IV-11 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Mittwoch, 22. Oktober 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XX. Gesetzgebungsperiode                       Mittwoch, 22. Oktober 1997




Tagesordnung

Biotechnologierichtlinie

KOM COM (97) 446 endg.

Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen (32499/EU XX. GP)

Sitzung der Gruppe Geistiges Eigentum (Biotechnologie) vom 6./7. Okto­ber 1997 (34000/EU XX. GP)

Rat 10909/97 JUR 321 PI 42

Rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (34001/EU XX. GP)

Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen / Stellungnahme der französischen Delegation (34002/EU XX. GP)

Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen / Stellungnahme der dänischen Delegation (34003/EU XX. GP)

Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen / Stellungnahme der Delegation des Vereinigten Königreichs (34004/EU XX. GP)

Beginn der Sitzung: 15.34 Uhr

Obmann Dr. Heinz Fischer begrüßt die versammelten Damen und Herren, eröffnet die Sitzung des Hauptausschusses und ersucht um Verständnis dafür, daß die Lautsprecheranlage wegen der gleichzeitig stattfindenden Verhandlungen im Budgetsaal nicht in gewohntem Umfang zur Verfügung steht.

Da ein Ergänzungswunsch oder eine entsprechende Wortmeldung nicht vorgebracht worden sind, wird in die vorliegende Tagesordnung eingegangen.

Biotechnologierichtlinie

KOM COM (97) 446 endg., Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen
(32499/EU XX. GP)

Sitzung der Gruppe Geistiges Eigentum vom 6./7. Oktober 1997 (34000/EU XX. GP)

Rat 10909/97 JUR 321 Pl 42, Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen (34001/EU XX. GP)

Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen / Stellungnahme der französischen Delegation (34002/EU XX. GP)

Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen / Stellungnahme der dänischen Delegation (34003/EU XX. GP)

Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen / Stellungnahme der Delegation des Vereinigten Königreichs (34004/EU XX. GP)

Obmann Dr. Heinz Fischer berichtet, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegen­heiten, Dr. Hannes Farnleitner, sich auf Auslandsaufenthalt in China befindet und im Falle von Anfragen oder Auskunftsbegehren von einem Beamten seines Ministeriums, Mag. Richard Flammer, vertreten wird.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) regt an, mangels einer speziellen Vereinbarung über die zeitliche Obergrenze dieser Sitzung die generell vereinbarte Zweistundenregelung gelten zu lassen.

Obmann Dr. Heinz Fischer stellt fest, daß ein Vorschlag, die Redezeiten nach Minuten genau einzuteilen, nicht vorliegt, sodaß diese Debatte ohne Stoppuhr geführt werden könne. Die Vor­sitzführung werde nach einer Dreiviertelstunde an Obmannstellvertreter Dr. Brauneder und da­nach erforderlichenfalls an Obmannstellvertreter Dr. Neisser übergehen. Dem Usus gemäß werde versucht werden, die Verhandlungen in überschaubarer Zeit zu Ende zu führen.

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP) verweist auf die Verhandlungsrunde in Brüssel seit der letzten Sitzung des Hauptausschusses, die zur Änderung der Richtlinie geführt hat. Österrei­chische Vorstellungen und Wünsche seien von der Verhandlungsgruppe akzeptiert worden. Deshalb sei es ratsam, daß Mag. Flammer vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angele­genheiten darüber eingangs Bericht erstattet.

Mag. Richard Flammer (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) gibt als zu­ständiger Vertreter in der Ratsarbeitsgruppe „Geistiges Eigentum (Biotechnologie)“ einen Über­blick über die wesentlichsten Änderungen der Richtlinie seit der letzten Sitzung des Hauptaus­schusses.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten sei mit einer langen Wunschliste aus dieser letzten Sitzung hervorgegangen. Zahlreiche ernstzunehmende Bedenken sollten in die Richtlinie Eingang finden. Vor allem sei zu klären gewesen, ob Erfindung und Entdeckung in der Richtlinie ausreichend präzisiert und voneinander getrennt sind. Es sollte mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen werden, daß Entdeckungen patentiert werden können.

Besonders in Diskussion gestanden sei der Begriff „Funktion“. Dem Wunsch der österreichi­schen Delegation, den Begriff „Funktion“, der in Artikel 5 und in den Erwägungsgründen 16 ge­nannt wurde, durch den Begriff „gewerbliche Anwendbarkeit“ zu ersetzen, sei die Europäische Kommission in vollem Umfang nachgekommen. Die österreichische Delegation habe dies gegen den Willen des Europäischen Patentamtes erreicht, denn der Begriff „Funktion“ sei seinerzeit auf dessen Wunsch in die Richtlinie aufgenommen worden.

Die Kommission habe die österreichischen Bedenken geteilt, daß das Wort an dieser Stelle irre­führend sein könne. Alle Staaten seien sich einig gewesen, daß mit dem Begriff der „gewerb­lichen Anwendbarkeit“ absolut gesichert sei, Diskussionsmöglichkeiten und Interpretationsspiel­räume für die Frage „Entdeckung oder Erfindung?“ auszuschließen. Nunmehr sei eindeutig klar, daß lediglich Erfindungen patentiert werden können.

Wesentlich sei auch eine Präzisierung im Zusammenhang mit dem Begriff „Klonen“. In der Richtlinie war in der Fassung des Parlaments der Begriff „reproduktives Klonen“ von Menschen enthalten. Nunmehr sei ausdrücklich festgelegt worden, daß Ergebnisse des reproduktiven Klonens am Menschen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen seien.

Zuvor sei von einigen Beteiligten der Standpunkt vertreten worden sei, jedes Klonen sei repro­duktiv, sodaß dieser Begriff nicht störe, wogegen andere für die Interpretation eingetreten seien, derzufolge auch ein Klonen möglich sei, das nicht den Zweck der Reproduktion verfolgt, son­dern zum Beispiel den Zweck der Kosmetik oder der bloßen Forschung. Werde zu diesem Zweck geklont, so werde bloß ein Forschungsergebnis erreicht, und auf diese Weise sei nicht mit dem Ziel der Reproduktion geklont worden. Jedoch stelle sich dann die Frage, was mit dem entstandenen geklonten Gegenstand getan werde.

Um dabei der Ethik in größtmöglichem Rahmen Genüge zu tun, habe sich Österreich dafür ein­gesetzt, das Wort „reproduktiv“ zu streichen. Die Kommission und alle Staaten hätten sich eben­falls dafür ausgesprochen. Nunmehr fehle das Wort „reproduktiv“ in dem Artikel, sodaß jegliches Klonen von Menschen dem Patent nicht zugänglich sei.

Eine weitere Frage habe sich auf die Möglichkeit bezogen, den Stoffschutz für Gene von der Patentierbarkeit auszunehmen. Aus Sicht des Österreichischen Patentamtes sei dieser Punkt sehr ernstgenommen worden. Die Frage war, ob das TRIPS-Abkommen, mit dem im Rahmen des Welthandelsabkommens das internationale Patentrecht geregelt wird, auch eine juristische Interpretation zuläßt, derzufolge der Stoffschutz für Gene hätte ausgenommen werden können.

Daher wurde bei der Kommission angefragt, ob es einen solchen Interpretationsspielraum gebe. Nur unter dieser Voraussetzung habe es für Österreich sinnvoll sein können, sich für den Aus­schluß des Stoffschutzes für Gene von der Patentierbarkeit einzusetzen. Daraufhin hätten die Europäische Kommission und der Juristische Dienst eindeutig festgestellt, daß das TRIPS-Abkommen in diesem Punkt keine Interpretationsmöglichkeit zulasse. Daher sei es nicht mög­lich, den Stoffschutz für Gene von der Patentierung auszuschließen.

