IV-21 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Dienstag, 10. November 1998

 

 

 

 

 

 

 

 


Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier



Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XX. Gesetzgebungsperiode                     Dienstag, 10. November 1998

Tagesordnung

1. Bericht des Bundesministers für Finanzen über das Ausmaß der aufgrund des Ausfuhr­förderungsgesetzes 1981 übernommenen Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rück­flüsse aus Haftungsinanspruchnahmen in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1998 (2. Quartal 1998) (Vorlage 151 HA)

2. Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Veräußerung der Bundesanteile an der “Dachstein” Fremdenverkehrs-AG (Vorlage 152 HA)

3. Wirtschaftspolitische Koordination in der 3. Stufe der Wirtschafts- und Währungs­union:

Bericht an den Ministerrat / Erweiterte Euro-11-Gruppe und informeller ECOFIN-Rat am 25./26. September 1998

(55327/EU XX. GP)

4. Agrarteil der Agenda 2000:

COM KOM (98) 158 final

Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik

(56829/EU XX. GP; ident mit dem Dokument 46329/EU XX. GP)

5. Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung betreffend zweite Aktualisierung des Übungs- und Ausbildungsplanes für 1998 aufgrund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG) (Vorlage 153 HA)

6. Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluß der Bundesregierung betreffend Weiterbelassung des österreichischen UNDOF-Kontingents (Vorlage 155 HA)

7. Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluß der Bundesregierung betreffend Weiterbelassung des österreichischen Kontingents bei United Nations Peace-keeping Force in Cyprus (UNFICYP) (Vorlage 156 HA)

8. Antrag des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf Zustimmung zum Beschluß der Bundesregierung betreffend Weiterbelassung der österreichischen Militärbeobachter bei United Nations Observer Mission in Georgia (UNOMIG) (Vorlage 157 HA)

9. Antrag des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf Zustimmung zum Beschluß der Bundesregierung betreffend Weiterbelassung der österreichischen Polizeibeobachter bei United Nations International Police Task Force (UNIPTF) (Vorlage 158 HA)

10. Antrag des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf Zustimmung zum Beschluß der Bundesregierung betreffend Entsendung einer Einheit zur Verifizierungsmission der OSZE für den Kosovo samt Beilagen (Vorlage 159/HA)

Beginn der Sitzung: 10.05 Uhr

(Nach Abwicklung der Tagesordnungspunkte 1 und 2 beginnen die Beratungen des Haup­ausschusses zu EU‑Angelegenheiten um 10.37 Uhr.)

3. Punkt

Wirtschaftspolitische Koordination in der 3. Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion: Bericht an den Ministerrat / Erweiterte Euro-11-Gruppe und informeller ECOFIN-Rat am 25./26. September 1998 (55327/EU XX. GP)

Obmann Dr. Heinz Fischer verweist auf eine Vereinbarung, der zufolge für die Debatte zum 3. Tagesordnungspunkt eine Redezeit von 1 Stunde – je 13 Minuten für SPÖ, ÖVP und Frei­heitliche sowie je 10 Minuten für Liberales Forum und Grüne – vorgesehen sei, und macht darauf aufmerksam, daß der “Mündliche, schriftlich vorgelegte Bericht an den Ministerrat be­treffend Erweiterte Euro-11-Gruppe und informeller ECOFIN-Rat am 25./26. September 1998; Ergebnisse” erneut zur Verteilung gelangt sei.

Da die grundlegenden Informationen somit bekannt seien, könne aufgrund des Verzichtes von Bundesminister Edlinger auf ein Einleitungsreferat sogleich in die Debatte eingegangen werden.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche) stellt zunächst fest, daß ihm der Bericht über das Stabilitätsprogramm erst am Morgen des heutigen Tages zugegangen sei.

Er fragt in bezug auf das bisher für 1998 prognostizierte Wirtschaftswachstum von 3,3 Prozent, ob in diese Vorhersage die inzwischen veränderten Prognosewerte der OECD und des Interna­tionalen Währungsfonds bereits Eingang gefunden hätten. Laut Bericht sei die Leistungsbilanz besser geworden und die Wettbewerbsfähigkeit seit 1995 um ungefähr 4,5 Prozentpunkte ge­stiegen sei. Abgeordneter Ing. Nußbaumer fragt, inwieweit diese Verbesserung auf den verän­derten Wechselkurs des Dollar zurückgeführt werden könne.

Mit Bezug auf die Diskussion im ECOFIN-Rat vom September 1998 über die wirtschafts­politische Koordination in der 3. Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion fragt Abgeordneter Ing. Nußbaumer, auf welche Weise diese Koordination aus österreichischer Sicht optimal gestaltet werden könnte.

Die Diskussion über eine Zinssenkung, die der neue Finanzminister Lafontaine in Deutschland ausgelöst habe, habe dazu geführt, daß jetzt enormer Druck auf die Deutsche Bundesbank aus­geübt werde. Davon ausgehend fragt Abgeordneter Ing. Nußbaumer, welche strukturellen Reformen durchgeführt werden sollten und zu welchem Zeitpunkt es dazu kommen sollte. Weiters fragt er, ob Bundesminister Edlinger die Meinung vertrete, daß auch auf dem jetzigen niedrigen Zinsniveau nach wie vor Zinsen und Wechselkurse als konjunkturpolitische Instru­mente zum Einsatz kommen sollten, und auf welche Art die Europäische Union auf die Ab­schwächung des Wirtschaftswachstums reagieren sollte.

Abgeordneter Ing. Nußbaumer stellt überdies die Frage, ob in der gegenwärtigen Konjunkturlage die automatischen Stabilisatoren in der Fiskalpolitik wirken würden und ob eine zusätzliche Drosselung der Ausgaben zur Erreichung eines niedrigeren als des derzeit zulässigen Budget­defizits angestrebt werden sollte.

Aufgrund der Forderungen von Finanzminister Lafontaine bestehe die Gefahr einer Überhitzung oder zumindest die Gefahr, daß der Stabilitätskurs nicht mehr eingehalten wird. Abgeordneter Ing. Nußbaumer fragt Bundesminister Edlinger, ob ihm bewußt sei, daß eine Ausweitung des Budgetdefizits zu steigender Inflation führen könnte, sodaß die Europäische Zentralbank, um die Preise stabil zu halten, zu einer Zinserhöhung gezwungen sein könnte. Bundesminister Edlinger möge auch die Position darlegen, die er in dieser Hinsicht im ECOFIN vertreten werde.

Nach Ansicht des Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) liegt der Schwerpunkt der 3. Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion auf der Vorlage der Stabilisierungs- und Konver­genzprogramme. Da offenbar auch jene vier Mitgliedstaaten, die den Euro nicht mit 1. Jänner 1999 einführen werden, die Absicht hätten, die Konvergenzprogramme analog zu gestalten, werde die gesamte Europäische Union auf einer gemeinsamen Schiene fahren.

Mit der laut Stabilitätsprogramm zu erwartenden Defizitquote von 1,4 Prozent werde das Ziel erreicht, das Budgetdefizit unter 1,5 Prozent zu halten. Es wäre erstrebenswert, im Vollzug einen niedrigeren Wert zu erreichen, aber festzuhalten sei, daß die Vorgaben für die 3. Stufe der WWU mit diesem Stabilitätsprogramm erfüllt seien.

Abgeordneter DDr. König fragt Bundesminister Edlinger, ob auch seiner Ansicht nach die im Vertrag vorgesehene wirtschaftspolitische Koordination in der 3. Stufe für ein zukünftiges ein­heitliches Vorgehen wichtig sei und ob er grundsätzlich eine Ausgabenstabilisierung in der Euro­päischen Union für erforderlich halte, um eine wesentliche Ausweitung der österreichischen Beitragszahlungen hintanzuhalten.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) verweist auf Seite 3 des Berichtes über den informellen ECOFIN-Rat im September und die dort als “zentrales Thema der Steuer­koordination” bezeichnete “sogenannte Drittstaatenproblematik”, die sich insbesondere in bezug auf die Frage einer wirksameren Besteuerung der privaten Zinserträge und des Energie­verbrauchs gezeigt habe.

Abgeordneter Mag. Barmüller fragt, ob dieser Begriff “Steuerkoordination” inhaltlich deckungs­gleich mit “Steuerharmonisierung” sei, welche wesentlichen Argumente in bezug auf die Ener­giebesteuerung auf europäischer Ebene vorgebracht worden wären und ob von dieser Diskussion Auswirkungen auf eine ökologische Steuerreform in Österreich – welche Bundes­minister Edlinger selbst als der Verwirklichung wert bezeichnet habe – zu erwarten wären. Dabei stelle sich insbesondere die Frage nach den Grenzen, die einer österreichischen ökologischen Steuerreform von einer europäischen Steuerharmonisierung gesetzt werden könnten.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ) widerspricht unter Hinweis auf die aktuellen Inflationsraten dem Abgeordneten Ing. Nußbaumer in bezug auf dessen Sorge über die Sta­bilität. Es gehe vielmehr um Reformschritte, die geeignet wären, zur Verbesserung der Beschäf­tigungslage das Tempo des wirtschaftlichen Wachstums in Europa zu erhöhen.

Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung sei mit dem Beginn der Debatte über die Koor­dinierung der Steuerpolitik gesetzt worden. Es werde darauf ankommen, den bisherigen ruinö­sen Steuerwettbewerb abzustellen. Dem vorliegenden Bericht zufolge seien die Finanzminister zu der Auffassung gelangt, daß es eines “verstärkten Dialogs zwischen den verschiedenen Ak­teuren der Wirtschaftspolitik” bedürfe. Dies deute darauf hin, daß unterschiedliche wirtschafts­politische Instrumente zur Bewältigung der Beschäftigungssituation herangezogen werden müßten.

Erst in den letzten Tagen sei wieder mit unterschiedlichem Maß gemessen worden. Denn die Diskussion des neuen deutschen Finanzministers Lafontaine mit der Deutschen Bundesbank über die Frage des Zinsniveaus sei als illegitimer Angriff auf die Unabhängigkeit der Bundes­bank ausgelegt worden. Anders gewichtet worden seien hingegen Äußerungen des österreichi­schen Gouverneurs in der Europäischen Zentralbank, in denen er die österreichischen Bundes­regierung habe wissen lassen, daß er das Budgetkonsolidierungsziel für wenig ambitioniert halte. Zwar könne dem Ziel eines “verstärkten Dialogs zwischen den verschiedenen Akteuren der Wirtschaftspolitik” zugestimmt werden, aber damit dürfe nicht gemeint sein, daß der eine Akteur sich laufend über den anderen Akteur äußert und die politisch Verantwortlichen zum Schweigen verurteilt sind.

Abgeordneter Dr. Gusenbauer fragt den Bundesminister für Finanzen, wie weit die Arbeiten zur Umsetzung des genannten Dialogs gediehen seien.

Von entscheidender Bedeutung sei die ebenfalls in dem Bericht aufgeworfene Frage, wie die Euro-Teilnehmer vor allem gegenüber den internationalen Finanzinstitutionen “mit einer Stimme sprechen” könnten. Es werde darauf ankommen, dafür eine geeignete Struktur zu finden. Nicht gut geeignet sei der Vorschlag, daß die Euro-Staaten im Wege einer Satzungsänderung in die Lage versetzt werden, zum Beispiel im Internationalen Währungsfonds und in der Weltbank eine Stimmrechtsgruppe zu bilden. Weiters habe es auch Vorschläge für eine verstärkte Koordination der Euro-Gruppe innerhalb der Finanzinstitutionen gegeben. Abgeordneter Dr. Gusenbauer fragt, welche Konstruktionsform in bezug auf den Anspruch, mit einer Stimme zu sprechen, nach Ansicht von Bundesminister Edlinger realistisch wäre und wie die Arbeiten im Hinblick auf dieses Ziel vorangekommen wären.

Vom ECOFIN-Rat seien relativ klare Bedingungen für eine Unterstützung Rußlands durch die Europäische Union genannt worden. Ein Interview mit dem ehemaligen russischen Premier­minister in der jüngsten Ausgabe der “Zeit” habe allerdings den Eindruck erweckt, daß die er­forderlichen Reformen bisher nicht in Angriff genommen worden sind, ja daß die jetzige russische Regierung vielmehr bemüht sei, unter dem Titel der politischen Stabilität Verände­rungen zu verhindern.

Abgeordneter Dr. Gusenbauer fragt, inwieweit sich die Einschätzung der russischen Politik durch die Finanzminister seit dem 25. September verändert habe und wie die Unterstützung Rußlands zu dessen wirtschaftlicher Erholung heute gesehen werde.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) verweist ebenfalls auf jene Stelle des vorliegenden Berichts, die als Bestätigung dafür gelten könne, daß im ECOFIN Konsens dar­über bestehe, in der Wirtschafts- und Währungsunion künftig einen “verstärkten Dialog zwi­schen den verschiedenen Akteuren der Wirtschaftspolitik” zu führen. Damit seien zu Recht im besonderen die Europäische Zentralbank und die Sozialpartner angesprochen. Es sei auch wegen des sachlichen Zusammenhangs zwischen europäischer Währungspolitik und euro­päischer Einkommenspolitik richtig, diesen Dialog verstärkt zu führen.

