Beratungen des Hauptausschusses

in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Dienstag, 20. Mai 1997


Tagesordnung

 

1. Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Welt-Fremdenverkehrsorganisation über die anläßlich der Abhaltung der 31. Tagung der Europakommission der Welt-Fremdenverkehrsorganisation in Salzburg einzuräumenden Privilegien und Immunitäten (Vorlage 72 HA)

2. Unterrichtung gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG über mehrere Wechsel im Ausschuß der Regionen (Vorlage 79 HA)

3. Antrag des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf Zustimmung zur Erlassung der Verordnung zur Durchführung des Außenhandelsgesetzes 1995 (Außenhandelsverordnung – AußHV) (Vorlage 74 HA)

4. Antrag des Bundesministers für Finanzen auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung einer Teilfläche des bundeseigenen Grundstückes GB 45 203 Linz (Vorlage 78 HA)

5. Antrag des Bundesministers für Finanzen auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung der bundeseigenen Wohnobjekte 9400 Wolfsberg, Artenfelsweg 2 und 6, EZ 5, GB 77 208 Gries (Vorlage 81 HA)

6. Bericht des Bundesministers für Finanzen über das Ausmaß der aufgrund des Ausfuhrförderungsgesetzes 1981 übernommenen Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen in der Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1996 (3. Quartal 1996) (Vorlage 75 HA)

7. Bericht des Bundesministers für Finanzen über das Ausmaß der aufgrund des Ausfuhrförderungsgesetzes 1981 übernommenen Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1996 (4. Quartal 1996) (Vorlage 76 HA)

8. Bericht des Bundesministers für Finanzen über das Ausmaß der aufgrund des Ausfuhrförderungsgesetzes 1981 übernommenen Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen in der Zeit vom 1. Jänner bis 31. März 1997 (1. Quartal 1997) (Vorlage 77 HA)

9. Antrag des Bundesministers für Justiz auf Zustimmung zur Erlassung der Verordnung über die Festsetzung eines Zuschlags zu den im Notariatstarifgesetz angeführten festen Gebührenbeträgen (Vorlage 80 HA)

10. Vorschlag für eine gemeinsame Maßnahme betreffend vorübergehenden Schutz für Vertriebene

KOM (97) 93 endg. (25664/EU XX. GP)

11. EUROPOL

Arbeitsdateien zu Analysezwecken – RAT 6100/2/97 REV 2  (25587/EU XX. GP)

Vorrechte und Immunitäten von Europol –RAT 7613/1/97 REV 1 (25975/EU XX. GP)

12. Personenkontrollen an den EU-Außengrenzen

RAT 5691/3/97 REV 3 (24495/EU XX. GP)

RAT 5691/4/97 REV 4 (25568/EU XX. GP)

RAT 5691/4/97 REV 4 COR 1 (25569/EU XX. GP)

RAT 7453/97 (25570/EU XX. GP)

Beginn der Sitzung: 15.04 Uhr

 

(Nach Abwicklung der Tagesordnungspunkte 1 bis 8 beginnen die Beratungen des Hauptausschusses zu EU-Angelegenheiten um 16.27 Uhr.)

 

9. Punkt

Vorschlag für eine gemeinsame Maßnahme betreffend vorübergehenden Schutz für Vertriebene (25664/EU XX. GP)

 

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser verweist darauf, daß die drei folgenden Tagesordnungspunkte zu EU-Angelegenheiten getrennt behandelt werden und dafür die entsprechenden Verfahrensbestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes Gültigkeit haben. Er begrüßt Bundesminister Mag. Schlögl und fragt ihn, ob er eine einleitende Bemerkung vorbringen wolle. Nachdem Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl darauf verzichtet hat, bittet Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser um Wortmeldungen.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum) weist auf den von ihm eingebrachten Antrag hin und stellt fest, daß die in Diskussion stehende Richtlinie an zwei wesentlichen Punkten Elemente enthalte, die in Österreich aus Sicht der Liberalen notleidend seien, nämlich die Aspekte der Familienzusammenführung und der Beschäftigung der betroffenen Personen. Deshalb sei es den Liberalen wichtig, zu verhindern, daß die Republik Österreich im Verlauf weiterer Verhandlungen wegen „Selbstbetroffenheit“ eine nachgiebigere Position beziehe als den Standpunkt, der im Kommissionsvorschlag zum Ausdruck komme. Dieser solle vielmehr Anlaß sein, die österreichische Rechtsordnung und Praxis in Richtung auf den Vorschlag der Europäischen Union weiterzuentwickeln.

Abgeordneter Dr. Kier ersucht Bundesminister Mag. Schlögl um eine ausdrückliche politische Stellungnahme darüber, ob in diesen beiden Aspekten der Vorschlag der Europäischen Union für Österreich Vorbildwirkung habe. Wenn dies zutreffe, könne kein Problem darin gesehen werden, die österreichische Verhandlungsposition im Zusammenhang mit dieser Vorlage für vereinbar mit jener Position zu halten, auf die sein Antrag abziele.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser hält fest, daß ein Antrag auf Stellungnahme des Hauptausschusses gemäß Artikel 23e B-VG des Abgeordneten Dr. Kier betreffend gemeinsame Maßnahme betreffend den vorübergehenden Schutz für Vertriebene eingebracht worden ist.

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ) verweist vor seiner Frage an Bundesminister Mag. Schlögl darauf, daß der Vorschlag von EU-Kommissarin Gradin in wesentlichen Punkten die Position Österreichs beinhalte oder unterstütze. Es stehe zu erwarten, daß dieser Vorschlag in weiterer Folge zu heftigen Diskussionen im Rat der Europäischen Union führen wird, da außer Deutschland und Österreich auch die Nordstaaten dafür einträten, jedoch Frankreich und die südlichen Länder dagegen seien. Zum modus procedendi erhebe sich die Frage – auch an Abgeordneten Dr. Kier –, ob es klug sei, vor möglicherweise noch monatelang dauernden Verhandlungen über diesen Vorschlag jetzt schon das in Österreich zuständige Regierungsmitglied mit einer verbindlichen Stellungnahme auf eine Position festzulegen und damit den Verhandlungsspielraum einzuschränken. Die Sorge vor einer Aufweichung der österreichischen Position sei unbegründet, weil der Vorschlag ja auf dem österreichischen Standpunkt beruhe.

Abgeordneter Dr. Fuhrmann fragt, ob nicht auch Vorsicht geboten sei aufgrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit, als das eine oder andere Regierungsmitglied nach Verhandlungen behauptete, es hätte jeweils ein besseres Ergebnis erzielen können, wenn es ungebunden hätte verhandeln können. Es wäre interessant zu wissen, wie Bundesminister Mag. Schlögl in dieser Hinsicht die Situation einschätze.

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) möchte sich in der Vorgangsweise Abgeordneten Dr. Fuhrmann anschließen und hält es im Hinblick auf die zu erwartenden langwierigen Verhandlungen zu diesem Thema ebenfalls für falsch, den Bundesminister festzulegen. Was den Inhalt betreffe, sei zum einen auf die österreichische Praxis aufmerksam zu machen und zum anderen auf die mit Ministerratsbeschlüssen angestrebte Vereinheitlichung, die auch im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen der Europäischen Union gesehen werden müsse.

Es sei zu beachten, daß Ausländer aus Drittstaaten derzeit „nur“ das Recht hätten, überall in der EU als Reisende unterwegs zu sein, aber nicht die Möglichkeit hätten, den Arbeitsort nach jeweiliger Präferenz unabhängig von dem Ort zu wählen, für den eine Aufenthaltserlaubnis gelte. Was die Kriegsflüchtlinge betreffe, entstehe ein auch hinsichtlich der Anzahl nicht unbedeutendes Problem. Denn wenn ein Recht darauf, arbeiten zu dürfen, in einigen EU-Staaten normiert werde, jedoch in etlichen anderen Staaten nicht bestehe, so werde dies dazu führen, daß die Menschen in die Staaten kommen, in denen ein solches Recht besteht und überdies Sozialleistungen geboten werden. So könne es infolge der Vorteile aus der Kombination unterschiedlicher Bestimmungen zu einem Zuzug in den liberalsten und sozialsten Ländern kommen, der dort nicht zu verkraften wäre.

Daher solle diese Frage des Zusammenwirkens verschiedener bestehender Bestimmungen überprüft und das Ergebnis in die Verhandlungen einbezogen werden. Im Grundsatz bestehe in Österreich offensichtlich Einigkeit: Österreich habe, was Flüchtlinge aus Bosnien betrifft, vorbildlich gehandelt. Entsprechend sei weiterhin zu verfahren, doch dürfe dabei nicht übersehen werden, daß durch ein Zusammenspiel von EU-Bestimmungen für ursprünglich getrennte Wirkungsbereiche eine Entwicklung in Gang gesetzt werden könne, die eine aufgeschlossene Haltung gefährden würde.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche) sieht eine einheitliche, gleiche Behandlung von Flüchtlingen und Vertriebenen in den Staaten der Europäischen Union noch meilenweit entfernt. Wie heute schon erwähnt, gebe es Länder, die – wie sich anläßlich des Krieges in Bosnien gezeigt habe – nicht bereit seien, De-facto-Flüchtlinge aufzunehmen. In England hätte nur eine zu vernachlässigende Größe von Flüchtlingen aus Bosnien Aufnahme gefunden. (Abg. Mag. Schweitzer: Genau siebzehn waren es!) Die Hauptlast hätten Deutschland und Österreich getragen, und noch jetzt hätten diese Länder daran zu arbeiten, sich zu entlasten. Daher wäre es falsch, sich jetzt in irgendeiner Richtung festzulegen.

Inhaltlich sei dieser Antrag insofern problematisch, als damit die Genfer Konvention völlig unterlaufen werde. Denn es würden damit weitergehende Rechte als in der Genfer Konvention eingeräumt werden. Ohnehin hätte sich die Genfer Konvention als ein sehr brauchbares Mittel erwiesen, wo es darum geht, des gesamten Flüchtlingsstromes Herr zu werden.

Insbesondere die Familienzusammenführung werde in diesem Antrag außerordentlich weit und großzügig geregelt. Wie sich in der Vergangenheit gezeigt habe, sei Österreich das erste Land, das immer wieder mit einem massiven Flüchtlingsstrom zu rechnen habe.

Abgeordnete Dr. Partik-Pablé warnt eindringlich davor, vom österreichischen Standpunkt abzurücken und sich vorzeitig festzulegen.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) betrachtet die Argumentation als nicht haltbar, wenn man sage, eine Bindung des Ministers könne möglicherweise zum Scheitern einer einigermaßen tauglichen Kompromißlösung führen. Entweder habe man politische Prinzipien, oder man habe sie nicht. Das häufig herangezogene Beispiel des Tiertransportgesetzes sei absolut falsch und werde – in demagogischer Art und Weise – zu Unrecht als Beispiel verwendet.

Von einer Sichtweise, in der Menschen als „Lasten“ bezeichnet werden – von der Vorrednerin sei dieser Ausdruck gebraucht worden –, distanziert sich Abgeordnete Dr. Petrovic ausdrücklich. Denn genausogut könnten alte, kranke oder behinderte Menschen als „Lasten“ bezeichnet werden.