Die Kommission habe ausgeführt, daß nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern die EU selbst als Mitglied der Welthandelsorganisation an das TRIPS-Abkommen gebunden sei. Daher dürfe eine Richtlinie als Rechtsakt der Europäischen Union keine Elemente enthalten, die dem TRIPS-Ab­kommen widersprechen, und damit sei den Versuchen, den Stoffschutz für Gene auszu­schließen, die Grundlage entzogen.

Was den Revisions- und Berichtsmechanismus anbetrifft, sei in Artikel 16 festgelegt gewesen, im Fünfjahresrhythmus Bericht zu erstatten. Demgegenüber sei der Einwand erhoben worden, daß über eine sich sehr dynamisch entwickelnde Wissenschaft nicht nur alle fünf Jahre Bericht erstattet werden solle. Bereits im Zuge der Umsetzung der Richtlinie könnten sich Probleme er­geben, und darauf müsse rasch reagiert werden können.

Diesem Bedenken sei die Kommission insoweit nachgekommen, als zusätzlich zu dem allge­meinen Fünfjahresbericht nunmehr im Abstand von jeweils zwei Jahren weitere Berichte vorge­sehen seien, in denen geprüft werde, ob das Patentrecht den freien wissenschaftlichen Aus­tausch im Bereich der gentechnologischen Grundlagenforschung behindere. Dabei werde ein Vergleich mit den Konkurrenzmärkten USA und Japan gezogen. Überdies werde laut Kommis­sion jährlich die Entwicklung des Patentrechts im Bereich der Bio- und Gentechnologie geprüft, vor allem die Erteilungs- und Entscheidungspraxis des Europäischen Patentamts.

Somit seien statt des einen Berichtes nunmehr drei Berichte vorgesehen. Die Kommission habe ausdrücklich festgehalten, daß sie die Umsetzung dieser Richtlinie aufgrund der großen Bedeu­tung der darin geregelten Fragen besonders aufmerksam verfolgen wolle.

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche) fragt mit Bezug auf den soeben dargelegten Bericht über die Sitzung vom 7. Oktober, warum in den vorliegenden, mit Österreich akkordier­ten Text nicht auch umweltrelevante Einschränkungen aufgenommen worden seien, obwohl dies nach der TRIPS-Übereinkunft möglich gewesen wäre. Er fragt, warum die österreichischen Regierungsvertreter zugestimmt hätten, zwar die anderen Ausnahmeregelungen laut TRIPS-Übereinkommen zu übernehmen, aber ausdrücklich nicht die Bestimmung, die ein Patentie­rungsverbot aus Gründen des Umweltschutzes zulasse.

Österreich hätte – entgegen der Interpretation der Kommission – auf der Grundlage des TRIPS-Übereinkommens versuchen können, unter Berufung auf einen Umweltvorbehalt einen Aus­schließungsgrund für die Patentierung von Genen vorzubringen, der unter Bezug auf § 34 der TRIPS-Übereinkunft, in dem die Ausschließungsgründe deutlich formuliert seien, auch rechtlich haltbar hätte sein können.

Anerkennenswert sei, daß die Einschränkung „reproduktiv“ beim Klonen nunmehr weggefallen sei, da die Einfügung dieses Wortes zu Unklarheiten und zur Öffnung einer Hintertür für legale Umgehungsmöglichkeiten geführt habe.

Wenn gesagt werde, daß durch die Ersetzung des Begriffs „Funktion“ durch „gewerbliche An­wendbarkeit“ nunmehr Klarheit geschaffen worden sei, so sei dem die Frage entgegenzustellen, wie dies von den Mitgliedstaaten gesehen werde, die Einspruch erhoben hätten. Abgeordneter Mag. Haupt fragt nach den Argumenten der Länder, die auch gegen die neue Formulierung Ein­wendungen erhoben haben. Aus den vorliegenden Unterlagen seien eher dürftige Argumente ersichtlich.

Eine abweichende Stellungnahme Österreichs fehle vollständig. Daher fragt Abgeordneter Mag. Haupt, ob Österreich seine Vorbehalte nicht in vergleichbarer Form in einem Dokument gesammelt dem Diskussionsgremium übermittelt habe und warum gegebenenfalls ein solches Dokument über die österreichischen Standpunkte nicht dem Hauptausschuß gleichermaßen vorgelegt worden sei wie die Stellungnahmen anderer Mitgliedstaaten.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) möchte einen von den Oppositionspar­teien eingebrachten Antrag auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B‑VG der Abgeord­neten Petrovic, Schweitzer und Gredler zur Diskussion gestellt wissen.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Der Hauptausschuß wolle beschließen:

„Der/die zuständige Bundesminister/in wird aufgefordert,

– im Zuge der Verhandlungen über die EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnolo­gischer Erfindungen darauf hinzuwirken, daß die Patentierung von Tieren und Pflanzen (Arti­kel 4), von menschlichen Genen und der Produktion menschlicher Klone (sowohl von lebenden als auch von toten Personen) ausgeschlossen wird und daß die Abänderungsanträge Nr. 45, 55 und 76 des Europäischen Parlaments sinngemäß in der Richtlinie berücksichtigt werden;

– in der Hauptausschußsitzung am 18. November 1997, vor der Behandlung im EU-Ministerrat am 27. November 1997, dem Hauptausschuß des Nationalrates einen zusammenfassenden Be­richt über den Verhandlungsstand zu erstatten.“

Dieses Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen bezie­hungsweise auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wäre.

*****

Dieser Antrag gehe weit über die derzeitige österreichische Verhandlungsposition hinaus und ziele formal darauf ab, daß vor der nächsten Hauptausschußsitzung detailliert Bericht erstattet werde. Inhaltlich gehe es darum, daß Österreich darauf dringen möge, jegliche Patentierung von Tieren und Pflanzen sowie menschlichen Genen auszuschließen. Nicht beabsichtigt seien damit eine vorfixierte Bindung für den verhandelnden Minister und die Schließung von Verhandlungs­spielräumen. Zu hoffen sei, daß hinsichtlich des Klonens inzwischen die nötigen Klarstellungen erfolgt sind.

Abgeordnete Dr. Petrovic stellt die Frage, inwieweit die von der Kommission zurückgewiesenen Abänderungsanträge Nummer 45, 55 und 76 des Europäischen Parlaments, die weit eher den Zielen des Gentechnik-Volksbegehrens Rechnung trügen, in die österreichische Verhandlungs­position Eingang gefunden beziehungsweise warum sie gegebenenfalls keine Beachtung gefun­den hätten. Insbesondere an die sozialdemokratische Fraktion ergehe die Frage, wie sie zu diesen Abänderungsanträgen stehe, da sie Anlaß zu der Hoffnung gegeben habe, eine dem Volksbegehren weitgehend Rechnung tragende Linie zu verfolgen.

Eine Stellungnahme des Hauptausschusses im Sinne dieses Antrages sei auch im Hinblick darauf sehr wichtig, da Bundesminister Dr. Farnleitner in einem Vortrag vor dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung sehr polemische Worte zum Gentechnik-Volksbe­gehren gesprochen habe. Er habe dort gesagt, andernorts bemühe man sich, gen- und bio­technologische Unternehmungen ins Land zu bekommen, in Österreich hingegen hätten sich die Leute darauf spezialisiert, solche Firmen abzuwehren und Vertreibungspolitik an den Tag zu legen.

