Beratungen des Hauptausschusses

in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

 

 

 

Mittwoch, 1. Oktober 1997


Tagesordnung

 

1. COM KOM (95) 661 endg./2
Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen (30563/EU XX. GP)

2. COM KOM (95) 661 endg.
Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen (30564/EU XX. GP)

3. COM KOM (97) 446 endg.
Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen (32499/EU XX. GP)

Beginn der Sitzung: 17 Uhr

Obmann Dr. Heinz Fischer begrüßt Bundesminister Dr. Farnleitner und die Mitglieder des Hauptausschusses, schlägt vor, auch im Hauptausschuß, soweit es möglich ist, die Tugend der Pünktlichkeit zu pflegen, und eröffnet in diesem Sinne die Sitzung.

Es liegt kein Vorschlag für eine Ergänzung vor, somit wird in die Tagesordnung, bestehend aus drei Punkten, eingegangen.

1. Punkt

COM KOM (95) 661 endg./2, Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen (30563/EU XX. GP)

2. Punkt

COM KOM (95) 661 endg., Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen
(30564/EU XX. GP)

3. Punkt

COM KOM (97) 446 endg., Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen
(32499/EU XX. GP)

 

Obmann Dr. Heinz Fischer berichtet, daß in einer Vorbesprechung angeregt wurde, erstens die nächste Sitzung des Hauptausschusses am 22. Oktober 1997 am Nachmittag abzuhalten und zweitens die Redezeit für zwei Stunden im Verhältnis 26 : 26 : 26 : 20 : 20 zwischen den Fraktionen aufzuteilen; darin sind die Redezeiten von Regierungsmitgliedern nicht enthalten.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner stellt in einem kurzen Einleitungsstatement fest, daß auf Ratsebene noch intensive Verhandlungen über die endgültige Position der Kommission laufen. Die entsprechende Unterlage werde in dem für November vorgesehenen Ministerrat vorgelegt werden.

In der Zwischenzeit wurde unter Berücksichtigung der gemeinsamen Regierungslinie bei den Verhandlungen in den Expertengruppen versucht, diese Position auch umzusetzen. Es wurde in einigen Fällen einiges bewegt, etwa im Bereich der Landwirtschaft oder im Zusammenhang mit einer Revisionsklausel. Zu den einzelnen Sachproblemen wie etwa der Patentierbarkeit von Genen oder der Frage der Behinderung der Forschung stehe man in laufender Diskussion mit verschiedenen Gruppen.

Die Endposition der Kommission sei – wie gesagt – noch nicht bekannt, sie werde im COREPER noch einmal geprüft werden und gehe erst dann in den Ministerrat. Er persönlich würde sich jedoch sehr freuen, wenn er mit den Experten seines Hauses einmal an einer sehr offenen Diskussion teilnehmen könnte.

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ) hält fest, daß über 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher das Gentechnik-Volksbegehren unterschrieben haben, worin in einem Punkt die Unmöglichkeit der Patentierung menschlichen Lebens gefordert wurde. Die sozialdemokratische Fraktion fühle sich diesem Anliegen verbunden und werde die Linie vertreten, welche die sozialdemokratische Abgeordnete im Europäischen Parlament, Dr. Maria Berger, vertreten hat.

Bei der gegenständlichen Diskussion betreffend den Richtlinienentwurf zum rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen gehe es um die Frage, welche Position die österreichische Bundesregierung beziehungsweise Dr. Farnleitner vertreten. Die Sozialdemokraten haben dazu eine klare Position und bedauern zutiefst, daß die Gespräche mit dem Koalitionspartner noch nicht positiv abgeschlossen werden konnten.

Abgeordneter Mag. Maier stellt daher namens der sozialdemokratischen Fraktion den Antrag, den betreffenden Tagesordnungspunkt am Ende der Sitzung zu vertagen, die Debatte jedoch nun im Grundsatz fortzuführen.

Abgeordneter Mag. Maier bemerkt grundsätzlich zu dem Richtlinienentwurf, daß die Sozialdemokraten den Stoffschutz für genetisches Ausgangsmaterial ausschließen wollen, da 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher sich gegen das Patent auf Leben ausgesprochen haben.

Ferner werfe der Richtlinienentwurf eine Reihe weiterer Probleme auf, etwa im Zusammenhang mit der Patentierbarkeit von Tieren und Pflanzen und mit den negativen Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Probleme würden sich nicht nur im Bereich der Forschung, sondern auch bei den Klein- und Mittelbetrieben ergeben. All das müsse bei einer österreichischen Stellungnahme in Brüssel berücksichtigt werden.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) zeigt sich überrascht, daß die SPÖ sich nun so verhält, als ob dieses Thema für sie neu sei. Er stellt dazu fest, daß es bereits im Jahr 1995 eine umfassende Behandlung dieser Thematik und eine klare Entscheidung im Europäischen Parlament gegeben habe. Aufgrund dieser Entscheidung erfolgte der neuerliche Vorstoß der Kommission, diese Richtlinie durchzusetzen, und es gebe nun erneut eine umfassende Diskussion im Europäischen Parlament mit über 100 Abänderungsanträgen.

Er könne sich nicht vorstellen, daß Informationen über diese Debatten im Jahre 1995 und die darüber geführten Diskussionen und Expertengespräche des Jahres 1997, die sowohl die Standpunkte der Befürworter als auch jene der Gegner aus allen Bereichen umfassen, nicht bis zur SPÖ vorgedrungen sind. Er glaube nicht, daß es innerhalb der SPÖ keine Befassung mit dieser Thematik gegeben habe. Es sei klar gewesen, daß im heutigen Hauptausschuß einzig und allein diese Biotechnologier-Richtlinie zur Debatte stehen wird, und es wurden von mehreren Fraktionen entsprechende Anträge auf Stellungnahme gemäß Art. 23e B-VG vorbereitet. Daher halte er von einer Vertagung, wie sie von der SPÖ gewünscht werde, überhaupt nichts. Es gehe hier und heute darum, welchen Auftrag das österreichische Parlament Minister Dr. Farnleitner für den Ministerrat mitgibt.

Die Freiheitlichen hätten bereits einen Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B‑VG eingebracht: In der Präambel nimmt der Antrag Rücksicht auf den Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission betreffend „Technikfolgenabschätzung am Beispiel der Gentechnologie“ 740 der Beilagen XVIII. GP. Darin seien einige hochinteressante Passagen enthalten, die damals von allen Parteien einstimmig beschlossen wurden.

Abg. Mag. Schweitzer zitiert einige dieser Passagen:

„Die genetischen Grundlagen allen Lebens sind das gemeinsame natürliche Erbe der Menschheit; ein privater Eigentumsanspruch an Genen und der genetischen Konstitution von Lebewesen ist daher abzulehnen.

Auf internationaler Ebene sollen Initiativen ergriffen werden, um zu verhindern, daß durch Patentierung von Organismen die biomedizinische Forschung, der ärztliche Fortschritt und die Zugänglichkeit landwirtschaftlich genutzter Lebewesen eingeschränkt werden.“

Dies wurde einstimmig, also auch von SPÖ und ÖVP, beschlossen.

Weiters: „Auf internationaler Ebene sollen Initiativen ergriffen werden, um ein generelles Patentierungsverbot von Genen voranzutreiben und entsprechende Bemühungen zu unterstützen. Ein Patentierungsverbot für Gene ist nicht ausreichend, es müssen weitere Ausschlüsse der Patentierbarkeit gefunden werden.“

Die jetzt im Rat zur Verabschiedung stehende EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen widerspreche diesem einstimmig gefaßten Beschluß in vielfacher Hinsicht.