Wenn man überhaupt bereit sei, Flüchtlinge aufzunehmen – es sei zu hoffen, daß Österreich auch in Zukunft dazu bereit sein werde –, müsse man zur Kenntnis nehmen, daß Flüchtlinge auch von etwas leben müssen. Dies könne man getrost in Prinzipien festschreiben. Daher werde Abgeordnete Dr. Petrovic dem vorliegenden Antrag mit Sicherheit zustimmen.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum) möchte sein Argument im Zusammenhang mit den Ausführungen von Abgeordneter Dr. Petrovic bekräftigen und verweist darauf, daß sein Antrag keineswegs einen inflexiblen Anspruch erhebe. Der Antrag sei nicht so formuliert, daß er den Bundesminister ausschließlich auf eine Position festlege, sondern darin würden ausdrücklich die Worte „betreiben“ und „sich dafür einsetzen“ verwendet. Außerdem beziehe sich der Antrag auf den Kommissionsvorschlag, und dieser stelle eine Verhandlungsposition dar, die nicht dazu verpflichte, eine Mehrheit dafür zustande zu bringen.

Dies sei auch wichtig in Anbetracht des von Abgeordneter Dr. Partik-Pablé und von Abgeordneten der Regierungsparteien unter den Vorrednern Gesagten. Daß sich Flüchtlinge gelegentlich in bestimmten Ländern stärker versammeln als in anderen, hänge damit zusammen, daß es keine europäischen Standards gebe. Die Konsequenz aus der Argumentation auf Vorrednerseite wäre die folgende: Wenn es keine Standards gebe und solche, die uns gefallen würden, nicht zu bekommen seien, müßten infolgedessen die eigenen Standards gesenkt werden, weil sonst die Flüchtlinge neuerlich zu uns kämen.

Ebendiese Konsequenz will Abgeordneter Dr. Kier vermeiden und statt dessen einen Beitrag dazu leisten, daß die Standards auf europäischer Ebene so ausgeglichen werden, daß die Flüchtlinge sich nach Zufallsaspekten verteilen und nicht in ihrer Verzweiflung danach gehen müssen, daß das eine Land als ein besonders „grausliches“, das andere als relativ erträgliches erscheint, sodaß in den erträglichen Ländern eine stärkere Versammlung erfolgt. Ohne Ausgleich werde das Ziel nicht zu erreichen sein. Wenn man wirklich humanitäre Anliegen habe, müsse man sich mit ganzem Herzen dafür einsetzen, daß die Standards auf europäischer Ebene gleichmäßig gestaltet werden. Dann erst bestehe die Chance, die Flüchtlinge nicht „ins Nichts“ schicken oder in unproportional hohem Maße – und möglicherweise über die Leistungsgrenzen hinaus – selbst betreuen zu müssen.

Jemand, der sich auf Leistungsgrenzen berufe und darauf, daß das Boot voll sei, müsse sich zumindest dafür einsetzen, daß auch die anderen Boote geöffnet werden. Darauf ziele der vorliegende Antrag ab, und deshalb sei es nicht vorstellbar, ein Regierungsmitglied ohne klare politische Position in die Verhandlungen zu entsenden, von der es noch dazu nicht gefesselt sei, weil damit nicht die Verpflichtung verbunden sei, eine Mehrheit zu erreichen.

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP) bezieht sich auf die Äußerung von Abgeordneter Dr. Petrovic, derzufolge es unwürdig sei, Menschen als „Lasten“ zu bezeichnen, und stellt fest, daß im Zusammenhang mit Migration das Wort wohl in den Mund genommen werden dürfe, daß Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, uns Österreichern beispielsweise Kosten, Lasten oder Leistungen abverlangen. Er glaubt nicht, daß dies menschenverachtend sei, und gibt seiner Meinung Ausdruck, daß man in dieser Diktion ein sehr seriöses Gespräch auf politischer Ebene führen könne, ja müsse.

Der Bundesminister sei innerhalb der Europäischen Union permanent in Kontakt mit seinen Ministerkollegen und habe sich erst vor kurzem – wie er im Innenausschuß mitgeteilt habe – mit den Innenministern getroffen. Deshalb richtet Abgeordneter Kiss an den Bundesminister für Inneres die Frage, wie er die Chancen auf Verwirklichung dieses „Lastenausgleichs“ beurteile. Von „Lastenausgleich“ spreche er unter Anführungszeichen, damit sich Kollegin Petrovic nicht möglicherweise betreten fühle.

Vom österreichischen Innenminister sei hohes Interesse dafür anzunehmen, daß es unter den 15 Staaten der Europäischen Union gelebte Solidarität gibt, sodaß ein „Packerl“, das zu tragen ist, nicht von zwei oder drei Staaten getragen werden müsse, sondern nach Möglichkeit auf alle fünfzehn aufgeteilt werde.

Welche Chancen sieht der Bundesminister konkret für eine allfällige Verwirklichung?

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl richtet seine erste Antwort an Abgeordnete Dr. Partik-Pablé und bestätigt ihre Darstellung, daß der Zustrom von bosnischen Kriegsflüchtlingen in den Ländern des westlichen Europa sehr unterschiedliche Ausmaße hatte.

345 000 bis 350 000 bosnische Kriegsflüchtlinge seien nach Deutschland geflüchtet, rund 90 000 nach Österreich und – wenn die Informationen stimmen – nicht ganz 50 000 in die Schweiz. Alle anderen europäischen Staaten hätten nur sehr wenige Flüchtlinge aufgenommen. Dies zeige bereits, wie ungleichmäßig die Aufnahme bosnischer Kriegsflüchtlinge verteilt sei. Österreich sei das Land, das die bosnischen Kriegsflüchtlinge am stärksten integriert habe: Von 90 000 seien 65 000 Flüchtlinge bereits auf dem Arbeitsmarkt integriert beziehungsweise hätten eigenständige Lebensgrundlagen geschaffen. 15 000 seien nach Bosnien zurückgekehrt oder in andere Staaten weitergereist, lediglich 10 000 befänden sich noch in der Bund-Länder-Aktion.

Hingegen lebten in Deutschland nach wie vor 345 000 Flüchtlinge de facto von der staatlichen Unterstützung. In Deutschland und der Schweiz sei mit großen Zwangsrückführungsprogrammen begonnen worden, von denen jedoch zu erwarten stehe, daß sie versanden würden, da nach neuesten Informationen erst 176 Flüchtlinge aus Deutschland abgeschoben worden wären – und diese wären Kriminelle gewesen. Daher seien in diesen Staaten die noch zu bewältigenden Probleme viel gravierender als in Österreich.

Der Vorschlag von Kommissarin Gradin sei ein für Österreich wichtiger und notwendiger Vorschlag. Dieser Vorschlag – damit kommt Bundesminister Mag. Schlögl auf Abgeordneten Fuhrmann zu sprechen – habe, nachdem er bereits im Vorjahr diskutiert worden war, vehemente Ablehnung von seiten Frankreichs, Englands und teilweise Spaniens erfahren, wogegen die Nordstaaten, Österreich und Deutschland dafür eingetreten seien. Österreich könne nichts anderes tun, als diesen Vorschlag zu unterstützen, allein schon deshalb, weil dessen Intentionen genau der Kritik entgegenkämen, die Österreich hinsichtlich der Problematik mit den bosnischen Kriegsflüchtlingen und der schlechten Verteilung der Menschen in Europa geübt hat, und weil der Inhalt des österreichischen Hilfsprogramms für Bosnien im wesentlichen mit dem Gradin-Vorschlag übereinstimme: daß die aufgenommenen Personen Aufenthaltsrecht bekommen, daß sie Zugang zum Arbeitsmarkt haben und daß sie in den Genuß von Krankenversorgung, Schulbesuch, Familienzusammenführung sowie adäquater Unterbringung kommen sollten.

Bundesminister Mag. Schlögl stellt fest, daß der Vorschlag daher von unserer Seite volle Unterstützung bekommen werde, und fügt – Abgeordneten Kiss ansprechend – hinzu, daß er persönlich eher skeptisch sei, was eine Umsetzung in nächster Zeit betrifft. Er meint, daß die Diskussion darüber sich noch lange hinziehen werde, und rechnet auf keinen Fall vor Ende dieses Jahres mit einer definitiven Entscheidung, sondern ist persönlich der Ansicht, daß es bis dahin noch länger dauern werde.

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) wendet ein, daß Bundesminister Mag. Schlögl auf seinen Vorschlag leider nicht eingegangen sei, im einzelnen zu prüfen, wie weit sich das Wechselspiel verschiedener sozialrechtlicher Bestimmungen auswirken würde. Was der Bundesminister über Bosnien gesagt habe, untermauere zweifelsohne das österreichische Interesse an dem vorliegenden Vorschlag, jedoch würde eine Massenflucht von Kriegsflüchtlingen im Falle einer unglücklichen Entwicklung zum Beispiel in Algerien wahrscheinlich eine andere Situation herbeiführen und die Integration viel schwieriger gestalten, vor allem dann, wenn ein unbeschränktes Reiserecht und Niederlassungsrecht sowie ein Recht darauf, arbeiten zu dürfen und Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, überall in der Europäischen Union bestünde.

Ohne sogleich auf einer Antwort zu bestehen, will Abgeordneter DDr. König darauf aufmerksam machen, daß er zumindest eine Überprüfung des angesprochenen Zusammenspiels für notwendig hält, damit man nicht Gefahr laufe, sich für eine Sache einzusetzen, ohne vorher auf einer anderen Schiene laufende Auswirkungen bedacht zu haben.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) versteht die Ausführungen von Abgeordnetem DDr. König als Anregung an den Bundesminister für Inneres, etwas wie einen Prüfvorbehalt anzumelden, um die Folgen des Vorschlages zunächst im Zusammenspiel mit anderen Punkten, die heute noch zu diskutieren seien, zu sehen. (Abg. DDr. König: Ich habe gesagt, man soll es prüfen!) Der Zweck sei offenbar, vor einer allfälligen Stellungnahme des Bundesministers im Rat der EU, mit der eine österreichische Position festgelegt würde, Zeit zu gewinnen. (Abg. Dr. Fuhrmann: Ein Prüfvorbehalt ist etwas anderes!)

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum) sieht tendenziell keinen Auffassungsunterschied zwischen seinen Intentionen und der vom Bundesminister für Inneres erläuterten Verhandlungsposition und setzt voraus, daß im Innenministerium während der Verhandlungen laufend Evaluierungen sowie Prüfungen der Durchsetzungsmöglichkeiten erfolgen würden. Doch dürfe das Tempo nicht verlangsamt werden, um die europäischen Standards abzusichern.

Die geäußerte Position des Bundesministers lasse keine Bedenken dagegen erkennen, eine Stellungnahme gemäß dem Antrag zu beschließen. Wenn die Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und Freiheitlichen – und vielleicht auch Kollege Fuhrmann – eine solche Stellungnahme nicht wünschten, dann sei das eben so. Die Abgeordneten könnten sagen, daß sie den Minister lieber ohne Stellungnahme tätig werden ließen. Der Minister selbst jedoch habe eine solche Stellungnahme bisher nicht abgelehnt, sondern halte sie zumindest inhaltlich – formal könne es immer noch anders sein – für vereinbar mit seinen Intentionen. Daher würden die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien auf ihre Möglichkeit der Mitwirkung leichtfertig verzichten, wenn sie nicht für diesen Antrag stimmten.

