IV-23 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

 

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Dienstag, 16. Februar 1999

 

 

 

 

 

 

 

 


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Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

(Auszugsweise Darstellung)

XX. Gesetzgebungsperiode             Dienstag, 16. Februar 1999

Tagesordnung

 

Agrarteil der Agenda 2000:

COM KOM (98) 158 final

Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik

(56829/EU XX. GP)

Beginn der Sitzung: 14.16 Uhr

Obmann Dr. Heinz Fischer eröffnet die Sitzung, begrüßt die Anwesenden – insbesondere Bundesminister Mag. Molterer und dessen Mitarbeiter –, stellt die Beschlußfähigkeit des Haupt­ausschusses fest und verweist darauf, daß die ursprünglich ebenfalls für diese Sitzung geplante Beratung über einen Enquetevorschlag vorerst aufgeschoben worden ist, um darüber inhalt­liches Einvernehmen herbeizuführen.

1. Punkt

Agrarteil der Agenda 2000: COM KOM (98) 158 final Reform der Gemeinsamen Agrar­politik (56829/EU XX. GP)

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer erinnert daran, daß die Europäische Kommission im März 1998 im Rahmen der Gesamtvorschläge zur Agenda 2000 ihre Konzeption über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgelegt hat. Diese Vor­schläge beruhen auf der Voraussetzung, daß die EU-Agrarpolitik in Zukunft auf zwei Säulen ruhen wird: einerseits auf den klassischen Instrumenten der Agrarpolitik wie etwa den Markt­ordnungen, andererseits auf dem neuen oder ausgebauten Instrumentarium der ländlichen Ent­wicklung.

Im folgenden berichtet Bundesminister Mag. Molterer über den gegenwärtige Stand der Dis­kussion in beiderlei Hinsicht.

Zur Milchmarktordnung hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, die Milchquote fort­zuführen, sie um 2 Prozent aufzustocken – teilweise linear, teilweise punktuell –, die Interven­tionspreise für Butter und für Milchpulver schrittweise um 15 Prozent zu senken sowie eine Milchkuhprämie als Maßnahme zur Einkommenskompensation neu einzuführen.

Die deutsche Präsidentschaft hat zu diesen Vorschlägen drei Variationen vorgelegt. Deren erste ist die sogenannte Variation des Kommissionsmodells und umfaßt eine Zwischenbewertung des Erfolgs der Maßnahmen bis 2003 oder 2004, eine Quotenaufstockung, eine etwas reduzierte Preissenkung und einen Einkommensausgleich.

Die zweite Variation ist das sogenannte Verlängerungsmodell, nämlich die Fortführung der Milchquote bis 2006 unter im wesentlichen unveränderter Beibehaltung der jetzigen Regelung. Die Verlängerung der derzeit geltenden Milchquote macht einen positiven Beschluß erforderlich, weil sie mit 31. März 2000 befristet ist, und dafür ist eine qualifizierte Mehrheit nötig.

Eine Gruppe von vier Mitgliedstaaten, bestehend aus Großbritannien, Schweden, Dänemark und Italien, hat ein drittes Modell vorgeschlagen, in dem folgendes vorgesehen ist: eine Ver­längerung der Milchquote bis 2006 sowie deren Auslaufen, eine Preisreduktion um 30 Prozent, eine Aufstockung der Quote um 4 Prozent und ein teilweiser Einkommensausgleich.

Bundesminister Mag. Molterer stellt fest, daß aus österreichischer Sicht der Erhaltung der Milch­quote und der Ausgleichszahlung im Wege einer Milchkuhprämie Priorität zukommt.

Für eine Quotenaufstockung um 2 Prozent lautet der Vorschlag der EU-Kommission darauf, 1 Prozent für Jungübernehmer zu reservieren und 1 Prozent für Berggebiete und arktische Regionen zur Verfügung zu stellen.

In dem einen dieser Punkte, nämlich hinsichtlich der Jungübernehmer, bestehe relativer Kon­sens. Im anderen Punkt aber trete eine große Mehrheit gegen eine Aufstockung zugunsten von Berggebieten auf. Käme es zu einer Quotenaufstockung um einen zweiten Prozentpunkt, dann würden andere Mitgliedstaaten eine lineare Verteilung vorziehen. Österreich stehe daher ange­sichts der sich abzeichnenden Mehrheitsverhältnisse vor der Aufgabe, Alternativen für das Berg­gebiet zu entwickeln.