Abgeordneter Dr. Stummvoll fragt den Bundesminister für Finanzen nach der Ebene bezie­hungsweise der Plattform, auf der diese Gespräche stattfinden sollten. Mit der Intensivierung eines solchen Dialogs auch im Rahmen des ECOFIN verschärfe sich ein Problem, das bisher schon im Dialog mit den EU‑Sozialministern zutage getreten sei. Dieses Problem bestehe darin, daß die auf europäischer Ebene die Arbeitgeber vertretenden Verbände nicht immer hinreichend repräsentativ seien. So sei es bereits zu Gesprächen über europäische Einkommens- und Kollektivvertragspolitik mit Verbänden gekommen, die selbst keine Kollektivverträge abschließen würden. Darunter leide die Effizienz dieser Debatten.

Im sozialen Dialog sei die UNICE, der Dachverband der europäischen Industrieverbände, Ge­sprächspartner auf Arbeitgeberseite. Dies habe dazu geführt, daß die Klein- und Mittelbetriebe in diesem Dialog überhaupt nicht vertreten seien. Denn Österreich werde in der UNICE von ei­nem Verein mit 2 000 Mitgliedern vertreten – bei insgesamt 300 000 Unternehmen in Österreich.

Der verstärkte Dialog des ECOFIN mit den Sozialpartnern über die Währungs- und Ein­kom­menspolitik sei der richtige Weg, aber dafür werde es nötig sein, das genannte Problem zu lösen. Abgeordneter Dr. Stummvoll fragt Bundesminister Edlinger nach seiner Meinung darüber.

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP) verweist darauf, daß im vorliegenden Bericht die Besteuerung der Zinserträge und die Besteuerung des Energieverbrauchs als Beispiele ange­führt werden, um die Wichtigkeit einer gemeinsamen Vorgangsweise in Fragen der Be­steue­rung – auch zur Verhinderung von Wettbewerbsnachteilen in den einzelnen Staaten – hervor­zuheben.

In Österreich habe in den letzten Wochen die Frage einer Besteuerung von Aktiengewinnen an Aktualität gewonnen. Dagegen bringt Abgeordneter Dr. Feurstein größte Bedenken hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit einer solchen Besteuerung zum Ausdruck. Er fragt, ob dieses Thema auch im ECOFIN-Rat besprochen worden sei, ob dort insbesondere die bereits früher diskutierte Alternative einer Besteuerung von Finanztransaktionen Berücksichtigung gefunden habe und welche Position der ECOFIN-Rat gegebenenfalls in dieser Frage vertrete. Denn das Problem seien weniger die Erlöse aus Aktiengewinnen als vielmehr die im Ausmaß von Tau­senden Milliarden durchgeführten Finanztransaktionen.

Das in diesem Bericht ebenfalls angesprochene Thema Bankenaufsicht spiele nicht nur in Österreich eine Rolle, sondern sei in anderen Mitgliedstaaten von wahrscheinlich viel größerer Bedeutung. Es ergebe sich die Frage, auf welche Weise die schon des öfteren verlangte Um­setzung des damit verbundenen Ehrenkodex erreicht werden und wie der ECOFIN-Rat darauf Einfluß nehmen könnte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne) fragt, inwieweit sich die Mitglieder des ECOFIN-Rates in der Diskussion über die Außenvertretung der europäischen Währung einer gemein­samen Position hätten annähern können und wie diese gegebenenfalls aussehe.

Abgeordnete Dr. Moser rät davon ab, schon in der laufenden Debatte über die Ausgaben­stabilisierung – ein zentrales Element der Wirtschaftspolitik – zu diskutieren, da der Beschluß der Regierung darüber erst am Vortag erfolgt sei. Es wäre daher besser, die Frage der Aus­gabenstabilisierung – ein überdies an die Zinsfrage gekoppeltes Thema – als eigenen Tagesordnungspunkt in einer späteren Sitzung des Hauptausschusses zu debattieren.

Von Bundesminister Edlinger sei vor dem Wirtschaftsausschuß der Europäischen Kommission die Feststellung getroffen worden, daß die Beschäftigung mit Zinssenkungen und -steigerungen Sache der Zentralbanken und weniger Sache von Politikern sei. Abgeordnete Dr. Moser fragt, ob Bundesminister Edlinger wirklich diese Position vertrete.

Den Ausführungen des Abgeordneten Dr. Gusenbauer über die Notwendigkeit einer koor­dinierten Vorgangsweise könne nur zugestimmt werden.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger stellt der Beantwortung der Fragen einige einleitende Bemerkungen voran.

Die zentrale Frage der wirtschaftlichen Koordination sei erst seit dem Beschluß von elf EU‑Mit­gliedstaaten über die Bildung einer gemeinsamen Währung konkreter geworden, und zwar auch deshalb, weil mit dem Euro bestimmte Mechanismen der Wirtschaftspolitik wegfallen würden. Diese Mitgliedstaaten würden damit eine wesentlich höhere Verantwortung füreinander über­nehmen, sodaß die Koordination der verschiedenen Akteure der Wirtschaftspolitik in der EU notwendig geworden sei.

Anfang Mai 1998 seien in Brüssel wichtige Entscheidungen über die gemeinsame Währung gefallen. Dazu gehöre insbesondere die Festlegung fixer bilateraler Wechselkurse zwischen den elf Teilnehmerstaaten, wodurch die Basis für die Einführung des Euro am 1. Jänner 1999 ge­schaffen worden sei.

Die Bedeutung dieser politischen Entscheidungen habe sich bereits innerhalb kurzer Zeit herausgestellt, als nämlich der Euro – obwohl noch nicht in Gebrauch – während der inter­nationalen Finanz- und Währungskrisen der letzten Monate seine erste Bewährungsprobe be­standen habe. Denn die elf künftigen Euro-Staaten seien von Währungsturbulenzen verschont geblieben, wogegen die Währungen anderer Länder – auch in der Europäischen Union – erkennbar unter Druck geraten seien. Als Anfang Mai die politischen Entscheidungen über den Euro fielen, sei keineswegs abzusehen gewesen, daß sich schon wenige Monate später deren Richtigkeit erweisen würde.

Infolge dieser Entscheidungen sei die Frage der wirtschaftspolitischen Koordination in den Vordergrund der Diskussion gerückt. Noch in der Zeit der britischen Präsidentschaft habe sich unter österreichischem Vorsitz im Juni 1998 die Euro-11-Gruppe konstituiert. Auch daran, daß dafür der Präsidentschaftswechsel nicht abgewartet wurde, habe sich die prioritäre Bedeutung dieser Konstituierung erwiesen. Darin komme zum Ausdruck, welcher Stellenwert der Schaffung eines geeigneten Gremiums für gemeinsame Besprechungen beigemessen worden sei.

Von exorbitanter Bedeutung sei auch die Erstellung der Normen für eine neue Struktur im Rah­men einer so großen Gemeinschaft wie der Europäischen Union, da spätere Änderungen nur unter großen Schwierigkeiten vorgenommen werden könnten. Die damalige politisch-strate­gische Überlegung, die Euro-11-Gruppe als sehr kleines Gremium des offenen Gesprächs zu konstituieren und zugleich dafür Sorge zu tragen, daß es nicht zur Differenzierung gegenüber den vier anderen Mitgliedstaaten – den sogenannten “Pre-Ins” – kommt, habe sich als richtig erwiesen. Ohne offizielle und unmittelbare Kommunikation mit diesen vier Ländern hätte die Gefahr bestanden, daß sich die Gruppe der Euro-Staaten in einer für die EU insgesamt nicht günstigen Exklusivität hätte weiterentwickeln können.

Daher sei es eine Vorgabe für diese Gruppe, Tagungen auf eine Weise abzuhalten, daß unmittelbar darauf der ECOFIN zu informieren ist. Festgelegt worden sei auch, daß die Euro-11-Gruppe kein Rat sei, sondern eben nur eine Gruppe, die keine Beschlüsse fassen könne. Dadurch sei sichergestellt, daß der ECOFIN das einzige relevante, Beschlüsse fassende Gre­mium für finanz- und wirtschaftspolitische Fragen in der Europäischen Union ist.

Die wirtschaftspolitische Koordination habe sich innerhalb der Euro-11-Gruppe zu entwickeln begonnen. Dabei hätten unterschiedliche Auffassungen dieser elf Mitgliedstaaten über Ziele und Form der Koordination zur Entstehung eines bestimmten Entwicklungsprozesses geführt. Seit der Konstituierung habe die Euro-11-Gruppe dreimal getagt, und dabei sei es zu viel­ver­sprechenden Diskussionen gekommen.

Die Finanzminister würden mit der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentral­bank zusammenwirken. Es habe sich gezeigt, daß auch infolge der unterschiedlichen Zustän­digkeiten großer Bedarf nach solchen, sehr offenen Gesprächen bestehe. Es gehe dabei um die ständige Beobachtung des makroökonomischen Umfeldes ebenso wie um die Planung und den Vollzug in den verschiedenen nationalen Budgets, und das Ziel bestehe darin, eine gesamt­heitliche Vorgangsweise in bezug auf den Stabilitätspakt zu gewährleisten.

Natürliche Konfliktpunkte könnten sich in der Frage ergeben, wie die Koordination der für die Geldpolitik zuständigen Europäischen Zentralbank mit den für die Wechselkurspolitik zustän­digen Finanzministern vor sich zu gehen habe, auch wenn außer Streit stehe, daß beide Akteure zur Schaffung eines bestimmten wirtschaftspolitischen Umfeldes beizutragen hätten.

Bundesminister Edlinger stellt gegenüber der Abgeordneten Dr. Moser klar, daß er keineswegs die Auffassung vertrete, Politiker sollten sich nicht mit Geldpolitik beschäftigen. Er habe dies daher auch nicht gesagt, sondern er habe in der erwähnten Sitzung vielmehr den Standpunkt bezogen, daß Politiker nicht über Details der Geldpolitik wie etwa die Fixierung von Zinssätzen entscheiden sollten. Es bestehe ein großer Unterschied dazwischen, einerseits sich politisch mit etwas zu beschäftigen oder andererseits darüber zu entscheiden.

Auch die Frage der Zinssätze werde im Rahmen der wirtschaftspolitischen Koordination zu be­sprechen sein. Es sei nicht bedauerlich, wenn manch ein Finanzminister in der Öffentlichkeit offensiv für bestimmte Maßnahmen eintrete. Allerdings sei vom deutschen Finanzminister keine Stellungnahme zugunsten einer Erhöhung des Defizits zu hören gewesen, wie der Abgeordnete Ing. Nußbaumer gemutmaßt habe. Vielmehr sei Finanzminister Lafontaine aus seiner Position heraus für eine Korrektur der Zinspolitik eingetreten.

Eine Erhöhung der Defizitquoten würde eine Veränderung des Stabilitätspaktes und der Kon­vergenzkriterien nach sich ziehen. Aber auch im Fall einer Zinssenkung könne daraus nicht die Schlußfolgerung auf eine Defiziterhöhung gezogen werden. Statt dessen wären die politischen Gegensteuerungsmaßnahmen, um das Defizit unter 3 Prozent zu halten, entsprechend der jeweiligen Zinsgestaltung unterschiedlich anzusetzen. Denn an den Maastricht-Kriterien und am Pakt für Stabilität und Wachstum habe Finanzminister Lafontaine nicht gerüttelt.

Ein weiterer Bereich der wirtschaftspolitischen Koordination sei der vom Abgeordneten Dr. Stummvoll bereits angesprochene soziale Dialog. Ein wesentlicher Bestandteil sei der soziale Dialog insbesondere in Anbetracht der Tatsache, daß künftig ein wichtiges wirt­schaftspolitisches Instrument, nämlich die Wechselkurspolitik, nicht mehr zur Verfügung stehen werde. Infolgedessen werde der Lohn- und Preispolitik besondere Bedeutung im Hinblick sowohl auf die Stabilitätspolitik als auch auf die Beschäftigungspolitik zukommen.

Es wäre ein absolut unmöglicher Standpunkt, die Sozialpartner immer nur dann beizuziehen, wenn sie die Aufgabe übernehmen sollten, gemeinsam mit der Regierung etwas Unange­nehmes zu tragen. Vielmehr sei es notwendig, die Sozialpartner auch in den Prozeß der ge­meinsamen Gestaltung von Wirtschaftspolitik einzubinden. Österreich habe – eingedenk seiner positiven Erfahrungen mit dieser Einbindung – von Anfang an größten Wert auf angewandte Sozialpartnerschaft gelegt.

Bundesminister Edlinger äußert seine Zufriedenheit darüber, daß der erste sozialpartner­schaftliche Dialog der Interessenverbände mit den EU‑Finanzministern noch unter britischer Präsidentschaft stattfand. Dies zeige, daß spezielles Augenmerk auf den Dialog der Sozial­partner mit dem insbesondere für die wirtschaftspolitische Koordination zuständigen Rat gelegt werde.

Der sozialpartnerschaftliche Dialog mit den Finanzministern werde am 23. November 1998 die nächste Fortsetzung finden. Dann werde es um konkretere Themen gehen, und dazu werde nicht nur die UNICE – auf deren Teilnahme Abgeordneter Dr. Stummvoll offenbar weniger Wert lege –, sondern auch die UEAPME beigezogen werden. Denn es werde die Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe für die Beschäftigungspolitik keineswegs unterschätzt. Weiters würden die Gewerkschaften sowie der Verband der europäischen Gemeinwirtschaft – also insgesamt vier Partner seitens der Interessenverbände – an diesem Dialog teilnehmen. Damit seien struk­turell sehr günstige Voraussetzungen für diesen Dialog geschaffen.