Um nicht mißinterpretiert zu werden, möchte Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ) den Tenor seiner ersten Wortmeldung klarstellen. Er sei nicht a priori und generell gegen eine Stellungnahme des Hauptausschusses und könne schon deshalb nicht sein Recht oder das Recht des Hauptausschusses auf Stellungnahme verschleudern. Er habe gefragt, wie weit es noch bis zu einer Entscheidung im Rat der EU sei. Der Bundesminister habe bestätigt, daß sich die Entwicklung – seiner Einschätzung nach – noch über Monate hinziehen werde und frühestens zu Jahresende mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Das Datum der heutigen Einladung zeige, daß heute erst der 20. Mai ist.

Abgeordneter Dr. Fuhrmann zieht eine bessere Entscheidungsgrundlage für eine allfällige Stellungnahme vor. Diese werde dann gegeben sein, wenn der Verhandlungsprozeß auf europäischer Ebene weiter gediehen sein werde. Denn dann würden andere und mehr Parameter für die Meinungsbildung zur Verfügung stehen, und dann werde leichter gesagt werden können: Jetzt ist eine bestimmte Stellungnahme des Hauptausschusses klug und richtig – nicht mehr und nicht weniger. Nach allem, was in der Debatte bisher zu hören gewesen sei, meint Abgeordneter Dr. Fuhrmann für sich persönlich, daß es für eine Stellungnahme noch zu früh sei.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum) konzediert der Argumentation von Kollegen Fuhrmann, daß sie etwas für sich habe. Wenn sie zutreffe, dann erwarte er sich vom Bundesminister die Zusage, zum passenden Zeitpunkt einen Bericht zu liefern, der die Abgeordneten in die Lage versetzen werde, sich noch einmal zu äußern.

Dies hindere ihn in seiner etwas verkrampften oppositionellen Position nicht daran, den Antrag aufrechtzuerhalten, und er gebe die Hoffnung nicht auf. Würde der Bundesminister einen entsprechenden Bericht vorlegen, so könnten sich die Abgeordneten mit geeigneten, zum Bericht passenden Anträgen neuerlich äußern. Wenn Kollege Fuhrmann die Sache so sehe, hätte Abgeordneter Dr. Kier zumindest in der zweiten Runde die Chance auf eine Mehrheit.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser hält fest, daß der Antrag von Abgeordnetem Dr. Kier auf Stellungnahme aufrechterhalten wird.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche) hebt noch einmal hervor, daß dieser Antrag den Freiheitlichen inhaltlich viel zu weit gehe. Österreich solle nicht vorpreschen und nicht versuchen, einen so weitgehenden Antrag umzusetzen.

Eine einheitliche Regelung sei – wie gesagt – meilenweit entfernt, daher sei es nicht sinnvoll, zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch eine zu großzügige Vorgabe bereits zu versuchen, das Tempo oder die Richtung auf eine bestimmte Weise zu beeinflussen. Deshalb seien die Freiheitlichen gegen diesen Antrag.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl erklärt sich bereit, zu Beginn des kommenden Herbstes dem Hauptausschuß einen Bericht über die aktuelle Situation vorzulegen. Er halte dies für notwendig und richtig.

Entgegen der Meinung von Abgeordnetem Kier, daß der Bundesminister mit dem Antrag der Liberalen übereinstimme, stellt Bundesminister Mag. Schlögl klar, daß er dagegen inhaltliche Bedenken hege. Er habe versucht, den Inhalt des Gradin-Vorschlages darzulegen, und halte diesen Vorschlag im wesentlichen für einen guten und wichtigen Vorschlag, der Österreich großen Nutzen bringe.

Der Antrag von Abgeordnetem Dr. Kier weise zwei Problembereiche auf. Der eine betreffe den zu undifferenziert dargestellten Zugang zum Arbeitsmarkt. Dies sei ein sehr sensibles und schwieriges Thema. Es dürfe nicht – dem Antrag entsprechend – ein absolutes Zugangsrecht geben, sondern dieses hänge in hohem Maße von der jeweiligen Arbeitsmarktsituation im Lande ab. Jedoch sei es wichtig und notwendig, im europäischen Gleichklang einheitliche Regelungen zu finden.

Das zweite betreffe etwas, das der Antrag der Liberalen vollständig vermissen lasse, nämlich eine Art – unter Anführungszeichen gesetzt – „Lastenausgleich“. Dieser komme in dem Antrag überhaupt nicht vor, obwohl er ein wesentliches Element des Gradin-Vorschlages sei, da es darum gehe, kommende Flüchtlingsbewegungen in Europa gerecht auf die europäischen Staaten aufzuteilen. Die Flüchtlingsbewegung aus Bosnien sei nicht gerecht aufgeteilt gewesen, sondern von Deutschland, Österreich und – in etwas kleinerem Ausmaß – der Schweiz abgefangen worden.

Daher sei es unbedingt im Interesse Österreichs, wenn es zwischen den europäischen Staaten eine gerechtere Aufteilung gebe.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum) dankt dem Bundesminister für die Klarstellung und hält fest, daß der Antrag den Lastenausgleich nicht behandle. Er erklärt sich völlig damit einverstanden, daß der Bundesminister diesen Aspekt zur Stärkung der österreichischen Position in die politischen Verhandlungen einbringt.

Sein Anliegen sei aber, ein Ergebnis zu vermeiden, wie es Kollegin Partik-Pablé zuvor implizit zum Ausdruck gebracht habe: daß der Antrag zu weit gehe. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Explizit war das!) Sie habe also explizit zum Ausdruck gebracht, daß das zu weit gehe, und habe implizit ein Plädoyer dafür vorgetragen, die Standards möglichst tief zu senken. Dies sei die Alternative, die darin bestehe, einen gemeinsamen Vorschlag auszuarbeiten, der Flüchtlinge einheitlich in Europa möglichst schlecht stelle, schlechter, als sie beispielsweise jetzt bei uns gestellt seien.

Die Gefahr bestehe also darin, daß „europäische Harmonisierung“ auch bedeuten könne, daß irgendwelche in bestimmten Ländern bereits errungene Rechtswohltaten auf europäischer Ebene durch eine Harmonisierung verlorengingen. Genau darum gehe es in dem Antrag. In diesem Punkt hegt Abgeordneter Dr. Kier das Vertrauen, daß die Überlegung mehrheitsfähig sein könne – wenn auch nicht der Antrag.

Würde anders verfahren werden, brauchte man bei der Harmonisierung der Sozialpolitik gar nicht erst anzufangen. Da würde man Österreich  zu Recht vorhalten können, daß es in der vorliegenden Frage eine Harmonisierung zu Lasten der Menschenrechte mitgetragen hätte, was sicherlich niemand wolle.

Werde jedoch der Lastenausgleich politisch einbezogen, sei Abgeordneter Dr. Kier damit eines Sinnes. Allerdings sei das nicht Verhandlungsgegenstand, und insofern weise er die Vorgangsweise scharf zurück, den Antrag eines oppositionellen Abgeordneten wegen angeblicher Unvollständigkeit zu kritisieren. Denn das sei nicht Gegenstand des Antrages gewesen.

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ) hält fest, daß nach der eben abgelaufenen Diskussion offensichtlich auch Abgeordneter Dr. Kier die Ansicht unterstütze, daß diese Sache heute offensichtlich noch nicht entscheidungsreif sei. Es sei sehr wahrscheinlich, daß dem Hauptausschuß im Herbst wesentlich mehr Entscheidungsgrundlagen verfügbar sein werden, deshalb der Appell an Abgeordnete Dr. Kier, den Antrag zurückzuziehen.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche) will mit ihrer Antwort an Abgeordneten Dr. Kier dem Bundesminister den Rücken stärken. Österreich brauche sich in der Flüchtlingspolitik von niemandem etwas vorhalten zu lassen, denn es sei immer das erste Land gewesen, das Flüchtlinge aufgenommen und – wie die Bosnier-Aktion beweise – auch noch behalten habe, nachdem das Ereignis bereits vorüber war. Österreich habe nicht nur nach der Genfer Flüchtlingskonvention Menschen aufgenommen, sondern auch De-facto-Flüchtlinge.

Wer könne Österreich etwas vorhalten – England, Frankreich oder Schweden, diejenigen, die keine Flüchtlinge aufgenommen hätten? Das sei absurd. Falls sich in Verhandlungen eine Neigung zeigen werde, Österreich etwas vorzuhalten, könne der Bundesminister klarlegen, daß kein Grund dafür bestehe. Wir brauchten uns nicht selbst schlechter zu machen, sondern könnten auf die Praxis verweisen.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser schließt die Debatte zum vorliegenden Tagesordnungspunkt und weist noch einmal darauf hin, daß Bundesminister für Inneres Mag. Schlögl angeboten habe, dem Hauptausschuß im kommenden Herbst einen Bericht vorzulegen. Er ersucht um Erfüllung dieses Angebotes und kündigt an, den Bundesminister daran zu erinnern.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum) zieht auf Treu und Glauben, daß dieser Bericht vorgelegt werde, den Antrag zurück.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser hält fest, daß der Antrag auf Stellungnahme von Abgeordnetem Dr. Kier zurückgezogen worden sei. Damit sei Punkt 9 der Tagesordnung erledigt.

 

10. Punkt

EUROPOL (25587/EU, 25975/EU XX. GP)

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser stellt nach Eintritt in die Debatte zu Punkt 10 fest, daß Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl darauf verzichtet, einleitend Stellung zu beziehen.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) verweist auf zwei von ihr vorliegende Anträge auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B-VG. Der eine betrifft die Durchführungsbestimmungen für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken, der andere die Vorrechte und die Immunitäten für Europol, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von Europol.

Der Antrag betreffend Arbeitsdateien zu Analysezwecken ziele darauf ab, den Personenkreis, über den Daten gespeichert werden dürfen, auf diejenigen Personen zu beschränken, bei denen der konkrete Verdacht strafbarer Handlungen vorliege. Hinsichtlich der Daten, des Auskunftsrechtes und der parlamentarischen Kontrollfunktion seien weitergehende Schutzvorkehrungen erforderlich. Das Erfassen bestimmter Daten, insbesondere betreffend rassische Herkunft, religiöse Überzeugungen sowie sexuelle Orientierung, solle grundsätzlich ausgeschlossen und verboten sein.

Hinsichtlich der Immunitäten erscheine es notwendig, daß es auch bei Europol-Einrichtungen die Möglichkeit für Durchsuchungen und Beschlagnahmen gebe, und zwar dann, wenn der Verdacht bestehe, daß Geheimhaltungsverpflichtungen oder Vorschriften über die Erfassung von Daten verletzt wurden. Dies solle im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen möglich sein, da es nicht eine Behörde geben dürfe, die sich praktisch jeder rechtsstaatlichen Kontrolle entziehen könne.

Abgeordnete Dr. Petrovic hat hinsichtlich der Arbeitsdateien zu Analysezwecken an den Bundesminister folgende konkrete Fragen: Welche Position hat Österreich in bezug auf den dänischen und den deutschen Vorbehalt eingenommen, was die Speicherung von Daten betrifft? Wird sich Österreich dem allgemeinen politischen Vorbehalt Dänemarks gegen Artikel 4 beziehungsweise Artikel 5 anschließen? Wenn nein: Warum nicht? Welche Position nimmt Österreich ein im Hinblick auf die Speicherung personenbezogener Daten, die unter anderem das Sexualleben, die politische Anschauung, Rasse oder Religion betreffen?

