen Ländern dann eben genau diese Funktion übernimmt. Schengen sei nichts anderes; daher auch das Bestreben, Schengen wiederum in den Vertrag zurückführen. Das Sozialprotokoll sei nichts anderes, und letztlich sei auch die Wirtschafts- und Währungsunion nichts anderes als das Beispiel einer in der Ersten Säule im Vertrag schon geübten Flexibilität, weil es eben nicht möglich war, zu einer klareren, effizienteren Entscheidung zu kommen.

Die Spielregeln zur Flexibilität seien bereits angesprochen worden. Wiederholt sei, daß dem EuGH auf jeden Fall – das sei unbestritten – eine starke Position gegeben werden soll. Auslöser für die Flexibilität solle nach Meinung des Vizekanzlers eine qualifizierte Mehrheit sein, das An­trags­recht jedem Mitglied zustehen. Die Kommission müsse ein Avis conforme abgeben, und es sei nicht zu befürchten, daß es sich die Kommission leichtmachen werde, denn sie sei tat­sächlich die Hüterin der Vertragssubstanz und würde jeden Versuch, über die Flexibilität die Substanz – etwa des Binnenmarktes – auszuhöhlen, mit größter Skepsis beantworten.

Eine wichtige Frage habe Abgeordneter Hager aufgeworfen: Was ist mit denen, die nicht dabei sind? Dürfen die abstimmen oder nicht? – Nach Meinung des Vizekanzlers könne im Rat jemand, der nicht mittut, auch nicht mitbestimmen. Es müsse aber gesichert sein, daß die Länder, die nicht mittun, weiterhin als Beobachter – durchaus mit Rederecht – im Rat bleiben können, aber daß sie über etwas abstimmen, bei dem sie selber nicht mittun, sei undenkbar. Beim Europäischen Parlament sei das etwas anders sehen, zumal das Parlament ein abge­stuftes Mitbestimmungsinstrumentarium habe.

Zur Ultima ratio: Zunächst müsse man sich unbedingt bemühen, das normale Verfahren durch­zuführen und erst, wenn dieses nicht greife, könne allenfalls die Flexibilität ausgelöst werden.

Zur Frage, wie es dann mit der Flexibilität weitergehen soll, ist es These von Vizekanzler Dr. Schüssel, daß der Rechtsbestand immer auch für Nichtmitglieder offenstehen müsse, die später einsteigen können. Hiefür könne es keine Befristung geben, das müsse jedes Land für sich entscheiden. Dann müsse es allerdings eine Automatik geben: Wer das will, hat das Recht, einem gewissen Teilbereich zuzustimmen.

Zu der Frage der Osterweiterung und des Geldes habe Vizekanzler Dr. Schüssel es nicht zynisch gemeint – no money, no results –, sondern die Obergrenze sei heute 1,27 Prozent am Bruttoinlandsprodukt gemessen, derzeit würden aber nur 1,18 Prozent ausgeschöpft. Daraus ergebe sich schon ein gewisser Spielraum innerhalb der heutigen Obergrenze im Vertrag. Zweitens wachse das durch das Wirtschaftswachstum natürlich real in absoluten Zahlen weiter an. Des weiteren herrsche im Moment der Sparstift vor, um eben einen gewissen Spielraum ge­winnen zu können. Es lasse sich also erkennen, daß für eine erste Erweiterungsrunde ein ge­wisses, und zwar nicht unbeträchtliches Finanzvolumen zur Verfügung stehe.

Natürlich enthebe das nicht der Notwendigkeit, innere Reformen bei den Strukturfonds in der Gemeinsamen Agrarpolitik zu machen. Das werden mit Sicherheit die Hauptthemen der Agenda der Jahre 1998, 1999 sein, und man werde sicherlich auch im Hauptausschuß noch sehr oft darüber diskutieren.

Wenn Frau Abgeordnete Kammerlander die Haltung des Vizekanzlers zur Flexibilität zitiere, müsse sie dazusagen, daß er auch in der bewußten Sitzung immer gesagt habe, daß das eine Krücke sei. Er präferiere eher das mutigere Konzept der Mehrheitsabstimmung.

Zur Frage des Abgeordneten Niederwieser bezüglich der Obergrenze mit 700: Das ist die öster­reichische Position; die Gewichtung bleibt. Die doppelte Mehrheit habe Vizekanzler Dr. Schüssel deswegen im Kontext mit der Kommission gebracht, weil die großen Länder quasi ein Äquivalent haben wollten, und er gemeint habe, es müsse genügen, wenn man im Rat die doppelte Mehr­heit anbiete.

Der Präsident des Europäischen Parlaments sei immer in den Rat integriert. Er erhalte vor Be­ginn des Europäischen Rates die Möglichkeit, seine Meinung zur Agenda, zur Tagesordnung zu äußern, und das habe sich absolut bewährt.

Zu der Frage der Frau Abgeordneten Gredler: Eine Rücknahme des Avis über Flexibilität sei nicht möglich. Das müsse vollkommen unangetastet bleiben.

Noch einmal zum Abgeordneten Schweitzer: Die österreichische Position sei so, wie Vizekanzler Dr. Schüssel sie vorgetragen habe: Österreich sei prinzipiell für die Vergemeinschaftung, aber im Detail seien vor allem bei der Einwanderungspolitik nicht alle Aspekte reif für Harmonisie­rungs­schritte auf der Basis der Vergemeinschaftung. Vor allem könne das Konzept der Frei­zügig­keit nicht zu Lasten der Sicherheit gehen, daher müsse der Abbau der Binnengrenzen von flankierenden Maßnahmen begleitet werden. Österreich sei nicht bereit, das Recht auf einen Arbeitsplatz, das Recht auf die Freizügigkeit in diesem Bereich für Drittstaatenangehörige zu garantieren.

Diese Position sei auch von anderen kleineren Staaten aufgenommen worden, die eigentlich erst von Österreich sehr stark auf dieses Problem aufmerksam gemacht wurden.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann meint hinsichtlich der Frage der Einstellung des Bundeskanzlers zu der angeführten Position „no names“, daß dieser aus­drücklich das Startlinienmodell, daß mit allen Beitrittswerbern zugleich verhandelt werden soll, vertrete. Es stehe nicht fest, wann der Abschluß der Verhandlungen erfolgen werde, es wurden keine fixen Daten genannt, und auch die Position, daß es nicht mehr kosten könne, wurde bei Auslandsbesuchen immer wieder vertreten.

Auf die Frage von Obmann Dr. Heinz Fischer, ob nun am Ende dieses Blocks über die einge­brachte Anträge abgestimmt oder diese noch weiter beraten werden sollten, wünscht Abge­ordneter Mag. Karl Schweitzer die Abstimmung, Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander ist be­züglich des Antrages, in dem es um das Kapitel der Mitentscheidung des Parlaments, um Mehrheitsentscheidungen im Rat et cetera geht, für weitere Beratungen, für den Antrag über die Flexibilität möchte sie die Abstimmung. Der Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Martina Gredler über die Einstimmigkeit bleibt ebenfalls weiter in Behandlung.

Obmann Dr. Heinz Fischer läßt demnach zuerst über den Antrag der Frau Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander auf Stellungnahme gemäß § 23e B-VG abstimmen, der damit beginnt: „Die zuständige Regierungsvertreter mögen sich dafür einsetzen, daß weder eine Ermäch­tigungs­klausel zu flexiblem Vorgehen“ et cetera aufgenommen wird. – Der Antrag bleibt in der Minderheit und ist daher abgelehnt.

Der erste Antrag des Abgeordneten Mag. Schweitzer betreffend EU-Regierungskonferenz be­zieht sich auf die Dokumente 17782/EU und 18433/EU und fordert den zuständigen Bundes­minister auf, „sich bei den Verhandlungen der Regierungskonferenz dafür einzusetzen, daß dem Europäischen Parlament die Kompetenz eingeräumt wird, die Amtsenthebung jedes einzelnen Mitglieds der Kommission“ et cetera „beim EuGH zu beantragen.“

Bei der Abstimmung erhält der genannte Antrag 7 Prostimmen. Er ist daher abgelehnt.

Der zweite Antrag des Abgeordneten Mag. Schweitzer lautet: „Der zuständige Bundesminister wird aufgefordert, bei den Verhandlungen im Zuge der Regierungskonferenz eine rechtlich bindende weitere Ausgestaltung und Verankerung des Subsidiaritätsprinzips“ – das ist der Kernpunkt – „zu schaffen.“

Auch dieser Antrag wird mehrheitlich abgelehnt.

Ehe Obmann Dr. Fischer Dr. Neisser bittet, ihn im Vorsitz abzulösen, stellt er zur Terminfrage – vorbehaltlich der Entscheidung der Präsidialsitzung – in Aussicht, den 18. April nicht als Reservetermin für eine Plenarsitzung zu verwenden, sondern zu einem Hauptausschußtermin zu machen.

Auf eine Frage des Abgeordneten Peter Schieder erklären sich alle Hauptausschußfraktionen mit dem 18. April einverstanden.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser leitet über zu jenem Teil der Diskussion, der die Erste Säule des Vertrages von Maastricht, die Wirtschafts- und Währungsunion, betrifft, und ersucht – auf Wunsch von Frau Abgeordneter Dr. Gredler – Vizekanzler Dr. Schüssel um eine kurze Einleitung.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel meint einleitend, daß er im Prinzip schon bei den Zielen der Union darzustellen versucht habe, worum es im wesentlichen gehe, nämlich um das Beschäftigungskapitel, um den Bereich Umwelt und eine allfällige Weiterentwicklung des Artikels 100a Abs. 4, wovon die Frage der österreichischen Reserven, vor allem hinsichtlich Wassernutzung, Wahl der Energieträger, Bodennutzung und ähn­liches betroffen sei. Das sei alles schon sehr klar auf den Tisch gelegt worden.

Interessant sei die Frage der Integration Schengens in den Vertrag. Das sei aber noch ein Zukunftskapitel und sicherlich nicht kurzfristig möglich. Die Wirtschafts- und Währungsunion sei ein Sonderteil, der bei der Regierungskonferenz weniger Rolle spiele.

Für Österreich wichtig sei die österreichische Initiative bezüglich der Menschenrechte, die Transparenz und ähnliche Dinge, wo man ganz gut unterwegs sei, wo sich aber seit dem letzten referierten Verhandlungsstand relativ wenig verändert habe.

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP) geht darauf ein, daß die Europäische Union für andere Agglomerationen weltweit ein Vorbild für Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und auf politischem Gebiet sei, aber auch dafür, wie der Entscheidungsprozeß ablaufe.

Sie hält es angesichts der vorliegenden Wünsche und Anträge auf Stellungnahme nicht für sinnvoll, jetzt bereits Festlegungen der Bundesregierung gegenüber zu treffen. Wichtig sei viel­mehr, insgesamt Europa als gemeinsames Ziel zu sehen.

Wenn man Europa als gemeinsames Ziel sehe, dann müsse man gegen das jetzt auch für die Erste Säule, bei der es um den Binnenmarkt, um den Wettbewerb gehe, diskutierte Modell der Flexibilität und der verstärkten Zusammenarbeit gewisse Vorbehalte haben. Der Binnenmarkt existiere in Wahrheit nur in manchen Bereichen. Immer noch bestünden Handelshemmnisse und Arbeitshemmnisse zwischen den einzelnen Staaten, und eine stärkere Flexibilität würde zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen führen.

Zu hoffen sei, daß auch bezüglich Sozialpolitik und höherer Standards im Bereich Umwelt, die für Österreich eine große Rolle spielen, etwas weitergehe.

Durch die Flexibilität könnten sich Standortvorteile ergeben, und manche Staaten legen vielleicht bewußt Wert auf die Flexibilität, um einen Wettbewerbsvorteil, einen Wirtschaftsstandortvorteil zu haben, wodurch es zu einem Auseinandertriften innerhalb der Europäische Union kommen könnte. Daher sei es äußerst wichtig, wie man mit diesen Fragen der verstärkten Zusammen­arbeit und der Flexibilität umgehe.