Auch die Steuerkoordination gehöre zum Bereich der wirtschaftspolitischen Koordination. Der österreichische Vorstoß zu Beginn seiner Präsidentschaft sei zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Unredlicher Steuerwettbewerb und steuerpolitische Koordination seien schon seit 1991 zur Diskussion gestanden, und Vorschläge für Richtlinien zur Besteuerung der Kapitalerträge und zur Energiebesteuerung lägen zwar vor, aber insgesamt sei erst wenig geschehen.

Eine wesentliche Veränderung der EU‑Position sei 1996 mit der Erstellung des unter luxem­burgischer Präsidentschaft beschlossenen Verhaltenskodex erfolgt, wodurch alle 15 Mitglied­staaten anerkannt hätten, daß es etwas wie einen unredlichen Steuerwettbewerb überhaupt gibt. Davor habe keine einheitliche Auffassung über diese Frage bestanden. Jetzt werde daran gearbeitet, den Verhaltenskodex in bezug auf unredliche Unternehmensbesteuerungen schärfer zu fassen.

Die gesamte Kraft der Wirtschafts- und Währungsunion werde nur zum Tragen gebracht werden können, wenn nach der Schaffung einer gemeinsamen Währung – wodurch Wechsel­kurstur­bulenzen der Vergangenheit angehören würden – und nach dem zum Abschluß gebrachten Binnenmarkt auch das Problem unterschiedlicher Steuern in Bereichen, die von gravierender Bedeutung für den Wettbewerb sind, gelöst werde.

Bereits ein Jahr vor Übernahme der Präsidentschaft habe Österreich mit den ihm in der Vorsit­zposition nachfolgenden Mitgliedstaaten Deutschland und Finnland Gespräche darüber aufge­nommen, inwieweit diese beiden künftigen Präsidentschaften die Frage der Steuerkoordination oder Steuerharmonisierung ebenfalls als ein wichtiges Thema anerkennen würden. Denn es sei nicht vorstellbar, in bezug auf einen mittelfristig anzulegenden Prozeß wie diesen innerhalb von 6 Monaten wirklich nennenswerte Ergebnisse zu erzielen.

Es sei wichtig gewesen, daß die österreichische Präsidentschaft diese Steuerproblematik in einem Paket dargestellt hat. Inzwischen sei bereits anerkannt worden, daß dies der einzig mögliche Weg sei. Denn in jedem Mitgliedstaat gebe es irgendwelche Facetten des Steuer­systems, die sich in einem anderen Staat belastend auswirken würden.

Daher werde es darauf ankommen, Fragen wie jene der Kapitalertragsbesteuerung und der Unternehmensbesteuerung – dabei gehe es weniger um die Körperschaftsteuersätze, sondern primär um die Art der Gewinnermittlung – in Angriff zu nehmen. Hinsichtlich der Dritt­staatenproblematik habe die Europäische Kommission den Auftrag bekommen, ein entspre­chendes Dokument vorzulegen, in dem insbesondere auf die Schweiz oder auf Liechtenstein einzugehen sein werde. Als weitere Bereiche seien die Energiebesteuerung und nicht zuletzt die Mehrwertsteuer – eine der betrugsanfälligsten Steuern – zu nennen.

Bundesminister Edlinger äußert sich optimistisch über die Aussichten, bereits im Rat von Wien ein Paket vorlegen zu können, in dem folgende Elemente enthalten wären: eine Schärfung des Verhaltenskodex, eine Festlegung darüber, daß die Kapitalertragsbesteuerung unter deutscher Präsidentschaft zum Abschluß gebracht werden sollte, ein Auftrag an die Kommission, die Drittstaatenproblematik in Angriff zu nehmen, und hinsichtlich der Unternehmensbesteuerung die Absicht, in Form einer Studie festzustellen, wie in den einzelnen Mitgliedstaaten die Gewinne ermittelt werden.

Mittelfristig werde es dazu kommen, daß Steueränderungen und Steuerreformen auf nationaler Ebene nur im europäischen Gleichklang vor sich gehen können. Dies gelte auch für die Kapitalbesteuerung und die Energiebesteuerung. Solange es dafür keine Mindestnormen gebe, werde der Bewegungsspielraum sehr eng bleiben.

Die in allen EU‑Mitgliedstaaten während der letzten 12 bis 15 Jahre zu beobachtende Entwick­lung, daß die Steuerlast immer stärker den Produktionsfaktor Arbeit und immer weniger andere Faktoren wie zum Beispiel das Kapital getroffen hat, stehe vor allem unter dem Aspekt einer offensiveren Beschäftigungspolitik in der Europäischen Union zunehmend im Wege. Daher müsse das Ziel einer Steuerharmonisierung insbesondere in der Entlastung des Faktors Arbeit und – um einen maßvollen Umgang mit den Ressourcen zu gewährleisten – in einer Öko­logisierung des Steuersystems bestehen.

Bundesminister Edlinger führt – in Beantwortung der einzelnen Fragen – gegenüber dem Abgeordneten Ing. Nußbaumer aus, daß der genannte Prozentsatz – 3,3 Prozent Wirt­schafts­wachstum 1998 – vom Wirtschaftsforschungsinstitut prognostiziert worden sei. Für 1999 werde gegenüber den bisherigen Prognosen eine Rücknahme zu erfolgen haben, sodaß eine Wachs­tumsverlangsamung die längerfristige Auswirkung der gegenwärtigen internationalen Währungs- und Finanzkrisen sein werde.

Mit dem bereits vom Abgeordneten DDr. König erwähnten, laut Stabilitätspakt für 2002 bevor­stehenden nationalen Defizit in Höhe von 1,4 Prozent werde Österreich voraussichtlich an der Spitze der Mitgliedstaaten stehen. Dafür, einen niedrigeren Prozentsatz anzugeben, würden die Argumente nicht ausreichen. In die Prognose von 1,4 Prozent seien die Familiensteuerreform, die Beschlüsse der Bundesregierung im Hinblick auf den Nationalen Aktionsplan für Be­schäftigung sowie eine Steueranpassung zur Abgeltung der kalten Progression eingerechnet. Was in einer Steuerreform 2000 über diese Punkte hinausginge, müßte erst gegenfinanziert werden, und sofern dies nicht gelänge, müßte – in aller Offenheit gesagt – die Defizitquote nach oben korrigiert werden.

Die Vertretung des Euro nach außen werde in den kommenden Wochen konkretisiert werden. Insbesondere müsse geklärt werden, daß der Euro-11-Vorsitzende eine wichtige Funktion in der Außenvertretung einnimmt. Das Problem sei vielschichtig, davon sei die Vertretung gegenüber dem Internationalen Währungsfonds ebenso betroffen wie auch – wenngleich nicht offiziell, so doch faktisch – gegenüber der G 7, und die Frage stelle sich auch im Hinblick auf die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank. Die – von sehr vielen Mitglied­staaten geteilte – österreichische Position sehe für den Euro-11-Vorsitzenden eine bestimmte Verknüpfungsfunktion vor, und es stehe zu hoffen, daß eine Regelung noch während der österreichischen Präsidentschaft erfolgen wird.

Die Einschätzung der Lage in Rußland falle heute weniger günstig als im September aus. Ein kleiner Lichtblick sei die kürzlich erfolgte Einigung der russischen Seite mit den privaten Gläubigern. Offizielle Verhandlungen im Klub von Paris seien noch nicht in Gang gekommen. Gegenüber offensiven finanztechnischen Operationen im Hinblick auf Rußland sei derzeit extreme Vorsicht angebracht.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche) fragt, ob es – allein schon im Hinblick auf die Fülle an dafür nötigen Besprechungen – überhaupt möglich sein werde, die zahlreichen Aktivitäten zu bewältigen, die im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft bis 1. Jänner 1999 noch erforderlich sein würden.

Wirtschaftspolitische Koordination in der 3. Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion werde nur auf Basis dessen möglich sein, daß die entscheidenden Finanzfragen gelöst oder zumindest definiert sind. Es müsse beachtet werden, daß der Vorschlag der Europäischen Kommission über die Außenvertretung des Euro noch nicht die Zustimmung gefunden habe, sodaß derzeit nicht klar sei, wie diese Außenvertretung tatsächlich gestaltet sein werde. Abgeordneter Ing. Nußbaumer fragt, ob darüber schon nähere Auskunft erteilt werden könnte.

Noch wichtiger wäre es, über den Außenwert des Euro per 1. Jänner 1999 Bescheid zu be­kommen. Bisher sei es nur zu einer Festlegung in bezug auf die Paritäten zwischen den Währungen der einzelnen Euro-Teilnehmerstaaten gekommen, aber noch sei der Preis nicht bekannt, zu dem jeder dieser Staaten den Euro werde einkaufen müssen. Dieser Einkaufspreis, dieser Umrechnungskurs werde aber in Summe entscheidend für den Außenwert des Euro sein. Abgeordneter Ing. Nußbaumer fragt, ob sich derzeit schon abschätzen lasse, zu welchem Wert der Austausch des Schillings gegen den Euro erfolgen werde.

Der von Bundesminister Edlinger angesprochene unredliche Steuerwettbewerb spiele zwar eine Rolle, aber eine Steuerharmonisierung werde insbesondere im Konsumsteuerbereich erforder­lich sein, da vor allem die dort bestehenden großen Unterschiede zu Wettbewerbsnachteilen führen könnten. Nicht nötig sei eine Harmonisierung jedoch im Bereich der Ertragssteuern. Denn der Ertragssteuerbereich sein ein wesentlicher Teil des Standortwettbewerbs. Sobald es dabei zu einer Harmonisierung käme, würde der Standortwettbewerb ausschließlich über die Löhne und Gehälter ausgetragen werden müssen. Dies würde zu einer wesentlichen Erhöhung des Drucks auf die Arbeitskosten führen.

Zum Beispiel lasse sich im Grenzbereich zur Schweiz beobachten, daß jeder einzelne Schwei­zer Kanton eine Standortdifferenzierung über die unterschiedliche Gestaltung des Ertrags­steuersystems vornehme. Damit werde auch ein entsprechender Ausgleich geschaffen.

Daher wäre zu erwarten gewesen, daß Bundesminister Edlinger zum Bereich der Zinsen­besteuerung präziser hätte Stellung beziehen müssen. Denn es habe zum Beispiel der luxemburgische Ministerpräsident Juncker deutlich gemacht, daß Luxemburg einer Besteuerung der Zinsen nicht beitreten könne. Wenn es zur Besteuerung der Aktiengewinne käme, so brächte dies einen tiefen Einschnitt und möglicherweise gravierende Folgen für das gesamte Finanzsystem mit sich.

Auch im Hinblick auf die Agenda 2000 sei eine Stellungnahme von Bundesminister Edlinger noch ausständig. Ein Problem bestehe darin, daß die Nettozahler niedrigere Beiträge und die anderen Mitgliedstaaten keine höheren Beiträge zahlen wollen, zugleich aber die Osterweiterung finanziert werden soll. Die wirtschaftspolitische Koordination in der 3. Stufe der WWU sei von diesem Problem stark betroffen. Abgeordneter Ing. Nußbaumer fragt, ob es im laufenden Monat zu einer Besprechung dieser wichtigen Finanzfragen kommen werde und welche Position Bun­desminister Edlinger dazu beziehen werde.

Zum Thema “sozialpartnerschaftlicher Dialog auf europäischer Ebene” weist Abgeordneter Ing. Nußbaumer den Abgeordneten Dr. Stummvoll darauf hin, daß die Wirtschaftskammer problemlos Mitglied der UNICE werden könnte, wenn sie die Pflichtmitgliedschaft aufhöbe. Damit bekäme sie die Möglichkeit, auch in diesem Bereich Interessenvertretung zu betreiben.

Abgeordneter Ing. Nußbaumer fragt Bundesminister Edlinger, welche wesentlichen Kriterien im Rahmen des sozialpartnerschaftlichen Dialogs, insofern ihn die Finanzminister an die Sozial­partner abzugeben beabsichtigen, koordiniert werden sollten.

Abgeordneter Dr. Josef Höchtl (ÖVP) weist auf die auf Seite 2 des vorliegenden Berichts ge­nannten “zentralen Fragen” hin, insbesondere auf die Frage, welche Mechanismen erforderlich wären, “um bei internationalen Finanz- und Währungskrisen rasch und wirksam reagieren zu können”, und ersucht Bundesminister Edlinger um Auskunft über die Erörterungen zu dieser Frage. (Obmannstellvertreter Dr. Neisser übernimmt um 11.34 Uhr den Vorsitz.)

Noch nicht beantwortet sei die vom Abgeordneten Dr. Feurstein gestellte Frage nach neuen For­men der Besteuerung von Aktien oder von Finanztransaktionen. International stelle es ein großes Problem dar, daß es jährlich zu kurzfristigen Devisenspekulationen in Betragshöhen von Hunderten Milliarden kommt, wodurch vor allem Währungen kleiner Volkswirtschaften relativ rasch in größte Turbulenzen geraten könnten, wie sich zuletzt auch an Beispielen aus Asien gezeigt habe. Es stelle sich daher die Frage, ob nicht in diesem Bereich die Möglichkeit einer Besteuerung gegeben wäre.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne) fragt Bundesminister Edlinger – da auch seinen Ausführungen nach die Ausgabenstabilisierung ein zentrales Element der Wirtschafts- und Finanzpolitik sei –, wie er zu dem Vorschlag stehe, in der nächsten Sitzung des Haupt­aus­schusses im Rahmen eines eigenen Tagesordnungspunktes darüber zu diskutieren.