Hinsichtlich der Immunitäten stellt Abgeordnete Dr. Petrovic an Bundesminister Mag. Schlögl folgende konkrete Fragen: Was bedeutet die Unverletzbarkeit der Archive? Heißt das, daß auch extrem rechtswidrig erlangte Unterlagen praktisch auf ewig Bestand haben und nicht beseitigt werden können?

Wie ist das Verhältnis zwischen Artikel 2 der Vorlage und Artikel 38 der Europol-Konvention, in bezug auf die Haftung zu sehen, wonach Beamte von Europol generell nicht haftbar gemacht werden dürfen und eine allfällige Haftung nur die Mitgliedstaaten betrifft? – Letzteres sei ein durch nichts gerechtfertigter Spezialfall von Haftung, wenn rechtswidriges Verhalten von Beamten vorliege.

Welche Meinung vertritt der Minister gegenüber dem Vorschlag der französischen Delegation zu Artikel 2 Abs. 2, daß Durchsuchung, Beschlagnahme und so weiter möglich sein sollen? Hält er es für sinnvoll, daß die Aufhebung der Immunität vom eigenen Direktor, der selbst immun ist, beschlossen werden soll? – Dieser Vorschlag sei mit Rechtsstaatlichkeit unvereinbar.

Was hält der Minister von der Einbindung des Europäischen Parlaments in der Form, daß dort ein eigens einzurichtender Ausschuß analog dem österreichischen Immunitätsausschuß über die Aufhebung der Immunität einzelner Beamter entscheiden können soll?

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser hält fest, daß zwei Anträge auf Stellungnahme eingebracht und erläutert worden sind.

Für Abgeordneten Paul Kiss (ÖVP) stellt sich zum wiederholten Male die grundsätzliche Frage, wie sich die Grünen – diesmal vertreten durch Abgeordnete Dr. Petrovic – die Kriminalitätsbekämpfung im Inland und innerhalb der Europäischen Union – also auf übernationaler Ebene – überhaupt vorstellten. Er wolle nicht untergriffig argumentieren, wenn er feststelle, daß es so wohl nicht sein könne, daß alles, was Abgeordnete Dr. Petrovic vorgebracht habe, in der Realität umgesetzt werden solle.

Würden wir diesem Szenario folgen, sei jegliche Verfolgung und Bekämpfung von Kriminalität denkunmöglich und in der Praxis nicht machbar. Abgeordnete Dr. Petrovic möge sich mit Praktikern an einen Tisch setzen, sich informieren und überzeugen lassen. Dann würde sie erkennen, daß es nicht nach ihren Vorstellungen gehen könne. Dies bedeute ein klares Nein zu den Intentionen, die sie für ihre Fraktion nun zum wiederholten Male gefordert habe.

Selbstverständlich sage auch die ÖVP ja zur Vorsicht, wenn es um sensible Daten im Zusammenhang mit der Kriminalitätsbekämpfung gehe. Wie die Grünen, so sage auch die ÖVP ja zum Datenschutz, ja zu den Persönlichkeitsrechten und ja zu den Grundrechten, die zu wahren sind. Dieses Ja erfolge aber unter der Voraussetzung, daß der Zugang zu diesen Daten notwendig ist und möglich sein muß, sofern sie relevant sind.

Denn die im Rechtsstaat angestrebte Bekämpfung vor allem schwerer Formen von Kriminalität, die über die Grenzen hinausreichen, würde sich aufhören, wenn man den Intentionen der Grünen folgte.

Dazu komme ein Punkt, der Abgeordnete Dr. Petrovic auch zum Denken bringen müßte, besonders wenn sie hinsichtlich der Verdächtigen argumentiere: Sie möge auch einmal an die Opfer denken. Sie möge im Sinne des Opferschutzes darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll sei, Daten über Opfer auf aktualisierter Basis verfügbar zu haben und daraus politische Konsequenzen ableiten zu können.

Eine Verwirklichung der Europol-Konvention, mit der sich Abgeordneter Kiss in hohem Maße persönlich identifizieren kann, bestehe darin, über die nationalen Grenzen hinauszublicken und Europol die Möglichkeiten zu geben, die sie braucht, um auf internationaler Ebene agieren zu können. Dies habe unter Wahrung der angesprochenen Rechte zu erfolgen, vor allem aber in dem Wissen, daß es dort, wo es Kriminalität gibt, nicht nur Verbrecher und Verdächtige, sondern auch Opfer gibt, an deren Schutz im Sinne politischer Verantwortung während der gesamten Diskussion permanent zu denken sei.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche) äußert ihren Eindruck, daß manche vor der Kriminalitätsbedrohung die Augen verschlössen. Es gelte, sich darüber klarzuwerden, daß eine akute Gefahr vorliege und die derzeit geübte Kriminalitätsbekämpfung über die nationalen Grenzen hinweg äußerst mangelhaft sei, und zwar deshalb, weil der Informationsaustausch äußerst schlecht und schleppend erfolge. Die Erledigung gerichtlicher Rechtshilfeersuchen beispielsweise dauere Wochen oder Monate, und mit Ländern wie Spanien, Frankreich und so weiter dauere sie sogar Jahre. Es sei im Sinne einer effizienten Kriminalitätsbekämpfung notwendig, zu einem raschen Datenaustausch zu kommen. Dabei sollten alle an einem Strang ziehen.

Genauso wichtig wie die Grundrechte seien für die Bevölkerung nicht nur in Österreich, sondern auch außerhalb die Sicherheit und der Schutz vor Kriminalität. Deshalb sei es notwendig, daß alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine effiziente Institution für die Straftatenverfolgung zu schaffen.

Es sei einzusehen, daß man Zeugen besonders schützen müsse und daß es für Zeugen problematisch sei, wenn ihre Daten weitergegeben werden. Jedoch bewiesen manche Fälle – aus jüngster Zeit jener des Sexualattentäters Dutroux –, daß es notwendig sei, die Daten von Zeugen in Ausschreibungen zur Fahndung weitervermitteln zu können. Daher sei es nicht immer möglich, von einem Einverständnis auszugehen, sondern es müsse im Interesse der Strafverfolgung zu einer großzügigen Lösung kommen, um den verfolgenden Behörden die Möglichkeit zu geben, die Strafverfolgung voranzutreiben.

Abgeordnete Dr. Partik-Pablé hält es für dringend erforderlich, Europol die Möglichkeit zu wirksamer Arbeit zu geben. Es sei alles daranzusetzen, mit Europol auch operative Befugnisse zu verbinden; derzeit sei dies nicht vorgesehen. Genauso, wie es im Flüchtlingswesen noch lange bis zu einer Vereinheitlichung dauern werde, werde auch noch viel Zeit vergehen, bis alle Länder Europol ratifiziert haben würden. Vorläufig hätten erst zwei Länder die Ratifizierung vorgenommen, und es sei zum Beispiel Frankreich ebenfalls dagegen, daß Europol in Kraft trete. In dieser Hinsicht solle Österreich sich dafür stark machen, ein weiteres Fortschreiten der grenzüberschreitenden Kriminalität zu verhindern.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) sagt, daß sie den Ausführungen von Abgeordneter Dr. Partik-Pablé zu Beginn habe folgen können, weil auch sie der Ansicht sei, daß Verfahren dadurch verschleppt würden, daß die Kooperation zwischen den Gerichten diverser Länder und die Erledigung von Rechtshilfeersuchen sehr viel Zeit brauchen. Sie stimme überein, daß es Methoden zu finden gelte, wie die Zusammenarbeit effizienter und schneller abgewickelt werden und rascher Anklage gegen Kriminelle erhoben werden könnte, sofern ihnen unrechtes Verhalten nachzuweisen sei.

Daß Abgeordnete Dr. Partik-Pablé den Fall Dutroux erwähnt hat, sei verwunderlich, weil dieser Fall die völlige Unfähigkeit der Polizei an Ort und Stelle zum Vorschein gebracht habe. Er habe weniger mit Vernetzung zu tun, sondern vielmehr mit völlig ineffizienten Durchsuchungsmethoden und sonstigen Unzulänglichkeiten in der belgischen Polizei. Dies könne im Bericht des belgischen Parlaments nachgelesen werden.

Jedoch sei die Forderung unverhältnismäßig, den Schutz der Privatsphäre eines Kollektivs aufzugeben, um individuelle Kriminelle im Rahmen eines willkürlichen Umgangs mit den Daten über das Kollektiv zu fassen. Es sei nicht vorstellbar, daß Daten, die sich auf die religiöse Überzeugung, das Sexualleben, die Gesundheit oder die politische Anschauung beziehen, die Fahndung nach Kriminellen wesentlich erleichtern würde. Im Gegenteil seien solche Daten völlig irrelevant, wenn eine Kooperation angestrebt werde.

Es sei gefährlich, in Kauf zu nehmen, daß Daten x-beliebiger Menschen quer durch Europa „verfrachtet“ werden, sodaß zum Beispiel jemand, der wegen Geschwindigkeitsübertretung in Spanien in eine Polizeikontrolle geraten sei, Gefahr laufe, sich später im Rahmen einer Rasterfahndung mit Daten über sein Leben, seine politische Überzeugung und so weiter konfrontiert zu sehen. Das gehe eindeutig zu weit. Man müsse dafür sehr sensibel sein und den Willen haben, differenzierter vorzugehen als die Amerikaner, die unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung willkürlich alles vernetzen. Es sei unglaublich: Dort sei es möglich, daß man schon zur Datensammlung erfaßt werde, wenn man nur ein Joghurt von einer Marke kaufe, für die der Kriminelle XY, der schon lange gesucht wird und möglicherweise wirklich 25 Personen umgebracht hat, eine Vorliebe hat.

Wie kommen Menschen dazu, sich für so etwas rechtfertigen zu müssen? Wieso kommen sensible Daten wie Gesundheitsdaten in eine Vernetzung? Abgeordnete Dr. Gredler hält eine derartige Vorgangsweise für extrem problematisch und bringt daher nachfolgenden Antrag auf Stellungnahme des Hauptausschusses gemäß Artikel 23e B-VG ein:

„Der zuständige Bundesminister möge den Durchführungsvorschriften für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken in Zusammenhang mit der Europol-Konvention nur dann zustimmen, wenn unter keinen Umständen personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet werden, die Charaktermerkmale, Lebensweise, eine nicht näher spezifizierte ‘Gefährlichkeit’, rassische Herkunft, religiöse und andere Überzeugungen, das Sexualleben, politische Anschauungen oder die Zugehörigkeit zu gesetzlich nicht verbotenen Bewegungen und Organisationen betreffen.“

Es sei ja obskur, etwa auch einen Ruderverein in die Vernetzung aufzunehmen, es gehe doch nur um jene Daten, die tatsächlich zur Aufklärung von Verbrechen gebracht werden und zur Festnagelung von Kriminellen dienen können.

Wenn Herr Abgeordneter Kiss sage, man solle sich mit den betroffenen Praktikern besprechen, so sei ihm mitzuteilen, daß die liberale Fraktion sich längere Zeit mit Polizisten, die mit diesen Materien zu tun haben – nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern –, auseinandergesetzt habe. Am Ende der Reflexion und nach Abklärung des Notwendigen sei man zu dem Ergebnis gelangt, daß in hinreichendem Maße Methoden bereitstünden, um auf andere Weise miteinander zu kooperieren als über die Vernetzung sensibler Daten.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser hält fest, daß der Antrag auf Stellungnahme von Abgeordneter Dr. Gredler vorliege und bekanntgemacht sei.