Eine Quotenaufstockung hätte auch den Effekt einer Produktionssteigerung mit daraus hervor­gehendem Druck auf die Preise. Daher werde in den österreichischen Berggebieten eine Quo­tenaufstockung mit großer Vorsicht betrachtet, und es bestehe entsprechendes Interesse an alternativen Maßnahmen.

Hinsichtlich der Milchkuhprämie lautet ein Vorschlag darauf, einen Teil im Rahmen europaweiter Grundprämien und einen weiteren Teil als nationalen Ergänzungsbetrag auszuzahlen.

Diese Perspektive sei für Österreich interessant. Mit Schwierigkeiten sei allerdings die Frage der Berechnung der Milchkuhprämie verbunden, da diese Prämie laut Vorschlag der Kommission auf Basis eines EU-weiten erwarteten Lieferdurchschnitts von 5 800 Kilogramm zu berechnen wäre. Dieser Wert werde in Österreich aufgrund der Produktionsstruktur nicht erreicht, sodaß die jetzt vorgeschlagene Art der Berechnung der Milchkuhprämie aus österreichischer Sicht noch nicht befriedigend sei.

Bundesminister Mag. Molterer fügt in bezug auf die Milchmarktordnung hinzu: Wenn die Siche­rung der Milchquote Priorität hat – und insbesondere für die Berggebiete ist dies nötig –, dann wird dafür ein positiver Beschluß benötigt. Es müßte daher die jetzige blockierende Minderheit, bestehend aus Großbritannien, Schweden, Dänemark und Italien, aufgelöst werden, und dafür müßte bis zu den Schlußverhandlungen ein Weg gefunden werden.

Hinsichtlich der Frage der Quotenverwaltung – sprich: aktive Milcherzeuger – werde es Möglich­keiten geben, daß in Zukunft eher den Milchproduzenten als denen, welche die Milchquote ver­pachten, geholfen werden kann. In Österreich sei dieses Problem derzeit noch geringer aus­geprägt als zum Beispiel – aufgrund der Flächenbindung – in Deutschland.

Zum Thema Rinder liegt ein Vorschlag der EU-Kommission auf Senkung der Markt­stützungs­preise über drei Jahre hinweg im Ausmaß von 30 Prozent vor. Eine alternative Überlegung der deutschen Präsidentschaft sieht einen geringeren Abbau des Stützungsniveaus vor.

Hinsichtlich der Intervention gibt es derzeit zwei Entscheidungsmodelle: eines, um ein Sicher­heitsnetz zur tatsächlichen Intervention für den Krisenfall bereitzustellen, und ein zweites gemäß einem Kommissionsvorschlag, wonach in der Rindermarktordnung nur private Lagerhaltung angeboten werden soll. Bundesminister Mag. Molterer spricht sich aus der Erfahrung heraus dafür aus, weiterhin Instrumente zur Krisenbewältigung vorzusehen.

Vorgesehen ist eine in zwei Teile gegliederte Aufstockung der Ausgleichszahlungen, bestehend aus einem Grundbetrag, der europaweit einheitlich bezahlt werden soll, und einem Ergän­zungs­betrag. Letzterer würde eine gewisse Flexibilität für die Mitgliedstaaten vorsehen, damit sie auf ihre jeweilige spezifische Situation reagieren können.

Keine Zustimmung gebe es aus österreichischer Sicht für Ideen in Richtung Schlachtprämie, da diese eher die produktionsintensiven Regionen der Europäischen Union unterstützen würden.

Vorgeschlagen worden sind auch Extensivierungsprämien, und solche Zuschläge seien aus österreichischer Sicht von Interesse. Sie sollten jedoch ausgebaut werden, um den besonderen Benachteiligungen auch in Gebieten mit extensiverer Produktionsweise besser zu entsprechen. Aus österreichischer Sicht sollten die Mutterkuhquote und die Quote für männliche Rinder ent­sprechend dem Beitrittsvertrag festgelegt bleiben, weil Österreich als ein junges Mitglied der Europäischen Union diese Ventile für seine Produktion brauche.

Nach österreichischer Ansicht sollte in der Rindermarktordnung die 90-Tiere-Grenze als Förder­grenze bestehen bleiben. In bezug auf die Mengensteuerung trete Österreich dafür ein, die Frühvermarktungsprämie bei Kälbern auch in Zukunft als mengensteuerndes Element ein­zu­setzen, nicht als Dauermaßnahme, aber für Krisenfälle.

Auch hinsichtlich der Getreidemarktordnung liegt inzwischen ein Vorschlag vor.