Es gebe aber nicht nur diesen einstimmig gefaßten Beschluß aller Parlamentsparteien, es gebe nun auch noch das von 1,2 Millionen Österreichern unterschriebene Volksbegehren, in welchem eine Forderung lautete: „Kein Patent auf Leben“. – Dieses erfolgreiche Volksbegehren und vor allem diese Forderung sollten ebenfalls Eingang in die Beratungen finden.

In der vorliegenden Fassung gebe es keine exakten Formulierungen, die den Eingriff in Keimbahnen verhindern, da Sequenzen oder Teilsequenzen eines menschlichen Gens Gegenstand einer patentierbaren Erfindung sein können. Auch im landwirtschaftlichen Bereich gebe es wesentliche Punkte, die dem Geist der Beschlüsse der Enquete-Kommission aus der XVIII. GP widersprechen.

Deshalb haben die Freiheitlichen bereits einen Antrag eingebracht, der den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ersucht, die einstimmige – die Betonung liege bei „einstimmige“ – Haltung des österreichischen Nationalrates entsprechend dem Bericht der parlamentarischen Gentechnologie-Enquete-Kommission in den zuständigen Gremien der EU zu vertreten.

Obmann Dr. Heinz Fischer hält fest, daß in dem ihm vorliegenden Antragstext der Satz enthalten sei: „Gegenständliches Vorhaben ist durch Bundesverfassungsgesetz beziehungsweise Bundesgesetz durchzusetzen.“ Er fragt Abg. Mag. Schweitzer, ob dies dem Originaltext entspreche, was dieser bejaht.

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne) betont, daß es den Grünen ein Anliegen sei, daß es im heutigen Ausschuß rechtzeitig, einige Wochen vor der Ratssitzung in Brüssel, zu einer Entscheidung kommt, um genau in die Richtung gehen zu können, die Minister Dr. Farnleitner zu Beginn der Sitzung schon angesprochen hat: Er habe erklärt, daß derzeit auf Ratsebene intensive Diskussionen zu diesem Thema stattfänden und daß noch einiges in Bewegung sei. Das sei auch der Informationsstand der Grünen. Es gebe unter anderem auch deshalb intensive Diskussionen, weil die Richtlinie in der Fassung, wie sie vom Parlament im Juli beschlossen wurde, sowie auch in der nun überarbeiteten Fassung durch die Kommission in vielem noch nicht mit den im Parlament eingebrachten Abänderungen übereinstimmt.

Den Grünen gehe es darum – und sie haben dazu ebenfalls einen Antrag eingebracht –, daß Österreich eine konsistente Linie im Bereich Gentechnik in Brüssel verfolgt, denn erstens muß Österreich irgendwann in diesem Bereich für alle anderen EU-Mitgliedstaaten ein berechenbarer Partner sein, zweitens müssen die österreichischen Beamten, aber auch die zuständigen Politiker von diesem Hause einen ganz konkreten Arbeitsauftrag bekommen, um die Tatsache, daß in den anderen Ländern noch einiges in Bewegung ist, nutzen und diese Richtlinie im Ministerrat zu Fall bringen zu können.

In bezug auf das Importverbot für Genmais hat Österreich bisher auf europäischer Ebene eine relativ klare Position in Brüssel eingenommen. Daher wäre es völlig absurd, wenn Österreich in einem anderen wichtigen Bereich der Gentechnik nicht auch eine ganz klare Position einnähme: Österreich müsse in diesem Zusammenhang eine klare, in sich schlüssige und nachvollziehbare Politik verfolgen.

In einigen Staaten wie Großbritannien, Finnland, Schweden, Portugal und Griechenland seien die Positionen noch offen, daher sei es recht wahrscheinlich, daß im Ministerrat keine Mehrheit für diese Richtlinie gefunden werden wird.

Die Grünen verfolgen mit ihrem Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B‑VG, daß der Hauptausschuß beschließen wolle, daß der/die zuständige Bundesminister/in im Ministerrat der EU die derzeitige Vorlage zur Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen ablehnen möge, das Ziel, daß die österreichischen Beamten auf österreichischer Ebene die Möglichkeit haben, Mehrheiten für die Ablehnung im Ministerrat zu finden und dann Verhandlungen mit den anderen EU-Staaten aufzunehmen, um dort, wo die Positionen noch sehr offen sind, Verbündete zu finden.

Eine Vertagung, wie sie von Abgeordnetem Mag. Maier beantragt wurde, führe nicht zur Lösung des Problems, wiewohl dessen Haltung, lieber heute nichts zu beschließen als etwas, was die ÖVP will, nämlich etwas Nichtssagendes, verständlich sei.

Abgeordneter Mag. Schweitzer habe die Gründe und Inhalte zum Teil schon genannt, Abgeordnete Ing. Langthaler fügt nun noch hinzu, daß es den Grünen vor allem darum gehe, folgende Punkte der Richtlinie zu ändern: Artikel 4, in welchem zwar die Patentierung von Tierarten und Pflanzensorten untersagt ist, nicht aber die Patentierung von Tieren und Pflanzen selbst, Artikel 5, der nach wie vor die Patentierung menschlicher Gene erlaubt, Artikel 6, in welchem nur Verfahren zum reproduktiven Klonen von Menschen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind, Artikel 11, mit welchem die Saatgutweitergabe wieder eingeschränkt wird. Ferner sei der Änderungsantrag Nummer 76 des Europäischen Parlaments zu berücksichtigen, den die Kommission nicht übernommen hat.

Wenn diese fünf zentralen Punkte nicht in die Patentierungsrichtlinie aufgenommen werden, seien Mißbrauch Tür und Tor geöffnet. Da nicht absehbar ist, daß in der Entscheidung im November all die Kritikpunkte eingearbeitet sein werden, bestehe die einzige Möglichkeit darin, im heutigen Ausschuß eine klare Entscheidung zu treffen, Verbündete auf europäischer Ebene zu suchen und das abzulehnen. Durch ein Hinauszögern einer Entscheidung würde man diese Chance jedoch verwirken.

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP) bemerkt, daß sie über den Antrag des Kollegen Maier auch überrascht war. Der ÖVP sei nämlich sehr daran gelegen, zu einem Ergebnis zu kommen. Kollege Schweitzer habe recht, wenn er sagt, daß über diese Materie in der Vergangenheit bereits viel diskutiert wurde. Sie glaube, daß es dazu auch in der Zukunft noch sehr viele Diskussionen geben wird müssen. Das Gentechnik-Volksbegehren sei eine klare Aufforderung, an diese Sache mit hohem Verantwortungsbewußtsein heranzugehen.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Enquete-Kommission gebe es eine klare Positionierung der Bundesregierung, die von dieser auch in Gesprächen mit den Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens dargelegt wurde.

Abgeordnete Rauch-Kallat ist mit Kollegin Langthaler der Meinung, daß bei der Diskussion noch alles in Fluß sei. Für den EU-Binnenministerrat am 27. November liegen die endgültigen Unterlagen derzeit noch nicht vor. Es wird im Oktober noch drei Arbeitsgruppensitzungen zu diesen Unterlagen geben. Im Österreichischen Patentamt wird die erste Besprechung zu diesen Unterlagen am 3. Oktober stattfinden, und es sei durchaus zu erwarten, daß bis zum COREPER noch einige Veränderungen am Text vorgenommen werden.