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) weist darauf hin, daß allgemein bekannt sei, daß in allen Mitgliedstaaten der EU eine breite Mehrheit der Bevölkerung von der Politik ein Vorgehen gegen das zunehmende organisierte Verbrechen im internationalen Rahmen verlange. Daher hätten wir nichts anderes zu tun, als auf Ebene des Ministerrates dafür zu sorgen, daß diesem dringenden Bedürfnis der Bevölkerung nach Schutz vor dem internationalen Verbrechen möglichst rasch Rechnung getragen wird. Es sei besser, schnell zu einem gemeinsamen Abschluß zu kommen – auch auf die Gefahr hin, daß dieser nicht perfekt sei –, als darüber so lange zu verhandeln, daß in der Zwischenzeit eine Europol entstünde, die entweder im rechtsfreien Raum agieren müsse oder aber gar nicht agieren könne.

Frau Kollegin Gredler könne – auch wenn sie selbst eine andere Meinung vertrete – nicht bestreiten, daß es im Europäischen Parlament eine breite Mehrheit dafür gebe. Dort verstehe man nicht, daß wegen Prestigeerwägungen seitens gewisser Mitgliedstaaten die Europol immer noch nicht auf einer gemeinsam festgelegten Basis arbeiten könne.

Man könne beim grenzüberschreitenden Verbrechen nun einmal nicht anders vorgehen als dadurch, Daten zu sammeln und zu vergleichen, um überhaupt eine Möglichkeit zu schaffen, an die Organisationen heranzukommen. Zum Beispiel werde man Pädophile nur fassen können, wenn man an Daten zwar nicht über alle, aber über gewisse sexuelle Verhaltensweisen herankomme. Ähnliches gelte für jenes Merkmal, das als „rassisch“ bezeichnet worden sei. Denn wenn man wisse, daß die Triaden niemand anderem Zugang gewährten als Chinesen, dann sei die Tatsache, daß es sich in vergleichbaren Fällen um Chinesen handelt, ein Hinweis darauf, daß eine solche Organisation am Werk sei. Wenn man die entsprechenden Daten kenne, könne man auf diesem Wege weiter vorgehen.

Abgeordneter DDr. König verwahrt sich gegen das Beispiel von Abgeordneter Dr. Gredler, daß jedermann schon vernetzt werde, nur weil er nur in einem Supermarkt eingekauft habe oder in eine Verkehrsüberprüfung geraten sei. Es müsse aber möglich sein, dort die notwendigen Daten zu bekommen, wo tatsächlich ein Verdacht bestehe und der Schutz der Allgemeinheit vor dem immer stärker wuchernden Verbrechen wichtiger sei als die Gefahr, zugunsten eines bis zum Letzten reichenden Schutzes von meist ohnehin schon schwer Verdächtigen nichts unternehmen zu können.

Angesichts der Schwere und der Internationalität der heutigen Bedrohung habe die Bevölkerung dafür heute kein Verständnis mehr, und Abgeordneter DDr. König selbst habe dieses Verständnis auch nicht, wenn zu erkennen sei, was mit Kindern geschehen könne und was auch anderwärts immer mehr wuchere. Von der UCLAF wisse Abgeordnete Dr. Gredler genausogut wie er, daß man auch dort nur durch Vernetzung in der Lage sei, den nationalen Behörden Informationen zu geben. Anders sei Verbrechensaufklärung nicht möglich. Wollten wir nicht in einen Polizeistaat geraten, so sei es nur durch eine gewisse Aufnahme von Daten zu erreichen, die Dinge sichtbar zu machen und den nationalen Behörden den Zugriff zu ermöglichen.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) greift die Äußerung von Abgeordnetem Kiss auf, derzufolge die Vorkommnisse im Zusammenhang mit der internationalen Kriminalität sie, Abgeordnete Dr. Petrovic, zum Denken bringen müßten, und weist diese Äußerung als impertinente und sexistische Entgleisung zurück. Sie habe die heutige Debatte sehr genau verfolgt: Derartige Ausdrücke würden immer im Zusammenhang mit Frauen vorgebracht, und es werde ihnen unterstellt, daß sie nicht dächten, bevor sie Anträge stellten.

Abgeordnete Dr. Petrovic habe sehr wohl nachgedacht, sie habe sehr gute Gründe für ihren Antrag und wisse sich auch mit den Begründungen ihres Antrags nicht in einer Minderheit. So habe das Europäische Parlament im März 1997 in bezug auf den Datentransfer eine extrem kritische Resolution verfaßt, die Abgeordnetem Kiss bekannt sein sollte. Auch habe Abgeordnete Dr. Petrovic persönlich an einer Sitzung von europäischen ParlamentarierInnen, die für diese Materie zuständig seien, mit nationalen ParlamentarierInnen teilgenommen und dort überwiegend in höchstem Maße kritische Argumente zu hören bekommen. Abgeordneter Kiss solle sich auch mit diesen Positionen vertraut machen.

Was die Datensammlung betreffe, sei zu sagen, daß kein Mensch einer Deckung von Verbrechen das Wort rede. Aber wenn darauf hingewiesen werde, daß es bestimmte Übergriffe im Zusammenhang mit Sexualverbrechen gegenüber Kindern gebe, sei festzustellen, daß es sich dabei um Verbrechen handle, die in allen zivilisierten Staaten, daher auch in Österreich, unter Strafe stünden. Nicht auf diese Fälle beziehe sich Abgeordnete Dr. Petrovic, sondern wogegen sie sich wende, das sei ein prophylaktisches Erfassen derartiger Daten und deren Einspeisung in Dateien, die von niemandem gelöscht werden könnten.

Was die Affäre Dutroux betreffe, habe Frau Kollegin Gredler alles Nötige gesagt. Man könne nicht irgendein Verbrechen hernehmen, das eindeutig aufgrund nationaler Versäumnisse nicht aufgeklärt worden sei, und davon beliebige Rechte für Europol ableiten.

Es stelle sich hinsichtlich der Europol-Behörde auch die Frage, inwieweit das österreichische Parlament willens sei, eine Schlechterstellung der heimischen Polizei in Kauf zu nehmen. Dort gebe es bereits eine strenge Amtshaftung, die – Gott sei Dank nur in wenigen Fällen – zum Tragen komme, wenn ein Fehlverhalten vorliege. Es liege auch im Interesse des Ansehens einer Behörde, daß vereinzelte Fälle von Fehlverhalten aufgeklärt und geahndet würden. Es sei nicht zu verstehen, daß eine Behörde eingerichtet werden solle, in der Durchsuchungen oder Beschlagnahmen – wenn der eindeutige Verdacht auf Rechtswidrigkeit vorliege – nicht möglich sind.

Man könne auch nicht der französischen Delegation unterstellen, sie würde mit Verbrecherbanden gemeinsame Sache machen. Die französische Delegation habe in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, daß Durchsuchungen und Beschlagnahmen im Beisein des Direktors von Europol möglich sein könnten, wenn sie von den Justizbehörden der Mitgliedstaaten angeordnet würden.

Auch sei nicht anzunehmen, daß die dänische, griechische, portugiesische und spanische Delegation gemeinsame Sache mit Kriminellen machten, wenn sie hinsichtlich der Nutzung und Speicherung empfindlicher personenbezogener Daten eine sehr vorsichtige Haltung an den Tag legten.

Frage an den Bundesminister: Was ist vorgefallen, das dazu geführt hat, daß die in dem Dokument ursprünglich angeführte österreichische Delegation später von der Liste gestrichen wurde?

Immunitäten einzuräumen, die von niemandem aufgehoben werden könnten, schaffe eine Personengruppe einer neuen Kategorie. Auch bei den Abgeordneten gebe es zwar – in verschiedenen Ländern unterschiedlich starke – Immunitäten, jedoch überdies die Möglichkeit, diese von einer Art Immunitätsausschuß aufheben zu lassen. Dies führe zu der Frage, warum mit Europol eine Behörde sui generis entstehen solle.

Über die Zusammenarbeit zum Zweck der Verbrechensbekämpfung sei zu sagen, daß angesichts der Sorge, die – insbesondere österreichische – Grenze zu den ehemaligen Ostblockstaaten zu sichern, auch die Notwendigkeit einer vertraglich vereinbarten, besseren Kooperation mit den Polizeibehörden in den ehemaligen Ostblockstaaten naheliege und nicht nur der Abschluß einer Europol-Konvention.

Daher die Frage: Was geschieht in dieser Hinsicht?

Da es nicht unbedingt notwendig erscheine, bereits über Durchführungsbestimmungen zu diskutieren, erhebe sich zusätzlich die Frage an den Bundesminister: In welchem Stadium steht die Europol-Konvention?

Es sei müßig, sich über Details Gedanken zu machen, wenn die Konvention insgesamt wegen rechtsstaatlicher Bedenken auf der europäischen Ebene nicht zum Tragen käme.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl erinnert daran, daß im Hauptausschuß schon früher ausführlich über Europol diskutiert wurde und bereits damals von manchen Fraktionen dagegen schwere Bedenken vorgebracht worden seien. Die Kritik hätte sich zu Recht auf den sehr weitgehenden Datenkatalog bezogen, der damals in Diskussion stand. In den Verhandlungen sei Österreich für eine Begrenzung des Datenumfangs eingetreten und habe deutliche Erfolge erzielen können. Der vorliegende Text sei viel weniger weitgehend als der seinerzeit vorgesehene Katalog.

In der heutigen Debatte sei es im wesentlichen um die Einbeziehung von Daten über rassische Herkunft, religiöse Überzeugungen, politische Anschauungen und das Sexualleben gegangen. Österreich sei in dieser Hinsicht nicht ohne Problembewußtsein an die internationale Diskussion herangegangen und habe seine Vorbehalte angemeldet. Die österreichischen Vorbehalte seien auch von anderen Staaten geteilt worden, und zwar vor allem von Dänemark, Griechenland, Portugal und Spanien. Alle diese Staaten hätten aber ihre Vorbehalte sukzessive zurückgezogen, und Österreich hätte sich in weiterer Folge vor allem deshalb ebenfalls zur Zurückziehung entschieden, weil die Regelung, wie sie nunmehr vorliegt, mit dem österreichischen Datenschutzrecht vereinbar sei.

In Österreich sei dieses Dokument dem Nationalrat und auch dem Hauptausschuß übermittelt worden.

Entgegen der Äußerung von Frau Abgeordneter Petrovic, daß die Daten nicht gelöscht werden könnten, hat Bundesminister Mag. Schlögl seinen Informationen zufolge einen gegenteiligen Wissensstand. Ein Löschen der Daten sei vorgesehen, und es gebe auch eine gemeinsame Kontrollinstanz, welche die Datenlöschung sichere und überprüfe. Jedes Mitgliedsland entsende einen Datenschützer in diese Kontrollkommission. Österreich werde dort von Frau (Namensschreibweise gemäß Angaben von Bundesminister Mag. Schlögl:)Dr. Kocsi vertreten. Auch der Europäische Gerichtshof sei als Kontrollinstanz vorgesehen.