Dies sei angesichts der sehr differenzierten Haltung der Proponentinnen und Proponenten des Gentechnik-Volksbegehrens eine Brüskierung. Wenn aus den Äußerungen des Bundesmi­nisters so klar eine insgesamt sehr unkritische Position zur Gentechnik hervorgehe, sei es not­wendig, daß das österreichische Parlament dem Europäischen Parlament insofern den Rücken stärkt, als es zumindest dieselben Einwände und Vorbehalte anbringt, die dort mit Mehrheit ver­treten worden sind.

Obmann Dr. Heinz Fischer stellt fest, daß der von Abgeordneter Dr. Petrovic vorgelegte Antrag ordnungsgemäß eingebracht ist und mit zur Diskussion steht.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) widerspricht der Interpretation des Bundes­ministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, derzufolge das TRIPS-Abkommen seit 1. Jän­ner 1996 nicht mehr zulasse, ein Gebiet der Technik von der Patentierung auszuschließen. In Abs. 2 dieses Abkommens sei genau das Gegenteil vorgesehen.

Deshalb fragt Abgeordneter Mag. Schweitzer, warum die österreichische Delegation nicht diesen Absatz für die Argumentation in Richtung Ausschluß herangezogen habe. Denn dort heiße es, daß die Mitglieder Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschließen könnten, wenn das Verbot ihrer gewerblichen Verwertung innerhalb ihres Gebietes zum Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Beeinträchtigung der Umwelt notwendig ist. Auf dieser Basis hätte eine Möglichkeit bestanden, dem Anliegen der 1,2 Millionen Unterzeichner des Gentechnik-Volksbegehrens Rechnung zu tragen.

In bezug auf den Text in Artikel 11 Abs. 2, „Die nunmehr gefundene Formulierung der Kommis­sion zur Regelung des Landwirteprivilegs bei Viehzucht findet allgemeine Zustimmung“, fragt Abgeordneter Mag. Schweitzer nach den Gründen der österreichischen Verhandler für die Zu­stimmung zu diesem Punkt, der die österreichischen Landwirte in Abhängigkeit versetze. Künftig seien sie auf dieser Basis zur Zahlung von Lizenzgeldern verpflichtet, wenn sie als Züchter tätig sind. Gemäß Artikel 34 des TRIPS-Abkommens falle ihnen die Beweislast zu, sodaß sie selbst beweisen müßten, daß sie im Verlauf ihrer Züchtungsaktivitäten kein Patent angewandt haben, um nicht lizenzgebührenpflichtig zu werden.

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) erinnert an die erste diesbezügliche Vor­lage, die während seiner Tätigkeit im Europäischen Parlament eingebracht wurde, und bezeich­net vor diesem Hintergrund den nunmehr erreichten Status als einen gewaltigen Erfolg für das Europäische Parlament.

In dem Bericht 32499/EU schreibe die Kommission, daß sie in ihrem geänderten Entwurf von den 66 Abänderungsanträgen des Europäischen Parlaments 65 Anträge übernommen habe, und zwar in der Erwartung, daß der Rat dem zustimmen werde, sodaß zwischen Parlament und Rat eine gemeinsame Beschlußfassung erfolgen könne. Ein solches Ergebnis habe man sich früher nicht erwarten können. Lediglich der Abänderungsantrag Nummer 76 sei offengeblieben.

Vor diesem Hintergrund sei zu dem vorliegenden Antrag der Grünen, Blauen und Liberalen auf Ausschluß der Patentierung von Tieren und Pflanzen anzumerken, daß das Europäische Parla­ment auf der wesentlichen Einschränkung bestanden habe, es dürften keine Tierrassen und Pflanzensorten patentiert werden.

Menschliche Gene seien in dieser allgemeinen Form nicht patentfähig, sondern nur dann, wenn sie im Zuge eines gewerblichen Verfahrens für einen ganz bestimmten Zweck patentiert werden könnten. Auch dies habe die Zustimmung des Europäischen Parlaments gefunden, sodaß die Behauptung falsch sei, Gene seien schlechthin patentfähig geworden. Letzterem hätte das Europaparlament niemals zugestimmt, weil eine unklare Formulierung im letzten Entwurf zur Ablehnung geführt habe.

Das gleiche gelte für die Produktion menschlicher Klone. In dieser Hinsicht sei der Begriff „Reproduktion“ gestrichen worden, sodaß die einschränkende Feststellung, man könne einen Menschen klonen, wenn dies nicht dem Zweck der Reproduktion, sondern einem anderen Zweck diene, nicht möglich sei. Vielmehr sei das Klonen von Menschen schlechthin verboten. Anders sei dies nur, wenn es im Rahmen eines gewerblichen Prozesses um einzelne Zellen geht.

Hinsichtlich der Abänderungsanträge Nummer 45, 55 und 76 stellt Abgeordneter DDr. König fest, daß er der Kommission Glauben schenke, wenn sie in der Erläuterung der Erwägungs­gründe schreibt, daß sie den Abänderungsantrag Nummer 45 im Erwägungsgrund 38 übernom­men habe. Der Antrag Nummer 55 sei in Artikel 6 enthalten, sodaß nur Nummer 76 offenbleibe. Daher treffe die Feststellung der Kommission zu, daß sich 65 der insgesamt 66 Anträge im Ent­wurf wiederfänden.

Daher gehe in dieser Hinsicht der vorliegende Antrag auf Stellungnahme völlig ins Leere. Viel­mehr sei eine Aufforderung an den Bundesminister angebracht, er möge sich für die Unterstüt­zung dieser Anträge des Europäischen Parlaments im Rat einsetzen, um eine gemeinsame Lösung herbeizuführen.

Mag. Richard Flammer (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) antwortet Ab­geordnetem Mag. Haupt, daß sich die vorliegenden Stellungnahmen der französischen, däni­schen und britischen Delegationen auf Formulierungsverbesserungen in einzelnen Punkten be­zögen. Die österreichische Delegation habe kein solches Papier vorbereitet. Österreich habe eine lange Reihe verschiedenster Wünsche gehabt, die möglicherweise gegeneinander aufge­wogen worden wären, wenn sie in schriftlicher Form vorgelegen wären.

Aufgrund guter sachlicher Kontakte habe Österreich es vorgezogen, die Kommission vorab von seinen Änderungswünschen zu informieren, da die Durchbringung der Änderungen im Vorder­grund gestanden sei. Die Kommission habe von sich aus bestimmte Argumente als Kommis­sionspunkte aufgegriffen, andere seien in die Diskussion eingebracht worden. Es habe sich ge­zeigt, daß dieser Weg die besten Chancen auf Koalitionsbildung unter den Mitgliedstaaten er­öffne.

Zur Frage nach dem Abstimmungsverhalten sei zu sagen, daß es in der Ratsarbeitsgruppe kein Abstimmungsverfahren gebe. Es werde lediglich danach gefragt, ob der jeweils vorliegende Text aus fachlicher Sicht akzeptabel als Grundlage für eventuelle weitere Diskussionen sein könne. Es gebe nur die Möglichkeit, einen Prüfvorbehalt einzulegen oder einen generellen politischen Vorbehalt dagegen anzumelden, daß etwas überhaupt Gegenstand einer Lösung sein könne.

In der Sitzung am 6. und 7. Oktober habe kein Staat einen Prüfvorbehalt eingelegt, sondern es habe nur nickende, schweigende Zustimmung gegeben. Niemand habe einen Prüfvorbehalt, einen politischen Vorbehalt oder Formulierungswünsche vorgebracht.