Offene Fragen gebe es zunächst hinsichtlich der Preissenkungsvorschläge der EU-Kommis­sion – in Alternativüberlegungen seien geringere Preissenkungen vorgesehen – und in bezug auf die Kompensation durch Erhöhung der direkten Ausgleichszahlungen.

Der zweite weiterhin offene Punkt betreffe die Frage der Flächenstillegung. Aus österreichischer Sicht wäre eine effiziente Flächenstillegung notwendig, ein Nullprozentsatz für Flächenstillegung wäre nicht hilfreich. Denn Flächenstillegungen seien als Steuerungsinstrument betreffend die Menge erforderlich.

Hinsichtlich der Ölsaatenförderung liegt ein Vorschlag auf einheitliche Gestaltung der Ölsaaten­prämie mit dem Kulturpflanzenausgleich vor.

Die EU-Kommission habe argumentiert, daß dadurch Mengenrestriktionen aus dem “Blair House Agreement” beseitigt werden könnten. Österreich stehe dieser Ansicht skeptisch gegen­über und trete dafür ein, beide Optionen bis zur Schlußphase beizubehalten.

In bezug auf den Non-Food-Sektor lautet ein Vorschlag Österreichs und Frankreichs darauf, im Rahmen der gemeinsamen Marktordnung für Kulturpflanzen eine besondere Unterstützung für den Bereich der nachwachsenden Rohstoffe unabhängig von der Flächenstillegung vorzusehen.

Bundesminister Mag. Molterer fügt hinzu, er verbinde mit diesem groben Überblick über den derzeitigen Diskussionsstand im Bereich der Marktordnungen die folgende politische Beur­tei­lung.

Derzeit sei eine Gruppe von Mitgliedstaaten der Meinung, daß die Kommissionsvorschläge nicht weit genug gingen – dies gelte im wesentlichen für die bereits genannten Länder –; eine weitere Gruppe von Mitgliedstaaten stehe diesen Vorschlägen skeptisch bis ablehnend gegenüber, und eine dritte Gruppe von Mitgliedstaaten habe die Absicht, sich in anderen Bereichen der Agen­da – Stichwort “Struktur und Kohäsion” – eine effizientere Regelung gemäß ihren Interessen herauszuverhandeln, abweichend von den Interessen der in der Mitte und im Norden der Euro­päischen Union gelegenen Mitgliedstaaten.

Was die ländliche Entwicklung betrifft, stehe diese in ihrer Grundkonzeption außer Streit, und zwar auch deshalb, weil die österreichische Präsidentschaft dafür sehr viele Vorarbeiten gelei­stet habe.

In den Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung ist erstens auch in Zukunft die Investitions­förde­rung für landwirtschaftliche Betriebe vorgesehen. Das Ziel aus österreichischer Sicht bestehe in der Gleichstellung von Voll- und Nebenerwerbsbetrieben in der Investitionsförderung.

Zweitens sind im Kapitel 3 Berufsausbildungsmaßnahmen in der Landwirtschaft und im Kapitel 4 die Vorruhestandsregelung – die von Österreich nicht angewandt worden ist – vorgesehen. Im Ka­pitel 5 sind alle Maßnahmen für die benachteiligten Gebiete – sprich: Ausgleichszulage für die Berggebiete – summiert. Dabei spiele die österreichische Forderung nach einem Sockelbetrag eine Schlüsselrolle.

Im Kapitel 6 ist die aus österreichischer Sicht mit zentraler Bedeutung verbundene Maßnahme der Agrarumweltpolitik verankert. Damit ergebe sich eine interessante Perspektive für die Weiterentwicklung österreichischer Umweltprogramme.

Im Kapitel 7 sind die Verbesserungsmöglichkeiten in der Verarbeitungs- und Vermarktungs­struk­tur festgehalten, in Österreich landläufig als “Sektorplan” bekannt. Es werde darauf ankom­men, das förderfähige Investitionsvolumen für Österreich entsprechend anwenden zu können.

Neu ist ein umfassendes Forstkapitel – Kapitel 8 – im Rahmen der ländlichen Entwicklung. Dieses werde weitreichende Änderungen insbesondere für die Unterstützung der wirt­schaft­lichen, ökologischen und gesellschaftlichen Funktionsabsicherung der Wälder in den ländlichen Regionen mit sich bringen.