Abgeordneter Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche) hat hinsichtlich der Ersten Säule drei Fragen: erstens zur Beschäftigung, zweitens zur Wirtschafts- und Währungsunion, Stichwort Euro, drittens zur Steuerharmonisierung.

Wie sei der Fortgang der Regierungskonferenz in der Frage der Beschäftigungsinitiative zu sehen? Da gebe es etwa Appelle von seiten der europäischen Institutionen in Richtung Mitgliedstaaten, sich initiativer zu zeigen, um die Geißel der Massenarbeitslosigkeit von nahezu 20 Millionen Arbeitslosen in Europa zu bekämpfen.

Klar sei, daß die europäische Ebene nicht die Mittel dazu habe, sondern die Appelle eigentlich an den nationalen Gesetzgeber oder an die nationale Regierung gerichtet seien, in den Budgets Mittel hierfür freizusetzen. Gleichzeitig solle man aber mit diesen Budgets den Konvergenz­kriterien von Maastricht gerecht werden und die Gesamtverschuldung beziehungsweise die Neu­verschuldung in den Griff bekommen, und das sei eine Sache, die ökonomisch nicht laufen könne.

Welche anderen Instrumente könne es bis zum vermeintlichen Abschluß der Regierungs­konferenz noch geben? Und wird es, sollte es doch zu einem Durchbruch kommen, daß man Mittel einsetzt, dann Sanktionsmechanismen für einzelne Nationalstaaten geben, wenn diese Mittel nicht greifen?

Im Bereich des Euro rede man ziemlich offen darüber, daß der ECOFIN-Rat bei der letzten Entscheidung darüber, wer teilnimmt und wer nicht teilnimmt, einen gewissen Spielraum habe. Klar sei auch, daß es stark davon abhänge, ob Deutschland die Konvergenzkriterien erreichen kann oder nicht, damit dieses Projekt ohne Verschiebung mit 1. 1. 1999 gestartet werden kann.

Österreich sei auf keinen Fall für eine Verschiebung des Termins. Was aber, wenn am 1. 1. 1999 nur eine sehr kleinen Gruppe beitritt, wenn Italien nicht dabei ist und wenn dann das Euro­päische Währungssystem II für die sogenannten Outs mit einer Auf- und Abwertungs­möglichkeit von je 15 Prozent greifen wird? Welchen Sinn hätte dann diese Neueinführung einer Einheitswährung?

Unklar sei auch, ob im Zuge der Osterweiterung neue Mitgliedsländer den Euro sofort 1 : 1 übernehmen oder ob und welche Übergangszeiten vorgesehen sind. Müssen sie in ein Europäisches Währungssystem miteingebunden werden? Sind sie Mitglied des EWS II oder nicht?

Dritter Bereich: Binnenmarkt. Binnenmarkt bedeute gleiche oder möglichst gleiche Wettbe­werbs­chancen, daher auch immer wieder die Diskussion über eine Steuerharmonisierung auf europäischer Ebene. Gerade Österreich sei ein Land mit etlichen Steuern, die kein anderes Mitgliedsland habe, weshalb es im Wettbewerb ziemlich beeinträchtigt sei.

Wird es von seiten Österreichs in der Frage der Steuerharmonisierung Vorstöße geben? Wenn ja, wird man danach trachten, auch eine Ökoabgabe miteinzubeziehen?

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) bezieht sich auf Abgeordnete Tichy-Schreder, die behauptet hat, die EU sei in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht ein Vorbild für andere Agglomerationen geworden. Hinterher habe sich herausgestellt, daß es eigentlich um Wettbewerb und wirtschaftliche Zusammenarbeit gehe und nicht so sehr um ein demokratisches Vorbild, dem nachgeeifert werde.

Darauf zielten auch die Anträge auf Stellungnahme der Abgeordneten Mag Kammerlander ab, denn bei diesem Wettbewerbsmodell, das die EU darstelle, blieben zwei Dinge auf der Strecke: die Beschäftigung und die Umwelt.

Es wurde bereits oft darüber diskutiert, daß ein Sozialkapitel, daß eine Beschäftigungsklausel aufgenommen werden solle, doch bisher wurde bei der Regierungskonferenz über die Aufnahme von sozialen Grundrechten in die EU-Verträge noch nicht einmal geredet.

Abgeordnete Mag. Kammerlander geht, was die Beschäftigungspolitik betrifft, von einem natio­nalen Konsens aus und möchte daher sehr wohl, daß – entgegen der Meinung der ÖVP – über Anträge auf Stellungnahmen abgestimmt wird, so auch über ihren Antrag, der die Aufnahme einer Erklärung der Mitgliedstaaten in den Vertrag der Europäischen Union vorsieht, wonach die nachhaltige Senkung der Arbeitslosigkeit und der Armut sowie die Entwicklung sozialer und ökologischer Mindeststandards prioritäres Ziel für die Mitgliedstaaten sei. Des weiteren werde darin die Aufnahme eines Kapitels „Beschäftigung“ in den Vertrag der Europäischen Union, die Aufnahme der Europäischen Sozialcharta in die Präambel des Vertrages der Europäischen Union sowie die Aufnahme einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Erstellung eines Mehr­jahresprogramms für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik gefordert.

Ein zweiter Antrag auf Stellungnahme beziehe sich auf die Umwelt, denn das sei der zweite Bereich, der in diesem Modell des Wettbewerbs auf der Strecke bleibe.

Es gehe darum, sich dafür einzusetzen, daß die Änderung und Ergänzung der Präambel und der Grundsätze in der Weise erfolgt, daß die Grundsätze der Umweltverträglichkeit hinein­genommen werden. Desgleichen sollen in allen weiteren Grundsätzen oder Prioritäten immer die Grundzüge des Umweltschutzes berücksichtigt werden, sei es bei der Freiheit des Waren­verkehrs, sei es in der Landwirtschaft, sei es in der Handelspolitik, die im Einklang mit den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung stehen soll, sei es aber auch im Rahmen der Energie­politik, wofür die Gemeinschaft Kompetenz erhalten sollte, um unter anderem den Euratom-Vertrag so abzuändern, daß er dem Zwecke der Sicherung einer ökologisch verträglichen Energie­politik dient.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser bestätigt, daß die eben erläuterten Anträge am Präsidium liegen.

Da der Vizekanzler die Integration von Schengen in die Erste Säule erwähnt hat, fragt Abge­ordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum), ob das bedeute, daß Asyl- und Einwande­rungs­fragen vergemeinschaftet werden und in die Erste Säule hineinkommen oder ob nicht eigentlich Schengen eher in die Dritte Säule einzugliedern wäre.

Bezüglich der Umweltschwierigkeiten bringt Abgeordnete Dr. Gredler einen Antrag auf Stellung­nahme ein, der vorsieht, den EGKS- beziehungsweise den Euratom-Vertrag in den EG-Vertrag zu integrieren und in der Weise umzuformulieren, daß ein Ausstieg aus der Atomenergie zu einer Zielbestimmung wird.

In Artikel 100a Abs. 4 verstärkte Schutzmaßnahmen einzuführen, könne nur unterstützt werden.

Im Artikel 36 EGV solle der Begriff „öffentlichen Sittlichkeit“ herausgestrichen werden, weil das ein veralteter Terminus sei.

Bezüglich der Vollbeschäftigung gebe es eigentlich keine Definition. Ist Vollbeschäftigung nach gemeinschaftlichem Verständnis dann erreicht, wenn nur 3 Prozent arbeitslos gemeldet sind? Das heiße ja noch nicht, daß es nur 3 Prozent Arbeitssuchende gibt. Dieser Begriff sei also sehr unpräzise und sehr vage. Die Zielbestimmung müsse durchaus sein, daß es zu einer größt­möglichen Beschäftigung kommt.

Diesbezüglich sei auch ein wenig Transparenz wünschenswert, wie das auf europäischer Ebene durchgeführt werden soll, denn während ihrer Zeit im Europäischen Parlament ist Abgeordneter Dr. Gredler nicht aufgefallen, daß Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung einen wesent­lichen Teil der finanziellen Ausgaben der Europäischen Union ausmachen. Im Gegenteil. Für den Tabakanbau an 30 000 Bauern etwa würde mehr ausbezahlt. Diesbezüglich müsse man dringend eine Revision der budgetären Seite vornehmen.

Der Vizekanzler habe Transparenz erwähnt, doch scheine der Rat nicht besonders daran interes­siert zu sein, transparent zu arbeiten. Offensichtlich habe der Rat auch nach der Regie­rungs­konferenz nicht vor, wesentliche Verbesserungen einzuführen, was den Entscheidungs­pro­zeß beziehungsweise die verschiedenen Argumentationslinien anbelange. Es sei nicht bekannt, daß Ratssitzungen ab dann öffentlich sein sollen. Es wäre allerdings im Sinne der Transparenz und der Bürgernähe durchaus erstrebenswert, daß man etwa via Internet jede Ratssitzung mit­verfolgen könnte. Das wäre wirklich eine bürgernahe Union, wenn jeder Bürger sich über die neuen Technologien einfach einklinken und mithören könnte.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser hält fest, daß der Antrag auf Stellungnahme hinsichtlich der Ausweitung um das Energiekapitel eingebracht wurde.

Abgeordneter zum Europäischen Parlament Dr. Hannes Swoboda (SPÖ) erinnert daran, daß vor nicht allzu langer Zeit mit Kommissar Fischler über die Schlußfolgerungen aus dem BSE-Untersuchungsausschuß diskutiert wurde. Die Europäische Kommission habe dazu – nicht zuletzt auf Druck des Europäischen Parlaments – eine Reihe von Vorschlägen gemacht, vor kurzem habe sich Kommissar Fischler jedoch beschwert, daß der Rat, das heißt die Minister als Vertreter der Regierungen, diesen Vorschlägen eher kritisch bis ablehnend gegenüberstehen.

Es sei zwar zuletzt in einer Frage ein Kompromiß geschlossen worden, aber wenn man einen gemeinsamen Binnenmarkt habe, in dem jeder frei exportieren könne, dann gehe es nicht an, daß gesundheitspolitische Belange weiter nationales Anliegen bleiben, umgekehrt aber nicht einge­griffen werden könne, weil das dann angeblich den Wettbewerb verzerrt.

Abgeordneter Dr. Swoboda ersucht die beiden Vertreter der Regierung, auf den öster­reichischen Landwirtschaftsminister dahin gehend einzuwirken, daß die Vorschläge, die die Kommission aus guten Gründen aufgrund eines sehr genauen, spezifischen Berichtes des Europäischen Parlaments gemacht habe, auch Unterstützung finden, denn zu einem gemein­samen Markt gerade auch im Bereich der Lebensmittelprodukte gehöre auch eine gemeinsam abgestimmte Gesundheitspolitik, sonst sei der nächste BSE-Fall oder eine andere Krankheit vorgezeichnet. Der Kompromiß, der jetzt hinsichtlich des Fleischpasses getroffen worden sei, sei gerade noch vertretbar, aber es gehe auch um eine Reihe von anderen Maßnahmen, und es sei zu wünschen, daß die österreichische Regierung auch und gerade im Interesse der österreichischen Bauern und der Konsumenten einen eindeutigen Standpunkt vertrete.

Zur Frage Euro hält Abgeordneter Dr. Swoboda die Haltung der Regierung für absolut richtig, an dem Termin und an dem grundsätzlichen Procedere festzuhalten. Er hält es aber ebenso für richtig, daß die Europäische Zentralbank eine unabhängige Institution ist, wobei ein Weg gefun­den werden müsse, daß sie sich an der grundsätzlichen Ausrichtung der Wirtschafts- und Sozialpolitik, insbesondere an der Beschäftigung orientiert.

Wie sieht also der letzte Stand hinsichtlich des Beschäftigungskapitels aus und wie soll institutionell abgesichert werden, daß die zwar unabhängige Europäische Zentralbank doch auch auf die Beschäftigungspolitik Rücksicht nimmt, damit das Ganze nicht nur eine Deklaration bleibt?