Den Einwurf von Abgeordnetem Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche), für das Vereinigte König­reich sei in den Unterlagen ein genereller Vorbehalt vermerkt, beantwortet Mag. Richard Flammer (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) damit, daß die Delegation des Vereinigten Königreiches zu Beginn dieser Sitzungsperiode unter Luxemburgischen Vor­sitz – mit Hinweis auf die politischen Veränderungen in Großbritannien – zwar grundsätzlich ein­gewilligt habe, im Interesse einer Sachlösung weiterzuverhandeln und sich an der Formulierung des Textes zu beteiligen, jedoch bis zum Ministerrat aus politischen Gründen einen Prüfvorbe­halt hinsichtlich der Akzeptanz der gesamten Richtlinie eingebracht habe. Dies gelte daher für die britische Haltung gegenüber allen in Rede stehenden Punkten.

Die Streichung des Wortes „reproduktiv“ sei von allen Mitgliedstaaten als qualitative Verbesse­rung hinsichtlich des Klonens aufgefaßt worden, obwohl nicht alle von ihnen dieses Problem als so dringlich empfunden hätten wie Österreich.

Der Abänderungsantrag Nummer 76 sei als einziger nicht so übernommen worden, wie es das Europäische Parlament wollte, weil ihm zufolge ein Patient eine Zustimmungserklärung abgeben müßte, damit ihm Proben entnommen werden können. Wenn dies zur Patentanmeldung geeig­nete Forschungsergebnisse nach sich zöge, dann bringe dies ein Datenschutzproblem mit sich. Nach Ansicht der Kommission widerspreche es den Anforderungen des Datenschutzes, daß persönliche Daten des Patienten zwangsläufig als Bestandteil einer Patentanmeldung geoffen­bart werden. Mit der Anmeldung aber würden diese Daten öffentlich werden, und zwar unab­hängig von der Frage, ob sie auch bei Patenterteilung veröffentlicht werden.

Mit den persönlichen Daten des Patienten wäre ein Sondertatbestand für die Patentanmeldung biotechnologischer Erfindungen geschaffen worden, und es wäre nötig geworden, diesen Aspekt neben den herkömmlichen Fragen der Patenterteilungsmöglichkeit – unter anderem Neuheit, gewerbliche Anwendbarkeit und erfinderische Tätigkeit – in die Prüfung einzubeziehen. Das Europäische Patentamt habe darauf verwiesen, daß ein solcher Grund zur Verneinung eines Patentes im Europäischen Patentübereinkommen nicht vorgesehen ist.

Der völkerrechtlich vielleicht gewichtigste Einwand habe sich darauf bezogen, daß diese Rege­lung dem Artikel 8j der Rio-Konvention nachgebildet ist, dieser Artikel aber bis heute nicht rest­los klargestellt worden sei. Solange nicht klar sei, in welche Richtung die Zustimmungserklärung aus der Rio-Konvention letztlich weist, rate die Kommission von einer einseitigen EU-Regelung ab und wolle noch keinen entsprechenden Artikel formulieren.

Artikel 27 Abs. 2 des TRIPS-Abkommens sei nicht als Begründung für den Ausschluß des Stoff­schutzes für Gene herangezogen worden, weil mit Bezug auf diesen Artikel nicht ein Patent auf eine Erfindung versagt werden könne, wenn sich eine Gesellschaft den Nutzen aus einer Erfindung erlaubterweise zu eigen gemacht habe. Nur wenn in einem vorgelagerten Gesetz ein ausdrückliches Verbot festgelegt sei, verstoße ein entsprechendes Patent gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten, und dann könne es nach Artikel 27 Abs. 2 TRIPS-Abkommen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden. Nicht möglich sei dies mit Bezug auf eine aktuelle Patentanmeldung. Daher sei dieser Artikel nicht tauglich, den Stoffschutz von Genen auszu­schließen.

Das Landwirteprivileg gemäß Artikel 11 Abs. 2 ziele darauf ab, daß sich durch die Einführung eines Patentes auf reproduktionsfähiges Patentmaterial für den Bauern bei bloßer Forterhaltung seines Viehbestandes nichts ändert. Die gefundene Formulierung eigne sich dafür, die Be­lastung eines Landwirtes mit der Bezahlung von Lizenzgebühren auszuschließen, solange er im Rahmen seines eigenen Betriebes die Züchtung transgener Tiere nicht erwerbsmäßig vornimmt. Aus diesem Grund habe sich im Rahmen der interministeriellen Besprechung am 3. Oktober 1997 im Österreichischen Patentamt niemand gegen die Intention des Artikels 11 Abs. 2 ausge­sprochen, und daher sei dies in der Arbeitsgruppe nicht thematisiert worden.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) leitet aus den Ausführungen von Mag. Flammer eine gehobene Dringlichkeit ihres Antrages auf Stellungnahme ab. Es sei, auch in Kenntnis der zitierten Äußerungen von Bundesminister Dr. Farnleitner zur Gentechnik, absolut inakzeptabel, auf die Vorlage eines Dokumentes über die österreichische Verhandlungsposition zu verzichten. Die Berufung auf vermeintliche Vorteile des mündlichen Vorbringens von Argu­menten zur Vermeidung eines komplizierteren Verfahrens sei unerträglich. Zu berücksichtigen sei das weitgehende Mitbestimmungsrecht des österreichischen Parlaments.

Das Argument des Abgeordneten Mag. Schweitzer sei auch aus juristischer Sicht bisher nicht entkräftet worden. Wenn schon im Beratungsgremium kein Papier über die österreichische Position vorgelegt werde, so hätten zumindest die österreichischen Parlamentarier darauf An­spruch, über die juristische Argumentation in Kenntnis gesetzt zu werden. Die Antragsteller wünschen, spätestens in der Hauptausschußsitzung am 18. November eine schriftliche Darstel­lung vorgelegt zu bekommen.

Abgeordnete Dr. Petrovic weist darauf hin, daß sie im Hinblick auf Artikel 27 Abs. 2 TRIPS-Ab­kommen im Gegensatz zur Regierungsseite zu völlig anderen Ergebnissen gelangt sei.

Auch nachdem das Wort „reproduktiv“ gestrichen worden sei, gingen die Bestimmungen über das Klonieren menschlicher Zellen – auch im Hinblick auf das Gentechnik-Volksbegehren – zu weit und seien insbesondere unter ethischem Aspekt nicht vertretbar.

Die Argumente des Europäischen Patentamtes im Hinblick auf den Abänderungsantrag Num­mer 76 seien nicht stichhaltig. Zwar treffe der Einwand über die Zustimmung des Patienten zu, aber es sei eine Frage der politischen Willensbildung, ob menschliche Gene patentiert werden können oder nicht. Werde die Zustimmung nicht erteilt, so sei dies zu berücksichtigen. Wenn sie aber erteilt werde, so könne der Betroffene speziell darauf aufmerksam gemacht werden, daß damit datenschutzrechtliche Fragen und ein Einverständnis zur Weitergabe persönlicher Daten verknüpft seien.

Wenn gesagt werde, man wolle die Zustimmung gar nicht erst einholen, weil dies das Festhalten persönlicher Daten erfordere, dann komme darin ein politisches Werturteil im Vorfeld zum Aus­druck, nämlich das Werturteil, daß die Patentierbarkeit menschlicher Gene grundsätzlich wün­schenswert sei. Was die juristischen Bedenken anbetreffe, reiche es nicht aus, Unklarheiten des Artikels 8j der Rio-Konvention vorzuschützen, sondern es gelte vielmehr, umfassendere juri­stische Beratung einzuholen.