Nicht nachvollziehen könne sie die Argumentation der Kollegin Langthaler, daß es absurd sei, daß man einerseits zwar gegen Genmais, andererseits aber für die Patentierungsrichtlinie sei, denn auch die Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens hätten sich zu einer differenzierten Betrachtungsweise der Gentechnik durchgerungen. Die Österreichische Volkspartei sowie auch die Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens haben sich etwa für die Anwendung der Gentechnik in der Medizin und in der Forschung ausgesprochen, da es nur dann sinnvoll sei, gentechnische Forschung mit entsprechenden Mitteln auszustatten, wenn man die Forschungsergebnisse auch schützen könne. Das sei auch im Sinne der Betroffenen, denn viele Krankheiten können heute mit Hilfe der Gentechnik geheilt oder zumindest gelindert werden, und es sei das Ziel auch ihrer Fraktion, das nicht unmöglich zu machen.

Die Diskussion befinde sich weiter in Fluß, und sowohl in der für 20. Oktober geplanten Enquete des Wirtschaftsministeriums zum Thema „Ethik und Wirtschaft“ mit internationalen Experten als auch in dem im Parlament eingerichteten Besonderen Ausschuß zum Gentechnik-Volksbegehren werde man sich noch eingehend mit dem Thema „Patentierung“ befassen.

Sorge bereite ihr im Hinblick auf die beiden heute eingebrachten Anträge, daß man mit einer Bindung des Ministers an eine klare Ablehnung der Patentierungsrichtlinie dem Minister und den Beamten jeglichen Verhandlungspielraum nehme. Eine Bindung zu einem Zeitpunkt, zu dem von abgeschlossenen Verhandlungen noch nicht die Rede sei, würde dazu führen, daß die österreichische Position gar nicht mehr ernst genommen werde. Verbesserungs- und Kompromißvorschläge könnten nicht mehr eingebracht werden. Wenn ein EU-Mitgliedstaat entsprechenden Einfluß auf die Gesetzgebung der EU ausüben will, dürfe er sich nicht selbst jeglichen Verhandlungsspielraum nehmen. Die ÖVP könne das sicherlich nicht befürworten, da Österreich gerade im Hinblick auf seine Tradition der Sensibilität in Fragen des Umweltschutzes seine Position im Zusammenhang mit der Gentechnik in die EU einbringen könne.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) meint mit Bezug auf die Wortmeldung der Abgeordneten Rauch-Kallat, wenn Österreich jetzt eine klare Position beziehe, bevor Verhandlungen stattgefunden hätten, zeige dies das Engagement Österreichs in dieser Frage. Sollte es zu wesentlichen Verbesserungen kommen, bestehe immer noch die Möglichkeit, dem Minister vor dem Ministerrat für den EU-Hauptausschuß grünes Licht zu geben. Dies wäre die taktisch klügere Vorgangsweise, daher unterstütze sie auch den Antrag der Abgeordneten Langthaler.

Bezüglich der Inhalte habe man, was die unterschiedlichen Rechtspraktiken der Mitgliedstaaten zum Schutz von biotechnologischen Erfindungen betreffe, offensichtlich einen wirtschaftlichen Diskussionsansatz gefunden, der jedoch dem Funktionieren des Binnenmarktes widerspreche. Dabei gehe es um weit mehr, nämlich auch darum, was in der WTO unternommen werden könne, damit es nicht zu Anklagen der USA betreffend die Errichtung von Handelshemmnissen im Hinblick auf Biotechnologie im allgemeinen und Gentechnologie im speziellen kommt. Es sei dies hauptsächlich ein Handelskrieg, der unter anderen Vorwänden geführt werde. In Anbetracht dessen unterstütze sie das Beziehen einer ganz strikten Position.

Diese Richtlinie entspreche auch nicht den in Österreich herrschenden umfassenden Vorstellungen. Dies dokumentiere Artikel 9 Abs. 2, in dem es heißt: „Im Sinne von Abs. 1 gelten als nicht patentierbar a) Methoden zur Therapie der menschlichen Keimbahn“.  – Daß diese nicht patentierbar seien, sei eine Sache, daß sie nicht erwünscht seien, eine andere. Dies würde eine Tür öffnen, was Abg. Dr. Gredler als Medizinerin bei manchen Krankheitsbildern durchaus begrüßen würde, andererseits gebe es dann keine Einschränkung mehr, was man in der Keimbahn ändern kann und was nicht. Es seien zwar gegenüber dem ersten Entwurf von 1995 jetzt wesentliche Fortschritte erzielt worden, man sollte sich aber nun auf einen Ansatz einigen. Der können darin bestehen, jetzt gar nichts zu machen, also praktisch – wie beantragt –eine Vertagung zu befürworten, oder – was sie befürworte – eine strenge Haltung gegenüber den anderen Mitgliedstaaten einzunehmen, die Thematik beim nächsten EU‑Hauptausschuß wieder auf die Tagesordnung zu nehmen und zu prüfen, ob eine Notwendigkeit der Änderung der Position Österreichs gegeben sei oder nicht.

Abgeordnete zum Europäischen Parlament Daniela Raschhofer (Freiheitliche) hält fest, daß im Juli in Straßburg in erster Lesung die Biopatent-Richtlinie diskutiert wurde. Dazu seien 111 Abänderungsanträge eingebracht worden, wovon 66 – die eher weicheren Kompromißvarianten – akzeptiert worden seien. Die erneute Vorlage des durch die Kommission überarbeiteten Papiers zeige jedoch wesentliche Veränderungen dessen, was das Europäische Parlament per Beschluß festgelegt hat.

Abgeordnete Raschhofer erläutert im folgenden drei dieser Änderungen:

Erstens sei ein Schlupfloch in bezug auf das Klonen von Menschen geöffnet worden. Der Text, in dem vom „reproduktiven Klonen“ die Rede sei, werde pro futuro nicht als quasi wasserdichte Formulierung genügen. Das sei ein Beispiel dafür, wie die Kommission in ihrer zweiten Vorlage den einstimmigen Willen des Europäischen Parlaments mißachte.

Zweitens übertrage die Kommission den Patentschutz auf durch biologische Verfahren entstandene Nachkommen. Das Europäische Parlament hatte jedoch in den Abänderungsanträgen festgelegt, daß es diesen Patentschutz ausschließen will. Das bedeute, daß es in Hinkunft kein Züchterprivileg für die Landwirtschaft geben werde und der Bauer nicht von der Zahlung von Patentgebühren befreit sei.

Drittens verbiete die Kommission den Weiterverkauf von geschütztem Vermehrungsmaterial zu landwirtschaftlichen Zwecken, es sei denn, es wird eine Patentgebühr bezahlt. Auch diesbezüglich habe die Kommission den Willen des Europäischen Parlamentes abgeändert.

Das bedeute, daß Tiere und Pflanzen patentierbar sein werden, und zwar nicht nur in der ersten Generation, der Patentschutz umfasse vielmehr auch alle durch natürliche Vermehrung entstandenen Folgegenerationen. Das werde für die europäische Landwirtschaft insgesamt sehr teuer sein und werde zu einer neuen Abhängigkeit des Bauern beitragen. Weiters werde es zu einer Art Monopolisierung des Wissens, des Nutzens und der Anwendbarkeit desselben kommen.