Wichtig sei es, in Großbritannien bald eine Regierung zu haben, die sich zum Sozialkapitel bekennt, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, aber ganz besonders wichtig hiefür sei natürlich der Steuerbereich. Nicht die Getränkesteuer sei es allerdings, die die große Wettbe­werbsverzerrung im europäischen Steuersystem bewirke, sondern viele andere wichtige Fragen vom Unternehmensteuerbereich bis hin zu den Steueroasen.

Hierzu sei die Haltung der österreichischen Regierung interessant. Bekennt auch sie sich eindeutig dazu, daß man – wie das zuletzt auch der französische und der deutsche Finanz­minister zum Ausdruck gebracht haben – hier schrittweise zu einer Steuerharmonisierung kommen muß, um den Binnenmarkt entsprechend abzusichern? Es gehe nicht an, daß einige Länder durch vorübergehend oder permanent niedrige oder nicht vorhandene Steuersätze ver­suchten, Unternehmungen anzulocken.

Dazu eine letzte Bemerkung. Es muß – Kommissar Flynn habe das im Europäischen Parlament im Zusammenhang mit Renault angekündigt – klargestellt sein, daß wirtschaftliche Unter­nehmensentscheidungen dazu führen, daß mehrfach hintereinander Subventionsmittel ausge­nützt werden und damit kurzfristig in einem Land Beschäftigung geschaffen, dann wieder abge­baut und in einem anderen Land neu aufgebaut wird. Daher möge die österreichische Regierung eindeutig die Bemühungen der Kommission unterstützen, die bestehenden Regeln zu ergänzen, damit ein solches Ausnützen der Standortvorteile nicht erfolgen könne. Es sollten auch Konse­quenzen eingezogen werden, wenn bestehende EU-Regelungen, etwa hinsichtlich Informations­pflicht bei Massenentlassung und so weiter, nicht eingehalten werden, denn solche Regelungen seien ja wirklich nur dann sinnvoll, wenn deren Nichteinhaltung auch entsprechende Konse­quenzen und Sanktionen nach sich ziehen.

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP) weist darauf hin, daß ein neues Protokoll zum EG-Vertrag über die Anwendung der Subsidiarität in Aussicht genommen sei, man habe die österreichische Haltung des Außenministers dazu gehört, die weitergehend sei, daher erübrige es sich, noch eine Stellungnahme dazu abzugeben, denn in diesem Fall sei der Hauptausschuß völlig im Einklang mit der Haltung des österreichischen Vertreters. – Das sei die Linie der ÖVP, und auf dieser Linie wolle sie bleiben.

Genauso sei es mit der Beschäftigungspolitik. Es sei ein ganz wichtiger Punkt, daß Be­schäftigungspolitik in der Kommission verstärkt verfolgt werde, aber nicht im Sinne der Aus­führungen von Frau Abgeordneter Gredler. Es sei nicht anzustreben, daß die EU Be­schäftigungspolitik in gleicher Weise betreibe wie die Förderung des Tabakanbaues, vielmehr sei die Haltung und die Linie der Kommission voll zu unterstützen, im Rahmen des Sozialfonds den nationalen Regierungen Mittel – für Österreich in diesem Jahr 1,7 Milliarden Schilling – zur Verfügung zu stellen, die für nationale Projekte – und hier wieder überwiegend für regionale Projekte – ausgegeben werden. Das sei der richtige Weg. Es solle keine stärkere Einflußnahme der EU erfolgen, sondern die Souveränität im nationalen Bereich der Arbeitsmarktpolitik müsse sehr wohl beibehalten werden.

Ebenso müsse man von der Illusion wegkommen, zu glauben, daß mit nationaler Be­schäftigungspolitik zum Beispiel ganz spezifische regionalen Probleme – etwa des Vorarlberger Arbeitsmarktes – zufriedenstellend gelöst werden können.

Bezüglich Beschäftigungspolitik werde es eine Ergänzung des EG-Vertrages in Form der Einfügung eines neuen Titels mit verschiedenen Artikeln geben. Hierzu möchte Abgeordneter Dr. Feurstein noch konkret die Haltung der österreichischen Regierung hinterfragen.

Ein weiterer Punkt und ein besonderes Anliegen seien die Grundrechte. Hierzu wurde bereits eine Stellungnahme abgegeben, um die österreichische Position, die gemeinsam mit Italien vertreten worden sei, zu verstärken. Den Unterlagen sei zu entnehmen, daß diese Position im wesentlichen berücksichtigt werden kann und Aufnahme in die Schlußakte finden wird.

Frage dazu: Warum ist es eigentlich bisher nicht gelungen, auch die Ergänzung im Artikel  100a und im Artikel 127, wie es in Aussicht gestellt wurde, durchzusetzen, damit dort insbesondere die verstärkte Behindertenpolitik, die natürlich ein europäisches Anliegen sein müsse, verankert wird?

Wenn man also den Oppositionsanträgen nicht die Zustimmung gebe, so heiße das nicht, daß man die grundsätzliche Position nicht akzeptiere. Aber da ohnehin eine weitgehende Über­einstimmung zwischen Hauptausschuß und Minister beziehungsweise Regierung bestehe, könnte eine solche Stellungnahme unter Umständen einen Konflikt ausdrücken, und ein Konflikt sei in diesen Bereichen eindeutig nicht gegeben.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP) betont, daß die Binnenmarktregelung voraus­setze, daß annähernd gleiche Wettbewerbsbedingungen, annähernd gleiche Pro­duktions­auf­lagen vorhanden seien. Im Umweltbereich werde durch die Richtlinie 20/78 eine Ausgleichs­mög­lichkeit geschaffen, sodaß Österreich mit 3 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche der 15 EU-Staaten rund 29 Prozent der gesamten EU-Umweltförderungsmittel erhalte, und so, was um­weltfreundliche Landwirtschaft betrifft, eindeutig Europameister sei, ohne daß daraus eine Wett­bewerbsverzerrung entstehe.

Eine sehr grobe Wettbewerbsverzerrung bestehe allerdings bei der Tierhaltung, denn die 15a-Vereinbarung über die landwirtschaftliche Nutztierhaltung in Österreich sehe sehr hohe Auflagen vor, teilweise sehr viel höher als jene in der EU, soweit es dort überhaupt Richtlinien für einzelne Bereiche gebe. Damit haben die österreichischen Produzenten keine Möglichkeit, im Binnen­markt konkurrenzfähig zu sein, denn billigere Produkte würden importiert, weil die Konsumenten nicht bereit seien, den höheren Produktionspreis zu bezahlen.

Österreich habe sich wiederholt für die Verankerung des Tierschutzes in den Protokollen ausgesprochen, und es sei interessant, zu erfahren, wie der Herr Vizekanzler die Durch­setzungschancen in dieser Frage – zumindest in absehbarer Zeit – sieht.

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) konzentriert sich in seiner Wortmeldung auf die Umsetzung des Projektes Euro. In Deutschland werde eine sehr heftige Diskussion geführt, und man gewinne den Eindruck, daß die Maastricht-Kriterien von immer mehr maßgeblichen Leuten direkt oder indirekt in Frage gestellt werden. Es könne auch für Österreich nicht ganz egal sein, wie die Entwicklung der deutschen Diskussion ablaufe, da die österreichische Währungspolitik eng verbunden sei mit der D-Mark und mit der Deutschen Bundesbank.

Nach Meinung des Abgeordneten Dr. Cap gibt es allerdings keine Alternative, weshalb man doch versuchen sollte, das Projekt des Euro zur angegebenen Zeit unter den vorgegebenen Kriterien umzusetzen. Er kann sich aber des Verdachtes nicht erwehren, daß es auch noch einen zweiten Kampf im Hintergrund um eine Art neoliberales Wirtschaftsprojekt gebe, bei dem Geldwertstabilität wichtiger sei als Beschäftigung, wofür man mit dem Konstrukt Europäische Zentralbank indirekt bereits die Weichen für eine Prioritätenliste legen will.

Was heißt es denn, wenn der Rat der Finanz- und Sozialminister ein bestimmendes Element sein soll, zugleich aber postuliert werde, diese Europäische Zentralbank soll unabhängig sein? Wie werde Unabhängigkeit da definiert? Wäre es nicht viel ehrlicher, offen zuzugeben, daß man sich eine unabhängige Zentralbank eigentlich gar nicht leisten kann, sondern daß sie sich einfach danach zu orientieren habe, wo dann die konsensualen beschäftigungs- und sozial­politischen Linien sind?

Soll die Tietmeyer-Konzeption fortgesetzt werden? Das viele Gerede um die Absenkung der Haus­haltsdefizite und all die Sparprogramme hätten eigentlich dazu geführt, daß alles noch schlimmer geworden sei, daß es noch höhere Arbeitslosenzahlen gebe. – Was geht da vor sich? Wer hintertreibt dieses Projekt? Was soll hier erzwungen werden?

Das könne doch nicht im gesellschaftlichen Konsens dieser Regierung und auch nicht im mehr­heitlichen Konsens Österreichs sein. Da könne man nicht mitspielen. Da müsse man auf den dafür geeigneten europäischen Ebenen rechtzeitig deutlich machen, daß das nicht Österreichs Konzept sein kann.

Was passiert, wenn Österreich in eine Situation kommt, sich unter Umständen von dem ganzen D-Mark-Block auch noch abkoppeln müssen?

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel hält die These von Frau Abgeordneter Tichy-Schreder für absolut richtig, daß die Europäische Union weltweit ein Vorbild für Integration geworden sei, dem auch andere nachstreben. Wenn man sehe, daß der Beitritt zur Europäische Union de facto von weiteren 15 Kandidaten angestrebt werde und später sicher auch Länder wie Kroatien, Bosnien et cetera den Beitritt anstreben werden, könne man daraus erkennen, daß die Attraktivität dieses Projektes vollkommen unge­brochen ist.

Die NAFTA nehme eine ganz ähnliche Entwicklung, die SADC, die Southern African Develop­ment Community, formuliere ein ganz ähnliches Konzept einmal als langfristiges Ziel, und vom asiatischen Raum her beobachte man genau, was die EU plane.

Deshalb sei es auch richtig, daß man dieses Kernprojekt der Europäischen Integration gerade in der Ersten Säule mit großer Behutsamkeit fortentwickeln müsse und ja nicht gefährden dürfe.

Zum Beschäftigungskapitel versucht Vizekanzler Dr. Schüssel, alle aufgeworfenen Fragen zu­sammenzuziehen.

Zunächst müsse man sich davon freimachen, daß Budgetrestriktionen durch den Euro-Kurs oder durch die Maastricht-Kriterien notwendig seien oder sogar beschleunigt würden, vielmehr sei jederzeit ökonomisch nachweisbar, daß jedes zusätzliche Incentive, das in den Konsum hineinginge, zu 50 und mehr Prozent nicht der Beschäftigung zugute käme, sondern für zu­sätzliche Importe, zusätzliche Auslandsreisen aufgewendet würde und somit bestenfalls Arbeits­plätze in Osteuropa, in der Karibik oder in Asien schaffen würde. Deshalb sei es eine Illusion, zu glauben, man könne wiederum zum Deficit spending zurückkehren.

Budgetrestriktionen seien gerade für jene Länder notwendig geworden, die ein sehr hohes Sozialniveau entwickelt, es aber zum Teil verabsäumt hätten, gewisse Adjustierungen vorzu­nehmen. Vor den enormen Problemen etwa der demographischen Entwicklung, der Pensions­strukturen et cetera den Kopf in den Sand zu stecken, hieße, die Standortqualität und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit dramatisch zu unterminieren.

Durchaus dafür sein könne man allerdings, daß man diese Entwicklung zusätzlich und flankierend auf europäischer Ebene durch eine europäische Beschäftigungsstrategie abfedere, und es sei einer der großen österreichischen Erfolge auch in dieser Regierungskonferenz, ge­meinsam mit anderen in einer parteiübergreifenden Allianz erreicht zu haben, daß man die Möglichkeiten, die der Nationalstaat nicht mehr hat, auf europäischer Ebene besonders stark in den Vordergrund rückt.