Österreich werde dem Antrag zustimmen, daß diese sensiblen Daten gespeichert werden können, weil dies – erstens – für die Arbeit der Polizei wichtig und notwendig sei. Dies könne an einigen Beispielen kurz erläutert werden. In der Bekämpfung des Terrorismus müsse beachtet werden, daß die Auswahl der Opfer – dies gelte daher auch für deren Schutz – sehr oft nach rassischen oder religiösen Gesichtspunkten erfolge. Was den Bereich des Menschenhandels betreffe, sei darauf Bedacht zu nehmen, daß die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern sehr stark von der sexuellen Orientierung der Täter abhängig sei. Bei der organisierten Kriminalität sei die ethnische Zuordnung ein besonderes Merkmal – gleichgültig, ob dies die Ostmafia oder gewisse Verbrechen im Bereich bestimmter Volksgruppen betreffe. Es sei daher eindeutig, daß internationale kriminelle Organisationen gewisse ethnische Zuordnungsmerkmale hätten.

Zweitens: Die vorliegende Europol-Konvention entspreche der Datenschutz-Konvention des Europarates und auch dem österreichischen Datenschutzgesetz.

Die Frage, warum Österreich die Vorbehalte Dänemarks nicht unterstütze, sei bereits durch den Hinweis darauf beantwortet worden, daß Österreich diese Vorbehalte ursprünglich unterstützt hätte, jedoch nach deren Zurückziehung seitens Dänemarks und Deutschlands diesen Schritt auch vollzogen habe.

Ähnliches gelte für den Vorschlag Frankreichs zum Artikel 2. Österreich habe dafür Sympathie gezeigt, jedoch habe Frankreich, da es dafür keine Mehrheit gefunden habe, den Vorschlag zurückgezogen.

Zur Frage der Archive teilt Bundesminister Mag. Schlögl mit, daß laut Artikel 38 der Europol-Konvention eine Haftung von Staaten, nicht aber von Personen oder von Europol vorgesehen sei.

Die Frage hinsichtlich des Europol-Direktors sei schwieriger zu behandeln; es ließen sich dazu zwei Beispiele vorbringen. Erstes Beispiel: Auch in Österreich gelte die Regelung, daß ein Minister einen Beamten von der Amtsverschwiegenheit befreie und nicht ein Parlament oder sonst eine Instanz. Zweites Beispiel: Der Direktor unterliege auch einer Kontrolle durch den Verwaltungsausschuß, und in diesem Ausschuß seien alle Mitgliedstaaten vertreten.

Zu der Frage von Frau Abgeordneter Partik-Pablé, die darauf abzielt, daß erst zwei Staaten Europol ratifiziert haben, wird mitgeteilt, daß die Europol-Konvention nächste Woche im Ministerrat behandelt werde. Es sei zu hoffen, daß das österreichische Parlament nach Beschlußfassung im Ministerrat sich möglichst bald mit dieser Materie auseinandersetzen werde.

Die in einer Frage von Frau Abgeordneter Petrovic angesprochene Kooperation mit osteuropäischen Staaten sei sehr wichtig und notwendig. Österreich habe eine Reihe bilateraler Abkommen mit seinen östlichen und südöstlichen Nachbarn geschlossen. Zwar kann Bundesminister Mag. Schlögl nicht mit vollständiger Sicherheit sagen, ob es alle seien, doch sei es zumindest der überwiegende Teil. Was die osteuropäischen Staaten betreffe, für die das noch nicht gilt, werde es in den nächsten Monaten Bemühungen um eine Umsetzung geben.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser schließt die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt und kommt zu den Abstimmungen über die vorliegenden drei Anträge auf Stellungnahme.

Der Antrag auf Stellungnahme der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend Durchführungsbestimmungen für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken wird mehrheitlich abgelehnt.

Der Antrag auf Stellungnahme der Abgeordneten Dr. Martina Gredler betreffend Entwurf von Durchführungsbestimmungen für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken (25587/EU XX. GP) wird mehrheitlich abgelehnt.

Der Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend die Vorrechte und die Immunitäten für Europol, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von Europol wird mehrheitlich abgelehnt.

 

11. Punkt

Personenkontrollen an den EU-Außengrenzen (24495/EU, 25568/EU, 25569/EU, 25570/EU XX. GP)

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser stellt nach Eintritt in die Debatte zu Punkt 11 fest, daß diese vier vom Rat der Europäischen Union stammenden Vorhaben gemeinsam zur Beratung stehen und daß Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl darauf verzichtet, einleitend Stellung zu beziehen.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche) fragt Bundesminister Mag. Schlögl: Welchen rechtlichen Status hat der vorliegende Beschluß des Rates? Soll er eine Anweisung an die nationalen Regierungen sein? Ist er bindend oder nicht? Handelt es sich dabei um einen Aufruf oder eine Empfehlung? Welche Sanktionen sind vorgesehen, wenn er nicht eingehalten wird? Was wird dafür getan, daß er eingehalten wird, wenn er verbindlich ist?

Den Zeitungen sei zu entnehmen gewesen, daß Bundesminister Mag. Schlögl kürzlich in Bonn war und dort vom deutschen Innenminister mit Augenzwinkern bestätigt bekommen habe, daß die österreichischen Grenzen nunmehr reif für das Schengener Abkommen seien oder jedenfalls im Oktober soweit sein würden.

Deshalb die Fragen an Bundesminister Mag. Schlögl, ob er die Absicht habe, die Frage nach den Kosten der Sicherung der österreichischen Grenzen aufzuwerfen, und ob er schon jemals versucht habe, von der Europäischen Union Geld zur Absicherung der Ostgrenze zu bekommen. Denn mit dem Schengener Vertrag habe Österreich die gewaltige Aufgabe übernommen, einen riesigen Teil der Ostgrenze abzusichern, und müsse selbst alles bezahlen. Es wäre gerechtfertigt, würde Österreich eine „Ersatzpflicht“ der EU zur Debatte stellen, denn viele zentraleuropäische Länder hätten keine Grenzen zu schützen, sondern würden sich nur hin und wieder darüber aufregen, daß Österreich dem Grenzschutz nicht nachkomme, während Österreich alles zu bezahlen habe.

Die nächste Frage bezieht sich darauf, wie die Regelungen aussehen würden, sobald das Schengener Abkommen in vollem Umfang wirksam geworden sein werde: Wohin wird zum Beispiel jemand abgeschoben oder zurückgewiesen, der in Österreich illegal eingereist ist und in Deutschland aufgegriffen wird? Wenn Österreich seiner Grenzschutzverpflichtung nicht nachkomme, sei offensichtlich zu gewärtigen, daß so jemand nach Österreich abgeschoben werde.

Was die Privilegien betreffe: Es sei nicht einzusehen, daß diplomatischen Missionen und konsularischen Vertretungen weitreichende Privilegien eingeräumt würden, und zwar vor allem deshalb, weil – das wisse der Bundesminister wahrscheinlich besser als die Fragestellerin – Dienstpässe mit sehr großer Häufigkeit gefälscht würden. Insbesondere in Rumänien oder Bulgarien habe jeder zweite einen österreichischen Dienstpaß, und alle diese Leute würden künftig an der Grenze nicht mehr kontrolliert, sondern sogar bevorzugt behandelt werden.

Dazu die Fragen: Ist daran gedacht, neuerlich eine Diplomatenspur zu errichten, wie sie ehemals im Ostblock üblich war? Oder wie sonst sollen die Anforderungen erfüllt werden, die im vorliegenden Dokument für die Amts- und Dienstpässe der Diplomaten vorgeschlagen werden?

Für Diplomaten solle es keine bevorrangenden Einrichtungen geben, sondern sie sollten sich die gleichen Untersuchungen gefallen lassen wie die anderen Staatsbürger auch.

Weiters sei zu fragen, warum Spanien bezüglich dieses Dokumentes einen Prüfvorbehalt angemeldet habe, und ob nicht Österreich genauso vorgehen solle, da viele Fragen hinsichtlich der Durchführung und des rechtlichen Charakters dieses Beschlusses noch offen seien. (Obmannstellvertreter Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP) fragt, ob der Antrag der Grünen auf Stellungnahme zu diesem Tagespunkt mit in Diskussion stehe.

Obmannstellvertreter MMag. Dr. Willi Brauneder bestätigt, daß dieser Antrag bereits vorliegt.

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP) erläutert, daß er sich in seiner Wortmeldung auf eine Äußerung von Abgeordneter Dr. Petrovic und anschließend auf den vorliegenden Antrag der Grünen beziehen werde.

Es sei eigenartig, daß ihm Kollegin Petrovic unterstellt habe, daß die Empfehlung zum Denken an den Grünen Klub dann – nach ihrer Diktion – „impertinent“ und vor allem „sexistisch“ sei, wenn sie als die Vertreterin der Grünen anwesend sei. Unabhängig davon, wer von den Grünen anwesend sei, und ungeachtet dessen, ob dies eine Frau oder ein Mann sei, habe seine Empfehlung gelautet: Bitte denken Sie! Denken Sie als Grüner Klub vor allem dann, wenn es um die organisierte Kriminalität geht!

Es sei nicht klar, woher der Vorwurf komme – Abgeordneter Kiss habe jedenfalls in seiner Wortmeldung nichts entdecken können, das auch nur im geringsten sexistisch gewesen sei, nachdem er dies überprüft habe, da ihm Abgeordnete Dr. Petrovic dies aus ihrer Sicht unterstellt hatte. Er könne nur den Kopf schütteln über den Konnex, den sie hergestellt habe.

In dem Antrag, den Abgeordnete Dr. Petrovic zum Tagesordnungspunkt 11 eingebracht hat, habe ihn einmal mehr einiges hellhörig gemacht, worauf er die Aufmerksamkeit lenken möchte. Ausdrücklich möchte er ein klares Ja zur Unterstützung des Bundesministers sagen, damit dessen Maßnahmen durchgesetzt werden, die auf effiziente Praktiken bei Personenkontrollen an den EU-Außengrenzen abzielen. Diese Unterstützung beziehe sich sowohl auf den personellen als auch auf den technischen und organisatorischen Bereich, damit überall dort das Nötige geschehe und die Europäische Union gewiß sein könne, daß die österreichischen Außengrenzen bestmöglich gesichert seien.

Auf der Fahrt zu dieser Sitzung sei in den Nachrichten zu hören gewesen, daß eine allfällige problematische Grenze künftig Italien betreffen könne. Der – ungeprüften und nicht nachrecherchierten – Rundfunkmeldung zufolge bestehe das Problem darin, daß Italien nicht werde dabei sein können, wenn Österreich das Ja der Kommission der EU erhalten werde. Deshalb würden die Personenkontrollen an der Grenze zwischen Österreich und Italien auf Dauer sehr engmaschig aufrechterhalten werden. Denn Italien werde die Standards der EU in bezug auf das Schengener Abkommen nicht erfüllen können.

Deshalb sei Bundesminister Mag. Schlögl zu fragen, in welchem Ausmaß seinen Informationen nach die Entwicklung in dieser Richtung verlaufe. Für Abgeordneten Kiss sei vor allem unvorstellbar, daß Österreich Mitgliedstaat des Schengener Abkommens werde und zugleich Italien – als Gründungsmitglied, als einer der ersten sechs Staaten der EWG – nicht dabei wäre. In ihm sträube sich – allein schon, wenn er sich die Brennergrenze zwischen Nord- und Südtirol vorstelle – manches dagegen, daß zu Italien eine Außengrenze verlaufen würde.