Zu den Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion bemerkt Abgeordnete Raschhofer, daß sie deren Antrag nicht verstehe: Sie kenne die sehr engagierten Abänderungsanträge der Abgeordneten zum Europaparlament Dr. Berger, die sozialdemokratische Fraktion habe mit Ausnahme des Abgeordneten Dr. Swoboda eine sehr kritische Linie eingenommen. In Abänderungsanträgen der Abgeordneten Dr. Berger heiße es zum Beispiel: „Nicht patentierbar sind Pflanzensorten und Tierrassen, im wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren.“ Oder: „Diese Richtlinie berührt nicht den Ausschluß von Pflanzensorten und Tierrassen von der Patentierbarkeit.“

Abschließend stellt Abgeordnete Raschhofer noch einmal fest, daß die Beschlußfassung des Europäischen Parlaments durch die zweite Vorlage der Kommission gänzlich ignoriert wurde. Wenn dieser Entwurf, so wie er derzeit vorliege, vom Rat beschlossen werde, würde sich ein doppelter Mangel an Demokratie zeigen: Zum einen werde der Wille des Parlaments ignoriert, und zum anderen werde mit Sicherheit auch der Wille von 1,2 Millionen Österreichern ignoriert. In Anbetracht dessen bittet sie Minister Dr. Farnleitner, seine Position zu diesen Punkten näher zu erläutern.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ) fragt Bundesminister Farnleitner, was er konkret damit meine, daß im Bereich der Landwirtschaft viel bewegt worden sei. Weiters bittet sie ihn, mitzuteilen, bis zu welchem Zeitpunkt Österreichs Vorstellungen zu den Richtlinien erstellt sein sollen.

Als Medizinerin stellt sie fest, daß es sie sehr freue, daß nun unumstritten sei, daß die Gentechnik in der Medizin angewandt wird. Vor einigen Jahren wurde die Gentechnik in der Medizin noch verteufelt; heute ist sie aus der Medizin nicht mehr wegzudenken.

Sehr skeptisch sei sie jedoch nach wie vor in bezug auf die Patentierbarkeit. Erfindungen betreffend Wege zur Herstellung von Arzneimitteln sollen patentierbar sein, das Entdecken von Genen sei jedoch ihrer Meinung nach nicht patentierbar.

Vor dieser Sitzung habe sie in der Säulenhalle ihren von ihr sehr geschätzten und verehrten Lehrer Professor Dr. Tuppy getroffen. Dieser habe in den fünfziger Jahren die Aminosäuresequenz von Insulin und Ocydocin aufgeklärt. Ihre Frage, ob diese Aufklärung damals patentiert worden sei, habe er verneint. Patentiert wurde nur die synthetische Herstellung von Insulin und Ocydocin. – Genauso müsse man ihrer Meinung nach bei den Genen verfahren: Die wissenschaftliche Feststellung einer Sequenz solle nicht patentierbar sein, die Herstellung von Arzneimitteln im Lichte dieser Erkenntnis jedoch sehr wohl.

Sie sei dafür, daß dem Bundesminister ein gewisser Verhandlungsspielraum eingeräumt werde, bittet ihn jedoch, genau zu beachten, daß Erfindungen und Entdeckungen strikt unter dem Gesichtspunkt unterschieden werden müssen, was patentierbar ist und was nicht.

Abgeordneter zum Europäischen Parlament Dr. Paul Rübig (ÖVP) definiert zunächst, worum es bei der Richtlinie konkret geht: Man bemühe sich, das Patentrecht auf europäischer Ebene zu harmonisieren. Derzeit sei die diesbezüglich Gesetzeslage in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich, was bei Rechtsstreitigkeiten zu Problemen führe, die für Europa in Hinblick auf den Weltmarkt nicht sehr günstig seien. Aber auch außerhalb Europas gebe es eine stark unterschiedliche Handhabung.

Wenn man jetzt darauf verzichte, diese Richtlinie anzunehmen, dann bleibe alles unverändert: Es kann weiter nach den verschiedenen Rechtsvorschriften patentiert werden, und es wird weiterhin Probleme und Rechtsstreitigkeiten geben.

Ein Patent könne nur auf die Erfindung eines objektiv neuen Tatbestandes erteilt werden. Alles, was weltweit bis heute bereits veröffentlicht wurde, ist nicht mehr patentierbar. Es müsse vielmehr eine absolut neue Erfindung vorliegen, die technisch herstellbar und nachvollziehbar und gewerblich verwertbar sei. Gerade in Österreich gebe es diesbezüglich eine sehr strenge Prüfung.

Der Bereich der Biotechnologie sei, das ergeben internationale Studien, der Zukunftsbereich schlechthin. Auf diesem Gebiet bestünden große Chancen, selbstverständlich aber auch Risiken.

Bei den Bürgern bestehe eine große Sehnsucht nach Gesundheit bis ins hohe Alter, daher sei gerade die Beschäftigung mit Biotechnologie im Hinblick auf die Herstellung von neuen Arzneimitteln von zentraler Bedeutung. Die Forschung in diesem Bereich müsse daher favorisiert werden und der Industrie müsse ein entsprechender Schutz gewährt werden, damit sie die Milliarden, die sie in die Forschung investiert, auch wieder hereinbringen kann. Ebenso müssen auch der Einzelerfinder und der Arbeitnehmer geschützt sein.

Seine Fraktion lehne jedoch das Patent auf Leben ab. Leben sei definiert durch Reproduzierbarkeit, Nahrungsaufnahme, Intelligenz et cetera, und das stehe im Gegensatz zu organischen Stoffen. Diese Differenzierung sei sehr wichtig.

Nach der Richtlinie sind der Mensch und seine Körperteile nicht patentierbar. In Übereinstimmung mit Abgeordneter Dr. Pittermann betont Abgeordneter Dr. Rübig, daß seine Fraktion die Patentierung von Entdeckungen ablehne. Es bestehe offenbar aber auch nicht das Bedürfnis, in diesem Bereich eine Patentierung einzuführen. Das Europäische Parlament habe ohnedies erkannt, daß es in diesem Zusammenhang ethische Fragen gibt, und habe folglich einen Ethik-Ausschuß eingerichtet.

Er sieht diese Richtlinie als echte Chance für Österreich und Europa, und es sei seiner Meinung nach notwendig, daß diese so bald wie möglich beschlossen wird.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) wendet sich zunächst an Abgeordnete Rauch‑Kallat und stellt fest, daß sie dem von den Freiheitlichen eingebrachten Antrag entnehmen könne, daß Bundesminister Dr. Farnleitner damit durchaus Verhandlungsspielraum eingeräumt werde, und zwar auf der Basis der einstimmig gefaßten Beschlüsse der Enquete-Kommission. In dem Antrag werde nur gefordert, daß das, was von allen hier im Parlament vertretenen Parteien einstimmig beschlossen wurde, Grundlage für die Position sein solle, die Minister Farnleitner im Rat in dieser Frage zu vertreten habe.

Er möchte wissen, ob sich die ÖVP nun von den von ihr mitgetragenen Beschlüssen distanziere oder ob diese weiterhin auch für sie Gültigkeit haben.

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne) möchte grundsätzlich von den beiden Regierungsparteien wissen, wie diese sich die konkrete Vorgangsweise in den nächsten Wochen vorstellen. Außerdem interessiert sie die definitive Position des Bundesministers, seines Ressorts und der österreichischen Beamten in Brüssel. Sie habe nämlich den Eindruck, daß die österreichischen Beamten überhaupt keine Weisung und Vorgabe hätten und nach Gutdünken agierten.