Seit dem irischen Text gebe es keine Weiterentwicklung, aber dieser irische Text sei im Prinzip schon sehr gut, denn er würde folgendes festlegen: ein eigenes Beschäftigungskapitel, ge­meinsame Leitlinien in der Beschäftigungspolitik durch den Ministerrat, jährliche Bewertung einzelstaatlicher Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kohärenz, das heißt, auch ein Monitoring im Rat. Es kann Empfehlungen an die Mitgliedstaaten geben, es kann Bestimmungen für die An­nahme von Förderungsmaßnahmen zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Be­schäftigungspolitik zur Zusammenarbeit geben. Es soll einen eigenen Beschäftigungsausschuß geben, dem zwei Mitglieder der einzelnen Mitgliedstaaten und der Kommission angehören.

Dieses Konzept, daß am Anfang von den Österreichern und den Skandinaviern vertreten wurde, habe deutlich an Dynamik gewonnen und werde am Ende wohl auch beschlossen werden, auch wenn die Briten sich noch massiv dagegen wehren.

Damit sei man einen großen Schritt vorangekommen, wenngleich das Prinzip der Vollbe­schäftigung nicht verankert werden konnte, sondern nur von hohem Beschäftigungsniveau die Rede sei. Es sei nicht perfekt, aber die Abgeordneten könnten sicher sein, daß Vizekanzler Dr. Schüssel als Chefverhandler bei der Regierungskonferenz das Maximale herausholen werde, aber am Ende müsse man schauen, daß man wirklich alle in ein Boot hineinbekomme, das letztlich gleitfähig und fahrfähig sei.

Der Neoliberalismus sei ein wichtiger Punkt, und ein wenig hänge die Renault-Frage damit zusammen. Vor allem bei den multinationalen Konzernen – ausdrücklich nicht bei den Klein- und Mittelbetrieben und bei jenen Betrieben, die auch eine gewisse nationale Verantwortung haben – mache sich diese Entwicklung breit, der man auf europäischer Ebene gegensteuern müsse. Gerade der Fall Renault sei eine exemplarische Verletzung von Spielregeln, daher sei die belgische Regierung absolut zu unterstützen auf ihrem Weg.

Natürlich wisse man, daß Globalisierung der Welt sich nicht nur auf Tourismus beschränkt und daß man diesem Wettbewerb nicht entkommen kann, daher müsse man innerstaatlich durch flexibleren Einsatz des kostbaren Gutes Arbeit gegensteuern, und mit der Festlegung flexibler Arbeitszeiten sei ja auch innerstaatlich ein ganz großer Schritt vorwärts gemacht worden.

Man müsse auch aufpassen, daß nicht Finanzanlagen – auf den Aktienbörsen etwa – einseitig im Vordergrund stünden. Man sollte durchaus mutiger und selbstbewußter auftreten, denn in Wahrheit könnten heute auch die großen Anleger – Pensionsfonds, institutionelle Anleger – durchaus auch mit einer anderen Philosophie als dem reinen Shareholder-value-Prinzip und ähnlichem versehen werden. Da könne man national und europäisch durchaus einiges machen und dürfe sich nicht in die Defensive drängen lassen

Zum Euro. Es stimme, daß zwei Kriterien des Euro interpretativ seien, und zwar erstens das Schuldenkriterium. Hierbei handle es sich um langfristige Entwicklungen, deshalb sei in den Beschlüssen der Europäischen Räte auch immer enthalten gewesen, daß die Tendenz in die Richtung 60 Prozent gehen müsse.

Das zweite Kriterium, das einen gewissen Interpretationsspielraum zulasse, sei das Budget­defizit, und zwar nicht in der Frage der 3 Prozent, sondern hinsichtlich der Festlegung, wer an diesem Projekt teilnehmen wird, das 1999 ja noch nicht operativ für den Konsumenten, für den Zahlungsverkehr sei, sondern de facto eigentlich erst theoretisch zu greifen beginne und erst ab 2002 dann voll wirke. Natürlich seien aber die Bandbreiten, die Werte fixiert, und das Projekt sei unumkehrbar.

Vizekanzler Dr. Schüssel vertritt daher die Meinung, daß es ganz falsch wäre, zu verschieben. Das würde das Projekt wahrscheinlich tödlich gefährden, denn es wäre eine Verschiebung nicht um ein Jahr, sondern möglicherweise um zehn, und das hätte dramatische Auswirkungen etwa auf die Finanzmärkte, mit allen Folgewirkungen, die gerade ein Hartwährungsland wie Öster­reich sofort spüren würde. Es käme zu Aufwertungstendenzen der D-Mark, des Schillings, mit dramatischen Auswirkungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft und damit auch direkt und 1 : 1 für die österreichischen Arbeitsplätze. Vizekanzler Dr. Schüssel werde daher mit Verve gegen jede Verschiebungstendenz auftreten.

Es müsse auch möglich sein, über die Frage des Teilnehmerkreises zu diskutieren, denn man dürfe nicht vergessen, daß zu dem Zeitpunkt erstes Quartal 1998, zu dem die Entscheidung über den Kreis der Teilnehmerländer im Rat mit qualifizierter Mehrheit fallen werde, de facto zwar die Budgetenddaten, über die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, also das Brutto­inlands­produkt des vorigen Jahres, bestenfalls provisorische Zahlen vorlägen. Daher sei auch ein gewisser interpretativer Spielraum gegeben. Kosmetik sei das jedoch – das in Erwiderung auf einen Zwischenruf des Abgeordneten Jung – keineswegs.

Zu Italien. Die Freiheitlichen Partei betone immer wieder, daß ein Euro ohne Italien undenkbar sei. Gegenfrage: Wäre ein Abkoppeln Österreichs vom wichtigsten Handelspartner, Deutsch­land, vertretbar, nur weil der zweitwichtigste, Italien, nicht teilnimmt? – Abgesehen davon habe Österreich, wenn es die Kriterien erfülle, gar kein Recht mehr, das autonom zu entscheiden.

Wenn man jetzt einwende, die Italiener hätten im Rahmen EWS II die Möglichkeit, um 15 Prozent auf- oder abzuwerten, dann müsse man doch erkennen, daß sie diese Möglichkeit schon jetzt haben, doch allein die Bemühungen der italienischen Regierung in Richtung Kon­vergenz hätten für Österreich den sehr angenehmen Nebeneffekt gehabt, daß die italienische Lira massiv hinaufgegangen sei, was keineswegs – auf einen Zwischenruf des Abgeordneten Jung replizierend – auf Spekulationen zurückzuführen sei.

Was die Osterweiterung betrifft, sei es klar, daß selbstverständlich die Länder, die beitreten werden, zum Zeitpunkt ihres Beitrittes einer Überprüfungen unterzogen werden. Erfüllen sie die Kriterien, haben sie nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, daran teilzunehmen, wenn nicht, sind sie in das EWS II miteinzubinden.

Zur Frage EZB – unabhängige oder politisch beeinflußbare Notenbank. Österreich habe das Problem eigentlich perfekt gelöst. Die österreichische Notenbank sei formell vollkommen unabhängig, dennoch sei sie – auch im Notenbankgesetz – verpflichtet, die Regierungspolitik insgesamt zu unterstützen. Das hindere sie nicht daran, eine exemplarische Hartwährungspolitik zu machen, die Geldmenge vernünftig zu beeinflussen. Sie habe die Sache hervorragend ge­löst, denn Österreichs Eckdaten seien im internationalen Vergleich durchaus herzeigbar. Ähn­lich könnten auch bei einer unabhängigen EZB deren Entscheidungen durch politische Diskus­sionen durchaus entsprechend beeinflußt werden.

Bezüglich Steuern vertrete Österreich eine ganz klare Linie, und zwar: Ja zur Steuer­harmo­nisierung. Österreich hätte das gerne voll in das Gemeinschaftsrecht hineingenommen, weil es davon profitieren würde, wenn Steueroasen wegfallen, und weil die nötigen Änderungen absolut vertretbar wären.

Auch im Bereich der Ökosteuern bestehe europaweit ein gewisser Spielraum, wobei man sehen müsse, das Österreich im Ökosteuerbereich schon einiges ausgereizt hat, denn mit den letzten zwei, drei Steuerreformen wurde bereits ein Volumen von 30, 40 Milliarden Schilling ökologisch motivierter Steueransätze umgesetzt.

Zur Umweltpolitik. Vieles von dem, was Frau Abgeordnete Pollet-Kammerlander mit ihrer Stellungnahme festschreiben möchte, sei bereits in den Vertragstexten enthalten, so etwa das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Wirtschafts- und in der Umweltpolitik. Energiepolitik wolle kein Mensch vergemeinschaften, auch Vizekanzler Dr. Schüssel nicht. Im Gegenteil! Ein Land wie Österreich mit seinen Wasserressourcen und einer sehr spezifischen, auch ökologisch verträglichen Energiepolitik sollte sehr behutsam mit diese Fragen umgehen.

Zu Frau Abgeordneter Gredler: Im Text der Niederländer, der für Montag vorliege, sei ein sehr konkreter Vorschlag hinsichtlich der Einbindung von Schengen enthalten. Es würde jetzt zu weit führen, das detailliert auszuführen. Den Vertragstext bekämen ohnedies alle. An sich könne die österreichische Position damit voll abgestützt werden.

In der Frage Euratom habe Österreich sich bemüht, den Einstieg in den Ausstieg zu erreichen. Das wurde vollkommen abgelehnt. Österreich sei total allein geblieben. Kein Konsens!

In der Frage des Artikels 100a Abs. 4 gebe es eine klare österreichische Position, um deren Durchsetzung man weiter kämpfen wolle.

Frau Abgeordnete Gredler habe Transparenz im Rat verlangt. Breite Transparenz mit Fern­sehübertragung gebe es immer am Beginn der Präsidentschaft bei der Debatte über die Ziele. Eine effiziente Arbeit sei auf diese Weise aber nicht möglich. Daher solle man den Mut haben, bei der bisherigen Vorgangsweise zu bleiben und nachher – wie das ohnehin geschehe – die volle Information an die eigenen Parlamente, an das Europäische Parlament, an die Presse weitergeben.

Zur Frage des Abgeordneten Swoboda: Gesundheitspolitik – Binnenmarkt. Diese Reibung sei gegeben. Österreich habe Interesse daran, das viel stärker in den Binnenmarkt zu integrieren. Diesbezüglich gebe es auch eine Allianz zwischen Gesundheitsministerium, Landwirtschafts- und Umweltministerium.

Zu den vom Abgeordneten Feurstein angesprochenen Menschenrechten finde sich in dem neuen Text der Holländer eine sehr gute Passage, in der es wörtlich heißt: „The Union is founded on the principles of liberty, democracy, respect for human rights and fundamental freedoms, and the rule of law, principles wich are upheld by the Member States.“

Danach habe die Präsidentschaft – entsprechend einer Idee Österreichs – eine eigene Sanktionsklausel aufgenommen.

Sehr wichtig sei auch die Frage der Behinderten. Österreich habe die eigene Nichtdiskrimi­nierungsklausel vorgeschlagen und habe sich furchtbar geärgert, daß im letzten Text der Präsidentschaft der Passus über die Behinderten auf einmal fehlte. Nur Österreich sei es zu verdanken – darauf könne man wirklich stolz sein –, daß die Behinderten in die allgemeine Formel wieder aufgenommen worden seien. Die Aufnahme einer konkreten Behindertenklausel konnte leider nicht durchgesetzt werden.

Tierschutz werde weiter vertreten, es gebe wachsende Unterstützung auf europäischer Ebene, aber noch lange nicht die Mehrheit. Eine Hilfe des Europäischen Parlaments in diesem Zusam­menhang wäre wünschenswert.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) weist Vizekanzler Dr. Schüssel darauf hin, daß die Grünen keineswegs die Vergemeinschaftung der Energiepolitik gefordert hätten – das war ein Antrag der Liberalen –, sondern von mehr Kompetenz im Rahmen der Energiepolitik ge­sprochen hätten, was etwas grundsätzlich anderes sei.