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ) fragt, ob das Thema “doppelte Preisaus­zeichnung” auch Gegenstand der Erörterungen unter den Finanzministern gewesen sei und ob es in anderen EU‑Mitgliedstaaten die gleiche Brisanz wie in Österreich habe.

Weiters fragt er, weshalb Überweisungen in andere Mitgliedstaaten noch immer so lange dauern, warum sie so viel kosten würden und ob dagegen Maßnahmen geplant seien.

Außerdem stellt Abgeordneter DDr. Niederwieser die Frage, ob die Steuerharmonisierung ir­gendwelche Auswirkungen auf die österreichischen Regelung hinsichtlich der Privatstiftungen haben würde.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger antwortet dem Abgeordneten Ing. Nußbaumer, daß seiner Überzeugung nach die technisch notwendigen Vorkehrungen für die Einführung einer gemeinsamen Währung zum 1. Jänner 1999 im wesentlichen vorhanden sind. Manche Befürch­tungen könnten sich als unbegründet erweisen.

In den Beschlüssen von Anfang Mai 1998 sei festgelegt worden, daß sich die bilateralen Wech­selkurse unter den Währungen der Teilnehmerstaaten im wesentlichen nicht mehr verändern können. Der Außenwert des Euro werde auf dem Kurs des ECU vom 31. Dezember 1998 beruhen. Zu geringfügigen Veränderungen könnte es dadurch kommen, daß im Kurs des ECU auch Währungen einbezogen sind, die nicht der Euro-Gruppe angehören werden. Überdies werde die Marktentwicklung bis zum Jahresende den Wechselkurs beeinflussen.

Es beruhe auf einer zu einfachen Darstellung des Steuerwettbewerbs, zu sagen, daß zwar Maßnahmen in bezug auf die Konsumsteuern, nicht aber auf die Ertragssteuern vorzunehmen sind. Eine Beschränkung auf die Konsumsteuern würde die Tendenz, daß im einen Bereich eine verstärkte Besteuerung erfolgt, wogegen die Besteuerung im Kapital- und Energiebereich immer geringer wird, logischerweise fortsetzen.

Zwar sei es richtig, daß in der Diskussion über die Steuerharmonisierung jeder Mitgliedstaat seine Position festlegt. Im einzelnen aber sehe dies zum Beispiel so aus, daß Luxemburg sich auf den Standpunkt stellt, von der Besteuerung des Kapitalertrags auch weiterhin absehen zu wollen, daß dies aber keineswegs die Zustimmung Deutschlands findet; hingegen hege Luxem­burg eine Abneigung gegen privilegierte Unternehmensbesteuerung nach Art der Niederlande oder Belgiens. Auch habe beispielsweise Großbritannien Interesse daran, die Steuerprivilegien der Kanalinseln aufrechtzuerhalten, und sei zugleich strikt dagegen, daß Irland – überdies ein Nettoempfänger im Ausmaß von 4 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes – die Absicht hat, die Unternehmensbesteuerung auf ein Drittel herabzusetzen.

Dem müsse Einhalt geboten werden, sonst würde es über kurz oder lang auf der Kapitalseite überhaupt keine Besteuerung mehr geben und die gesamte Steuerlast dem Konsumbereich sowie dem immobilen Produktionsfaktor Arbeit aufgebürdet werden.

Es sei allen Mitgliedstaaten bewußt, daß jeder von ihnen nicht an seinem heutigen Standpunkt werde festhalten können. In diesem Sinne habe der luxemburgische Ministerpräsident fest­gestellt, daß er von seiner Position hinsichtlich der Kapitalertragsbesteuerung so lange nicht abrücken werde, wie nicht gleichzeitig auch eine Veränderung im Bereich der Unternehmens­besteuerung erfolgen werde.

Daher habe Österreich damit, daß es in seiner Funktion als Ratspräsident die Steuerfrage als ein Paket dargestellt hat, klar die Tatsache zum Ausdruck gebracht, daß dieses Problem sehr komplex ist und eine Bewegung nur schrittweise erfolgen wird, jedoch mit dem Ziel, den Faktor Arbeit zu entlasten und andere Faktoren stärker zu belasten. Darin seien sich alle EU‑Finanz­minister einig. Dieses Vorhaben werde nur in koordinierter Form in die Tat umgesetzt werden können, da es sonst zu Wettbewerbsverzerrungen großen Ausmaßes käme.

Nicht nur die Aktiengewinne, sondern auch die Finanzdienstleistungen seien ein Bereich steuer­politischer Überlegungen. Steuern auf Aktiengewinne gebe es derzeit in sechs EU‑Mitglied­staaten, sodaß eine Aktiengewinnsteuer in Österreich – und ein entsprechender Vorschlag sei jetzt dankenswerterweise eingebracht worden – kein Unikum wäre.

Der finanzpolitische Aspekt der Agenda 2000 werde auch in den bevorstehenden Gesprächen mit behandelt werden. Diese Agenda sei insgesamt ein immens politisches Dokument, und die Frage des finanzpolitischen Teiles sei deshalb in den Mittelpunkt gerückt, weil sich dort die meisten Schwierigkeiten ergeben hätten. Die Europäische Kommission habe einen Eigenmittel­bericht vorgelegt, und die Positionen einzelner Gruppen von Mitgliedstaaten seien ebenfalls bekannt.

Österreich habe – allerdings unter Rücksicht auf die Präsidentschaft nicht direkt im Rahmen der österreichischen Vertretung – in bezug auf den gesamten finanzpolitischen Teil der Agenda 2000 einen neuen Vorschlag, eine zusätzliche Facette in die Diskussion eingebracht, nämlich mit der Anregung, analog zu den nationalen Budgetbemühungen von einem “Ausgaben-Null­wachstum” auszugehen.

Österreich werde in der Lösung der technischen Fragen so weit kommen, wie es zu Beginn seiner Präsidentschaft angekündigt habe. Ein weiteres Anliegen Österreichs habe darin bestan­den, die politischen Schlüsselfragen zu orten, um Übereinstimmung über den Diskussionsge­genstand herzustellen und um zu verhindern, daß die Diskussionsteilnehmer aneinander vorbeireden. Dies sei gelungen.

Nach Ansicht von Bundesminister Edlinger werde es dazu kommen, daß einige der Schwer­punkte geortet werden, so etwa die Festschreibung der Vorbeitrittsfazilitäten und der Beitritts­kosten als gesonderte Bereiche. Dies sei wichtig, denn damit sei eindeutig sichergestellt, daß die in einer finanziellen Vorschau zum Zweck des Beitritts vorgesehenen finanziellen Mittel, sofern es im geplanten Finanzjahr nicht zum Beitritt käme, nicht in der EU der 15 Mitgliedstaaten verschwinden würden. Denn wäre letzteres der Fall, dann wäre zu einem späteren Beitritts­zeitpunkt “der Plafond bereits höher”. Im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft sei Einigung darüber hergestellt worden, daß dieser Bereich von besonderer Bedeutung ist und daß dementsprechend die Struktur der finanziellen Vorausschau aufgebaut werden kann.

Ein wichtiger Punkt sei es auch, Klarheit darüber zu haben, daß Mittel aus dem Strukturfonds verfallen und ins Budget zurückfließen, wenn sie zwei Jahre lang nicht in Anspruch genommen werden, und dadurch spätere Budgets entlasten. Denn es wäre widersinnig, dieses Geld sozusagen auf ewige Zeit in einer Schatulle liegen zu lassen.

Es sei daher der Weg beschritten worden, die Diskussion von der ausgabenseitigen Begren­zung her zu führen. Somit könne ein Fortschritt von Cardiff nach Wien im Hinblick auf die nachfolgende deutsche Präsidentschaft auch im Bereich der Agenda 2000 dargelegt werden.

Die Vertiefung des sozialpartnerschaftlichen Dialogs ziele zunächst darauf ab, daß sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen der Wirtschafts- und Währungsunion ändern. Bestimmte Instrumente der Wirtschaftspolitik würden nicht mehr zur Verfügung stehen, andere Instrumente, wie die Lohn- und Preispolitik, bekämen eine größere Bedeutung. Bundesminister Edlinger spricht sich entschieden dagegen aus, die damit verbundenen Veränderungen über die Köpfe der Sozialpartner hinweg vorzunehmen. Angesichts des Bedeutungszuwachses für die Lohn- und Preispolitik sei die Einbindung der europäischen Sozialpartnerschaft ein Gebot der Logik.

Weiters gehe es dabei auch um die Beschäftigungspolitik, insbesondere um die Entwicklung der besten Praktiken, und zwar mit dem Ziel, voneinander zu lernen. Die Menschen müßten für die Herausforderungen eines sich immer rascher wandelnden Arbeitsmarktes fit gemacht werden. Auch dazu werde die Einbindung der Sozialpartner hilfreich sein.

Bundesminister Edlinger antwortet dem Abgeordneten DDr. Niederwieser, daß es die doppelte Preisauszeichnung auf gesetzlicher Basis nur in Österreich gebe, und zwar festgeschrieben aufgrund einer sozialpartnerschaftlichen Einigung. Von seiten der Europäischen Kommission liege nur eine Empfehlung der doppelten Preisauszeichnung vor.

Über die Frage der Privatstiftungen sei im Bereich der Steuerkoordination keine Diskussion geführt worden.

Zu der Anregung der Abgeordneten Dr. Moser auf vertiefte Diskussion der Ausgaben­stabili­sierung merkt Bundesminister Edlinger an, daß die Gestaltung der Tagesordnung für Sitzungen des Hauptausschusses nicht im Bereich der Möglichkeiten des Bundesministers für Finanzen liegt. Seine Bereitschaft zur Mitwirkung sei gegeben.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser stellt fest, daß zu diesem Punkt keine Wort­meldung mehr vorliegt und eine Abstimmung, da keine Anträge eingebracht wurden, nicht erfor­derlich ist. (Bundesminister Edlinger verläßt die Sitzung. Bundesminister Mag. Molterer findet sich zur Teilnahme an den Beratungen ein.)

4. Punkt

Agrarteil der Agenda 2000:
COM KOM (98) 158 final
Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
(56829/EU XX. GP; ident mit dem Dokument 46329/EU XX. GP)

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser verweist darauf, daß das als Unterlage für die Beratung über die agrarpolitischen Maßnahmen und Perspektiven der Agenda 2000 dienende Dokument in der deutschsprachigen Fassung verteilt worden sei – dessen Identität mit dem Dokument in englischer Sprache sei gegeben –, und erteilt das Wort der Abgeordneten Dr. Moser zur Darlegung eines von ihr vorgelegten Antrages auf Stellungnahme.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne) erinnert daran, daß zuvor schon Bundesminister Edlinger auf die Agenda 2000 als ein hochpolitisches Dokument hingewiesen hat. Dies gelte auch in agrarpolitischer und in landwirtschaftlicher Hinsicht, denn dadurch würden die Weichen dafür gestellt werden, ob sich die europäische Landwirtschaft am Weltmarkt orientiert oder ob sie eigene Wege geht. Die Frage bestehe darin, ob der Weltmarkt entscheidend sein sollte oder ob der europäische Binnenmarkt mit 500 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten einen nach eigenen Regeln verfahrenden Bereich bilden sollte.

Abgeordnete Dr. Moser verweist auf ihren schriftlich vorgelegten Antrag auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B‑VG betreffend “Agenda 2000”. Dieser Antrag ziele darauf ab, nicht die Leistungsfähigkeit als Maßstab heranzuziehen, sondern umgehend konkrete Schritte zu einer ökologischen und beschäftigungsorientierten Landwirtschaft einzuleiten. Dazu sei es not­wendig, auf europäischer Ebene den Weg in Richtung Ökologisierung der Landwirtschaft zu bahnen, um zu verhindern, daß der Weg in Richtung Dumpingpreise auf dem Weltmarkt weiter­gegangen wird.

Es gehe darum, daß nicht Beiträge nach Fläche und Tierzahl ausgeschüttet werden, sondern daß die menschliche Arbeit und Leistung in der Landwirtschaft sowie ökologische Rücksicht­nahmen zur Grundlage finanzieller Zuwendungen werden.

Abgeordnete Dr. Moser legt dar, daß der Antrag acht Punkte umfaßt. Hinsichtlich der im 1. Punkt genannten Höchstgrenze der Direktzahlungen seien in der Agenda 2000 positive An­sätze enthalten, und diese sollten verstärkt werden. Die Aspekte Beschäftigungsförderung und Umweltschutz sollten maßgeblich für Direktzahlungen werden.

Der 2. Punkt sehe eine Junktimierung der Ausgleichsbeihilfen mit nachhaltigen Konzepten der landwirtschaftlichen Produktionsweise vor.

Gemäß Punkt 3 sollte die Futterprämie auf Grünland und Futterbau bezogen sein, sodaß die naturnahe Viehhaltung vorangetrieben wird und die Prämienzahlung davon abhängt, ob das Vieh tatsächlich auf der Weide steht.