Außerdem: Wohin solle es denn führen, wenn jetzt wieder vertagt und keine klare Position eingenommen werde?

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner vertritt grundsätzlich die Meinung, daß es, wenn man in den Untergruppen der Kommission konstruktiv und ernst mitarbeiten wolle, nicht sinnvoll sei, sich a priori auf eine generelle Ablehnung festzulegen, denn es sei festzustellen gewesen, daß jene Staaten, die bereits eine vorgefaßte ablehnende Haltung einnehmen, von den Beamten in Brüssel nicht ernstgenommen werden. So schieße man sich aus den Verhandlungen selbst hinaus.

In seinem Haus sei sehr wohl ganz deutlich zwischen Entdeckungen und Erfindungen unterschieden worden. Das Gen allein kann nicht patentierbar sein. Das sei die Haltung seines Ressorts bei allen Gesprächen. Gegenstand der Diskussion sei nun, ob ein Gen in einer wirtschaftlichen Anwendung einsetzbar ist.

Er habe festgestellt, daß einige Ausschußmitglieder aus alten Fassungen der Richtlinienentwürfe zitieren. Für die jetzige Diskussion müsse man aber einheitlich die aktuelle Fassung heranziehen, um zu einer Übereinstimmung zu kommen. Außerdem sei es bestimmt hilfreich, den letzten Stand in den Expertengruppen in Erfahrung zu bringen. In einigen Punkten wisse man allerdings selbst nicht, womit die Kommission herauskommen wird.

Man wolle sich jedoch auf keinen Fall des Verhandlungsspielraums begeben und sozusagen mit Prinzipien untergehen. Auf diese Weise käme es nur zu einer Vertreibung von Forschung, aber die europäische Patentregelung würde auf jeden Fall auch in Österreich gelten, und man müßte sich letztendlich auch daran halten.

Er sei dafür, in den sensiblen Fragen jede Meinungsäußerung zu hören, und sei gespannt, worauf sich die Kommission schlußendlich in den immer wieder laufenden Kontakten einigen werde. Zweckmäßig sei es jedoch, detaillierte Diskussionen zu einzelnen Bereichen dann zu führen, wenn man wirklich wisse, worauf die Kommission hinauswill. Er fühle sich gegenwärtig überfordert, über etwas zu referieren, was die Kommission zum Teil noch gar nicht festgelegt habe.

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne) stellt fest, daß ihr nichts Gutes schwane, wenn es die Position der österreichischen Verhandler in Brüssel sei, „gespannt darauf zu sein, worauf sich die Kommission einigt“. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Worauf sich die Kommission mit den Parlamentariern einigt!)

Die Grünen wollen selbstverständlich nicht, daß Österreich aus den Verhandlungen „hinausgeschossen“ werde, wie es der Bundesminister formuliert habe. Österreich solle natürlich eine aktive Verhandlungsposition einnehmen. Der Antrag der Grünen ziele darauf ab, den Minister an die Ablehnung der derzeitigen Vorlage zu binden, da diese aus ihrer Sicht viele Schwachstellen enthalte und nicht dem Willen des Europaparlaments vom Juli entspreche.

Die Grünen beziehen sich auf den Entwurf vom 9. September 1997 und wären, sollte es neuere Informationen geben, dankbar dafür, diese zu erhalten.

Die derzeitige Vorlage solle jedenfalls abgelehnt werden. Es bestehe aber natürlich die Möglichkeit, die vorher von ihr angesprochenen Punkte noch zu konkretisieren. Wenn sich alle Fraktionen über diese Punkte einigen könnten, dann solle man jetzt die Sitzung unterbrechen und eine entsprechende Adaptierung des Antrages vornehmen, wiewohl der Antrag der Grünen klar formuliert sei und Abgeordnete Ing. Langthaler nicht erkennen kann, daß der Minister mit diesem Antrag aus irgendeiner Verhandlungsposition herausgeschossen oder geschwächt werden würde.

Jedenfalls sei der Minister aufgerufen, die wesentlichen Schwachpunkte und auch jene Punkte, die im Bericht der Enquete-Kommission des österreichischen Parlaments noch nicht enthalten waren, zu berücksichtigen.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner bittet Abgeordnete Ing. Langthaler, ihn vollständig zu zitieren: Er habe gesagt, daß laufend Gespräche zwischen der Kommission und Europarlamentariern stattfinden. Man erfahre davon erst in den laufenden Sitzungen, und häufig seien die Beteiligten selbst überrascht, zu welchem Ergebnis man gelangt ist.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) fragt Bundesminister Dr. Farnleitner, was laufende Gespräche zwischen der Kommission und Europaparlamentariern bringen sollen, wenn sogar Anträge, die im Parlament teils mehrheitlich, teils einstimmig beschlossene wurden, keinen Eingang in die vorliegende Richtlinie gefunden haben. Von solchen Gesprächen verspreche er sich nichts.

Zur Vorgangsweise: Die SPÖ konnte die von ihr gewünschte Vertagung inhaltlich nicht argumentieren. Das würde auch nichts bringen, vielmehr besteht Abgeordneter Mag. Schweitzer auf einer Abstimmung der eingebrachten Anträge.

Basis für die jetzige Position bei den Verhandlungen zur geplanten Richtlinie seien die Beschlüsse auf Grundlage der Enquete-Kommission des österreichischen Parlaments. Diese Position sei einzubringen und zu vertreten und die österreichischer Zustimmung nur dann zu geben, wenn die Beschlüsse dieser Enquete-Kommission vollinhaltlich eingehalten werden. Wenn sich die ÖVP an Beschlüsse, die sie gemeinsam mit den anderen Fraktionen gefaßt hat, jetzt nicht mehr gebunden fühle, dann solle sie auch erklären, warum.

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP) entgegnet Abgeordnetem Mag. Schweitzer, daß sich die ÖVP selbstverständlich an die Beschlüsse halte. Sie könne dessen Argumentation betreffend die Bindung des Ministers nicht folgen, sondern meint, daß es zum gegebenen Zeitpunkt nicht sinnvoll sei, eine derartige Bindung vorzunehmen, die dem Minister jegliche Handlungsmöglichkeit nehme.

Sie gehe davon aus, daß innerhalb der Europäischen Union – insbesondere in den Arbeitsgruppen – in den nächsten Wochen noch Gespräche geführt werden, die zu Ergebnissen führen, für die auch eine Mehrheit gefunden werden kann. Derartige Gespräche könne man also nicht von vornherein als unnötig und sinnlos abtun.

Abgeordnete zum Europäischen Parlament Daniela Raschhofer (Freiheitliche) nimmt an, daß alle hier im Ausschuß vom gleichen Dokument sprechen, nämlich vom Dokument KOM 95/0350, jene zweite Fassung der Kommission, in die die Änderungsanträge des Europäischen Parlaments eingearbeitet wurden. Bei genauerer Durchsicht der Unterlagen anhand der Original-Abänderungsanträge konnte sie allerdings feststellen, daß auch diejenigen Anträge nicht eins zu eins übernommen worden seien, die das Europäische Parlament mehrheitlich oder einstimmig angenommen hatte.