Und daß im Vertrag bereits alles enthalten sei, was die Grünen mit ihrem Antrag auf Stel­lungnahme fordern, stimme auch nicht. Man wolle in den Zielen im Artikel 2 eine Klarstellung haben, daß es um die Nachhaltigkeit gehe, man wolle die Umwelt als klares Ziel drinnen haben, während jetzt nur „umweltverträgliches Wachstum“ aufgenommen sei.

Das gleiche gelte für die Beschäftigungspolitik. Was im Papier Dublin II enthalten sei, ent­spreche nicht den tatsächlichen Zielen für Beschäftigungspolitik, wie die Grünen sie auffassen. Das Ganze sei zahnlos, weil keine Sanktionierungen vorgesehen seien. Es sei auch nicht egal, ob es „Vollbeschäftigung“ oder „hohes Beschäftigungsniveau“ heiße. Das sei ein essentieller Unter­schied und lasse eine Beliebigkeit an Interpretation zu.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche) hält es für eine kühne Behauptung, daß Minister Farnleitner sozusagen die Japaner in die Knie gezwungen hätte, indem er die EU ins Spiel gebracht habe. Er zwinge sicher niemanden in die Knie, aber gerade Japan sei ein gutes Beispiel, welche Probleme die EU gebracht habe. Man brauche sich nur an die Semperit-Geschichte zu erinnern.

Abgeordneter Jung stellt weiters fest, daß er heute einen interessanten Lernschritt gemacht habe, daß man, wie dies Kollegen Feurstein tue, seine Übereinstimmung durch Nichtzu­stim­mung zeigen könne. Das sei doch eher seltsam.

Zur Lira-Frage habe der Herr Vizekanzler empört zurückgewiesen, daß die Aufwertung aufgrund von Spekulationen erfolgt sei. Wie sehr Spekulationen eine Rolle spielen, habe man beim Dollar gesehen. Alles spreche offiziell von der Aufwertung des Dollars, was parallel eine Abwertung der D-Mark und des Schillings bedinge. Und warum? Weil die Devisenspekulanten und die Anleger das Vertrauen in die harte D-Mark verloren haben und deswegen hinausgingen. In den letzten Tagen habe es Gerüchte gegeben, daß Deutschland den Euro frühestens in einer Verschiebung mitmachen werde. Was war die Folge? Eine sofortige Anziehung des Wertes der D-Mark. – Schöner könne man das gar nicht mehr vorführen.

Man versuche wieder, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Aber man werde diese Debatte noch ein paarmal führen und werde Gelegenheit haben, Vizekanzler Dr. Schüssel und seine Partei an diese Äußerungen zu erinnern.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) möchte vom Vizekanzler und von der ÖVP eine Erklärung darüber, warum man zwar auf europäischer Ebene für eine Regelung des Tier­schutzes sei und da das Argument der Wettbewerbsverzerrung ins Spiel bringe, auf der anderen Seite aber diese Argumentation in Österreich nicht gelten lasse und sich gegen die Regelung des Tierschutzes auf nationaler Ebene wehre, obwohl hier sogar einzelne Bundes­länder den Tierschutz unterschiedlich regeln.

Bezüglich des Euratom-Vertrages sei es nicht vorstellbar, daß Österreich allein sich für eine vernünftige Orientierung und Neubewertung des Euratom-Vertrages in Richtung eines Aus­stieges aus der Atomenergie einsetze. Vizekanzler Dr. Schüssel müsse diesbezüglich einer Fehl­information unterliegen.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel nimmt zur Kenntnis, daß er den grünen und den liberalen Antrag bezüglich Vergemeinschaftung der Energiepolitik verwechselt habe, in der Substanz bleibe er aber skeptisch.

Natürlich könne man sich für das Beschäftigungskapitel noch mehr Dinge wünschen. Es nütze aber nichts, im Hauptausschuß Maximalpositionen zu vertreten, wohl wissend, daß man mit dieser Position bei anderen nicht durchkommen könne. Damit würde man ihm, Vizekanzler Dr. Schüssel, die Hände binden, weswegen eine solche Vorgangsweise aus seiner Sicht als Chefverhandler eher kontraproduktiv wäre.

Bezüglich Farnleitner und Japan müsse er Kollegen Jung korrigieren, denn Minister Farnleitner habe tatsächlich durch seine Bemühungen zum Beispiel bei Toyota einen beachtlichen, in die Hunderttausende Reifen gehenden Zusatzauftrag mit der Junktimierung mit der Weltausstellung et cetera zusammengebracht. Es wäre schön, wenn das auch ein Oppositionsabgeordneter anerkennen könnte.

Und daß insgesamt das Handelsbilanzdefizit mit Japan, das auf dem Höhepunkt 18 Milliarden Schilling betragen hat, seit Österreich in der Europäischen Union ist, deutlich – wahrscheinlich um Dreiviertel – abgesenkt werden konnte, sei doch auch ein Erfolg.

Bezüglich der italienischen Lira ist Vizekanzler Dr. Schüssel wirklich anderer Meinung als Abgeordneter Jung, dessen Begründung sowohl für die Stärkung der italienischen Währung als auch für das Anziehen der D-Mark er für widersprüchlich hält.

Noch einmal: Die Frage Tierschutz müsse auf europäischer Ebene vorangetrieben werden genau­so wie etwa ein europaweites Tiertransportgesetz.

In der Frage Ausstieg aus der Atomenergie sei Vizekanzler Dr. Schüssel keineswegs fehl­informiert, denn er selbst habe das in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt, mit dem Ge­sundheitsministerium zweimal vorgetragen und sei allein geblieben.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) erwähnt ein seiner Meinung nach hochinteressantes Papier der Generaldirektion für Wissenschaft betreffend Koordinierung der nationalen Finanzpolitiken im Zusammenhang mit der Währungsunion und schickt voraus, daß Professor Streissler bei einer Veranstaltung in der Börse bereits festgestellt habe, daß es aufgrund der Unterschiedlichkeit sicherlich zu einem europäischen Finanzausgleich kommen müsse oder zu einer Reihe anderer Möglichkeiten von Konfliktbewältigung, und eine dieser Möglichkeiten lautet: „Möglicherweise wird der Haushalt der Gemeinschaft vom jetzigen Stand von etwa 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes auf 7 Prozent erhöht werden.“

Man finde das hier zwar zum Lachen, aber es sei eine Möglichkeit, die offensichtlich in der Generaldirektion für Wissenschaft ernsthaft in Erwägung gezogen werde.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel erwidert, daß die Aussage von Professor Streissler geltendes Recht sei, denn es gebe heute bereits einen Finanzausgleich innerhalb der Europäischen Union. Man brauche nur an die Kohäsionsfonds, die Strukturfonds, verschiedene Mechanismen, aber auch an die PHARE-Mittel oder beispielsweise die TACIS-Programme zu denken.

Zum zweiten: 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union – das sei ein absolut schwachsinniger Vorschlag, absolut nicht konsensfähig!

Die Aussage, daß auch im Falle einer Erweiterung der Europäischen Union innerhalb des heutigen Finanzrahmens von 1,27 Prozent das Auslangen gefunden werden solle, sei die gemeinsame Linie der 15 Mitgliedstaaten.

Das sei die Position, die Vizekanzler Dr. Schüssel zu vertreten habe, und man könne fragen, ob diese Position von den fünf Parteien im Hauptausschuß mitgetragen werde. Irgendein Papier einer überhaupt nicht dafür zuständigen Generaldirektion sei dafür uninteressant.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ) stellt klar, daß es sich bei dem zitierten Doku­ment um ein Arbeitsdokument aus der Generaldirektion Wissenschaft handle, das als Studie in Auftrag gegeben wurde und von einem Ben Patterson erarbeitet wurde. Sie enthalte den deut­lichen Hinweis, daß die hier wiedergegebene Meinung des Autors weder die Position des Euro­päischen Parlaments noch einer anderen EU-Institution widerspiegle. Es handele sich also um einen Diskussionsbeitrag.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser erklärt die Diskussion zum Block zwei für beendet und gelangt zur Abstimmung über die Anträge auf Stellungnahme.

Frau Abgeordnete Pollet-Kammerlander hat zwei Anträge auf Stellungnahme eingebracht. Jener, der sich weitgehend mit dem Thema Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarktpolitik befaßt, bleibt in Verhandlung.

Abgestimmt wird hingegen über den Antrag auf Stellungnahme hinsichtlich der Bildung einer Umweltunion mit einer Reihe von Adaptionsvorschlägen für den Vertrag über die Europäischen Union.

Der Antrag erhält 3 Prostimmen, bleibt somit in der Minderheit und gilt als abgelehnt.

Abgestimmt wird weiters über den Antrag auf Stellungnahme der Frau Abgeordneten Dr. Gredler, im Rahmen der Verhandlungen der Regierungskonferenz ein eigenes Energiekapitel in den EG-Vertrag einzuführen, wodurch die Zuständigkeit der Gemeinschaft in diesem Bereich gestärkt würde.

Dieser Antrag erhält 6 Prostimmen, findet daher keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Zur Diskussion steht nun der dritte Block des Tagesordnungspunktes 1, der die Zweite und die Dritte Säule, GASP sowie Zusammenarbeit Inneres und Justiz, betrifft.

Abgeordnete zum Europäischen Parlament Ursula Stenzl hält die Zweite Säule, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, für einen der wichtigsten Bausteine des gemeinsamen Hauses Europa. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments hätten daher ein starkes Interesse daran, in die Information einbezogen zu werden und mehr Berücksichtigung zu finden bei der Ausgestaltung dieser Gemeinsamen Außen- und Sicher­heitspolitik.

Abgeordnete Stenzl ist sich der sehr schwierigen Entscheidungsprozesse innerhalb der Europäischen Union bewußt, gelte es doch, eine Kohärenz zu finden zwischen den verschie­denen Gremien und Institutionen. Neben dem verständlichen Interesse des Rates und damit der Nationalstaaten, das letzte Wort über ihre Außen- und Sicherheitspolitik zu sprechen, gebe es auf der anderen Seite auch das legitime Interesse der Europäischen Kommission, gemeinsame europäische Interessen zu formulieren und zu vertreten, wobei in einer wesentlichen Sache nationale Interessen Vorrang haben müßten, nämlich in Fragen der militärischen Sicherheit, bei denen von der Einstimmigkeit nicht abgegangen werden kann und soll.

Was aber das gemeinsame europäische Interesse und hier auch die Rolle der Kommission betrifft, so sei man eben dabei, sich Gedanken über die Schaffung einer sogenannten Planungs- und Analyseeinheit zu machen. An den Herrn Vizekanzler richte sich daher die Frage, wie weit die Entscheidungen gediehen seien, zu einem solchen Instrument, das ja ein Krisen­managementinstrument sein soll, zu kommen.

Wie sei in diesem Zusammenhang die Rolle eines Misters oder einer Mistress GASP zu be­urteilen? Wird es nur eine kleinere Variante geben im Rahmen eines Generalsekretariats oder eine größere?

Und schließlich: Wie lange habe – auch angesichts der Krise in Albanien – die Europäischen Union überhaupt Zeit, sich über Krisenmanagement Gedanken zu machen? Wie sei die Reaktion der Europäischen Union zu beurteilen, die sich bisher bezüglich Albanien nicht zu einer Entscheidung durchringen konnte?

Im Moment sei eine Kommission in Albanien. Diese werde am Montag im Ministerrat Bericht erstatten. Richtig sei wohl auch, daß das Europäische Parlament eine zurückhaltende Haltung einnehme, obwohl es sowohl von den Griechen als auch von den Italiener bedrängt werde, sie nicht alleine zu lassen, aber es könne natürlich nicht im Interesse einer gemeinsamen euro­päischen Außenpolitik liegen, sich in Bürgerkriege hineinziehen zu lassen. (Abg. Schieder findet es interessant, daß Abg. Stenzl die Auseinandersetzungen in Albanien als Bürgerkrieg be­zeichnet.)