Wenn man argumentiere, daß in der Frage des Stoffschutzes für Gene auf die Einschränkung des Schutzes von Gesundheit oder Umwelt verzichtet werden könne, dann sei es letztlich auch möglich, den Artikel 27 Abs. 2 des Abkommens insgesamt als entbehrlich hinzustellen. Daher sei diese Argumentation juristisch nicht stichhaltig.

Jedenfalls müsse die Regierung die ihrer Entscheidung zugrunde liegenden Werthaltungen und Schlüsse allen Fraktionen des österreichischen Parlaments gegenüber offenlegen. (Obmann­stellvertreter Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche) hält Abgeordnetem DDr. König entgegen, daß zwar einer Reihe von Einwendungen des Europäischen Parlaments im neuen Entwurf Rechnung getragen worden sei, jedoch bestehe ein grundsätzlicher Unterschied zwischen vollin­haltlicher Akzeptanz und bloßer Berücksichtigung. Manche Einwände seien überhaupt nicht, andere nur teilweise berücksichtigt worden, und dies des öfteren auch nur in abweichenden Formulierungen.

Aus diesem Grund sei der Einwand von Abgeordnetem DDr. König gegen den vorliegenden An­trag auf Stellungnahme zwar semantisch gut gelungen, er gehe aber an der Sache vorbei. An­gesichts des Unterschiedes zwischen Akzeptanz und Berücksichtigung sei dieser Antrag nach wie vor relevant.

Abgeordneter Mag. Haupt stellt neuerlich die Frage, warum Österreich – wie es im Protokoll ver­merkt sei – seine Zustimmung erteilt habe, daß zwar die Begriffe „öffentliche Ordnung“ und „gute Sitten“ hinsichtlich der Möglichkeit von Patentverboten in den Artikeln 27 und 34 Berück­sichtigung gefunden haben, nicht jedoch der Begriff „Umwelt“.

In Artikel 27 Abs. 3 lit. a und b sei eindeutig folgendes festgelegt: Die Mitglieder können von der Patentierbarkeit auch ausschließen a) diagnostische, therapeutische und chirurgische Verfahren für die Behandlung von Menschen und Tieren, b) Pflanzen und Tiere mit Ausnahme von Mikro­organismen und im wesentlichen biologische Verfahren für die Erzeugung von Pflanzen oder Tieren mit Ausnahme von nichtbiologischen und mikrobiologischen Verfahren. Die Mitglieder sehen jedoch den Schutz von Pflanzensorten entweder durch Patente oder durch ein wirksames System eigener Art oder durch eine Verbindung beider vor. Die Bestimmungen dieser Litera werden vier Jahre nach dem Inkrafttreten des WTO-Abkommens einer Überprüfung unterzogen.

Diese Zitate brächten klar zum Ausdruck, daß man bei gutem Willen auch ein anderes Ergebnis hätte herbeiführen können, statt Rechtsgutachten einzuholen, um die eigenen Positionen des Nichtwollens zu untermauern. Zudem würden Rechtseinkünfte erst dann zu geltendem Recht werden, wenn sie oberstgerichtlich entschieden seien.

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche) faßt zusammen, daß Artikel 11 Abs. 2 die Verwendung von patentiertem Zuchtvieh im Bereich der Landwirtschaft regle, und zwar derart, daß der Landwirt das patentierte Zuchtvieh zwar für eigene Zwecke, nicht aber für den Verkauf verwenden dürfe.

Es stelle sich nunmehr die Frage, ob dies nur auf das patentierte Zuchtvieh selbst oder aber auch auf dessen Nachkommen zutreffe. Wäre letzteres der Fall, so könnten letztlich einige wenige Patentinhaber – die noch dazu auf Basis gentechnologischer Erfindungen bestimmte Linien in Anspruch nehmen könnten – totale Kontrolle über die Nahrungsmittelproduktion aus­üben.

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP) hält Abgeordneter Dr. Petrovic entgegen, daß aus einigen Äußerungen von Bundesminister Dr. Farnleitner gegen die generelle Verteufelung eines wichtigen Forschungs- und Wirtschaftszweiges sowie der damit verbundenen Arbeitsplätze nicht der Schluß auf eine insgesamt unkritische Haltung des Bundesministers gegenüber der Gen­technologie gezogen werden könne. Ein solcher Schluß sei seinerseits als ein politisches Wert­urteil im Vorfeld zu betrachten.

Bundesminister Dr. Farnleitner sei früher Vorsitzender der Katholischen Männerbewegung ge­wesen. Diese habe sich intensiv mit der Schöpfungsgeschichte und den damit verbunden Fra­gen befaßt, sodaß der Bundesminister sicherlich höchste ethische Ansprüche an sich selbst und sein Handeln stelle. Daher könne ihm in dieser Frage keine unkritische Haltung zugemessen werden.

Verwundert zeigt sich Abgeordnete Rauch-Kallat über die Haltung der Grünen zum Datenschutz gemäß Artikel 76. In früheren Diskussionen hätten die Grünen, aber auch die Freiheitlichen, zu Recht besonders hohe Maßstäbe an den Datenschutz angelegt. Vor diesem Hintergrund sei nicht verständlich, daß die Datenschutzfrage nunmehr weggewischt werde.

In der nächsten Sitzung des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volks­begehrens werde diese Frage mit zwölf internationalen Experten als Auskunftspersonen aus­führlich diskutiert werden und damit eine Gelegenheit zur Klärung offener Fragen wahrgenom­men werden können. Auf dieser Grundlage könne am 18. November 1997 Bericht gelegt wer­den, sodaß es sinnvoll sei, den heutigen Hauptausschuß nicht zu beschließen, sondern auf den 18. November zu vertagen. Insofern kann Abgeordnete Rauch-Kallat sich dem Wunsch des Oppositionsantrages nach einem zusammenfassenden Bericht über den Verhandlungsstand am 18. November anschließen. Diese Zustimmung gelte jedoch nicht für die anderen Punkte des Antrages.

Auf entsprechende Nachfrage von Obmannstellvertreter MMag. Dr. Willi Brauneder bestätigt Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP), daß dies ein formeller Vertagungsantrag ist.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) hebt gegenüber Abgeordneter Rauch-Kallat hervor, daß die Grünen eben deshalb Einspruch erhoben hätten, weil sie den Datenschutz viel ernster nähmen. Sie wirft der Bundesregierung und den Regierungsparteien einen unkriti­schen und leichtfertigen Umgang mit datenschutzrechtlichen Fragen vor.

Der Hervorhebung einer ethisch orientierten Haltung von Bundesminister Dr. Farnleitner könne die Position der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik entgegengestellt werden. Diese Ge­sellschaft halte grundsätzlich einen Patentschutz im Bereich diagnostischer und therapeutischer Produkte im medizinischen Bereich für wünschenswert und stehe daher der Patentierbarkeit aufgeschlossen gegenüber, jedoch hätten sich die dort versammelten Ärzte gegen die Patentie­rung menschlicher Gene ausgesprochen.

In einer entsprechenden Stellungnahme heiße es: Menschliche DNA-Sequenzen innerhalb und außerhalb ihrer natürlichen Umgebung sind Teil des menschlichen Körpers und sollten als solche nicht patentierbar sein. Die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik sieht sich damit in Übereinstimmung mit der Deklaration des Weltärztebundes und den Forderungen des ständigen Ausschusses der europäischen Ärzte und des Deutschen Ärztetages, die sich gegen eine Patentierbarkeit menschlicher Gene ohne jede Ausnahme ausgesprochen haben.

Deshalb fragt Abgeordnete Dr. Petrovic, wessen Vorstellungen zur Ethik in dieser Frage die weitergehenden seien. Ein Wirtschaftsminister müsse sehr gute Gründe haben, um sich gegen die ethischen Überlegungen einer speziellen Gesellschaft für Humangenetik, des Weltärztebun­des, der europäischen Ärzte und des Deutschen Ärztetages hinwegzusetzen.