Zu der Aussage des Bundesminister Dr. Farnleitner, daß er gespannt sei, worauf sich die Kommission mit den Parlamentariern einigen werde, sei festzustellen, daß hiefür erst die erneute Vorlage dieses Kommissionspapiers im Europäischen Parlament erfolgen müsse, nachdem der Rat diesbezüglich seinen Beschluß gefaßt hat. Im Moment sei es den Parlamentariern nicht möglich, gemeinsam mit der Kommission etwas ändern.

Sie betont nochmals, daß der Antrag der Freiheitlichen das Ziel verfolge, den Stoffschutz auf genetisches Ausgangsmaterial abzulehnen, und zwar sowohl aus ethischen als auch aus forschungspolitischen Gründen. Diese Position sei deckungsgleich mit jener der Enquete-Kommission und entspreche auch einer klaren Willensäußerung des Europäischen Parlaments. Sie wäre in den Verhandlungen eins zu eins zu vertreten, und darum gehe es im Antrag der Freiheitlichen.

Abgeordneter zum Europäischen Parlament Dr. Paul Rübig (ÖVP) stellt fest, daß das aus seiner Sicht letztgültige Dokument, das zur Diskussion stehe, das Dokument KOM (97) 446 endg. sei. Es sei wichtig, daß alle von derselben Grundlage aus sprechen, was heute jedoch nicht der Fall sein dürfte. (Obmannstellvertreter Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Selbstverständlich gebe es Gespräche zwischen Kommission, Parlament und Rat, da jeder bemüht sei, die beste Lösung zu finden. In der nächsten Runde sei der Rat am Zug, dann werde es natürlich wieder eine Diskussion mit dem Parlament geben, welches selbstverständlich ein Mitentscheidungsrecht habe. Ohne Parlament werde keine Regelung stattfinden.

Würde man den gemeinsamen Standpunkt ablehnen, wie es Abgeordnete Ing. Langthaler vorschlägt, hätte das zur Folge, daß die derzeitigen Patentrechte betreffend die biotechnologischen Erfindungen, wie sie jeweils in den 15 Staaten der Europäischen Union und beim Europäischen Patentamt bestehen, aufrechtblieben beziehungsweise unterschiedliche neue dazu kämen, was auch die Judikatur immer komplizierter mache. Seine Fraktion wolle jedoch einen EU-weit einheitlichen Standard.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) stimmt Abgeordneter Ing. Langthaler zu und hält fest, daß auch seine Fraktion der Meinung sei, daß der Stoffschutz auf das genetische Ausgangsmaterial ausgeschlossen sein soll, da man der festen Überzeugung sei, daß das Wissen um die Funktionsweise des menschlichen Körpers der Allgemeinheit auch weiterhin frei zugänglich sein soll. Das habe zuletzt Abgeordnete Dr. Berger bei ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament dezidiert ausgedrückt.

Diese Frage wird auch innenpolitisch weiterhin behandelt werden. Der Gentechnik-Sonderausschuß werde seines Wissens die entsprechenden Punkte vorziehen und schon im Oktober in Anwesenheit von drei Regierungsmitgliedern behandeln.

Es erhebe sich nun die Frage, ob diejenigen recht haben, die den Standpunkt vertreten, daß eine Bindung und Ablehnung des Vorschlages weniger bringt, oder diejenigen, die meinen, daß die Vorgabe einer Richtung für den Minister die Chance bietet, andere dafür zu gewinnen, stärker auf das Europäische Parlament einzugehen. Diese Frage sei nicht einfach zu beantworten, aber würde man eine Bindung in keinem Fall gutheißen, hätte man die entsprechende Verfassungsbestimmung gar nicht erst schaffen dürfen.

Das könne jeweils nur im Einzelfall nach eingehender Prüfung und nach Rückfragen entschieden werden und sei in der heutigen Sitzung nicht ausdiskutierbar. Es sei daher empfehlenswert, im Hauptausschuß auf dieses Thema zurückzukommen. Zeitlich gehe sich das aus.

Dazu sei der Vertagungsantrag des Kollegen Mag. Maier nicht notwendig. Dieser werde daher einvernehmlich zurückgezogen, denn es bestehe die Vereinbarung, daß im Hauptausschuß auch ein schon behandeltes Dokument wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden kann.

Er wünsche sich, daß die Beratungen im Sonderausschuß und die öffentliche Meinung schlußendlich doch dazu führen, daß man bei einer der nächsten Sitzungen zu einer gemeinsamen Stellungnahme kommt.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser hält fest, daß der Vertagungsantrag zurückgezogen wurde.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) teilt Bundesminister Dr. Farnleitner mit, daß eine Fraktionskollegin im Europäischen Parlament sie informiert habe, daß die österreichischen Vertreter im Vermittlungsauschuß offenbar über keine besonders große Erfahrung verfügten. Einer sei ein Stagiaire mit einem befristeten Vertrag beim Rat, ein weiterer junger Beamter sei erst vor kurzem nach Brüssel gekommen und in der Materie offensichtlich nicht wirklich sattelfest. Sie möchte wissen, ob es stimme, daß man in den Vermittlungsausschuß tatsächlich Anfänger und nicht routinierten Beamten entsendet, beziehungsweise wer die Verhandlungen in den nächsten Wochen führen wird. Es sei, da der Minister sicherlich nicht alle Verhandlungen persönlich führen könne, wichtig, daß man in dieser heißen Phase routinierte Beamte einsetzt und nicht junge Leute, die zwar sehr engagiert sein mögen, aber doch nicht genug Erfahrung hätten, um sich in derart wichtigen Beratungen zu behaupten.

Abgeordnetem Rübig, der gemeint hat, es werde jetzt Unfug getrieben, da es keine EU-Richtlinie gebe, hält sie entgegen, daß man ihrer Meinung nach in allen Mitgliedstaaten jetzt schon eine vernünftige Haltung einnehme.

Dessen Argument aus dem Jahr 1995, welches er weiterhin vertrete, daß es besser sei, zumindest einen minimalen Konsens zu haben als Wildwuchs zuzulassen, bezeichnet sie als feige Haltung. Sie könne sich nicht vorstellen, daß man es vorziehe, eher eine verwaschene denn eine strikte Position zu vertreten und zu sagen: Das genügt uns in dieser Fassung nicht!

Die Österreicher hätten auf diesem Gebiet eine anerkannte Vorreiterrolle, und um diese Rolle weiterhin zu behalten, müsse des Parlament heute schon eine ganz eindeutige Position einnehmen. Wäre dies nicht der Fall, würde Österreich unterschiedslos zu all jenen gezählt werden, die sich mit verwaschenen Richtlinien zufriedengeben.

Daher sei es wirklich notwendig, daß jetzt eine gewisse Strenge an den Tag gelegt wird. Deswegen würde Österreich nicht aus allen Diskussionen hinauskatapultiert werden, wie es Bundesminister Dr. Farnleitner bezeichnet habe. Im kommenden EU-Hauptausschuß könnten die zwischenzeitigen Ergebnisse noch zeitgerecht vor dem nächsten Ministerrat neu bewertet und entsprechend berücksichtigt werden.

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche) bemerkt zunächst grundsätzlich zu der Behauptung, daß eine Bindung des Ministers seinen Verhandlungsspielraum nur einengt: Wenn Minister Dr. Farnleitner Probleme damit habe, daß er nicht ernstgenommen werde, wenn er durch das Parlament eine Bindung habe, so sei das sicherlich nicht das Problem des Hauptausschusses, dann müsse er die Gründe dafür schon bei sich selbst suchen. Wenn er mit einer klaren Haltung in die Verhandlungen geschickt wird, liege es an seiner Überzeugungskraft, ob er die Anliegen der österreichischen Bevölkerung durchsetzen kann oder nicht.