Es könnte ein Bürgerkrieg werden, dennoch müsse es Möglichkeiten geben, Hilfe zu leisten, Polizeiaktionen in einem begrenzten Ausmaß zu gewährleisten. Bisher habe die EU eher gezögert. Warum?

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) verfolgt mit Spannung und Aufmerksamkeit in den Medien das Pingpongspiel zwischen den Regierungsfraktionen über den NATO-Beitritt, die WEU-Integration, und es dränge sich die Frage auf, wann sich das Parlament einmal aus­giebig mit der Ausformulierung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik befasse.

Einer Meldung der APA vom 11. März sei zu entnehmen, daß bei dieser informellen Sitzung der EU-Außenminister sehr wohl Weichenstellungen getroffen werden über die Integration der WEU in die Verträge der EU, und zwar soll es in einem Drei-Phasen-Plan zu dieser Integration kommen. Daher sei auch das Parlament ausreichend darüber zu informieren, und es müsse Gelegenheit zur Meinungsbildung und zur Abgabe von Stellungnahmen gegeben werden.

Weiters sei den Zeitungen zu entnehmen, daß nicht nur der Außenminister, sondern die ÖVP insgesamt sehr stark darauf dränge, daß – entgegen allen anderen Ausführungen – bereits im Herbst, auch im Hinblick auf die NATO-Osterweiterung, über einen NATO-Beitritt Österreichs entschieden werden sollte. Bisher sei immer davon die Rede gewesen, daß das im Frühjahr dem Parlament vorgelegt und bis dahin keine Entscheidungen getroffen werde.

Nicht nur der Außenminister, sondern inzwischen auch die Staatssekretärin verlasse den Ver­fassungsbogen, indem sie in der Öffentlichkeit erkläre, die Neutralität sei kein Thema mehr, sondern man müsse überlegen, wie man am schnellsten in die NATO eintrete.

Die Sozialdemokraten scheinen darüber nachzudenken und offensichtlich prüfen zu lassen, ob sich ein Beitritt Österreichs zur NATO/WEU mit Weglassung der Beistandspflicht und Bei­be­haltung der Neutralität vereinbaren läßt.

Das seien sehr unterschiedliche Positionen innerhalb der Regierung, und im Hauptausschuß gebe es überhaupt keine sozialdemokratische Regierungsposition mehr. Außenminister Schüs­sel sei der Chefverhandler bei den Regierungsverhandlungen, die Sozialdemokratie überlasse ihm offensichtlich Stellungnahmen und Interpretationen, der Staatssekretär schweigt.

Die Grünen haben einen Antrag vorbereitet. Da offensichtlich am Montag oder Dienstag Weichenstellungen getroffen werden sollen, spreche einiges dafür, darüber heute abzustimmen, grundsätzlich sollte er aber eigentlich in Beratung bleiben, weil das Parlament noch Über­legungen anstellen sollte, in welcher Form eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gebildet werden soll. Es hänge also von den Stellungnahmen der anderen Fraktionen ab, ob über den Antrag heute abgestimmt werden soll.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche) erinnert daran, daß der Herr Vizekanzler eine starke Stellung der nationalen Parlamente für wichtig angesehen habe, die Art und Weise, wie EU-Probleme gehandhabt würden, trage jedoch nicht dazu bei. Im Hauptausschuß würde eine breite Palette von Themen, die zahlreiche österreichische Ministerien und auch andere Aus­schüsse betreffen, innerhalb weniger Minuten abgehandelt werden, auch wenn es wie zum Beispiel in der Euro-Frage um Zukunfts- und Schicksalsfragen für die Weiterentwicklung der Republik gehe.

Abgeordneter Jung regt daher an, sich zu überlegen, ob es nicht eine andere Form gebe, wie in Zukunft EU-Materien behandelt werden könnten, zumal schon ein beträchtlicher Teil der nationalen Rechte an Brüssel abgegeben worden sei und man im Begriffe sei, weitere Recht dieses Hauses abzutreten. Es bestehe nämlich auch eine gewisse Gefahr, daß die Exekutive das Parlament überfahre und die Abgeordneten dann mehr oder weniger vor vollendeten Tatsachen stünden.

Ein Beispiel hiefür sei der Euro. Ursprünglich habe es geheißen, der Schilling bleibt, dann kam der Euro als wirtschaftlicher Vorteil, dann hieß es, ohne ihn gebe es ein Chaos und einen Nachteil, und heute sei man schon am Point of no return angelangt, sonst gehe alles den Bach hinunter. Eine ähnliche Entwicklung könne auch, wenn man nicht aufpasse, in anderen Be­reichen blühen.

Auch zur Aussage „No names, no dates, no money“ frage man sich, wie die Information rechtzeitig an die nationalen Parlamente ergehen soll. Zu „no money“ habe man vorhin in der zweiten Runde schon gehört, daß ein nicht unbeträchtliches Finanzvolumen vorgesehen sei. Es gebe schon recht konkrete Sachen, über die man allerdings erst in letzter Minute etwas erfahre, und das sei eine ungünstige Entwicklung.

Zur GASP: Die Sicherheitspolitik müsse, um stark zu sein, eine große Gemeinsamkeit auf­weisen, denn es habe einen grundsätzlichen Vorteil, wenn die EU mit einer Stimme sprechen könne, aber mit einer Stimme nur dann, wenn dies freiwillig erfolge und nicht durch ein vor­heriges Niederstimmen. Und hier genau setze die Skepsis der Freiheitlichen ein.

Hinsichtlich der Einstimmigkeit habe es schon Aufweichungen gegeben. Besonders kritisch wäre das im Bereich der Sicherheitspolitik. Da müsse man hart bleiben, da sei das Ein­stimmigkeitsprinzip ein unverzichtbares Kriterium zur Wahrung der österreichischen Interessen.

Es werde immer wieder die Frage von positiven Enthaltungen oder ähnlichen Konstruktionen diskutiert. Über diese Themen könne man vielleicht reden, es dürfe aber nicht dazu kommen, daß jemand, der aus bestimmten Gründen bei einer Aktion nicht mitmachen will, dazu ver­pflichtet werde, Zahlungen für etwas zu leisten, was er im Prinzip ablehne.

Der gemeinsame Beobachtungs- und Analyseapparat sei eine wertvolle Hilfe. Darin sehen die Frei­heitlichen keine Problematik.

In der konkreten Frage des Sicherheitssystems seien die Freiheitlichen sehr für eine weitere Einbindung der Westeuropäischen Union in die EU, allerdings müsse man klar sagen – auch den Österreichern klar zu sagen –: Eine WEU-Mitgliedschaft ohne NATO-Mitgliedschaft ist eine Unmöglichkeit.

Die Herausnahme des Artikels 5 – sowohl bei der NATO als auch bei der WEU Artikel 5; einmal römisch, einmal arabisch – sehe man als problematisch an, denn die Beistandsverpflichtung halte man für einen wesentlichen Teil, auf den man nicht verzichten wolle, denn gerade Österreich in einer doch exponierten Situation habe ein vehementes Interesse daran, im Fall des Falles Solidarität von den anderen zu erhalten.

Die WEU-Integration sei eine Frage der Zeit, und daß die Mitgliedschaft in diesem Militärbündnis nur bei gleichzeitiger NATO-Mitgliedschaft möglich ist, sei mittlerweile Allgemeingut.

Frage: Wie und vor allem in welchem Zeitrahmen will man im Rahmen der Koalition klären, wie die zukünftige Bündnispolitik in diesem Bereich aussehen soll? Wie ist – das sei zwangsweise damit verbunden – von der Neutralität Abschied zu nehmen?

Im Zug der NATO-Diskussion spreche man innerhalb der Koalition davon, die Entwicklung abzuwarten und sich dann erst dazu zu äußern. Wäre es nicht sinnvoller, an dieser Entwicklung bereits als Mitglied teilzunehmen, um sie in eine für Österreich interessante Richtung zu lenken, als einfach abzuwarten und dann ohne Wenn und Aber das annehmen zu müssen, was passiert ist?

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) ersucht zunächst, jenen Antrag, den sie zurückstellen ließ, weil von einer Regierungspartei Signale gekommen sind, daß nur ein Punkt umstritten sei, zum Schluß doch zur Abstimmung zu bringen.

Weiters möchte sie zwei Anträge zur GASP einbringen und dazu gleich die Frage anschließen, ob der Vizekanzler sich vorstellen könne, daß ein Hoher GASP-Beauftragter im Rat ein Mandat erhalte, also integriert werde.

Darüber hinaus enthält der Antrag das Verlangen, daß Entscheidungen im Rat mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden sollen, wobei einzelne Mitgliedsländer nicht zur Teilnahmen ge­zwungen werden beziehungsweise die Möglichkeit haben sollen, sich aus Teilnahmen heraus­zuhalten.

Bezüglich der Westeuropäischen Union und der möglichst raschen Integrierung in die Zweite Säule stützt sich Abgeordnete Gredler in ihrem Antrag auf den Wunsch des EP, daß die Einbindung der „Petersberger Aufgaben“ nur als erster Schritt zu werten seien.

Der zweite Antrag bezüglich Justiz, Inneres sehe vor, daß die Bestimmungen bezüglich Asyl­politik, Überschreiten der Außengrenzen, Einwanderungspolitik et cetera in den EG-Vertrag übergeführt werden.

Weiters sehe der Antrag vor, daß die Europäische Menschenrechtskonvention, die Flüchtlings­konvention und die Kriterien des UNHCR strikt zu beachten sind. Da gebe es anscheinend Aufweichungswünsche von Spanien, daß die Gewährung von Asyl für Angehörige aus EU-Staaten ausgeschlossen sein soll. Abgeordnete Dr. Gredler hält das für einen wesentlichen Rückschritt und würde sich wünschen, daß die Bundesregierung eine deutliche Position dazu einnimmt. Vor allem, wenn man die Erweiterung im Auge habe, könne man nie ausschließen, daß es zu Asylbestrebungen innerhalb der Europäischen Union komme. Man könne daher nicht einen Teil der Flüchtlingskonvention einfach außer Kraft setzen.

Das Europäische Parlament soll ein Miteintscheidungsrecht in allen Bereichen der Dritten Säule erhalten, und im Rat sollte mit Mehrheit abgestimmt werden.

Wichtig in bezug auf die Dritte Säule sei, daß der EuGH eine generelle Zuständigkeit erhalte, was sich, wie Abgeordnete Dr. Gredler annimmt, auch mit den Wünschen Österreichs trifft.

Zu guter Letzt sei der Antrag darauf gerichtet, das Schengener Übereinkommen in den Vertrag der Europäischen Union überzuführen, wenn nötig zumindest über eine Festlegung durch ein Vertragsprotokoll.

Verwirrt habe Abgeordnete Dr. Gredler, daß es bezüglich der Nichtdiskriminierung eine Auf­weichung gegenüber dem Vorschlag der irischen Präsidentschaft in der Weise geben soll, daß die Nichtdiskriminierung aufgrund von Alter, Behinderung und sexueller Orientierung heraus­genommen werde. Im neuen Text, der ihr nur illegalerweise auf englisch vorliege, heißt es dazu wörtlich: „The Conference could rather consider whether those concerns wouldn’t be better addressed in the context of the existing substantive policy provisions (e.g. social policy, education, vocational training and youth, public health).“

Das sei eine schockierende Position, die der Rat jetzt einnehme, weil damit Diskriminierungen den Stellenwert verlieren, den sie ursprünglich im irischen Papier gehabt hätten.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) weist eingangs darauf hin, daß es im EU-Hauptausschuß nicht um die Haltung Österreichs zum NATO-Beitritt, zur WEU oder zur Neutralität gehe. Diese Debatte sei es wert, geführt zu werden, aber nicht hier. Hier gehe es um die Mitwirkung an Vorhaben innerhalb der EU, also um die Außen- und Sicherheitspolitik, wie sie in der EU vorbereitet wird, und die österreichische Position hiezu, aber nicht darum, wie Österreich sich zu Verfassungsgesetzen oder zu innerstaatlichen oder auch internationalen Überlegungen verhält.