Das Kapitel 9 ersetzt die bisherigen Regelungen in 5b als horizontale Maßnahme in allen länd­lichen Räumen. Was bisher unter der Bezeichnung “5b-Projekte” bekannt war, soll nicht mehr nur in 5b-Gebieten angeboten werden, sondern in der gesamten ländlichen Region als horizon­tale Maßnahme zum Einsatz kommen. Hinsichtlich der horizontalen Maßnahmen verweist Bundesminister Mag. Molterer auf den dritten Teil.

Was die Degression der Zahlungen der Marktordnungsprämien betrifft, liegen drei Diskussions­beiträge vor. Erstens gehört dazu der bereits bekanntgewordene Vorschlag der Europäischen Kommission zur Staffelung nach Betriebsgröße, mit jeweils 100 000 ECU und 200 000 ECU als Staffelungskriterium und ‑größe.

Ein zweiter Vorschlag, auf unterschiedliche Weise etwa von Frankreich und Großbritannien vor­gelegt, sieht eine zeitliche Degression der Marktordnungsprämie vor, eine Kürzung über den Zeitverlauf hinweg.

Österreich hat seinerseits eine Modifikation des Kommissionsvorschlags angeregt, worin eine schärfere Größenstaffelung bei den reinen Marktordnungsförderungen vorgesehen ist. Davon würden Agrarumweltmaßnahmen, Bergbauern und sonstige Bereiche unberührt bleiben.

Es werde auf die Beurteilung dieser drei Optionen in den Endverhandlungen ankommen. Der österreichische Degressionsvorschlag sei allerdings bei den großen Produzentenländern der Europäischen Union auf wenig Gegenliebe und teilweise aggressive Ablehnung gestoßen.

Hinsichtlich der Frage des Arbeitskräftebezuges werde es wahrscheinlich nicht zu einer EU-weiten Regelung kommen, sondern zu einer Kann-Bestimmung, wonach die Mitgliedstaaten je nach ihrer spezifischen Situation besser reagieren könnten. Hinsichtlich der Bindung der Markt­ordnungsprämien an gewisse Mindestumweltstandards werde ein mögliches Ergebnis dahin gehend lauten, daß eine solche Bindung in allen EU-Mitgliedstaaten besteht, allerdings jeweils auf nationaler Ebene geregelt.

Was die Weinmarktordnung betrifft, stehe zu erwarten, daß der entsprechende Vorschlag der Kommission die Entscheidungsbasis darstellen werde. Aus österreichischer Sicht gehe es im wesentlichen um die Frage der önologischen Verfahren. Österreich wolle nicht in Frage stellen, was die südlichen Mitgliedstaaten etwa im Bereich Säuregehalt tun, und lege zugleich Wert dar­auf, daß ebensowenig in Frage gestellt wird, was die nördlichen Mitgliedstaaten etwa hinsichtlich der Zuckerung machen. Es solle auch in Zukunft die Anwendung traditioneller önologischer Ver­fahren möglich sein.

Bundesminister Mag. Molterer gibt seiner Erwartung Ausdruck, daß das von der EU-Kommis­sion für die Weinmarktordnung vorgeschlagene Konzept weitestgehend umgesetzt werden wird. Eine sensible offene Frage bestehe in bezug auf die Behandlung von Drittlandsware, insbe­sondere von Drittlandsmösten, da aus letzteren in einigen Mitgliedstaaten Wein hergestellt wird. Daher sei dies einer der meistumstrittenen Punkte im Zusammenhang mit der Weinmarkt­ordnung.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche) fragt unter Hinweis auf das Beichtstuhl­verfahren, welche Position Bundesminister Mag. Molterer in bezug auf die einzelnen Vorschläge zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik – und vor allem hinsichtlich der massiven Preis­senkungen – vertritt.

Sie stellt weiters die Frage nach dem Grund dafür, daß Bundesminister Mag. Molterer im Zu­sammenhang mit der Degression der Zahlungen der Marktordnungsprämien für eine Änderung des Kommissionsvorschlags von 100 000 Euro auf 75 000 Euro eingetreten ist. Von einer sol­chen Kürzung wären in Österreich mehrere Betriebe betroffen.

Abgeordnete Aumayr verweist darauf, daß die Europäische Union trotz Überproduktion und mas­sivem Preisverfall jährlich 500 000 Rinder aus den Oststaaten importiert, und fragt, ob im Rahmen der GAP-Reform eine entsprechende Änderung geplant sei.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP) stellt die Notwendigkeit von Reformen im Bereich der Marktordnung der Europäischen Union nicht in Abrede. Für Österreich wären pro­duktionsdämpfende Regelungen besser als preisdämpfende Regelungen, denn die Senkung der Interventionspreise werde auf die Marktpreise durchschlagen, und zwar vor allem dann, wenn die europäische Quote etwa für die Produktion von Milch noch aufgestockt wird, obwohl die EU bereits jetzt mit der Mehrproduktion rund die Hälfte des Weltmilchmarktes beliefert.