Was den Antrag der Grünen betreffe, sei ihm immer noch die Diktion von Abgeordneter Mag. Stoisits aus der Zeit in Erinnerung, als auch Kollegin Christine Heindl als burgenländische Abgeordnete Mitglied des Nationalrats war. Er habe den Inhalt ihrer Reden noch im Ohr und sehe sie noch vor sich, wie sie gesagt habe, daß alles, was an der burgenländischen Grenze zu Ungarn, der Slowakei und Slowenien – auf einem 400 Kilometer langen Abschnitt – organisiert wurde, nichts anderes als eine „Menschenhatz“ gewesen sei. Genau so sei ihre Diktion gewesen. Alles, was die Republik Österreich in ihrer Verantwortung für die Absicherung der Grenze durchführte, sei nichts anderes als ein Verbrechen gegenüber den Menschen gewesen, die als Illegale Österreich betreten wollten.

Abgeordneter Kiss ersucht Bundesminister Mag. Schlögl um Antwort auf folgende Fragen in bezug auf die EU-Ostgrenze: Stimmt es, daß Österreich aufgrund des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres personell imstande ist, die grüne Grenze in einer Form zu überwachen, daß es human zugeht, und daß an der Grenze nichts Verbrecherisches geschieht und keine „Menschenhatz“ erfolgt, sondern all dies im Rahmen von rechtsstaatlichen Normen vor sich geht? Welchem Standard entspricht die technische Ausrüstung des Grenzdienstes der Bundesgendarmerie heute, und wird dieses Ziel auch gemäß den Standards des Schengener Abkommens mit dem 27. Oktober 1997 erreicht werden können?

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) bezieht sich mit ihrem Antrag auf Stellungnahme auf das vorliegende Dokument, in dem in Artikel 8 bestimmte Lockerungen hinsichtlich der Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgesehen sind.

Im Osten Österreichs gebe es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eine Fülle wirtschaftlicher Chancen, die zusehends verlorenzugehen drohten. Manchmal würden die wirtschaftlichen Beziehungen als Einbahnstraße betrachtet; es sei aber auch zu beachten, wie viele Österreicherinnen und Österreicher möglicherweise höhere Steuern und Abgaben dadurch umgehen, daß sie beispielsweise nach Sopron fahren, um dort diverse Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Insgesamt sollte danach getrachtet werden, wirtschaftliche Aufschwungchancen – bei Wahrung der Gesetze – nicht verkommen zu lassen. Angesichts der Vorgaben im Richtlinienentwurf ergebe sich die Frage an den Herrn Bundesminister, inwieweit er gedenkte, diesem Artikel 8 in Zukunft Rechnung zu tragen.

Hinzuweisen sei einmal mehr auf einen Punkt, in dem Übereinstimmung mit Abgeordneter Dr. Partik-Pablé bestehe: Es stelle sich die Frage, ob es Aufgabe Österreichs sein könne, mit technischen Instrumenten aller Art und gewaltigem Personeneinsatz eine Sisyphusarbeit zu übernehmen, wenn andere Verpflichtungen, insbesondere Verpflichtungen neutraler Staaten, nicht im selben Ausmaß wahrgenommen würden. Anstatt mit technischen Finessen aller Art sämtliche LKW zu durchstöbern und Verkehrsstaus sowie wirtschaftliche Schäden aller Art hervorzurufen, solle man zum Beispiel die Ursachen für die Flucht mancher Menschen deutlicher analysieren. Angesichts der tragischen Vorgänge im Zuge des aktuellen Eingreifens der Türkei – sogar außerhalb des eigenen Territoriums – gegenüber Kurdinnen und Kurden ergebe sich die Frage: Wie steht der Bundesminister dazu?

Es dürfe nicht möglich sein, daß andauernd brutalste Menschenrechtsverletzungen geschehen und Menschen gezwungen werden, ihr Land aus Angst vor politischer und sonstiger Verfolgung zu verlassen, und daß Österreich als ein Land der EU mit einer sehr langen Außengrenze die Konsequenzen aller dieser Übergriffe, dieser Verletzungen von Menschen- und Minderheitenrechten tragen solle und dabei letztlich stets eine Gratwanderung zwischen Humanität und notwendigem Schutz des eigenen Territoriums zu bewältigen habe.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) fragt Bundesminister Mag. Schlögl, wie weit die Verhandlungen darüber, das Schengener Abkommen in den EU-Vertrag zu integrieren, gediehen seien. Es interessiert sie, ob die Dritte Säule in die Erste integriert wird, womit das Schengener Abkommen Teil der Ersten Säule wäre, denn dies stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vorliegenden Dokument, und ein großer Teil davon würde sich erübrigen, wenn das Schengener Abkommen Vertragsgegenstand wäre.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl antwortet Abgeordneter Dr. Petrovic sehr offen, daß es eine Illusion sei, zu glauben, daß die Menschen, die nach Österreich oder in andere Staaten Europas flüchten, ausschließlich Menschen seien, die aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen verfolgt wurden und deshalb geflüchtet seien. Seiner Meinung nach sei ein Großteil der Menschen, die dieser Wanderungsbewegung angehören, Menschen, die ihren persönlichen Lebensstandard verbessern wollten. Dies sei völlig legitim und ein Recht dieser Menschen, das er auch anerkenne.

Den Schätzungen zufolge seien allein seit der Ostöffnung, seit dem Zusammenbruch des Kommunismus im Osten Europas, an die 10 Millionen Menschen aus dem Osten in den Westen Europas und anschließend weiter in andere Staaten gewandert. Diese Menschen seien zum überwiegenden Teil, ja im Ausmaß einer überwältigenden Mehrheit nicht wegen Verfolgung in den Westen Europas gekommen, sondern weil sie sich wirtschaftliche Vorteile erhofft und geglaubt hätten, dadurch ihre persönliche Lebenssituation verbessern zu können. Man könne daher nicht die Meinung aufrechterhalten, daß diese Migrationswelle ausschließlich, zum größten Teil oder auch nur überwiegend aufgrund von Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung erfolgt sei.

Überall dort, wo letzteres tatsächlich der Fall sei, sollten alle demokratischen Staaten die Verpflichtung und Aufgabe haben, diesen Menschen Schutz und Hilfe zu gewähren. Österreich tue das auch. Im vergangenen Jahr, 1996, seien rund 7 000 Anträge auf Asylgewährung eingebracht worden. Davon seien ungefähr 10 Prozent anerkannt worden, und damit weise Österreich innerhalb der Europäischen Union die zweit- oder dritthöchste Anerkennungsquote auf. Nur Schweden und vielleicht auch Dänemark lägen höher. Im heurigen Jahr sei eine ähnliche Entwicklung zu beobachten.

Zur Frage, was der Bundesminister für Inneres im Rahmen der Bundesregierung gegen Menschenrechtsverletzungen unternommen habe, sei zu sagen, daß diese Frage nicht allein auf den Innenminister beschränkt sein könne. Die Bundesregierung habe sehr viel dagegen getan. Österreich sei traditionell ein Asylland gewesen und werde dies – der Meinung von Bundesminister Mag. Schlögl nach – auch in Zukunft sein, wie 1945, als Österreich hunderttausende aus ihrer Heimat vertriebene Sudetendeutsche aufnahm, wie 1956 oder 1968, oder wie in den siebziger Jahren, als Österreich sehr viele Lateinamerikaner aufnahm, die von Militärdiktaturen verfolgt wurden. Das neue Asylgesetz, das dem Parlament nunmehr vorliege, sei ein Gesetz, das die jetzige Gesetzeslage auf eine bessere rechtsstaatliche Grundlage bringe und den Menschen mehr Möglichkeiten als früher gewähre, in Österreich Asyl zu bekommen.

Zur Frage von Abgeordneter Dr. Partik-Pablé und Abgeordneter Dr. Petrovic nach der Sicherung der Außengrenze und danach, warum Österreich allein dafür die Kosten trage, stellt Bundesminister Mag. Schlögl fest, daß er selbst der erste wäre, dem es lieber wäre, wenn Österreich diese Kosten nicht allein tragen müßte und es dafür einen Lastenausgleich gäbe. Er sei gerne bereit, diesbezüglich Initiativen zu unterstützen.

Doch treffe es nicht zu, daß nur Österreich eine solche Last aufgebürdet sei, sondern es hätten auch viele andere Staaten Lasten dieser Art zu tragen. Von der EU-Außengrenze entfielen nicht ganz 1 300 Kilometer auf Österreich; einschließlich der Grenze zur Schweiz seien es ungefähr 1 600 oder 1 700 Kilometer. Auf Deutschland kämen 1 300 Kilometer, auf Italien ungefähr 8 000 Kilometer – dies betreffe im wesentlichen die Seegrenze – und auf Frankreich wahrscheinlich kaum weniger – von Spanien gar nicht erst zu reden.

Daher seien unter den Staaten, die das Schengener Abkommen in Kraft gesetzt haben, nur wenige Nutznießer vorzufinden, nämlich de facto Luxemburg und die Beneluxstaaten. Alle anderen Mitgliedstaaten hätten problematische Außengrenzen, und die österreichische sei ohne Zweifel eine der schwierigsten. Trotzdem bekennt Bundesminister Mag. Schlögl, darüber froh zu sein, daß er Innenminister in Österreich und nicht in Italien ist, weil die Sicherung der italienischen Außengrenze – vor allem in der Urlaubszeit – ungleich schwieriger sei als die Sicherung einer Landgrenze wie der österreichischen.

Die Kosten beliefen sich ungefähr auf einen einmaligen Betrag von 2,5 Milliarden Schilling sowie laufende Personalkosten in Höhe von durchschnittlich 500 000 S pro Jahr für jeden der ungefähr 3 000 Grenzgendarmen. Dazu gebe es keine Alternative, weil die Außengrenze nicht wegen des Schengener Abkommens oder der Europäischen Union geschützt werde. Denn auch wenn Österreich nicht dort Mitglied wäre, müßten wir unsere Außengrenze zu den osteuropäischen Staaten schützen, um die illegale Einwanderung nach Österreich und den illegalen Durchzug durch Österreich einigermaßen einzudämmen.

Illegale Einwanderung habe es in großem Ausmaß gegeben und werde es auch in Zukunft in bestimmtem Umfang geben. Kein Staat der Welt werde illegale Immigration in vollem Umfang hintanhalten können, und immer werde es Möglichkeiten geben, illegal einzureisen. Die Aufgabe bestehe darin, dies möglichst gering zu halten. In den letzten Wochen und Monaten sei dies viel besser als 1995 und 1996 gelungen.

Was die Aufnahme des Schengener Abkommens in den EU-Vertrag betrifft, nimmt Bundesminister Mag. Schlögl an, daß dies gelingen und die Regierungskonferenz in diesem Sinne entscheiden werde. Er habe an Gesprächen mit dem französischen Staatspräsidenten teilgenommen und in deren Verlauf ein deutliches Bekenntnis dazu gehört. Wahrscheinlich werde das Schengener Abkommen sowohl in die erste als auch in die dritte Säule aufgenommen werden.