Es gehöre auch nicht hierher, über die Zuständigkeit des Hauptausschusses zu diskutieren. Das wäre eine Frage für den Verfassungsausschuß, den Geschäftsordnungsausschuß, aber nicht für den Ausschuß selbst.

Zur Sache selbst würde Abgeordneten Schieder die generelle Einschätzung des Vizekanzlers interessieren, wie es sich im Rahmen der EU mit Überlegungen zu gemeinsamen europäischen Positionen in anderen internationalen Organisationen verhält. Sein Eindruck sei, daß am Anfang eine große Bereitschaft zu einer gemeinsamen Haltung – sogar institutionalisiert bis zu Vorbe­sprechungen oder auch Kontakten auf Botschafterebene in verschiedenen Ländern zum Beispiel der EU innerhalb der EU-Staaten, der OSZE, sogar innerhalb des Europarates, vor allem aber auch innerhalb der Vereinten Nationen – gegeben war, nun scheine aber ein ge­wisser Druck der Vereinigten Staaten gegeben zu sein, es nicht zu einer zu starken Block­haltung Europas in diesen Institutionen kommen zu lassen, und es scheine auch ein gewisses Zögern mancher größerer europäischer Staaten vorhanden zu sein, die fürchten, gewisse nationale Chancen und Auftrittsmöglichkeiten aufzugeben. Das sei nicht so sehr rechtlich, aber stimmungsmäßig eine sehr wesentliche Frage.

Was die Frage der Sicherheitspolitik betrifft, interessiert Abgeordneten Schieder, ob in den Vorgesprächen das Spektrum angesprochen worden sei, das man sich vorstellen könne, denn ihm schiene es vernünftig, nicht bloß das Wahrscheinliche zu beraten, sondern auch ein bißchen über das vielleicht Unwahrscheinliche, aber Wünschenswerte, über das Mögliche zu sprechen.

Die Zielvorstellung könne ja – bei allen Überlegungen, die man zu NATO und WEU habe – nicht sein, daß Europa in alle Zukunft mit diesen Verteidigungssystemen leben will, sondern die Ziel­vorstellung müsse doch ein System des Friedens, der Sicherheit, vermehrter Garantien sein, mit einer europäischen Truppe, die eher Polizei ist als Militär in ihrem Verständnis als Exekutivorgan eines Rechtes.

Sollte nicht Österreich – vielleicht gemeinsam mit Schweden und Finnland – Überlegungen aus dieser speziellen Sicht anbieten, auch wenn das in manchen täglichen Überlegungen sogar als störend empfunden werde? Sollte es da nicht jemanden geben, der über das Bestehende hinausdenkt und sagt, daß es, was den Frieden für Europa betrifft, noch etwas anderes geben könnte – zumindest in den Wünschen, Träumen und Hoffnungen?

Kollegin Stenzl sei zuzustimmen, daß auch innerstaatlich der Kontakt zu den EU-Abgeordneten gegeben sein müsse. Es werde Fragen geben, bei denen eher das EU-Parlament im Vordergrund steht, und andere, bei denen die nationalen Parlamente – für eine gewisse Zeit auf jeden Fall – noch im Vordergrund stehen. Das sei primär eine Frage der Außen- und Sicher­heitspolitik auch der nationalen Parlamente, aber selbstverständlich bestehe auch hier die Ver­pflichtungen, in Kontakten und Informationen mit dem Europäischen Parlament zu agieren.

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) hat folgende Fragen an den Herrn Außenminister.

Erstens: Könne die geopolitische Situation – die anders sei als die österreichische – ein Er­klärungsansatz für die Initiative sein, die die Schweden und Finnen auch in bezug auf das Baltikum gesetzt haben?

Zweitens: Worin sei ein Sicherheitsgewinn zu sehen, wenn im Zuge der NATO-Osterweiterung jetzt beispielsweise Polen in die NATO eingegliedert werde, wenn das zu sichtbaren und spür­baren atmosphärischen Störungen mit Rußland führen könnte?

Die dritte Frage betrifft Rußland selbst: Sei es nicht ein Beweis dafür, daß es im Zuge der Konzeption NATO neu mit der Einbeziehung Rußlands doch Bestrebungen gebe, weg von diesem alten Freund-Feind-Bild zu kommen, indem Rußland auf einem sehr hohen Level in den Entscheidungsprozeß der NATO einbezogen werden könne?

Nächste Frage: Europäisierung. Da gebe es die deutsch-französische Initiative zu einer Ver­schmelzung WEU – EU. Welche Chance sei dem beizumessen, und was heißt das dann letzt­endlich auch für Österreich als Mitglied der Europäischen Union?

Die nächste Frage bezieht sich auf eine Aussendung von Vizekanzler Dr. Schüssel über Neutralität und NATO-Beitritt. Glaube der Vizekanzler wirklich, daß die Tatsache, daß man außerhalb Europas Einsätze verweigern könne, zugleich aber solidarisch gegenseitige Bei­stands­verpflichtungen im Rahmen Europas übernehme, in Verbindung mit einer Nicht­statio­nierung von Atomwaffen und fremden Truppen in Österreich als Begründung ausreiche, um zu argumentieren, daß im Falle eines NATO-Beitrittes keine Änderung des Neutralitätsgesetzes erfolgen müsse?

Wieso erkenne der Vizekanzler aufgrund der Entwicklung einen Zeitdruck für die Entscheidung? Das sei doch eher eine Sache, die man sachlich begründen sollte, die auch in einem Bezug zur innenpolitischen Situation und zu den Fragen von Mehrheitsfähigkeit und Zustimmung stehen müsse.

In mehreren Ländern komme man weg von den Massenheeren der Vergangenheit hin zu kleinen, professionellen Berufsheerkonzeptionen. Ist diese Entwicklung in Richtung Berufsheer etwas, woran auch Österreich nicht ganz vorbeigehen kann?

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel macht zunächst auf die Diskrepanz aufmerksam, daß eine Abgeordneter gemeint habe, über bestimmte Themen dürfe man hier nicht reden, ein anderer Abgeordneter nun aber eine Auskunft haben möchte. Dies möchte er vom Vorsitz her geklärt haben.

Zunächst zu Frau Abgeordneter Stenzl über den derzeitigen Stand der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Unbestritten gebe es einige Elemente, die fix seien: Dazu gehöre eine Planungs- und Frühwarneinheit, eine Art politisches Komitee, das alle Informationen sammelt – auch aus den Mitgliedsländern –, was ungeheuer wichtig sei auch für die Qualität der politischen Entscheidungen.

Zweitens: Hoher GASP-Beauftragter. Hier sei die Vorgangsweise noch nicht klar. Österreich vertritt die Meinung, daß das der Generalsekretär des Rates sein sollte, der dann die Präsi­dentschaft, die ja de facto die außenpolitische Stimme der Europäischen Union sei, voll unter­stützt und stärkt in Verbindung mit der Kommission. Falsch sei es nach Ansicht von Vizekanzler Dr. Schüssel, innerhalb der Europäischen Kommission fünf Kommissäre zu haben, die de facto Außenpolitiker sind.

Ideal wäre eine neue Troika, in der die rotierende Präsidentschaft die Stimme der Union, das außenpolitische Gesicht Europas darstelle. Diese solle unterstützt werden vom Generalsekretär des Rates, der explizit diese Mister-GASP-Funktion innehat und das kontinuierliche Element auf Beamtenebene darstelle, und von einem Kommissär, der de facto der Außenpolitiker der Kommission sei. Darüber gebe es noch keine Einigung, aber Vizekanzler Dr. Schüssel hielte es für klug, dieses Konzept, das er jetzt skizziert habe, vorzutragen.

Ein sehr wichtiges Thema sei die Frage der Entscheidungsfindung in der GASP. Interessant in diesem Zusammenhang sei das deutsch-französische Modell, wonach für bestimmte regionale Bereiche Strategien festgelegt werden, also etwa eine Balkanstrategie.

Die Mehrzahl der Mitgliedsländer wolle hier Mehrheitsentscheidungen haben. Für den militä­rischen Bereich müsse jedoch – das sei einer der wenigen Punkte, wo alle fünfzehn der gleichen Meinung seien – das Einstimmigkeitsprinzip gelten. Jedes Land müsse selbstverständlich selbst entscheiden, ob es sich an Aktionen beteiligen und ob es dafür zahlen wolle.

Die Finanzierung der Gemeinsamen Außenpolitik sollte nach Auffassung Österreichs – das sei auch mehrheitlich akzeptiert – im Rahmen des Gemeinschaftsbudgets erfolgen.

Desgleichen sei die Mehrzahl der Mitgliedsländer dafür, die vier Petersberg-Aktionen – Krisen­management, humanitäre Hilfe sowie Peace keeping und Peace enforcement – in den Vertrag zu übernehmen. Das würde eine wesentliche Stärkung der Kapazität der Union im Krisen­manage­ment bedeuten.

Offen sei die Frage bezüglich der Strategie WEU – EU. Dazu liege auch dem Vizekanzler noch kein Text vor. Heute finde eine Sitzung in Bonn statt, in der offensichtlich ein Papier zwischen den Deutschen und Franzosen abgestimmt werden soll, mit dem dem Vernehmen nach ein Drei-Stufen-Modell vorschlagen werden soll. das in der ersten Etappe das festschreiben soll, was bereits alle akkordiert haben, die zweite Stufe würde das Festschreiben der Petersberg-Aktionen vorsehen, und in der dritten Stufe wäre dann die Verschmelzung von EU und Westeuropäischer Union vorgesehen, allerdings müsse dazu noch ein eigener Ratsbeschluß erfolgen. Jetzt würde also nur ein Datum definiert werden. Die heikle Frage der Beistands­verpflichtung – Artikel 5 im Vertrag der Westeuropäischen Union – könnte dann in einem eigenem Protokoll verankert werden und jedes Mitgliedsland das Recht erhalten, ein Opting in zu machen, also diesem Protokoll beizutreten.

Vizekanzler Dr. Schüssel bittet um Verständnis dafür, daß er öffentlich nun nicht sehr viel dazu sagen möchte, ehe er selbst Gelegenheit hatte, den Text zu überprüfen. Jeder Halbsatz sei heikel. Seiner Meinung nach sollte es die österreichische Position sein, sich das alles anzu­schauen und in aller Ruhe – sicherlich auch im Hauptausschuß – zu diskutieren.

Die Frage Albanien sei ein ganz wichtiger Punkt, hier sei man gefordert. Albanien sei ein Land, in das die Europäischen Union mehr Geld hineingepumpt habe – pro Kopf gerechnet – als in jedes andere mittel-, ost-, südosteuropäische Land. Das Ergebnis sei ein Debakel, das niemand in dieser Form, in dieser Schärfe, in dieser Dramatik vorausgesehen habe.

In Albanien herrschen chaotische, beinahe anarchische Zustände, und nun habe die unter dem Druck der Europäischen Union von Sali Berisha eingesetzte Allparteienregierung dringend um Hilfe ersucht. Die OSZE habe unter der Führung von Franz Vranitzky eine eigene Mission hinge­schickt und zwei Empfehlungen abgegeben, die im wesentlichen deckungsgleich seien und sich auch mit dem Wunsch der jetzigen albanischen Regierung decken: Laßt uns nicht hängen! Helft uns wirtschaftlich, humanitär, aber auch sicherheitsmäßig!

Vizekanzler Dr. Schüssel unterstützt diesen Wunsch, denn er hielte es für unmoralisch zu sagen, das Boot sei voll, kein Albaner dürfe als Flüchtling nach Europa herein, und gleichzeitig nicht bereit zu sein, im Land selbst wirksame Hilfe zu leisten.