Sollte es zu Kompromissen kommen, sei der Hauptausschuß – das habe er in der Vergangenheit schon bewiesen – flexibel genug, eine entsprechende Sanktionierung vorzunehmen.

Zu Abgeordnetem Dr. Rübig stellt er fest, daß zumindest der freiheitlichen Fraktion sicherlich das richtige Papier vorliege, über welches heute verhandelt wird.

Aufgrund dessen könne er eindeutig feststellen, daß sich erstens in diesem Kommissionsentwurf keine „wasserdichte“ beziehungsweise klare Formulierung betreffend die Klonung des Menschen findet.

Zweitens gebe es über das oft diskutierte Thema der Patentierung von Lebewesen und Pflanzen eine konsensuale Meinung, und er verstehe nicht, warum sich die ÖVP aus diesem Konsens nun plötzlich verabschiedet.

Aus dem Kommissionsentwurf gehe drittens klar hervor, daß die Entdeckung von Genen, also die Schöpfung, patentiert werden soll. Er verstehe daher nicht, warum sich etwa Abgeordneter Dr. Rübig, der seiner Partei verpflichtet sei und eine christliche Grundeinstellung habe, von der bisherigen Haltung verabschieden will.

Zu den drei genannten Punkten erwarten die Freiheitlichen eine klare Stellungnahme von Bundesminister Dr. Farnleitner, und er erwarte, daß das, worüber bereits Konsens besteht, heute erledigt wird und der Minister es in der Folge klar, nachdrücklich und überzeugend gegenüber den Beamten in Brüssel vertritt.

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche) wendet sich zunächst an Abgeordnete Rauch-Kallat und hält fest, daß sie dezidiert gesagt habe, daß die ÖVP selbstverständlich an den Beschlüssen der Enquete-Kommission festhalte, und diese besagen, daß auf internationaler Ebene Initiativen ergriffen werden sollen, um ein generelles Patentierungsverbot von Genen voranzutreiben.

Es mache sich jetzt allerdings ein Zickzackkurs bemerkbar, denn in Artikel 5 sei eindeutig festgehalten, daß eine Patentierung von Sequenzen und Teilsequenzen von Genen auf jeden Fall möglich ist. Die ÖVP müsse daher eine klare Positionierung vornehmen und diese ihrem Minister nach Brüssel mitgeben.

Es sei gegenwärtig ausschließlich von der derzeitigen Vorlage auszugehen. Diese widerspreche eindeutig den Intentionen der ÖVP, und in den heute gestellten Anträgen werde lediglich verlangt, daß der Minister diesen Entwurf ablehnt. Er verstehe daher nicht, worauf der Minister jetzt noch warten will.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner stellt wie folgt klar: Der Entwurf 446 endg. sei allen Ausschußmitgliedern bekannt. Bei den Expertengesprächen gebe es schon eine Reihe von Weiterentwicklungen, weil der vorliegende Entwurf in seiner Verhandlungsriege auch nicht akzeptiert wurde. Dieser Text stehe in vielen Punkten gar nicht mehr zur Diskussion. Bei den internen Beamtenverhandlungen beispielsweise sei das Klonen bereits zur Gänze weggefallen.

Zum Vermittlungsausschuß – dies zur Frage der Frau Abgeordneten Dr. Gredler – könne er nichts sagen, da er dafür nicht zuständig sei und darin auch kein Vertreter der Regierung sitze. Im Arbeitsausschuß sei Österreich durch Dr. Flamm vertreten, der ein erfahrener Experte im Bereich des Patentwesens ist.

In der Arbeitsgruppe werde regelmäßig über die Haltung des Parlaments referiert, und da es zum Beispiel gegen das Klonen eine so große Mehrheit im Parlament gibt, werde die Kommission sicherlich in dieser Richtung nichts mehr versuchen. In der Landwirtschaft wird es zu einer anderen Formulierung kommen, die jedoch noch nicht erarbeitet sei.

Auch hinsichtlich der Frage Entdeckung und Erfindung haben die Vertreter seines Hauses keinen Zweifel über ihre Haltung offengelassen. Man werde sich mit der Registrierung von bloßen Entdeckungen nicht abfinden. Er bittet daher, den Sachverhalt nicht so darzustellen, als ob er und seine Beamten in einer Weise verhandeln würden, die den Intentionen des Parlaments nicht Rechnung trägt.

Es nütze ihm gar nichts, wenn jetzt gesagt wird, der Entwurf 446 endg. wird abgelehnt. Wichtig sei es, Positionen zu erarbeiten. Bezüglich Gen werde noch im Detail diskutiert werden müssen. Er selbst halte die reine Genpatentierung auch für nicht vertretbar. Das Gen in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Anwendung sei hingegen eine nutzbare Erfindung, die geschützt werden müsse.

Es müsse auch das Problem erörtert werden, ob die Patentierung eine Erschwerung für die Forschung darstelle oder nicht. Aus seiner langjährigen Erfahrung sei das Patent der Blueprint für die Weiterentwicklung. Durch die Patentierung erfolge die Veröffentlichung einer Neuerung; diese wird damit einem weiten Kreis von Forschern zur Verfügung gestellt, und damit wird zur Weiterentwicklung eingeladen. Er sei nicht der Meinung, daß die Forschung durch die Patentierung erschwert werde.

Wenn ein Patent der gleichen gewerblichen Verwendung zugeführt wird, koste dies zwar etwas, wichtig sei jedoch, daß die Wissenschaft durch die Patentierung erfährt, was ein anderer bereits erforscht hat. In der Praxis würden heute allerdings Innovationen, die nur kurzfristig wirken, nicht mehr registriert.

Minister Dr. Farnleitner ersucht jedenfalls, ihm nicht zu unterstellen, daß er in Brüssel eine demütige Haltung einnehme. Die Positionen, die in Österreich bestehen, seien ihm sehr wohl bekannt, und man empfinde sie als eine Verpflichtung. Ob sie durchgesetzt werden können, werde sich zeigen, wenn ein Addendum zu 446 herausgegeben wird. Dann werde man eine neue Diskussionsgrundlage haben. 446 in der jetzigen Fassung sei in entscheidenden Punkten nicht mehr der Letztstand, ein Addendum liege aber bislang nicht vor.

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche) hält zur Geschäftsordnung fest, daß er eine Sitzungsunterbrechung beantrage, um über die Formulierung eines gemeinsamen Antrages zu beraten.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser unterbricht daraufhin die Sitzung für einige Minuten, damit sondiert werden kann, ob ein gemeinsamer Antrag möglich ist.

(Die Sitzung wird um 18.32 Uhr unterbrochen und um 18.39 Uhr wiederaufgenommen. )

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser nimmt die unterbrochene Sitzung wieder auf und stellt die Frage, ob es eine konkrete Perspektive eines Konsenses für einen gemeinsamen Antrag gibt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne) vertritt die Meinung, daß der Ausschuß immer skurriler werde. Das beziehe sich nicht nur auf die vergangenen Minuten, sondern auch auf die Wortmeldung des Bundesministers. Wenn er nämlich festgestellt habe, daß der vorliegende Entwurf ohnedies nicht mehr aktuell sei, dann verstehe sie nicht, warum er dann ihrem Antrag nichts abgewinnen könne, mit welchem er gebunden werden solle, den derzeitigen Entwurf abzulehnen.