Die Grünen gingen noch darüber hinaus, und ihnen sei insbesondere im Zusammenhang mit Artikel 4 wichtig, den Bundesminister an die Vorgabe zu binden, auch die Patentierbarkeit von Tieren und Pflanzen auszuschließen.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) rät davon ab, die Debatte auf den nächsten Termin zu verlegen, weil von diesem Hauptausschuß intensive Diskussionen zu ande­ren Themen zu erwarten seien.

Es bestehe die Sorge, daß menschliche Gene ohne Wissen der Person, von der sie stammen, verwendet oder verwertet werden könnten. Somit stehe das öffentliche Interesses am Daten­schutz einem anderen öffentlichen Interesse gegenüber, nämlich dem, daß niemand, auch nicht mit Teilen seines Körpers, gegen seinen Willen Gegenstand gewerblicher Verwertung werden dürfe. Diese Interessen seien gegeneinander abzuwägen.

Als es um das Problem Europol ging, sei der Schutz der personenbezogenen Daten nicht für wichtig genug gehalten worden, um die Übermittlung solcher Daten auszuschließen. Eine ent­sprechende Abwägung sei auch in der vorliegenden Frage vorzunehmen, sodaß zu überlegen sei, ob der Schutz personenbezogener Daten, wenn es um die Entnahme von Genen eines Patienten oder einer Patientin sowie deren Verwertung geht, nicht sekundär sei gegenüber der Sicherstellung, daß diese Entnahme und Verwertung nicht ohne ihr Wissen und gegen ihr Willen erfolgt. Diese politische Frage gelte es zu klären.

Zwar sei das Wort „reproduzierend“ aus dem Text über das Klonen entfernt worden, jedoch sei dieses Wort im zweiten Satz des Erwägungsgrundes 24 nach wie vor enthalten.

Zum Antrag auf Stellungnahme sei nachzutragen, daß der Punkt „Produktion menschlicher Klone (sowohl von lebenden als auch von toten Personen)“ infolge der jüngsten Entwicklung überholt sei. Diese Forderung sei mittlerweile erfüllt worden.

Auch die Anliegen der Abänderungsanträge Nummer 45 und 55 seien inzwischen eingelöst wor­den, nur jenes des Antrags Nummer 76 sei noch offen. Es möge diskutiert werden, ob darüber, auch unter Abwägung der öffentlichen Interessen, tatsächlich kein Kompromiß gefunden werden könne.

Hinsichtlich des letzten Punktes bestehe nunmehr die Möglichkeit, die Forderung nach Bericht­erstattung außer Streit zu stellen.

Mag. Richard Flammer (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) verweist zu Artikel 27 Abs. 3a des TRIPS-Abkommens auf den TRIPS-konformen § 2 des österreichischen Patentgesetzes und die einschlägigen Patentausschließungsgründe des Europäischen Patent­übereinkommens, sodaß eine Klarstellung in vollkommener Akkordanz konstatiert werden könne.

Zum Erwägungsgrund 24a werde das Ratssekretariat für die Sitzung der Ratsarbeitsgruppe kommende Woche einen konsolidierten Text ausarbeiten, in dem die Änderungen Berücksichti­gung finden würden. Parallel dazu werde der Text vom sprachjuristischen Dienst überarbeitet, sodaß sich noch geringfügige Änderungen ergeben könnten, allerdings nicht den Sinn, die Aus­sage und die Art der Regelung betreffend.

Der luxemburgische Vorsitz plane weiters einen Bericht an den COREPER, aus dem Erwä­gungsgründe und Motive über die Regelungen hervorgehen könnten.

Hofrat Dipl.-Ing. Karl Wolf (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) hebt her­vor, daß Erfindungen auf dem Gebiet der Biotechnologie zumeist lebende Materie betreffen, die ihre Erbinformation auf die nächste Generation weitergibt.

Eine unter Schutz stehende DNA scheine auch in der nächsten Generation auf. Laut Artikel 10 der Richtlinie umfasse der Schutz eines Patentes für biologisches Material, das aufgrund der Erfindung mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist, jedes biologische Material, das ausge­hend von diesem biologischen Material durch generative oder vegetative Vermehrung in gleicher oder abweichender Form gewonnen wird und mit denselben Eigenschaften ausgestattet ist.

Für die Landwirte sei als Ausnahme ein Landwirteprivileg geschaffen worden, da es für den Landwirt unzumutbar sei, ständig Lizenzgebühren zu bezahlen. Er könne das patentierte Material in seinem eigenen Betrieb weiterverwenden, jedoch nicht für gewerbliche Zwecke. Im Falle eines patentierten Saatgutes dürfe er nicht das weitergezüchtete Saatgut verwenden, wohl aber die Pflanze, die er damit gezüchtet hat. Hinsichtlich der Viehzucht sei dieser Artikel so zu verstehen, daß nicht die gewerbliche Viehzucht bezweckt sein dürfe. Wohl aber könnten diese Tiere im eigenen Betrieb weitergezüchtet werden. Für die nachfolgenden Generationen und für die Produkte dieser Tiere, zum Beispiel für die Milch, müßten keine Lizenzgebühren an den Patentinhaber bezahlt werden.

Das Europäische Patentübereinkommen enthalte keine Regelungen über menschliche Gene beziehungsweise DNA-Sequenzen. Gemäß diesem Europäischen Patentübereinkommen seien lediglich Erfindungen ausgeschlossen, deren Verwendung oder Verwertung gegen die öffent­liche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, weiters Verfahren zur chirurgischen oder thera­peutischen Behandlung des menschlichen Körpers und Therapieverfahren am menschlichen oder tierischen Körper, ferner Pflanzensorten und Tierarten sowie im wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren. Auf menschliche oder tierische Gene fänden sich im EPÜ keinerlei Hinweise.

In Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie sei klar festgelegt, daß der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung seiner Bestandteile, einschließlich einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, keine patentierbaren Erfindungen sein könnten. Werde daher aus dem menschlichen Körper ein Gen isoliert und aufgeschlüsselt, so könne dies keine Erfindung sein. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus sei das ebenfalls verständlich, da die Aufklärung einer DNA-Substanz heute nicht mit Schwierigkeiten verbunden sei.

Wenn aber die Bearbeitung eines Gens dazu führe, daß es eine bestimmte nichtbiologische oder überraschende technische Funktion zeigt und damit eine gewerbliche Anwendbarkeit, bei­spielsweise zur Herstellung eines Arzneimittels, verbunden sei, dann solle ein solches Gen vom Patentschutz nicht ausgeschlossen sein. Für ein entstehendes Produkt solle Patentschutz ge­währt werden, wenn die gewerbliche Anwendbarkeit dieses Produktes gegeben ist. Somit sei Artikel 5 der Richtlinie enger gefaßt als die derzeitige Regelung im Europäischen Patentüberein­kommen.

Nach Einschätzung von Mag. Richard Flammer (Bundesministerium für wirtschaftliche Angele­genheiten) handelt es sich nunmehr um eine Einschränkung des nach dem momentanen Stand des Europäischen Patentübereinkommens denkmöglichen Gegenstandes eines Patents. Wie restriktiv die Richtlinie sei, zeige sich daran, daß ihr zufolge nicht mehr für alles ein Patent erteilt werden könne, was gegenwärtig nach dem Europäischen Patentübereinkommen noch patentier­bar sei.