Der auf den Konsumentenschutz bezogene 4. Punkt ziele auf die Beibehaltung und verstärkte Kontrolle des Hormonverbots ab. Es sei nach Ansicht der Grünen völlig falsch, den Futtermitteln Hormon- oder Arzneizusätze beizumengen. Ein diesbezügliches generelles Verbot müsse auch in der Agenda 2000 festgehalten werden.

Die Forderung in Punkt 5 laute darauf, die Exporterstattungen für Lebendtiere zugunsten einer artgerechten Tierhaltung abzuschaffen. Laut Absichtserklärungen werde die “Herodesprämie” Ende November ohnehin auslaufen. Abgeordnete Dr. Moser fragt, ob diese Absicht tatsächlich eingehalten werde und ob es außerdem zutreffe, daß geplant sei, die Exporterstattung um 8 Prozent zu erhöhen, und wodurch dieses Vorhaben begründet werden könne. Nach Ansicht der Grünen sei der Transport von Lebendtieren über größere Distanzen im Sinne des Tier­schutzes abzulehnen.

Punkt 6 sehe vor, die Futtermittelimporte in die Europäische Union wirksam zu reduzieren. Damit werde auch das Ziel angestrebt, die autonome nationale Landwirtschaft in die Lage zu versetzen, verstärkt den extensiven, ökologischen Weg zu beschreiten.

In Punkt 7 werde der Landwirtschaftsminister ersucht, für ein Moratorium in bezug auf den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion einzutreten.

Der 8. Punkt beziehe sich auf die Möglichkeit, über die Strukturfonds regionale, dauerhafte und integrierte ländliche Entwicklungsprogramme voranzutreiben. Dies ziele insbesondere auf den Schutz des Grundwassers ab, und es werde darauf Bezug genommen, daß die Landwirtschaft nach wie vor intensive Beschäftigungsmöglichkeiten für die Bevölkerung ermöglicht. Damit werde der Gefahr vorgebeugt, daß die Weltmarktstrukturen zu einer Minimierung des Beschäf­tigtenanteils in der Landwirtschaft führen.

In Details zu Punkt 8 werde auf verschiedenen Produktsparten wie Rindfleisch, Getreide oder Milch eingegangen. Die Bergbauernförderung sei nach Ansicht der Grünen ein Aspekt von zen­traler Bedeutung, weil es für Österreich auch im Hinblick auf den Tourismus wichtig sei, die Existenz der Bergbauernbetriebe zu sichern. Dafür sei ein wirksamer Sockelbetrag erforderlich, um die Arbeit dieser Betriebe ordentlich zu entlohnen, sodaß sie ihren Anteil nicht über Zahlen und Mengen erwirtschaften müßten und vor allem die Qualität ihrer Arbeit zählen würde.

Der Antrag der Grünen ziele insgesamt darauf ab, daß Österreich innerhalb der Europäischen Union eine klar ökologische Linie vertritt und eine Ökologisierung der Landwirtschaftspolitik vorantreibt. Dies hätte auch Vorteile im Hinblick darauf, in den Verhandlungen mit der Welt­handelsorganisation den ökologischen Außenschutz durchzusetzen und nicht – wie bisher – den Weg der Exportförderung gehen zu müssen. Denn dieser Weg habe zu Dumpingpreisen sowie innerhalb der EU zur Unterstützung der Großstrukturen, zur Vernichtung der Kleinstrukturen und zu einer massiven Gefährdung der Mittelstrukturen geführt. Dies führe zu Problemen für den Beschäftigungssektor und für den ökologischen Sektor.

Abgeordnete Dr. Moser ersucht in diesem Sinn um Annahme des Antrages der Grünen.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP) führt in bezug auf den zur Beratung vorlie­genden Entwurf des Reformpapiers des EU‑Rates vom März 1998 aus, daß er die Notwen­digkeit von Reformen in der Agrarpolitik der Europäischen Union nicht verleugne. Allerdings seien die bisher vorgestellten Rezepte nicht unbedingt im Interesse der österreichischen Land­wirte.

Inzwischen liege dazu auch eine von starken Unterschieden geprägte Beurteilung der einzelnen Mitgliedstaaten vor. Einigen EU‑Ländern sei der Entwurf zuwenig weitgehend, anderen gehe er zu weit. Es müsse daher auf einen vernünftigen Kompromiß hingearbeitet werden, damit eine qualifizierte Mehrheit für die Reform zustande komme.

Der Programmzeitraum erstrecke sich über die Jahre von 2000 bis 2006. Von der Reform sei im wesentlichen zu erwarten, daß sie weitere Senkungen der Interventionspreise und gleichzeitig eine Erhöhung der GAP-Prämien bringt. Dafür müßten die Voraussetzungen geschaffen werden, wenn einerseits seitens des ECOFIN-Rates Überlegungen im Gange seien, wie Erhö­hungen des Bruttoinlandsproduktes der einzelnen Mitgliedstaaten gebremst werden könnten, andererseits diese Erhöhungen im Programm bereits vorgesehen seien. Dies würde ernstliche Probleme der Finanzierung, vor allem aber der Strukturfonds mit sich bringen.

Nach Ansicht des Abgeordneten Schwarzenberger ist eine Senkung der Interventionspreise bei Rindern um 30 Prozent, bei Milch um 15 Prozent und bei Getreide um 20 Prozent nicht unbedingt notwendig. Statt dessen sollten produktionsbeschränkende oder -stabilisierende Maßnahmen mit verankert werden.

In bezug auf den Rinderbereich werde von seiten der österreichischen Bauernschaft massiv eine Prämie für Kalbinnen gefordert, da insbesondere in der alpinen Region Österreichs die Kalbinnenaufzucht und -mast die Voraussetzung dafür sei, die alpinen Weideflächen überhaupt nutzen zu können.

Was den Milchbereich betrifft, werde die Einführung einer Milchkuhprämie für positiv erachtet. Da aber Österreich bereits 1978, also wesentlich früher als alle anderen europäischen Staaten, eine Quoten- oder Richtmengenregelung eingeführt habe, komme es hierzulande, verglichen mit den anderen europäischen Ländern, zu einer relativ niedrigen Anlieferung pro Milchkuh. Da­durch würde Österreich in bezug auf die sogenannte “virtuelle” Kuh benachteiligt sein.

Auch dem Vorschlag einer Erhöhung der Quoten stünden die österreichischen Bauern skeptisch gegenüber. Sie würden einen Prämienzuschlag für Berggebiete und benachteiligte Gebiete einer Aufstockung der Quoten auch für Bergbauernbetriebe vorziehen, und zwar mit der Begründung, daß diese Betriebe mit dem Milchpreis die Fixkosten nicht mehr erwirtschaften könnten. Eine Erhöhung der Milchquote brächte keine Einkommenssteigerung mit sich, weil die Vorkosten bereits die Höhe des Milchgelderlöses erreicht hätten. Daher wäre ein Zuschlag zur Milch­kuhprämie die wesentlich günstigere Lösung.

Die österreichischen Bauern zögen es auch vor, die Quotenregelung über das Jahr 2006 hinaus weiterzuführen – eine solche Begrenzung hätten andere Mitgliedstaaten als Kompromißlösung angeboten –, da sonst die Milchproduktion in benachteiligten Gebieten aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich wäre. Denn in einem freien Markt würden selbstverständlich Angebot und Nachfrage die Preise bestimmen, und in Österreich bestünden in der Produktion noch große Reserven.

In bezug auf den Getreidebereich erinnert Abgeordneter Schwarzenberger daran, daß die Euro­päische Union in großem Ausmaß Pflanzenöle und Energie importiert. Daher wäre es ratsam, eine Möglichkeit dafür zu schaffen, die Getreideproduktion zugunsten anderer Pflanzungen zu reduzieren. Es mangle jedoch an Vorschlägen dafür, wie die Flächen zum Beispiel für den Anbau von Pflanzen, aus denen Energie zu gewinnen wäre, genutzt werden könnten. Es könnten Ackerflächen – statt daß dort Produkte erzeugt werden, die zum Export auf den Welt­markt gestützt werden müssen – für den Anbau von Pflanzen genutzt werden, die als Grundlage erneuerbarer Energie dienen.

Als positiv zu erachten seien die Möglichkeiten der ländlichen Entwicklung und die Aufstockung der Ausgleichszulage von derzeit 180 ECU auf 200 ECU – beziehungsweise künftig 200 Euro –, und dies nicht nur als absolute Obergrenze pro Betrieb, sondern als Obergrenze einer Region. Auf dieser Grundlage werde es Österreich möglich sein, auch im Alleingang Sockelbeträge für Bergbauernbetriebe einzuführen. Denn europaweit sei in dieser Frage kein Konsens feststellbar, aber für Österreich würden solche Sockelbeträge wegen seiner kleinstrukturierten Landwirt­schaft eine Überlebensnotwendigkeit darstellen. Derartige Sockelbeträge müßten je nach Erschwernis der Betriebe gestaffelt sein.

Abgeordneter Schwarzenberger fragt Bundesminister Mag. Molterer, welche Überlegungen in dieser Hinsicht festzustellen seien und ob es bereits entsprechende Fortschritte gebe.

Falls die GAP-Prämien künftig an einheitliche Umweltauflagen gebunden sein sollten, wäre Wert darauf zu legen, daß in der Europäischen Union einheitliche Kriterien für ordnungsgemäße Landwirtschaft eingehalten werden, damit nicht zum Beispiel der Grenzwert für die Stick­stoffeinbringung in den Boden in den Niederlanden höher wäre als der im österreichischen Wasserrechtsgesetz festgelegte Grenzwert. Es dürfe im Binnenmarkt nicht zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen kommen, sondern es müsse ein einheitlicher Standpunkt gefunden werden.

Grundsätzlich seien die österreichischen Landwirte der Auffassung, daß eine Produktions­stabilisierung anzustreben sei. Denn auf dem Weltmarkt sei es derzeit nicht möglich, sozusagen europäische Preise für Agrarprodukte und Nahrungsmittel zu erzielen.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche) verweist darauf, daß der vorliegende Entwurf der Europäischen Kommission bereits vor einem Monat im Europäischen Parlament diskutiert wurde und daß dort mehrere Abänderungsanträge eingebracht wurden. Sie stellt die Frage, ob es trotzdem bisher keine Veränderung des Entwurfes gegeben habe und ob die vor­liegende Fassung vom März 1998 noch immer gültig sei.

Laut einer Analyse der EU‑Berichterstatter Görlach und Nicholson bringe die vorliegende, geän­derte EAGFL-Verordnung weitere Nachteile für die Bauern mit sich. Es sei festgestellt worden, daß der Punkt 6 für die österreichische Landwirtschaft sehr nachteilig sei, weil dadurch viele Gebiete und Betriebe aus den Förderungen herausfielen. Zu kritisieren sei, daß nur noch ren­table Betriebe gefördert werden, keine Sockelbeträge gewährt werden, nur noch 10 Prozent der nationalen Gesamtfläche umweltbedingte Förderflächen sein dürfen, das Ziel 5b gestrichen wird, die Mittel nicht aufgestockt werden und die Zahl der nichtlandwirtschaftlichen Förderungs­mitbewerber vermehrt wird, da die Unterstützung künftig für den ländlichen Raum insgesamt bereitgestellt wird. Daher sei nicht unbedingt eine landwirtschaftliche Tätigkeit die Voraus­setzung dafür, diese Unterstützung zu bekommen.

Ein spezieller Kritikpunkt an der GAP-Reform aus österreichischer Sicht bestehe darin, daß die Hartweizenregelung die Fortschreibung krasser Ungerechtigkeit bedeute. Österreich habe beim Beitritt nur 7 000 Hektar Förderfläche zugesprochen bekommen, wogegen zum Beispiel Italien 1 600 000 Hektar Förderfläche zugeteilt bekommen habe. Nun werde diese ungerechte Verteilung beibehalten, weil Österreich so gut wie keine Aufstockung erreicht habe. Abgeordnete Aumayr fragt Bundesminister Mag. Molterer, ob er keine entsprechende Forderung erhoben habe oder ob seine Forderung abgelehnt worden sei.

Ein weiterer Kritikpunkt betreffe die nationalen Höchstgrenzen für Mutterkuhprämien. Der Anteil Österreichs an den Mutterkuhprämien sei gleich hoch wie jener Portugals, betrage aber nur ein Viertel von jenem Irlands. Daraus ergebe sich wiederum die Frage nach diesbezüglichen For­derungen von Bundesminister Mag. Molterer.

Weiters fragt Abgeordnete Aumayr, welchen Punkten der GAP-Reform in der vorliegenden Fassung der österreichische Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft seine Zustimmung verweigern werde, wann es unter österreichischem Ratsvorsitz zur unterschriftsreifen Prä­sentation der Agenda 2000 kommen werde und ob Bundesminister Mag. Molterer nach wie vor zuversichtlich sei, daß die Agenda 2000 unter deutscher Präsidentschaft im März 1999 unter­schrieben werden wird.

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP) stellt fest, daß eine Zeit derart großer Veränderungen auch Veränderungsprozesse in der Landwirtschaft mit sich bringe. In den vorliegenden Be­richten, Konzepten und Programmen seien zum Teil klare Zielvorgaben enthalten, zu denen einige Fragen zu stellen seien.