Ähnlich sei die Lage im Rinder- und im Getreidebereich.

Der Vorschlag der Kommission hätte für die österreichischen Bauern aus dem Marktord­nungs­bereich heraus Einkommensverluste im Ausmaß von 2 Milliarden Schilling zur Folge. Deshalb habe es Bestrebungen gegeben, diese Preis- oder Einkommenseinbußen etwa durch bessere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ausgleichszulage und durch bessere ÖPUL-Maß­nahmen zu kompensieren.

Seit vergangener Woche sei bekannt, daß sich die Finanzminister weitestgehend auf ein Einfrieren der Zahlungen geeinigt hätten, daß die Marktordnungsausgaben auf ungefähr 40,5 Milliarden ECU oder Euro bis zum Jahr 2006 eingefroren werden sollten. Aus dieser finanziellen Situation heraus sei der Vorschlag entstanden, die Marktordnungsprämien zeitlich degressiv auszugestalten, wodurch es zu einer Senkung dieser Prämien käme. Die Folge wären Einkommensverluste der österreichischen Bauern im Lauf der kommenden Jahre, die wesentlich größer wären als die bisher berechneten.

Aus diesem Grund sei es zu dem Vorschlag von Bundesminister Mag. Molterer gekommen, statt der zeitlichen Degression eine Größendegression einzuführen, und zwar ausgehend von einer Basis von etwa 75 000 Euro, also rund 1 Million Schilling, sodaß es bei größeren Betrieben zu einer Degression käme, von der die kleineren Betriebe ungeschoren blieben. Eine solche Lö­sung wäre einer zeitlichen Degression, die bereits bei den Kleinbetrieben beginnt, vorzuziehen.

Abgeordneter Schwarzenberger fragt Bundesminister Mag. Molterer, ob es möglich sein werde, zumindest einen gewissen Sockel von der zeitlichen Degression auszunehmen. Falls der öster­reichische Vorschlag keine Mehrheit findet, sollte wenigstens versucht werden, einen Sockel von der Degression auszusparen.

Wenn nicht die ursprünglich für die Reformen geforderten finanziellen Mittel zur Verfügung ge­stellt werden, werde es zu einem verstärkten Strukturwandel kommen, und von den Bauern­höfen würden Millionen Arbeitskräfte freigesetzt werden, die dann auf den allgemeinen Arbeits­markt drängen, sodaß die Maßnahmen zur Verringerung der Arbeitslosenzahlen in Europa konterkariert würden.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) verweist auf Zeitungsberichte, aus denen hervorgehe, daß Bundesminister Mag. Molterer in den letzten Tagen offensichtlich ein Problem mit den Großbauern bekommen hat.

Grundsätzlich würden die Grünen den Weg unterstützen, den der österreichische Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft im Marktordnungsbereich geht, nämlich den Weg einer De­gression von einer gewissen Größe an. Der Vorschlag, bei 75 000 Euro eine Förderungs­kürzung um 20 Prozent einsetzen zu lassen, sei im Prinzip richtig, wirke aber nicht tiefgreifend genug. Denn es wäre davon nur ein sehr kleiner Teil der österreichischen Bauern betroffen, nämlich 292 Betriebe, die bisher Förderungen im Ausmaß von über 2 Millionen Schilling bekom­men hätten. Es würde daher selbst diese Degression nur einen sehr kleinen Bereich betreffen, da der Großteil der österreichischen bäuerlichen Betriebe eine weit geringere Förderung bekom­me.

Abgeordnete Mag. Kammerlander verweist darauf, daß die Grünen im Europäischen Parlament ein Modell von Marktordnungsprämien vorgeschlagen haben, das eine differenziertere Staffe­lung vorsieht als das derzeit zur Diskussion stehende Modell. Danach käme es zu einer Staf­felung derart, daß im Fall von Förderungen bis zu 210 000 S ein Prämienzuschlag hinzukäme. Auf diese Weise würden 80 Prozent der österreichischen Betriebe ein höheres Ausmaß an Förderungen lukrieren können, und entsprechend käme es bis zu der Höhe der Förderungen entweder – im Fall eines neutralen Ergebnisses – zu keinem Prämienabzug oder aber zu einem jeweils gestaffelten prozentuellen Prämienabzug.