In Hinblick auf die Information, daß der vorliegende Entwurf nicht mehr aktuell sei, ersucht Abgeordnete Ing. Langthaler um detaillierte Information darüber, wie sich der Minister und seine Beamten in den nächsten Wochen verhalten werden.

Abgeordneten Peter Schieder (SPÖ) erinnert sie daran, daß der Gentechnik-Sonderausschuß das nächste Mal am 24. 10. tagen wird, also erst nach dem nächsten Hauptausschuß, der für den 22. 10. anberaumt ist. Man könne also nicht abwarten, was der nächste Gentechnik-Sonderausschuß ergibt, und nachher werde es zu spät sein, denn der übernächste Hauptausschuß sei erst für 18. November angesetzt.

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne) betont, daß es gar nicht notwendig sei, den Gentechnik-Sonderausschuß abzuwarten, bei welchem die Proponenten des Volksbegehrens ihre Position einbringen werden, welche zu berücksichtigen sei, da die Hauptargumente der Grünen diese Position ohnedies umfassen. Es gebe dazu auch einen offenen Brief an alle Fraktionen, und es wäre ein leichtes gewesen, sich darüber zu einigen.

Zur Rolle der SPÖ: Es gebe ihrer Meinung nach in diesem Ausschuß eine Mehrheit für strengere Regelungen und eine Ablehnung des jetzigen Entwurfes. Sie verstehe daher nicht, daß Abgeordnete die Möglichkeit nicht wahrnehmen, einen Minister an eine bestimmte Mehrheitsposition zu binden. Sie habe Verständnis für die Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner, aber es sei offensichtlich für die Sozialdemokraten nicht möglich, zu einer programmatischen und inhaltlichen Überzeugung zu stehen und mit der Opposition die Mehrheit sicherzustellen. Die ÖVP ihrerseits habe den Koalitionsspielraum schon mehrmals äußerst weit interpretiert.

Die SPÖ verstoße damit gegen eine zentrale Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens, und die Verhandlungen im Gentechnik-Ausschuß werden damit nicht erleichtert. Sie bittet daher die Sozialdemokraten, ihre Haltung noch einmal zu überdenken.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) stellt fest, daß er heute gelernt habe, daß ein endgültiger Entwurf kein endgültiger Entwurf ist. Man diskutiere jetzt anscheinend über etwas, was keinen Sinn mehr habe, während der Minister offensichtlich schon weitergehende Entwürfe kenne, die aber noch nicht an sein Haus gegangen sind. Jetzt wolle man vertagen, um das nächste Mal voraussichtlich wieder über etwas zu diskutieren, das gar nicht mehr aktuell ist. Das sei absurd! Das Parlament werde mit solchen Absurditäten schlußendlich jeglicher Mitbestimmungsmöglichkeit beraubt.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) spricht noch einmal, an Bundesminister Dr. Farnleitner gewendet, den Vermittlungsausschuß an: Dieser setzt sich aus Vertretern des Rats und des Parlaments zusammen. Die Kommission ist in diesem nichtstimmberechtigter Beobachter. Von seiten des Rates wird ein Vertreter pro Land in diesen Ausschuß entsendet. Und unser Vertreter sei offensichtlich ein Beamter gewesen, der die Fülle der Möglichkeiten in seinem Wirkungsbereich noch nicht wirklich erfaßt habe, ein junger Mensch, der gerade begonnen hat, sich einzuarbeiten. Das können man ihm nicht vorwerfen. Abgeordnete Dr. Gredler äußert jedoch die Bitte, in Hinkunft erfahrene Beamtinnen und Beamten zu entsenden, wenn es um heikle Dinge geht. Es sei ihr bekannt, daß man in die Position Österreichs im Vermittlungsausschuß große Hoffnungen gesetzt habe, und diese Hoffnung sei nun enttäuscht worden.

Ferner hält Abgeordnete Dr. Gredler noch einmal fest, daß man bei einer Vertagung das nächste Mal wieder aufgrund des vorliegenden Papiers diskutieren würde, dessen Unaktualität schon festgestellt wurde. Mit diesem Papier sei auch der Minister nicht einverstanden, und es herrsche im Haus hoffentlich der Konsens, daß alle mit dem Papier nicht zufrieden sind. Nur das solle klargestellt werden. Es solle nicht der Minister jeglicher weiterer Verhandlungsmöglichkeiten beraubt werden. Es solle nur der Konsens betreffend die Ablehnung der vorliegenden Unterlage dokumentiert werden. Wenn dann eine Neufassung einlangt, könne man in einem nächsten Schritt wieder darüber beraten.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) stellt fest, daß er letzterem nur beipflichten könne. Er wünsche sich auch, daß es nicht bei der derzeitigen Fassung des Entwurfs bleibt, und das sei auch die Haltung seiner Fraktion.

Das, was hier im Parlament beschlossen wurde, gelte nicht bloß für bereits vorhandene Dokumente, sondern auch für auszuarbeitende Entwürfe. Er bittet daher Bundesminister Dr. Farnleitner, einen allfälligen neuen Entwurf so bald wie möglich dem österreichischen Parlament zuzuleiten. Entwürfe sollten von der Vertretung in Brüssel unter einem dem Wirtschaftsministerium und dem Parlament übermittelt werden. Denn es sei unmöglich, daß die Abgeordneten nicht auf exakt demselben Wissensstand sind wie der Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner hält nochmals fest, daß es noch kein Addendum gibt. Es sei lediglich Gesprächen im Arbeitsausschuß zu entnehmen gewesen, daß in bezug auf die vorliegende Endfassung wichtige Änderungen möglich sind, weil Österreich in Allianz mit vielen anderen Ländern einige Punkte gepusht hat, die er bereits aufgezählt habe.

Kommenden Montag und Dienstag werden Arbeitssitzungen stattfinden, und er erwarte, daß dabei in den genannten Punkten auch eine klare Position der Kommission erkennbar werden wird. Er sagt zu, daß er den Bericht dieser Sitzung, sobald er vorliegt, dem Ausschuß zukommen lassen werde, zumindest aber den von seinen Beamten verfaßten internen Sitzungsbericht.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser schließt die Diskussion und gelangt zur Abstimmung über zwei Anträge auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B‑VG, und zwar zunächst über den Antrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Kollegen, der wie folgt lautet:

Der Hauptausschuß wolle beschließen:

„Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, im Ministerrat der EU die derzeitige Vorlage zur Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen abzulehnen und die einstimmige Haltung des österreichischen Nationalrates entsprechend dem Bericht der parlamentarischen Gentechnologie‑Enquete‑Kommission (740 der Beilagen XVIII. GP) in den zuständigen Gremien der EU zu vertreten.“

Der Antrag bleibt in der Minderheit und ist somit abgelehnt.

Sodann gelangt der Antrag der Abgeordneten Ing. Langthaler und Dr. Gredler zur Abstimmung. Er hat folgenden Wortlaut:

„Der/die zuständige Bundesminister/in möge im Ministerrat der EU die derzeitige Vorlage zur Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen ablehnen.“

Auch dieser Antrag findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Obmannstellvertreter Dr.  Neisser schließt somit die Sitzung und erinnert daran, daß die nächste Sitzung des Hauptausschusses für den 22. Oktober 1997 in Aussicht genommen ist.

Schluß der Beratungen: 18.54 Uhr