Abgeordneter Donabauer fragt nach Bundesminister Mag. Molterers Meinung dazu, daß im vorliegenden Entwurf das Thema erneuerbare Energie nicht aufscheint.

Weiters stelle sich die Frage nach den Flächenstillegungen. Die GAP enthalte eine auf 17,5 Pro­zent lautende Regelung, hingegen gehe die neue Vorlage von einem Null-Ansatz aus. Daraus ergebe sich eine schwierige Situation. Abgeordneter Donabauer fügt hinzu, daß er die Änderung aus persönlicher Sicht ablehne, weil damit das Problem nicht gelöst, sondern die Entstehung weiterer Probleme bewirkt werde.

Zwar sei die Sichtweise berechtigt, daß die Europäische Union dadurch möglicherweise fit für den Weltmarkt gemacht werden könnte, aber damit verbinde sich eine Sorge, die ihren Aus­druck in der Frage finde, wie aktiv, verläßlich und zahlungskräftig der Weltmarkt auf dem Agrar­sektor in Zukunft bleiben wird. Eine neue Linie und eine neue politische Zielvorgabe müsse mittelfristig entsprechende Sicherheit bieten können, und daran bestünden gegenwärtig einige Zweifel.

Eine weitere Frage ergebe sich aus der Absicht, die Milchquoten 2006 auslaufen zu lassen. Dies habe beträchtliche Verunsicherung zur Folge gehabt, insbesondere deshalb, weil keine Ersatz­maßnahmen absehbar seien. Abgeordneter Donabauer fragt Bundesminister Mag. Molterer nach seiner Ansicht über diese Entwicklung. Einige Mitgliedstaaten hätten sich stark für das Auslaufen der Milchquotenregelung eingesetzt, andere würden aus nationaler Notwendigkeit deren Beibehaltung fordern. Daher stelle sich die Frage, wie diese Gegensätze überbrückt werden könnten.

Abgeordneter Donabauer fragt in bezug auf die Marktordnungsprämien – da diese mit immer größeren Umweltauflagen verbunden seien –, ob diese Umweltauflagen nicht nur in Österreich, sondern auch in den anderen Mitgliedstaaten tatsächlich eingehalten würden. Weiters stelle sich die Frage, wie Bundesminister Mag. Molterer zur horizontalen Regelung im Bereich der Mo­dulierung stehe, degressiv angesetzte Auszahlungsmodelle auf die Auszahlungshöhe anzu­wenden. Dieses Thema werde auch in Österreich zunehmend diskutiert werden, und es müsse nicht nur agrarpolitisch, sondern auch gesellschaftspolitisch gesehen werden.

Abgeordneter Donabauer fragt, welche Probleme der – nicht grundsätzlich abzulehnende – neue Vorschlag über die Kofinanzierung der Marktordnungsprämien mit sich bringen würde und welche Auswirkungen dies auf Österreich hätte.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ) erachtet eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik für notwendig. Dafür biete die Agenda 2000 positive Ansätze in einige Schlüsselrichtungen des Agrarbereichs, unter anderem auch hinsichtlich des Umweltbereichs. Der in Diskussion ste­hende Vorschlag sehe vor, die Ökologisierung in der Landwirtschaft zu forcieren.

Ökologisierung im Agrarbereich sei nur dann unterstützenswert, wenn dieser Titel tatsächlich zutrifft. Es wäre daher nicht zielführend, alle Bereiche unter einem “grünen Mäntelchen” zu ver­stecken. Vielmehr werde es darauf ankommen, beispielsweise Programme wie das Öster­reichische Programm für umweltgerechte Landwirtschaft in der Europäischen Union zu for­cieren. Abgeordneter Gradwohl fragt Bundesminister Mag. Molterer nach dessen Einschätzung der Möglichkeiten, auf europäischer Ebene verstärkt in diese Richtung zu arbeiten.

Abgeordneter Gradwohl widerspricht dem Abgeordneten Schwarzenberger in dessen Ein­schätzung, daß es nicht möglich sei, auf EU‑Ebene den Sockelbetrag einzuführen. Nach dem Wechsel einiger zuständiger Minister in den Mitgliedstaaten sei – vor allem seitens des neuen deutschen Agrarministers Funke – eine stark veränderte Positionierung zu diesem Thema zu vermerken. Abgeordneter Gradwohl fragt, ob auch Bundesminister Mag. Molterer der Ansicht beitreten könne, daß nach den personellen Veränderungen im Agrarministerrat die Einführung eines Sockelbetrages im Rahmen der Agenda 2000 möglich wäre und daß darüber hinaus die für Österreich sehr wichtigen Bereiche einer sozialen Staffelung – einer Degressionsstaffelung – sowie einer verstärkten Unterstützung für den biologischen Landbau umsetzbar wären.

Abgeordneter Gradwohl fragt weiters, ob im Rat oder in den vorbereitenden Beamten­gesprächen auch über eine Ausrichtung der Förderungen im Hinblick auf die Arbeitsplätze und die Arbeitsintensität in der Landwirtschaft diskutiert worden sei und ob schon Ansätze für entsprechende Ergebnisse vorlägen.

Er verweist auf einen von Frau Abgeordneter Dr. Moser in dieser Sitzung eingebrachten Antrag auf Stellungnahme betreffend Schlachttierexport und erinnert daran, daß ein Antrag gleichen Inhalts am 14. November 1997 im Nationalrat angenommen worden sei, damals aber von den Grünen nicht die Zustimmung bekommen habe. Es sei daher verwunderlich, daß somit in dieser Sitzung ein Antrag eingebracht worden sei, der die schon vorhandene Beschlußlage wieder­gebe.

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche) verweist auf eine Erklärung des Vorsitzenden der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Abgeordneten Rudolf Schwarzböck, wo­nach die Agenda 2000 in der vorliegenden Form für die Bauern Einkommensverluste im Aus­maß von 2,5 Milliarden Schilling mit sich bringen werde.

EU‑Kommissar Dr. Franz Fischler habe in den “Landwirtschaftlichen Mitteilungen” vom 1. No­vember 1998 geschrieben, daß die Einkommen steigen würden, und dem habe Abgeordneter Schwarzböck mit den Aussagen widersprochen, daß die Einkommen weiter sinken und die Überschüsse wachsen würden, daß weiters die Abwanderung steigen und der Trend zur Industrialisierung der Landwirtschaft zunehmen werde, sodaß die Agenda 2000 in der vorliegenden Form nicht angenommen werden könne.

Abgeordneter Koller fragt, ob dies nicht als Doppelspiel einzuschätzen wäre: einerseits gegen die Agenda 2000 aufzutreten und sich andererseits für die EU‑Osterweiterung einzusetzen.

Im Rahmen der Agrarministertagung in St. Wolfgang hätten die Agrarminister einen Milch­viehbetrieb, der außerdem Urlaub am Bauernhof anbiete, und einen Forstwirtschaftsbetrieb mit Veredelung des Holzes im eigenen Betrieb besichtigt. Abgeordneter Koller fragt Bundesminister Mag. Molterer, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, einen schweinehaltenden Betrieb zu besichtigen. Denn diese Betriebe hätten so dramatische Preiseinbrüche verzeichnen müssen wie sonst keine Sparte der Landwirtschaft. Angesichts dessen müsse daran erinnert werden, daß der steirische Tierzuchtdirektor Dr. Rohrbacher beim EU‑Beitritt noch erklärt hatte, die Bau­ern mögen auf Ferkelproduktion umsteigen, weil dort eine Chance bestünde.

Abgeordneter Koller fragt Bundesminister Mag. Molterer, wann er den “Kuschelkurs” gegenüber Kommissar Dr. Fischler aufgeben und dazu übergehen werde, sich für die Forderungen des Abgeordneten Schwarzböck einzusetzen.

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ) verweist darauf, daß das bestehende Agrarförderungs­system – ein sehr ungerechtes System – vom Europäischen Rechnungshof und von vielen Agrarökonomen immer wieder wegen seiner ineffizienten Gestaltung – da es ausschließlich auf Fläche und Viehbesatz abstelle – kritisiert worden sei. Diese Kriterien seien ungerecht. Weiters habe das Europäische Parlament im Juni 1998 in einer Entschließung festgehalten, daß eine zunehmende Abkoppelung der Agrarbeihilfen von den Produktionsmengen und der Betriebs­größe feststellbar sei.

Abgeordneter Wimmer fragt, ob sich im Rahmen der Reformverhandlungen zur Agenda 2000 eine Änderung dieser ungerechten Situation abzeichne.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer leitet seine Aus­führungen mit einem Überblick über den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen zur Agen­da 2000 ein.

Im November 1997 formulierten die EU‑Agrarminister in einer politischen Schlußfolgerung das Modell der europäischen Landwirtschaft als Zielsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik. Im März 1998 wurden die – in der laufenden Sitzung zur Beratung stehenden – Vorschläge der Europäischen Kommission vorgelegt.

Im Juni 1998 legte der Europäische Rat in Cardiff einen Terminfahrplan fest, wonach der Abschluß der gesamte Agenda 2000 im März 1999 zu erfolgen habe. Dieser Zeitplan werde, solange keine andere Festlegung erfolgt, Gültigkeit haben, und nach Ansicht von Bundes­minister Mag. Molterer wird er voraussichtlich eingehalten werden. In Cardiff sei gefordert worden, daß die Beratungen über die Agenda 2000 zu einem Gesamtergebnis zu führen hätten, also zu einem Ergebnis nicht nur in bezug auf den landwirtschaftlichen Bereich, sondern auch hinsichtlich aller anderen Teile.

Die österreichische Präsidentschaft habe von Beginn an die technische Prüfung der ver­schiedenen Verordnungstexte äußerst intensiv vorgenommen. Diese Klärung auf technischer Ebene – was welcher Vorschlag eigentlich meine – sei weitgehend abgeschlossen, sodaß jetzt die Phase der politischen Klärung im Gange sei.

Unter österreichischem Vorsitz sei ein informeller Rat bewußt dem Thema “ländliche Ent­wicklung” gewidmet worden, da Österreich in diesem Thema – als der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik – wesentliche Zukunftsperspektiven erblicke.

In bezug auf die einzelnen Bereiche der GAP lasse sich folgender Stand der Beratungen feststellen:

Was den Marktordnungsbereich betrifft, stelle sich in bezug auf das Teilgebiet Ackerkulturen die Frage nach einer Preissenkung und nach deren Ausmaß sowie nach dem Ausmaß der Kompensationszahlungen.

Zum zweiten Kernthema des Marktordnungsbereichs, der Ölsaatenregelung, könne gesagt wer­den, daß die vom Abgeordneten Schwarzenberger angesprochene Problematik von einigen Mitgliedstaaten – auch von Österreich – kritisch hinterfragt wird: ob die einheitliche Ölsaaten­prämie, wie die Europäische Kommission sie vorgeschlagen habe, tatsächlich zum Wegfall der Restriktionen des “Blair House Agreements” führen werde oder ob es nicht dazu kommen werde.

Die Frage des Abgeordneten Donabauer nach der Flächenstillegung sei damit zu beantworten, daß derzeit eine Regelung bestehe, wonach für den Fall, daß die Agrarminister sich nicht einigen, eine Flächenstillegung im Ausmaß von 17,5 Prozent vorgesehen sei. Der neue Vorschlag sehe vor, daß es ohne Einigung zu keiner Flächenstillegung käme. Letzteres sei nicht befriedigend, weil dann das Instrument der Flächenstillegung zwar vorhanden wäre, aber in der Praxis nicht Anwendung fände. Daher werde jetzt darüber diskutiert, das Prinzip wieder umzu­drehen.

In bezug auf die vierte Kernfrage, betreffend die Energie- und Rohstoffproduktion, könne berichtet werden, daß es Österreich gelungen ist, im Juni-Rat einen Beschluß zu fassen, mit dem die Kommission aufgefordert wird, zu diesem Thema einen eigenen Bericht vorzulegen. Derzeit arbeite die Kommission intensiv daran, um die Frage der Perspektiven der europäischen Energie- und Rohstoffproduktion auch im Rahmen der Agenda 2000 aufzugreifen. Auf Basis dieses Berichts werde die weitere politische Arbeit erfolgen können.

Die österreichische Präsidentschaft habe zu diesem Thema eine sehr erfolgreiche, international gut besetzte Konferenz in Gmunden abgewickelt. Die dort gefaßte “Gmunden-Deklaration” sei von der österreichischen Präsidentschaft als Gegenstand der Beratungen eingebracht worden.

Im Bereich Rindfleisch betreffe die erste Kernfrage das Ausmaß der Preissenkung und wie­derum der entsprechenden Kompensationszahlung. Diese Frage werde als eine der sensibel­sten Fragen voraussichtlich erst gegen Ende der Beratungen gelöst werden können.

Das zweite Kernproblem im Bereich Rindfleisch bestehe aus österreichischer Sicht darin, daß auch in Zukunft ein Sicherheitsnetz benötigt wird. Die private Lagerhaltung allein werde nicht ausreichen.