Wenn man verlange, daß die Albaner in ihrem Land zu einer Verbesserung beitragen sollen, sei es vertretbar, eine Polizeitruppe – um die gehe es im wesentlichen – von einigen hundert Mann sowie Zivilexperten – die auch geschützt werden müssen – hinzuschicken, um Ruhe und Ord­nung wiederherzustellen und zu erreichen, daß sobald wie möglich – etwa im Juni – Wahlen unter OSZE-Monitoring abgehalten werden, wofür man auch einige hundert Wahlbeobachter brauche, die ebenfalls geschützt werden müssen.

Es scheine daher zwingend und auch ein Gebot der Moral und der politischen Klugheit zu sein, diesem Wunsch der albanischen Regierung nach einer relativ bescheidenen Polizeiassistenz, die vielleicht auch einige Soldaten mit einschließen könnte, nachzukommen. Die Alternative könne natürlich sein, das Land der Anarchie zu überlassen, was dazu führen könnte, daß Albanien über kurz oder lang ein Schlüsselpunkt sein könnte, wo internationales Verbrechertum, Drogenhändler und Menschenhändler leichtes Spiel haben.

Abgeordneten Jung ersucht Vizekanzler Dr. Schüssel die Worte „no names, no dates, no money“ nicht falsch zu interpretieren. „No names“ bedeute, alle elf beitrittswilligen Länder seien als Kandidaten zu betrachten, gemeint sei, daß keine Namen genannt werden sollen, wer etwa auf jeden Fall in der ersten Runde dabei sein werde. „No dates“ sei hoffentlich die gemeinsame Linie dieses Ausschusses, denn es wäre sicher nicht klug, vorzeitig das Ende der Ver­handlungen zu dekretieren. „No money“ bedeute, keine Erhöhung der Obergrenze, weil es inner­halb der Obergrenze genügend Spielraum gebe.

Bezüglich der Vorgangsweise der Koalition sei das maßgeblich, was vereinbart wurde und was im Regierungsprogramm stehe: Spätestens im ersten Quartal 1998 ist dem Hohen Haus ein ge­meinsamer Bericht vorzulegen. Das schließe nicht aus, daß man sich diese Arbeit bereits für etwa die zweite Hälfte dieses Jahres vornimmt und hoffentlich auch zu einem gemeinsamen Abschluß bringt.

Zu Frau Abgeordneter Pollet-Kammerlander meint Vizekanzler Dr. Schüssel, alles, was er hier gesagt habe, sei die gemeinsame Stellungnahme der Bundesregierung. Er mache keine Solo-Außenpolitik, alles sei voll abgestimmt mit dem Bundeskanzleramt, mit allen Ressorts, wes­wegen es keiner Doppelconférence bedürfe. Alles, was er hier bringe, sei gemeinsame Linie, sei wirklich sehr gut abgestimmt und deswegen auch in den europäischen Institutionen relativ erfolgreich.

Spanien sei ein wichtiger Punkt, denn die Spanier hätten ein wichtiges Thema, das sie fast zur nationalen Frage hochstilisieren: Keine Asylgewährung für EU-Bürger! Vizekanzler Dr. Schüssel betont, daß er diese Meinung absolut verstehe, denn gerade, wenn man den Anspruch habe, die Europäische Union solle vorbildhaft sein im Bereich der Menschenrechte, des Minder­heitenschutzes und so weiter, könne man doch nicht akzeptieren, daß es innerhalb der Euro­päischen Union Asyl gibt, was ja nur heißen könne, daß man Terroristen, Verbrecher oder wen immer der Jurisdiktion eines Mitgliedslandes entziehe.

Die Menschenrechte seien voll in den Vertrag zu integrieren, aber dann gebe es auch kein Asyl, denn dann sei das eben ein Staatsgebiet mit den gleichen Spielregeln.

Zur Behinderungsklausel habe Abgeordnete Dr. Gredler sich offensichtlich auf den vorletzten Entwurf der Holländer bezogen und auch hier im Ausschuß die Information nicht gehört, daß inzwischen die Behinderungsklausel wieder aufgenommen wurde, und zwar deshalb, weil die Österreicher sich über die Herausnahme fürchterlich aufgeregt haben. Das sei wirklich als großer Erfolg zu werten.

Zum Abgeordneten Schieder: Man sei nicht unerfolgreich gewesen in der Abklärung gemein­samer Positionen gerade etwa in Richtung OSZE, Rußlandstrategie, UNO, leider nicht bei der WTO, denn da gehe es natürlich auch in die Substanz. Vizekanzler Dr. Schüssel persönlich vertritt allerdings die Meinung, daß man auch eine EU-Position in der Welthandelsorganisation brauche, was Österreich sogar helfen würde, denn ein kleines Land werde durch diese Ver­gemeinschaftung gestärkt. Das sei auch der Grund, warum große Länder sich dagegen wehren. Es sei zu hoffen, daß diese Botschaft, daß die Vergemeinschaftung vor allem im Interesse kleiner Staaten ist, irgendwann einmal auch bei den Freiheitlichen ankomme.

Zur Frage der Ziele vertritt Vizekanzler Dr. Schüssel genau das, was Abgeordneter Schieder ge­sagt hat: daß die Tendenz in eine politischere und weniger militärische Organisationsform gehen müsse. Die europäische Sicherheit dürfe nicht in Richtung Aufrüstung gehen, sondern müsse insgesamt in Abrüstungsschritten münden.

Der Zeitdruck hinsichtlich NATO sei nicht von außen kommend zu sehen, sondern nach Meinung von Vizekanzler Dr. Schüssel sei die Sache einfach reif für eine Entscheidung. Die Diskussion darüber sei zu führen, aber nicht im Ausschuß, sondern bei anderen Gelegenheiten.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann erwidert auf die Ausführungen von Frau Abgeordneter Mag. Kammerlander, daß es seiner Meinung nach nicht notwendig sei, Positionen, die vollständig akkordiert seien, nochmals zu wiederholen. Es gebe keinerlei Diffe­renz zu dem hier Gesagten.

Darüber hinaus sei keine Frage an ihn gerichtet worden, und im Sinne der Straffheit der Führung dieses Ausschusses, der im wesentlichen der Information dienen soll, habe er es für nicht notwendig erachtet, auch noch seine eigene Version desselben Inhalts zu bringen.

Das deutsch-französische Papier sei auch ihm noch nicht bekannt. Man müsse es sich an­schauen und sich danach eine Meinung dazu bilden.

Zum Asyl sei die derzeitige Haltung, daß politisches Asyl auch innerhalb der EU weiterhin mög­lich sein müsse.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) bezieht sich auf die Äußerung des Vizekanzlers Dr. Schüssel, daß er den spanischen Wunsch verstehe, daß das Asylrecht für EU-Bürger im Rahmen der Mitgliedstaaten eingeschränkt werden soll. Das stehe im Widerspruch zu dem, was Botschafter Scheich vertritt, der es für unzulässig hält, daß man sich in der EU dafür stark mache, endlich auch Sanktionsgewalt bei schweren Menschenrechtsverletzungen zu be­kommen, wenn man auf der anderen Seite das Asylrecht innerhalb des eigenen Bereiches für die eigenen Mitgliedstaaten einschränken wolle.

Es sei auch Funktion des Hauptausschusses, solche Bemerkungen sehr kritisch aufzunehmen. Was sei jetzt tatsächlich Verhandlungsposition? Werde sich der Außenminister, der sich selbst als Chefverhandler bezeichnet habe, durchsetzen, oder Botschafter Scheich, mit dem Abge­ordnete Mag. Kammerlander in dieser Frage ausnahmsweise einmal ungeteilter Meinung ist.

Der Vizekanzler habe erklärt, er setze sich dafür ein, daß die Petersberger Erklärungen in den Vertrag aufgenommen werden sollen. Wie sei dann das Peace enforcement im Rahmen der EU – WEU mit der Neutralität vereinbar?

Wenn der Vizekanzler sage, spätestens im ersten Halbjahr 1998 werde ein Bericht kommen, aber es sei erlaubt, schon vorher Überlegungen anzustellen, so dürfe er dabei nicht außer acht lassen, daß er dadurch, daß er in die Öffentlichkeit gehe und darauf dränge, die Entscheidung früher herbeizuführen, politische Fakten setze, denn das habe doch Gewicht, wenn er das als Außenminister sage. Das könne man nicht verharmlosen, und das lasse noch viele Diskus­sionen erwarten.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) stellt, da zur Frage der Asylverfahren Herr Staatssekretär Wittmann und Herr Vizekanzler Schüssel verschiedene Positionen dargelegt haben, nochmals die Frage, ob es innerhalb der EU – vor allem auch im Lichte der Erweiterung – möglich sein werde, Asylanträge zu stellen.

Es stelle sich die Frage, ob es nicht auch verfassungsrechtlich bedenklich sei, auf diese Weise die Flüchtlingskonvention innerhalb der EU teilweise außer Kraft zu setzen. Das würde ja auch bedeuten, daß man die Flüchtlingskonvention teilweise nicht akzeptiere. Welche Konsequenzen hätte das weltweit, wenn Staaten einfach Teile dieser Konvention nach ihrem Gutdünken artikulieren oder interpretieren und die EU hier mit diesem Beispiel vorangehe?

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel meint zur Frage Peace enforcement, daß Österreich das schon längst mache, so etwa auch in Bosnien. Und wenn Frau Abgeordneten Mag. Kammerlander einwende, das sei aufgrund eines Be­schlusses des UNO-Sicherheitsrates erfolgt, so müsse man wissen, daß die meisten Ak­tionen unter einem Mandat des UNO-Sicherheitsrates stattfänden, auch die meisten NATO-Aktionen. – Das sei heute schon kein Widerspruch und werde es auch in Zukunft nicht sein.

Zweitens: Aus der Tatsache, daß in einer Formulierung stehe, „spätestens erstes Quartal“, könne man doch nicht ableiten, daß man das bis zum allerletzten Tag ausreizen müsse. Vizekanzler Dr. Schüssel habe seine Meinung dazu gesagt, was auch ihm zustehe.

Dritter Punkt: Asyl. Heute sei Asyl möglich, der Asylzustand insgesamt sei jedoch unbe­friedigend. Man wolle in den Vertrag die schärftsten Bestimmungen, Menschenrechte, Sanktions­bestimmungen et cetera aufnehmen, dann brauche man das Asyl nicht mehr. Es gebe auch in der Wiener Konvention über die Vertragsbestimmungen genügend Möglichkeiten, das aus­zugleichen.

Wenn allerdings gegen ein neues Mitgliedsland ein Sanktionsmechanismus wegen Verletzung der Menschenrechte eingeleitet würde, werde man selbstverständlich eine Verknüpfung mit Asyltatbeständen suchen müssen, aber nicht im Normalfall.

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann weist bezüglich des Asylrechtes nochmals darauf hin, daß es derzeit möglich sei. Den spanischen Vorschlag werde man sich anschauen, es sei aber nicht notwendig, darüber jetzt eine endgültige Meinungsäußerung abzugeben. Derzeit sei es möglich, und derzeit sei die Haltung, daß es auch weiterhin möglich sein soll.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser schließt nun die Diskussion und gelangt zur Abstimmung.

Als erstes wird über den Antrag auf Stellungnahme der Frau Abgeordneten Dr. Gredler be­treffend GASP, in dem bestimmte Grundpositionen verlangt werden, abgestimmt. – Der Antrag bleibt in der Minderheit.

Der gleichfalls von Frau Abgeordneter Gredler eingebrachte Antrag zur Dritten Säule – Justiz und Inneres –, der verschiedene Grundpositionen im Bereich Justiz und Inneres formuliert, bleibt ebenfalls in der Minderheit und ist somit nicht angenommen.

Zuletzt gelangt ein Antrag von Frau Dr. Gredler auf Stellungnahme zur Abstimmung, der die Institutionenreform betrifft und konkrete Grundpositionen zur Frage Europäisches Parlament, Europäischer Rat, Ministerrat, Kommission, Flexibilität und nationale Parlamente enthält. – Auch dieser Antrag bleibt in der Minderheit und findet keine Zustimmung.

Damit ist der erste Punkt abgeschlossen.

(Es folgen die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3.)

Schluß der Beratungen zum Tagesordnungspunkt 1: 13.30 Uhr

 

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