Ohne expliziten Ausschluß von der Patentierbarkeit hänge es vom Ergebnis der jeweiligen Patentprüfung ab, ob ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten vorliegt. Würden diese speziellen Punkte a priori ausgenommen, so falle auch ein Interpreta­tionsrisiko weg.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP) interpretiert Artikel 11 Abs. 2 so, daß es dem Landwirt auch ermöglicht werde, das patentierte Zuchtvieh an landwirtschaftliche Betriebe wei­terzuverkaufen, ohne Lizenzgebühren bezahlen zu müssen. Dies lasse sich aus der Formulie­rung ableiten, daß sich diese Befugnis auch auf den Verkauf zur Fortführung landwirtschaftlicher Tätigkeit erstrecke, jedoch nicht auf den Verkauf mit dem Ziel oder im Rahmen einer gewerb­lichen Viehzucht.

Unter gewerblicher Viehzucht sei eine bodenunabhängige Viehzucht zu verstehen. Ein solcher Züchter sei nicht mehr landwirtschaftskammerzugehörig. Dabei könne es sich beispielsweise um eine Pelztierfarm oder eine Geflügelfarm ohne eigenen Grund und Boden sowie auch um einen gewerblichen Versuchsbetrieb handeln. Aber der Landwirt dürfe im Rahmen der landwirt­schaftlichen Tätigkeit auch patentiertes Zuchtvieh weiterverkaufen.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ) antwortet Abgeordneter Dr. Petrovic auf ihre Frage nach der Position der sozialdemokratischen Fraktion, daß deren Standpunkt in der bevorstehenden Sitzung des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens durch die Aussagen einer Abgeordneten des Europäischen Parlaments insbesondere zum Thema Patentrecht eine Klarstellung erfahren werde.

Das von Mag. Flammer erwähnte konsolidierte Dokument in deutscher Fassung, das für nächste Woche zu erwarten sei, werde dem Ausschuß eine intensive Diskussion aufgrund des wirklichen Textes und nicht aufgrund von Interpretationen auf Abgeordnetenseite ermöglichen.

Aus diesem Grund spricht sich Abgeordneter Gradwohl ebenfalls dafür aus, die heutigen Bera­tungen wegen vorhandener Unklarheiten nicht zu Ende zu führen und die Sitzung zu vertagen.

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche) zieht die Deutung des Landwirteprivilegs durch Abgeordneten Schwarzenberger in Zweifel. Aus dem Text ergebe sich insgesamt, daß auch der traditionelle Landwirt dann, wenn er außerhalb der Erhaltung seines Betriebes paten­tiertes Zuchtvieh verkauft, die Lizenzgebühren zu entrichten haben werde.

Unproblematisch sei die Lage, solange die Tiere im eigenen Bereich verbleiben, problematisch sei sie hingegen dann, wenn jemand beispielsweise über einen Milchbetrieb oder einen Wollbe­trieb mit Schafen verfügt und die zur Aufrechterhaltung der Grundproduktion erforderliche Nach­zucht verkauft. Es gehe dann nicht mehr um die Bestandserhaltung des bäuerlichen Betriebes, und im Sinne der mit Ausnahme Österreichs in ganz Europa üblichen „Herodes“-Prämie werde es eher zur Schlachtung dieser Tiere als zu deren Weiterverkauf kommen, weil sonst die Lizenzgebühren anfielen.

Abgeordneter Mag. Haupt rät daher Abgeordnetem Schwarzenberger, die Landwirtschaftskam­mer solle die Definitionen des Bäuerlichen und des Gewerblichen im zweiten Halbsatz dieser Bestimmung überprüfen, um über die rein österreichische Sichtweise hinauszukommen.

Der Datenschutz und die Verwertung der Materialien von Verstorbenen erfordere aus österrei­chischem Blickwinkel eine spezielle Bewertung. Als eines von wenigen Ländern ermögliche Österreich die Entnahme der Organe von Verstorbenen ohne deren Zustimmung, und die Nicht­entnahme sei an das Vorliegen eines ausdrücklichen Verbots der Entnahme gebunden, woge­gen in allen anderen Mitgliedstaaten für die Entnahme von Organen, Zellen, Genen und anderen Materialien eine ausdrückliche Zustimmung erforderlich sei. Daher sei eine einfache Sichtweise der österreichischen Position nach Art der Abgeordneten Rauch-Kallat nicht angebracht, son­dern der Ausgangspunkt müsse die spezielle innerstaatliche Rechtssituation in Österreich sein.

Da in allen anderen EU-Staaten die Entnahme nur mit ausdrücklicher Zustimmung erfolgen könne, sei die Einbeziehung der betroffenen Familienangehörigen in die Lizenzgebühren im Falle der Entnahme und Verwertung dort selbstverständlich. Hingegen könnten in Österreich an­sässige Firmen den Datenschutz dazu benutzen, unter Berufung darauf auch diejenigen, die um ihre Zustimmung gefragt worden sind, von der wirtschaftlichen Verwertung der gentechnologi­schen Produkte auszuschließen.

Aufgrund dieser besonderen Rechtslage könne sich Österreich nicht auf die Position zurückzie­hen, gleich allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union für die getroffene Regelung einzutreten. Denn für Österreich stehe dabei mehr als nur der individuelle Datenschutz zur Dis­kussion. Daher müsse die österreichische Vorgangsweise speziell erörtert werden, und es müsse geklärt werden, wie die Rechte von Österreichern, die davon betroffen sind, im Falle der wirtschaftlichen Verwertung durchgesetzt werden könnten.

Ein drittes Mal fordert Abgeordneter Mag. Haupt eine Antwort auf seine bisher unerwiderte Frage, warum Österreich dem Austausch der Formulierung über die Menschenrechte und der Weglassung des im internationalen Patentrecht ausdrücklich vorgesehenen Begriffes „Umwelt­schutz“ zugestimmt hat. Daß es nötig sei, diese Frage mehrmals zu stellen, lasse sich als Hin­weis darauf deuten, daß andere als die bisher vordergründig genannten Motive die österrei­chische Bundesregierung zu ihrem Standpunkt bewogen hätten, und es wecke auch Zweifel an der behaupteten Einschränkung.

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche) hält die Regelung im Hinblick auf die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit im Umgang mit patentiertem Zuchtvieh für unklar.

Die Frage sei, ob ähnlich wie im Pflanzenbereich gilt, daß die zweite Generation im eigenen Be­trieb nachgebaut, aber nicht verkauft und nicht einmal anderen überlassen werden dürfe. Vieh­bauern hätten zwar meist keinen gewerblichen Betrieb, aber das Vieh werde in umfangreichem Ausmaß an gewerbliche Betriebe veräußert, die es ihrerseits weiterverkauften oder exportierten.

Aus dem Gesetz gehe nicht klar hervor, worauf es abziele, die österreichischen Bauern brauch­ten jedoch klare Informationen. Nach dem Zusammenbruch des Rindermarktes aufgrund der BSE-Krise habe sich die Viehzucht in Österreich als ein relativ gut florierendes Segment der Landwirtschaft entwickelt. Mit dem Einsatz der Gentechnologie bestehe nunmehr die Gefahr, daß einige wenige Großkonzerne den Ton angeben könnten und herkömmliche Züchter nicht mehr wettbewerbsfähig sein würden. Wenn es dazu komme, könnten die Patentinhaber das große Geschäft machen.