Was den dritten Bereich betrifft, wolle Österreich bei den Möglichkeiten der nationalen Pau­schal­beträge Tierkategorien verankern, wie sie bereits Abgeordneter Schwarzenberger ange­sprochen habe, so zum Beispiel die Kategorie “Kalbinnen”. Dies sei auch im Sinne einer Auf­zuchtregelung zu verstehen. Wichtig sei aus österreichischer Sicht – insbesondere im Hinblick auf die österreichische Produktionsstruktur – die Frage der Extensivierungsprämien.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet der Abgeordneten Aumayr, daß bereits zum Zeitpunkt des Preispaketbeschlusses im Juni-Ministerrat festgelegt worden sei, daß für die drei 1995 aufgenommenen Mitgliedstaaten die Prämienrechte, wie sie im Beitrittsvertrag festgeschrieben sind, die Grundlage der weiteren Gespräche sind. Denn Österreich habe gemeinsam mit Finn­land und Schweden klargestellt, daß ein gewisser Zeitaufwand für den Aufbau dieser Quoten­bestände nötig sein wird. Dafür sei der Beitrittsvertrag relevant, nicht aber die im Vorschlag der Kommission vorgesehene Strategie. Dieser Vorschlag müsse verbessert werden, um von Österreich akzeptiert zu werden.

Im Bereich Milchwirtschaft betreffe die Schlüsselfrage die Milchquote. Österreich trete massiv für eine Aufrechterhaltung der Milchquote ein, weil diese angesichts der österreichische Pro­duktionsstruktur – insbesondere im Hinblick auf die benachteiligten Gebiete und Betriebe – wesentlich für die Sicherung der Produktionsbasis sei. Für die von der Europäischen Kom­mission vorgeschlagene Form der Preisreduktion im Milchbereich seien aus österreichischer Sicht die Argumente nicht ausreichend.

Österreich trete für eine Kuhprämie ein. Offen sei nach wie vor die Frage, nach welchem Modell der Ausgleich tatsächlich durchgeführt werden solle: nach dem Modell der “virtuellen” Kuh­prämie, das eher von der tatsächlichen Milchleistung sowie vom zukünftigen Durchschnittsertrag ausgehe, oder nach dem Modell des realen Produktionsstandes eines Landes. Dabei müsse zum Beispiel berücksichtigt werden, daß Österreich mit dem großen Anteil von Zwei-Nutzungs-Rindern ein anderes Leistungsniveau hat als nur am Milchertrag orientierte Regionen.

Österreich stehe also einer Milchquotenerhöhung sehr skeptisch gegenüber, und dies gelte auch für den neuesten Vorschlag der Kommission, der eine besondere Aufstockung für Berg­gebiete und Jungbauern vorsehe, sodaß Österreich wegen der besonderen Berücksichtigung der Berggebiete einen überproportionalen Anteil bekäme. Die Skepsis sei dadurch begründet, daß eine Erhöhung der Quote auch eine Erhöhung der Menge und letztlich zusätzlichen Preis­druck bedeuten würde.

Als weitere Schlüsselfrage zeichne sich die Quotenregelung für nicht erwerbstätige Erzeuger – das Stichwort dazu laute “Stärkung der aktiven Milcherzeuger” – ab.

Im Bereich Wein sei die technische Prüfung derzeit noch im Gange, da die Europäische Kommission ihre Vorschläge dazu verspätet vorgelegt habe.

Österreich trete für die Staffelung der Marktordnungsprämien in Abhängigkeit von der Betriebs­größe ein. Es vertrete weiters den Standpunkt, daß zur Vermeidung von Wettbewerbsverzer­rungen eine europaweite Regelung nötig sei. Über die Positionen der anderen Mitgliedstaaten könne gesagt werden, daß einige von ihnen – wie zum Beispiel Großbritannien oder bisher auch Deutschland – entschiedene Gegner solcher Obergrenzen sind. Es werde sich im November-Rat zeigen, ob die neue deutsche Bundesregierung eine andere Position vertritt. Allerdings werde sich die Problematik zwischen alten und neuen deutschen Bundesländern auch für eine neue Bundesregierung im Prinzip nicht verändert darstellen, sodaß die Positionierung von einer politischen Entscheidung abhängen werde.

Andere Mitgliedstaaten hätten den Standpunkt bezogen, zwar für eine derartige Regelung zu sein, jedoch nur auf nationaler Ebene. Eine dritte Gruppe trete für diese Modulation auf EU‑Ebene ein, und dazu gehöre auch Österreich.

Österreich könne sich die Einführung von Umweltauflagen im Marktordnungsbereich vorstellen, allerdings mit der Einschränkung, daß dadurch das Umweltprogramm nicht gefährdet werden darf. Umweltauflagen dürften auch nicht, wie bereits Abgeordneter Schwarzenberger klargestellt habe, zu einem Instrument der Wettbewerbsverzerrung werden.

In bezug auf die Arbeitskräfte habe die Kommission vorgeschlagen, daß derjenige einen Prämienabschlag hinnehmen muß, der ein bestimmtes Niveau – dessen Definition noch aus­ständig sei – des Arbeitskräftebesatzes unterschreitet. Österreich habe dieses Prinzip hinter­fragt, weil es dem Ziel, positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, nicht gerecht werde. Sinnvoller als eine solche Malefizierung wäre es, entsprechende Anreize zu geben. Mit dem derzeit vorliegenden Vorschlag sei ein Großteil der Mitgliedstaaten überhaupt nicht einver­standen. Es bestehe die Möglichkeit, daß eine diesbezügliche Option zustande kommt, in den Mitgliedstaaten fakultativ entsprechende Modelle zu erwägen.

Gegenüber der neuen Idee der ländlichen Entwicklung seien die Mitgliedstaaten im Prinzip positiv eingestellt. Der Bereich der ländlichen Entwicklung umfasse zum einen die bisherigen flankierenden Maßnahmen des Umweltprogramms, den in Österreich nicht angewendeten Vorruhestand und die Förderung im Forstbereich, zweitens den gesamte Bereich der bisherigen 5a-Maßnahmen – dies betreffe Ausgleichszulage, Investitionsförderung, Jungbauernförderung, Ausbildungsförderung sowie Sektorpläne – und drittens alle bisherigen Maßnahmen des Ziels 5b. Dieses Ziel werde es in Zukunft nicht mehr geben, sondern es sei vorgesehen, dessen Elemente im ländlichen Raum horizontal anzuwenden.

Gemäß heutigem Diskussionsstand sei die Möglichkeit vorstellbar, den Sockelbetrag in die österreichische Bergbauernförderung zu implementieren. Dies wäre aus österreichischer Sicht ein wichtiger Schritt. Weiters werde die neue Verordnung zum ländlichen Raum voraussichtlich die Ausweitung von Umweltprogrammen wie dem ÖPUL zulassen. Drittens seien nach heutigem Diskussionsstand verbesserte Möglichkeiten der Förderung im Forstbereich vorstellbar. Auch die horizontale Anwendung der 5b-Maßnahmen sei als positiv einzuschätzen, weil die bisherige Gebietsbegrenzung dadurch wegfalle.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet der Abgeordneten Aumayr, daß ein Abschluß der Agenda 2000 unter österreichischer Präsidentschaft nicht angestrebt werde, da dies aufgrund des technischen Ablaufs nicht möglich sei. Die Frage nach der Haltung der Mitgliedstaaten berühre einen sensiblen Punkt, da seit 1. Juli 1998 bereits acht Agrarminister ihr Amt neu angetreten hätten.

Das Europäische Parlament habe gemäß Artikel 43 zu den Vorschlägen im Rahmen der Ge­meinsamen Agrarpolitik ein Recht auf Stellungnahme. Derzeit liege keine offizielle Stel­lungnahme zu den einzelnen Bereichen vor. Diskussionsvorschläge im Europäischen Parlament seien der Beurteilung noch entzogen.

Zur Frage der Kofinanzierung erläutert Bundesminister Mag. Molterer, daß derzeit die finanzielle Vorschau der Europäischen Kommission so, wie letzten März beschlossen, vorliegt. Zusätzlich sei der Vorschlag unterbreitet worden, die Agrarleitlinie beizubehalten. Dieser Vorschlag sei von den Agrarministern begrüßt worden. Der Eigenmittelbericht der Kommission enthalte Ideen, aber keine Vorschläge. Zu diesen Ideen gehöre zum Beispiel die Kofinanzierung.

Dabei stelle sich zunächst die Frage nach dem Inhalt. Es sei vorgesehen, daß ein Bauer nach wie vor Anspruch auf eine Marktordnungsprämie hätte, diese jedoch aus EU‑Geld und aus dem nationalen Budget zu finanzieren wäre. Allerdings sei die Idee der Kofinanzierung nicht nur auf große Zustimmung, sondern auch auf massive Ablehnung gestoßen. Für den Rat werde eine Entscheidung erst aufgrund eines Vorschlages möglich sein, und ein solcher sei derzeit noch ausständig. Es lägen auch andere Ideen vor, die aus Sicht der Nettozahler interessant wären.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet der Abgeordneten Dr. Moser, daß der von ihr vor­gelegte Antrag einer weit über die Agenda 2000 hinausgehenden Diskussion bedürfte. Nicht in dieser Agenda angesprochen seien zum Beispiel die im Antrag erwähnten Bereiche Futtermittel, Antibiotika und Hormone, sodaß dieser allgemein politische Antrag mit der Agenda 2000 nur zum Teil zu tun habe.

Nicht akzeptabel sei die in dem Antrag erhobene Forderung, daß 5b‑Programme nicht dazu ver­wendet werden sollten, lokale Honoratioren zu finanzieren. Tatsächlich würden 5b‑Projekte der Entwicklung der Regionen dienen. Bundesminister Mag. Molterer spricht sich dafür aus, lokale Aktivisten dafür zu gewinnen, 5b‑Projekte und ‑Programme zu entwickeln.

Es treffe zu, daß die Regelung der Frühvermarktungsprämie keine Verlängerung finden soll. Ein automatisches Auslaufen der Verarbeitungsprämie sei nicht vorgesehen, es obliege jedoch ausschließlich der Kommission, diese Prämie festzusetzen, und von ihr werde es daher abhängen, ob diese Prämie tatsächlich wirksam wird. Im Agenda-Vorschlag sei sie nicht mehr vorgesehen.

In bezug auf die Lebendtierexporte sei zu beachten, daß Mitte Oktober nicht nur die Lebend­tierexporterstattung, sondern alle Exporterstattungen um 8 Prozent aufgestockt wurden. Die Gründe dafür seien die Marktentwicklung und die Kursentwicklung des Dollars gewesen. Seit 1. September 1998 sei jedoch die Verknüpfung von Exporterstattung und Einhaltung der Lebendtiertransportrichtlinie vorgesehen, sodaß Exporterstattungen bei Verstoß gegen diese Richtlinie zurückverlangt werden könnten. Dies sei als Fortschritt zu werten.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet der Abgeordneten Aumayr, daß Österreich vor dem EU‑Beitritt auf einer Fläche von 9 600 Hektar Hartweizen produziert habe. Daher fordere Österreich weiterhin die Möglichkeit, traditionellen Hartweizenanbau in diesem Ausmaß zuge­standen zu bekommen. Österreich habe in den bisherigen Verhandlungen in zwei Etappen eine Ausweitung von 5 000 auf 7 000 Hektar erreicht, überdies werde es inzwischen nicht mehr als Mittelstufe, sondern als traditionelles Gebiet eingestuft. Daher erhalte Österreich für diese 7 000 Hektar die höhere, traditionelle Hartweizenprämie. Das Ziel seien weiterhin, wie gesagt, 9 600 Hektar.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet dem Abgeordneten Donabauer, daß sich derzeit Dänemark, Schweden, Großbritannien und die Niederlande dezidiert gegen eine Verlängerung der Milchquotenregelung aussprechen. Griechenland habe sich dem angeschlossen, aber es sei klar, daß Griechenland für die Milchquote eintreten wird, sofern sie hoch genug ist. Diese Abhängigkeit des Standpunktes von der Quotenhöhe treffe auch im Fall Italiens zu.

Bundesminister Mag. Molterer stimmt dem Abgeordneten Gradwohl darin zu, daß es nicht um “grüne Mäntelchen”, sondern um effiziente Umweltprogramme geht. Letzteres treffe auf das österreichische Umweltprogramm zu. Andere Mitgliedstaaten seien derzeit bemüht, ähnliche Programme umzusetzen.

Dem Abgeordneten Koller antwortet Bundesminister Mag. Molterer, daß er die Einschätzung des Abgeordneten Schwarzböck teile, wonach die Agenda 2000 in der vorliegenden Form zu Einkommensproblemen führe und daher verbessert werden müsse, um die österreichische Zustimmung zu finden.

Im Sinne des Themas “ländliche Entwicklung” sei die erwähnte Besichtigung in dafür typischen Betrieben vorgenommen worden. Bundesminister Mag. Molterer gibt seinem Stolz darauf Aus­druck, daß Österreich derartige Betriebe herzeigen kann und daß insbesondere Ober­österreich zum Schauplatz dieser Besichtigung wurde.