Zur Frage nach dem rechtlichen Status: Es werde keine verbindliche Konvention sein, es werde kein Rechtsakt verabschiedet werden, und es würden geltende Gesetze in den Mitgliedstaaten dadurch nicht geändert werden, sondern es sei dies im wesentlichen nicht mehr als eine Art Orientierungshilfe darüber, nach welchen Standards diese Grenzen zu schützen seien. Dies gebe vor allem den Oststaaten eine deutliche Orientierungshilfe, weil es eines der wichtigsten Ziele sei, daß die osteuropäischen Nachbarstaaten an ihren Ost- und Südgrenzen möglichst bald Grenzkontrollen nach den Kriterien und der Qualität des Schengener Abkommens einrichten. Damit würden wir uns manche Probleme ersparen können.

Zur Frage der Dienstpässe: Auch in Zukunft würden rumänische Dienstpässe visapflichtig bleiben, und es werde dabei keine Erleichterungen geben. Ebensowenig sei geplant, auf den Straßen eigene Diplomatenspuren zu schaffen.

Was den Vorbehalt Spaniens betreffe, sei zu sagen, daß sich dieser Vorbehalt im wesentlichen auf die Grenzkontrollen in Gibraltar bezogen habe, nämlich darauf, ob diese von Spanien oder von Großbritannien durchzuführen seien. Überdies habe Spanien befürchtet, daß durch diesen Beschluß die strengen Kriterien für die Grenzkontrolle gemäß Schengener Abkommen hinfällig werden könnten. Dies sei nicht der Fall gewesen, und deshalb habe Spanien den Vorbehalt zurückgezogen.

Über die Frage von Abgeordnetem Kiss nach der Grenze zu Italien könne man sehr lange diskutieren. Auch Bundesminister Mag. Schlögl hielte es für falsch, würde die österreichisch-italienische Grenze zu einer Außengrenze gemäß Schengener Abkommen werden, und kann sich dies persönlich nicht vorstellen. Deshalb habe Österreich größtes Interesse daran, gemeinsam mit Italien das Schengener Abkommen in Kraft zu setzen. Es gebe schwere Befürchtungen und Widerstände von seiten Deutschlands und Frankreichs, die so weit gehen, daß unter Umständen auch die Inkraftsetzung des Abkommens mit Österreich gefährdet sein könnte. Denn Deutschland habe recht unverblümt zu verstehen gegeben, daß eine freie, offene Grenze zu Österreich nur dann akzeptiert werden könne, wenn gleichzeitig zu Italien eine EU-Außengrenze gezogen werde. Darüber werde es im Zuge der Regierungskonferenz in den nächsten Tagen und Wochen zu sehr heftigen Debatten auf höchster politischer Ebene zwischen Italien, Deutschland und Frankreich kommen, und Italien werde sich den Standpunkt der beiden anderen Staaten zweifelsohne nicht gefallen lassen. Österreich sei daran interessiert, das Durchführungsübereinkommen von Schengen gemeinsam mit Italien in Kraft zu setzen.

Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze sei unverzichtbar. Ohne diesen Einsatz könnte derzeit der burgenländische Teil der Grenze nicht wirksam überwacht werden. Es sei das Ziel, den Assistenzeinsatz nicht zu einem „ewigen“ zu machen, jedoch sei für die nächsten zwei bis drei Jahre dazu personell keine Alternative abzusehen.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) weist auf Unterschiede in den von Bundesminister Mag. Schlögl genannten Zahlen über Flüchtlinge und über die Anerkennung von Asylanträgen hin und betont die Vorteile, die Österreich aus einer anderen Geisteshaltung geschöpft habe, als noch mehr als nur 700 Asylanten im Jahr anerkannt wurden.

Nachdem von der Visapflicht für Inhaber rumänischer Dienst- oder Diplomatenpässe die Rede war, sei nunmehr zu fragen, wie es im Falle iranischer Diplomaten stehe. Es gebe einige europäische Staaten, in denen für sie die Visapflicht gelte, und zwar aus gutem Grund.

Daher die Frage: Wie ist die österreichische Haltung dazu?

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) stellt an Bundesminister Mag. Schlögl: die Frage, ob ihm bekannt sei, daß Großbritannien für seine Zustimmung, daß das Schengener Abkommen Bestandteil des EU-Vertrages wird, die Zusicherung erhalten habe, die eigenen Grenzkontrollen weiterhin aufrechterhalten zu dürfen. Weiters: Könnte die in vielen Dokumenten festgeschriebene kollektive Verantwortung ein Ansatzpunkt dafür sein, einen Vorstoß in Richtung kollektiver Finanzierung – das heißt eines Kostenausgleichs – zu unternehmen?

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl verweist auf seine frühere offene Antwort, derzufolge es ihm als Innenminister nicht unangenehm wäre, wenn es eine kollektive Finanzierung gäbe. Es sei jedoch das Prinzip des Schengener Abkommens, daß jeder Mitgliedstaat für die Sicherung seiner Außengrenze selbst verantwortlich ist und sie selbst durchzuführen hat.

Falls Änderungen in die Wege geleitet würden, würde Bundesminister Mag. Schlögl dies unterstützen, weil die gegenwärtige Regelung Österreich gewaltige Kosten aufbürde. (Abg. Mag. Schweitzer: Die kollektive Verantwortung, die festgeschrieben ist, kann als Ansatzpunkt Ihrerseits verwendet werden, einen entsprechenden Vorstoß zu machen!) Darüber werde man ohnehin diskutieren müssen. Österreich werde von 1. Juli bis 31. Dezember 1997 den Vorsitz zum Schengener Abkommen innehaben und deshalb die Themenauswahl stark beeinflussen können.

Österreich habe zwar gewaltige Kosten zu tragen, und dies werde zu überdenken sein, jedoch sei hinzuzufügen, daß dies nicht nur für Österreich gelte. Es gebe relativ wenige Nutznießer des Schengener Abkommens.

Die in der ersten Frage von Abgeordnetem Mag. Schweitzer angesprochene Haltung Großbritanniens ist Bundesminister Mag. Schlögl bekannt.

Die Frage von Abgeordneter Mag. Petrovic nach dem Status der iranischen Diplomaten kann Bundesminister Mag. Schlögl vorläufig nicht beantworten. Er werde die Antwort nachreichen, da auch seine Beamten ein wenig überfragt seien. Vom Prinzip her gehe er davon aus, daß die iranischen Diplomaten nicht anders behandelt würden als rumänische Diplomaten. Er hoffe, daß dies der Fall sei.

Was die Kritik daran betrifft, daß in letzter Zeit ungefähr 700 Menschen pro Jahr Asyl gewährt worden ist, wogegen in den sechziger und siebziger Jahren bedeutend mehr Menschen aufgenommen worden sind, sei zu sagen, daß damals die politische Situation eine völlig andere gewesen wäre. Damals hätte es einen Kommunismus im Osten Europas gegeben, vor dem die Menschen sehr wohl aus politischen Gründen geflüchtet seien. Überdies behauptet Bundesminister Mag. Schlögl – ohne dies unmittelbar mit statistischen Zahlen belegen zu können –, daß von den bosnischen Kriegsflüchtlingen mehr Menschen in Österreich integriert worden seien als von den Flüchtlingen, die 1956 infolge der Ungarn-Krise nach Österreich kamen; auf jeden Fall seien es jetzt mehr als 1968 nach der Krise in der Tschechoslowakei. Österreich sei das Land, das am meisten bosnische Kriegsflüchtllinge bereits integriert habe, und diese Menschen würden auch in den nächsten Jahren im Lande bleiben.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) hält es für sehr interessant, daß der Auskunft von Bundesminister Mag. Schlögl zufolge das Schengener Abkommen zu einem Bestandteil des EU-Vertrages werde.

Ihre Frage beziehe sich auf das Problem, das Dänemark dadurch habe, daß es zwar dem Schengener Abkommen nicht beitreten wolle, jedoch mit Norwegen in der Nordischen Paßunion verbunden sei. Im Hinblick darauf, daß das Schengener Abkommen zu einem Bestandteil des EU-Vertrages werden könnte und daher in den skandinavischen Ländern umzusetzen wäre, ergebe sich die Frage, wie das mit der Nordischen Paßunion in Einklang stehe. Es bestehe nach vorliegenden Informationen die Absicht, diese auf keinen Fall aufzugeben und keinesfalls Grenzen, die einmal niedergerissen worden seien, wieder zu etablieren, nur weil Norwegen nicht Mitglied der Europäischen Union ist.

Dem Informationsstand von Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl zufolge sei dies vereinbar; Norwegen sei Mitglied des Schengener Abkommen. Es sei kein Problem, das Schengener Abkommen schrittweise in den EU-Vertrag aufzunehmen. Norwegen können dann einen Assoziationsstatus erhalten.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) hebt hervor, daß es einen Unterschied zwischen Mitgliedern der Europäischen Union und über Sonderverträge assoziierten Mitgliedern gebe. Die Frage sei, wo dann die EU-Außengrenze verlaufe, ob das die Grenzen von Norwegen seien. Als Vertragsgegenstand und Bestandteil der Dritten Säule sei dies EU-Materie. Deshalb sei darin im Hinblick auf den Vertrag eine Inkompatibilität zu erblicken, die mit einem assoziierten Mitglied nicht leicht lösbar sei.

Sektionschef Dr. Manfred Matzka sagt über das Verhältnis von Norwegen und Island zu Schengen/EU, daß Norwegen und Island mit dem Schengener Abkommen über eine Assoziationsvereinbarung verbunden seien und daher in diesem Abkommen nicht den Status von EU-Mitgliedern hätten. Werde das Schengener Abkommen in den EU-Vertrag integriert, so bedeute dies, daß die EU-Mitglieder im Rahmen des Rates der EU als vollberechtigte Mitglieder zusammenträfen, wogegen die assoziierten Mitglieder Norwegen und Island solchen Treffen möglicherweise als Beobachter beiwohnten. Dafür würden im Rahmen der Flexibilisierung eigene Regelungen im EU-Kontext zu treffen sein.

Die Kommission habe an den Assoziationsverhandlungen und Vertragsabschlüssen zum Schengener Abkommen mit Norwegen und Island teilgenommen und sei derzeit gebeten, mit dem Vorsitz zum Schengener Abkommen eine bilaterale Übereinkunft zwischen Norwegen und Island einerseits sowie der EU – wer auch immer dies nach Maastricht II sein werde – andererseits auszuarbeiten und dieses gesonderte Verhältnis zu regeln.

Klar sei, daß Norwegen und Island im Rat selbst nicht würden mitstimmen können, sondern nur die Alternative hätten, entweder nachzuvollziehen, was im Rat beschlossen wird, oder aus dieser Kooperation auszuscheiden.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl gibt bekannt, daß er inzwischen die Information über den Status der iranischen Diplomaten erhalten habe. Es sei nicht so, wie er erwartet habe, sondern die iranischen Diplomaten seien von Sichtvermerken befreit. Sie hätten keine Verpflichtung zu Sichtvermerken, und das Außen- und Innenministerium stünden derzeit in Verhandlungen darüber, eine Änderung des Status iranischer Diplomaten und iranischer Besitzer von Dienstpässen herbeizuführen.

Obmannstellvertreter MMag. Dr. Willi Brauneder dankt dem Bundesminister für Inneres und nimmt, da keine Wortmeldungen mehr vorliegen, die Abstimmung über den Antrag auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e B-VG vor.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Petrovic bleibt bei der Abstimmung in der Minderheit und ist damit abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft und die Sitzung geschlossen.

Schluß der Beratungen: 18.13 Uhr