Daraus ergebe sich, daß das Gesetz in dieser Hinsicht anders auszulegen sei als im Pflanzen­baubereich. Abgeordneter Ing. Reichhold fragt daher, ob garantiert werden könne, daß der Ver­kauf von Zuchtvieh an gewerbliche Unternehmen von dieser Richtlinie nicht erfaßt ist.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) merkt zum Landwirteprivileg an, daß die Definition landwirtschaftlicher Zwecke auf europäischer Ebene sich nicht danach richten werde, ob ein Betrieb in Österreich der Landwirtschaftskammer angehört.

Wenn es in Artikel 11 Abs. 2 heiße: „jedoch nicht auf den Verkauf mit dem Ziel oder im Rahmen einer gewerblichen Viehzucht“, so könne das auch bedeuten, daß das in einem landwirtschaftli­chen Betrieb reproduzierte Vieh in einem zweiten Schritt an jemanden veräußert wird, der Vieh­zucht betreibt. Vom ursprünglichen Text ausgehend, in dem es nur um den zu erneuernden Tierbestand gegangen sei, liege die Annahme einer wesentlich engeren Auslegung nahe, etwa jener, daß lizenzgebührenfreie Zucht bloß zum Zweck des eigenen Verzehrs möglich sei. Aus dieser Betrachtungsweise ergebe sich, daß das Landwirteprivileg nicht zum Tragen komme, sobald irgendeine Art von Verkauf vorliege.

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP) erläutert im Hinblick auf Artikel 5 Abs. 2 und 3, daß es sich bei Sequenzen oder Teilsequenzen aus Genen um Ribonukleinsäuren beziehungsweise Aminosäuren – etwa um Cytosin, Guanin oder Adenin – handle und daß es Methoden gebe, diese Säuren herauszufiltrieren, was jedoch im Falle der von Abgeordneter Dr. Petrovic ange­sprochenen Einschränkungen nicht mehr möglich wäre.

Nach reiflicher Überlegung ist Abgeordneter Dr. Leiner zu dem Ergebnis gelangt, daß sich keine Probleme daraus ergeben, diese Aminosäuren aus einem Gen zu sequenzieren, zumal man sie auch synthetisch herstellen könne.

Die Datenschutzbedenken von Abgeordnetem Mag. Barmüller seien völlig überflüssig, da sie im Gentechnikgesetz behoben worden seien.

Hofrat Dipl.-Ing. Karl Wolf (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) erläutert zum Landwirteprivileg, daß ein Landwirt, wenn er patentgeschütztes Vieh kauft, dieses in seinem eigenen Betrieb vermehren könne. Er könne damit seinen Viehbestand erneuern oder dessen Produkte ernten und verkaufen. Ausdrücklich sei in der Richtlinie festgelegt, daß sich diese Befugnis auch auf den Verkauf zur Fortführung landwirtschaftlicher Tätigkeiten, jedoch nicht auf den Verkauf mit dem Ziel oder im Rahmen einer gewerblichen Viehzucht beziehe.

Der Landwirt dürfe daher das patentierte Vieh nicht für gewerbliche Zwecke weiterzüchten und damit keinen eigenen gewerblichen Viehzuchtbetrieb aufbauen. Diese Regelung ziele darauf ab, den Landwirt vor der Abhängigkeit von Großkonzernen zu schützen. Nach dem Kauf des paten­tierten Viehs solle er zwar damit sämtliche Tätigkeiten ausführen können, aber der Gebrauch dessen, was nicht sein geistiges Eigentum ist, sei ihm nicht erlaubt, und daher dürfe er die Erb­substanz nicht gewerblich verwerten.

Bisher habe es im Patentrecht keine derartige Regelung gegeben. Nunmehr liege damit eine engere Auslegung des Europäischen Patentübereinkommens vor, und damit sei ein Zugeständ­nis an den Landwirt verbunden, und zwar mit dem Ziel, daß der kleine Bauer nicht von den Großbetrieben abhängig sein solle.

Dipl.-Ing. Wolf bestätigt die in einem Zwischenruf von Abgeordnetem Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche) geäußerte Ansicht, daß ein Bauer, der sein Zuchtvieh an einen Gewerbebetrieb verkauft, dafür keine Lizenzgebühr zu entrichten hat, wohl aber der gewerblicher Züchter, wenn er dieses Vieh weiterverkauft.

Die sich daran anknüpfende intensive Wechselrede wird von Obmannstellvertreter MMag. Dr. Willi Brauneder mit Hilfe des Glockenzeichens beendet.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ) weist Abgeordneten Mag. Haupt darauf hin, daß auch in Belgien eine Transplantationsregelung nach Art der österreichischen Gültigkeit habe. Einem Mißbrauch beim Explantieren werde durch die große Anzahl der daran Beteiligten – bis hin zum Narkotiseur, der die Lebensfunktionen der Organe aufrechtzuerhalten habe – vorge­beugt. Ein völliger Ausschluß des Mißbrauches sei niemals möglich, das habe sich beispiels­weise vor einigen Jahren gezeigt, als Hypophysen von Leichen und andere Körperteile der Pharmaindustrie verkauft worden seien, bis der frühere Wiener Gesundheitsstadtrat Dr. Stacher diese Praxis abgestellt habe.

Im Zuge dieses Handels seien damals auch Krankheiten übertragen worden. Kinder seien mit der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit infiziert worden. Nunmehr sei es die Gentechnik, die ihnen große Heilungsfortschritte gebracht habe.

Es stehe zu hoffen, daß es nicht möglich sein wird, aus Leichen ein Geschäft zu machen.

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche) entgegnet Abgeordneter Dr. Pittermann, daß es ihm weniger um Organtransplantationen gehe als um die genetische und mikrobiologische Verwertbarkeit. Zur Entnahme von Zellen oder Blutproben sei kein großer Personalapparat er­forderlich.

Es stehe eine Reihe diagnostischer gentechnologischer Möglichkeiten als Grundvoraussetzung für Therapien zur Verfügung, sodaß es zum Beispiel nach Knochenmarks­transplantationen zu überraschenden Ergebnissen der Reparation und zu neuen, heilbringenden Erkenntnissen kom­men könne.

Wenn ein Patient über originäres genetisches Material verfügt, das sich als ausbaufähig für gen­technologisch nachvollziehbare Reparationstherapien erweist, genüge es, daß ein Laborant die­sem Patienten entsprechende Zellen entnimmt. Daraus könne sich unter Umständen ein Milliar­dengeschäft entwickeln. Aufgrund der in Österreich bestehenden Rechtslage bestehe die Mög­lichkeit, daß die Familienangehörigen davon nicht Kenntnis erhalten.

Hingegen müsse in Deutschland, Dänemark oder Schweden bekannt sein, um wen es sich handelt, sodaß die Firmen die Betroffenen auch dann, wenn sie selbst die für die Verwertung erforderlichen biologischen Grundvoraussetzungen geschaffen haben, die Betroffenen am Ge­schäft partizipieren lassen müßten. Demgegenüber seien österreichische Staatsbürger eindeutig benachteiligt. Angesichts dieser Schlechterstellung zeigt sich Abgeordneter Mag. Haupt verwun­dert über die mangelnde Bereitschaft der österreichischen Bundesregierung, in dieser Frage die Interessen der österreichischen Staatsbürger abzusichern.

Obmannstellvertreter MMag. Dr. Willi Brauneder schließt die Debatte und führt die Abstim­mung über den Vertagungsantrag durch.

Der Antrag wird mit Stimmenmehrheit angenommen.

Obmannstellvertreter MMag. Dr. Willi Brauneder verweist auf das Aviso, demgemäß die nächste Sitzung des Hauptausschusses am 18. November 1997 um 14 Uhr stattfinden wird, und schließt die Sitzung.

Schluß der Beratungen: 17.04 Uhr

                                                           Österreichische Staatsdruckerei: 75 1429