Die Initiative Österreichs, den Schweinebauern in ihrer kritischen Lage zu helfen, hänge nicht davon ab, ob mit anderen Agrarministern Betriebsbesuche vorgenommen werden. Österreich werde im nächsten Agrarministerrat neuerlich die Krise auf dem Schweinemarkt in den Mittel­punkt der Diskussion stellen. Erste Anzeichen für ein richtiges Reagieren der Europäischen Kommission und für zusätzliche Hilfsmaßnahmen von dieser Seite seien bereits erkennbar.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet dem Abgeordneten Wimmer auf dessen Anmerkungen zur Ineffizienz des Fördersystems, daß für die Berechnung der Ausgleichszulage vorgesehen sei, nicht mehr nach Viehkategorien vorzugehen. Durch den Sockelbetrag bestehe die Mög­lichkeit zur Korrektur. Ein Dilemma ergebe sich daraus, daß die Bezugsgröße “Fläche” in der Administration relativ einfach zu handhaben sei, sodaß es nötig sein werde, einen vernünftigen Mittelweg zwischen Effizienz als Gerechtigkeit des Fördersystems und Verwaltungseffizienz zu gehen.

Bundesminister Mag. Molterer merkt gegenüber dem Abgeordneten Koller abschließend an, daß er keinen “Kuschelkurs” verfolge, sondern daß Kuscheln eine Sache des Privatbereichs sei.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche) stellt fest, daß die Genugtuung von Bundesminister Mag. Molterer über die genannte informelle Tagung und die erwähnten Vor­zeigebetriebe in Kontrast zu dem Kommentar stehe, den dazu Kabinettschef Pirzio-Biroli in Brüssel gegenüber einer oberösterreichischen Delegation abgegeben habe. Der Kabinettschef des österreichischen EU‑Kommissars habe gesagt, er wisse nicht, was es bedeutet habe, daß im Rahmen dieser Tagung in Oberösterreich Zwetschkenbäume und Betriebe mit Schafen vorgeführt wurden; die Teilnehmer hätten sich da nicht ausgekannt. Dies könne zum Beispiel der freiheitliche Klubobmann im Oberösterreichischen Landtag Günther Steinkellner bestätigen.

Die berechtigte Frage des Abgeordneten Schwarzenberger, ob auf die Einhaltung der Kriterien für Umweltförderungen in anderen Mitgliedstaaten genauso streng wie in Österreich geachtet werde, sei noch nicht beantwortet worden. Österreich habe sehr strenge Umweltauflagen, und es gebe innerhalb der Europäischen Union so gut wie keinen Schutz vor der Konkurrenz, die in diesem Bereich auf bedeutend niedrigerem Niveau arbeiten könne.

Die Durchführungsbestimmungen des EAGFL seien ein Beleg dafür, daß die Gemeinsame Agrarpolitik in Zukunft stärker unter dem Wulf-Mathies-Diktat stehen werde. Diese Bestim­mungen hätten sich laut Vorschlag der Kommission nach der allgemeinen Strukturfonds­verord­nung zu richten. Davon betroffen seien Investitionen, Vorruhestand, Ausgleichszulagen, Agrarumweltmaßnahmen, Verarbeitung und Vermarktung sowie forstwirtschaftliche Maßnah­men. Ausnahmen würden für Regionen in äußerster Randlage gemacht werden, und diese Regionen seien fast in der gesamten Europäischen Union feststehend, nur nicht in Deutschland und Österreich.

Abgeordnete Aumayr fragt Bundesminister Mag. Molterer nach einer Begründung für die Notwendigkeit der Anpassung der Agrarförderungsmaßnahmen an die Strukturfondsverord­nung. Sie fragt weiters, welche Folgen die Klausel betreffend Regionen in äußerster Randlage vor, während und nach der Osterweiterung für Österreich habe und haben werde.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne) gibt ihrer Zufriedenheit darüber Ausdruck, daß Bundesminister Mag. Molterer in seiner Absage an eine Milchquotenerhöhung mit der im vorliegenden Antrag der Grünen zum Ausdruck gebrachten Meinung übereinstimmt. Nach Ansicht der Grünen sollte die Ausgleichsprämie nicht an die “virtuelle”, sondern an die konkrete Kuh geknüpft sein.

Es sei aber noch nicht klar, wie Bundesminister Mag. Molterer zu dem für den Konsumenten­schutz wichtigen Aspekt stehe, in der Europäischen Union ein generelles Verbot der Beimen­gung von Hormonen und Antibiotika zu Futtermitteln auszusprechen. In dieser Hinsicht sollte die Landwirtschaftspolitik Arm in Arm mit der Konsumentenschutzpolitik gehen.

Abgeordnete Dr. Moser bringt einen weiteren Antrag der Grünen auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 2 B‑VG betreffend Agenda 2000 mit folgendem Wortlaut ein: “Der Bun­desminister für Land- und Forstwirtschaft wird aufgefordert, sich auf der EU‑Ebene für eine sofortige Abschaffung der Subventionen für Schlachttierexporte einzusetzen.”

Der Wortlaut dieses Antrages sei nicht identisch mit dem Wortlaut jenes Antrages, der am 14. November 1997 im Nationalrat angenommen wurde. Denn damals sei die Forderung nach schrittweiser Abschaffung beschlossen worden, diesmal gehe es um die sofortige Abschaffung. Außerdem sei damals die Zuweisung des Tierschutzes in den Bereich eines landwirtschaftlichen Ausschusses beschlossen worden, hingegen seien die Grünen der Ansicht, daß Tierschutz in erster Linie nicht Aufgabe der Landwirtschaft sei, sondern ein generelles Anliegen einer Ge­sellschaft sein müsse.

Es müsse gewährleistet werden, daß frisches, gesundes und gutes Fleisch zu den Konsu­mentInnen transportiert wird. Das Schlachtvieh aber werde derzeit oft entgegen den Richtlinien und entgegen nationalen Vorschriften länger und unter schlechteren Bedingungen befördert. Dem könne damit abgeholfen werden, daß Fleisch nur noch in tiefgekühltem Zustand quer durch Europa transportiert wird.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) kündigt an, daß das Liberale Forum den ersten der in dieser Sitzung eingebrachten Anträge der Grünen nicht unterstützen werde, obwohl in einigen Punkten – wie dem Konsumentenschutz, der Exporterstattung für Lebendtiere oder dem Einsatzverbot für gentechnisch hergestellte Rinderwachstumshormone – Überein­stimmung bestehe, da der Gesamtzusammenhang einer Zustimmung entgegenstehe.

Der zweiten Antrag unterscheide sich tatsächlich von dem im November 1997 beschlossenen Entschließungsantrag. Das Liberale Forum habe damals nicht zugestimmt, weil in diesem Antrag auf einen Vorstoß, den Tierschutz nicht im COREPER zu verhandeln – dieser sei, wie sich später herausgestellt habe, nicht von österreichischer, sondern von britischer Seite ge­kommen –, Bezug genommen worden sei.

Abgeordneter Mag. Barmüller fragt Bundesminister Mag. Molterer, ob im Zuge der Agenda 2000 auch daran gedacht werde, landwirtschaftlicher Förderungen hinsichtlich ihrer umweltpolitischen Auswirkungen zu überprüfen. In einer deutschen Fernsehsendung sei berichtet worden, daß auf Korsika Brandrodungen durchgeführt worden seien, um Weideland für Milchkühe zu gewinnen, weil es dafür Förderungen unabhängig von der Ausbeute gebe. Eine solche Vorgangsweise könne nicht im Sinn landwirtschaftlicher Förderungen erfolgt sein.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer antwortet der Abge­ordneten Aumayr, daß es im Lauf der Tagung in St. Wolfgang der österreichischen Seite gelungen sei, den 14 anderen Agrarministern zu zeigen, was Österreich unter integrierter ländlicher Entwicklung verstehe. Dieser informelle Rat habe aus europäischer und aus österreichischer Sicht Fortschritte mit sich gebracht.

Die Frage nach den Umweltauflagen sei bereits beantwortet worden. Es stehe dabei, wie gesagt, die Frage in Diskussion, ob zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen – sofern Umweltauflagen überhaupt Gegenstand von Marktordnungen sein sollten – einheitliche Regelungen auf EU‑Ebene geschaffen werden sollten. Aber es stelle sich dabei auch die Frage, welches Niveau derartige einheitliche Umweltauflagen hätten und auf welche Weise sie eine Umsetzung erfahren würden.

Auf die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten müsse in der weiteren Diskussion über diese Frage geachtet werden. Es dürfe nicht dazu kommen, daß die Mitgliedstaaten mit den höchsten ökologischen Standards noch zusätzliche Anforderungen zu erfüllen hätten und diejenigen, die sich nicht darum kümmern würden, möglicherweise eine Bonifizierung bekämen. Richtig sei, daß es unterschiedliche Standards bei der Einhaltung von Umweltauflagen gibt.

Um ein eventuelles Mißverständnis auszuräumen, verweist Bundesminister Mag. Molterer dar­auf, daß der Vorschlag der ländlichen Entwicklung besagt, daß bisherige 5b‑Maßnahmen künftig ohne 5b‑Gebietsbeschränkung horizontal angewendet und – im Gegensatz zur bisherigen Regelung – auch aus dem EAGFL finanziert werden können. Andererseits gebe es im Ziel‑2-Gebiet weiterhin ein Element “ländliches Gebiet”, und es gebe im Ziel-1-Bereich Elemente, die aus den bisherigen Strukturfonds finanziert würden. In bezug auf das Ziel‑2-Element “ländliches Gebiet” habe die Regelung für Strukturfonds Gültigkeit. Für den einzelnen Bauern ändere sich dadurch jedoch nichts, sondern es gehe dabei ausschließlich um die Art der technischen Vor­bereitung.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet der Abgeordneten Dr. Moser, daß die Position Österreichs in bezug auf Hormone unmißverständlich sei und auch in der harten Auseinan­dersetzung zwischen der Europäischen Union und den USA beibehalten werde. Auch hinsichtlich der Verwendung von Antibiotika habe Österreich stets den Verbraucherschutz im Blick gehabt. Zum Beispiel wäre ohne die österreichische Stimme Avoparcin nicht verboten worden.

Jetzt sei aufgrund der Tätigkeit der Antibiotika-Kommission der EU eine neue Debatte in Gang gekommen. Derzeit werde wissenschaftlich geprüft, ob es nicht sinnvoll wäre, eine als Arzneimittel zugelassene Substanz per definitionem im Futtermittelbereich nicht zum Einsatz kommen zu lassen. Dies könnte ein interessanter nächster Schritt weg von den Einzel­beurteilungen sein.

In bezug auf die Schlachttiertransporte möge Abgeordnete Dr. Moser im eigenen Interesse auf größere Klarheit in der Argumentation achten. Denn wenn sie etwa von frischem Fleisch spreche, das sie beispielsweise den Verbrauchern im Nahen Osten bieten wolle, dann könnte dies die Antwort hervorrufen, daß zur Einlösung dieser Forderung automatisch Lebend­tierexporte nötig wären, da nur lebende Tiere dort frisches Fleisch liefern könnten. Dies sei aber offenbar nicht gemeint gewesen.

Bundesminister Mag. Molterer bestätigt die Ausführungen des Abgeordneten Mag. Barmüller darüber, daß Österreich nie verlangt habe, Fragen des Tierschutzes nicht im COREPER, sondern im SAL zu behandeln. Diese Fragen würden weiterhin im COREPER erörtert werden.

Was die Frage nach den Brandrodungen auf Korsika betrifft, sei es richtig, daß es dort Rodungen gegeben habe, um freie Fläche zu schaffen. Dies habe darauf abgezielt, daß für die Fläche Prämie bezahlt wird. Denn für die Milchkuh gebe es die Prämie nicht. Österreich schließe dies insofern aus, als im Umweltprogramm beispielsweise sehr restriktive Grünland­bestimmungen enthalten seien, um einer Flächenoptimierung vorzubeugen.

Auch auf die Agrarförderungen treffe es zu, daß in zunehmendem Maße ökologische Evaluie­rungen vorgenommen werden. Dies sei ein Schritt nach vorn, da jegliche Maßnahme im Hinblick darauf zu untersuchen sei, ob sie zielgerichtet ist oder nicht. Der Rat Umwelt befasse sich intensiv mit der Frage ökologischer Auswirkungen von Förderungen.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne) fragt, ob Bundesminister Mag. Molterer ausschlie­ßen könne, daß die “Herodesprämie” weiterbesteht.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer bestätigt, daß geplant sei, die Frühvermarktungsprämie auslaufen zu lassen. Die Streichung der “Herodesprämie” sei in der Agenda 2000 vorgesehen. Die Streichung der Verarbeitungsprämie sei derzeit nicht vorgesehen, allerdings hänge die Anwendung dieser Prämie davon ab, ob die Europäische Kommission dafür eine Höhe festlegt. Es werde nicht automatisch, sondern erst auf eine Entscheidung der Kommission hin dazu kommen.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser stellt fest, daß zu diesem Punkt keine Wort­meldung mehr vorliegt, schließt diese Debatte und leitet über zur Abstimmung über die vorlie­genden zwei Anträge auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 2 B‑VG der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser betreffend Agenda 2000.

Der erste Antrag, ein umfangreicher Vorschlag über Ziele und Maßnahmen der Agenda 2000, bleibt in der Minderheit und ist abgelehnt.

Der zweite Antrag, bezogen auf Subventionen für Schlachttierexporte, bleibt ebenfalls in der Minderheit und ist abgelehnt.

Damit sind die Tagesordnungspunkte 3 und 4 und somit der öffentliche Teil dieser Sitzung des Hauptausschusses erledigt.

(Es folgen die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 10.)

Schluß der Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4: 13.02 Uhr

                                        Österreichische Staatsdruckerei: 85 0969