Dieser Vorschlag sei von der Generaldirektion für sehr gut befunden worden, und es habe sich im Laufe der Prüfung herausgestellt, daß es auf diese Weise zu einer Einsparung kommen könnte, die sich dann beispielsweise zugunsten ländlicher Entwicklungsprojekte oder zugunsten von Strukturprogrammen auswirken könnte.

Abgeordnete Mag. Kammerlander fragt, wie Bundesminister Mag. Molterer diesen Vorschlag beur­teile und ob er sich dem annähern wolle.

In bezug auf die Prämien für Flächenstillegungen fragt Abgeordnete Mag. Kammerlander, warum bisher nicht über die Möglichkeit diskutiert worden sei, daß diese Prämien durch ökolo­gische Bewirtschaftung überflüssig werden könnten. Es wäre die Frage zu stellen, inwieweit eine ökologische Bewirtschaftung dahin gehend unterstützend wirken würde, daß weniger Flächen­stillegungsprämien auszubezahlen wären. Den vorliegenden Unterlagen zufolge wäre diese Schlußfolgerung zulässig. Daher wäre zu fragen, ob es nicht besser wäre, die Mittel für diese Prämien dem Bereich der ökologischen Bewirtschaftung zugute kommen zu lassen.

Unterstützungen für die Rinderhaltung sollten grundsätzlich nach der tatsächlich vorhandenen Rinderhaltung ausgerichtet werden, und zwar nach ökologischen Gesichtspunkten, also vor allem im Hinblick auf den Grünlandbereich. Es sollte dabei nicht nach virtueller Berechnung gehen.

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP) verweist darauf, daß die Konzeption der Euro­päischen Kommission für den Agrarteil der Agenda 2000 von der Beibehaltung der Agrarleitlinie ausgeht. Angesichts der zu erwartenden Erweiterungsvorbereitungen wurde festgelegt, daß 0,11 Prozent der Budgetierung für die Vorbeitrittskosten bereitgestellt werden sollen.

Abgeordneter Schwarzböck resümiert, daß es in den letzten Wochen nicht gelungen sei, sich über eine Begrenzung der Nettozahlerleistungen – insbesondere über die entsprechenden deut­schen Forderungen – zu einigen. Eine Beendigung der Diskussion über nationale Kofinanzie­rungsanteile sei durch die Blockaden der Franzosen eingetreten. Immer deutlicher werde er­kennbar, daß die Ziele der Nettobeitragszahler durch Degression in der Finanzierung der Ge­meinsamen Agrarpolitik erreicht werden sollen.

Die strukturellen Entwicklungen der letzten Jahre hätten es mit sich gebracht, daß im Bereich der Beschäftigten in der europäischen Landwirtschaft im Jahr 1997/1998 eine durchschnittliche Abwanderungsrate von ungefähr 3 Prozent zu verzeichnen war. Nach Ansicht mancher Ökono­men würde die Umsetzung der Agenda 2000 unter Beibehaltung der Agrarleitlinie ohne Degres­sion zu einer Verdoppelung der Abwanderung aus der Landwirtschaft führen. Berechnungen der EU-Kommission hätten zu dem Ergebnis geführt, daß für den Agenda-Zeitraum mit dem Freiwerden von 2,5 Millionen Arbeitskräften aus der Landwirtschaft zu rechnen ist.

Abgeordneter Schwarzböck fragt, ob in den Beratungen des Agrarministerrates und des Rates der Finanzminister Szenarien im Hinblick darauf zur Sprache gekommen sind, ob mit den frei­werdenden Finanzmitteln im Fall entsprechender Degression über eine offensive Arbeitsmarkt­politik auch nur annähernd ein Halten der gegenwärtigen Beschäftigtenzahlen erreichbar wäre.

In der Industriepolitik werde davon ausgegangen, daß im Produktionsbereich ungefähr 1 Million Schilling an Investitionskapital notwendig ist, um dauerhaft einen Arbeitsplatz zu schaffen. Auf den Bereich der Landwirtschaft umgelegt, würde dies bedeuten, daß zu diesem Zweck dreimal die Höhe des EU-Agrarbudgets erforderlich wäre. Daher sei die Rechnung, wonach mit einer Einsparung im Ausmaß von 3 Prozent 300 Prozent der Erfordernisse finanziert werden könnten, etwas weit gefächert.

Abgeordneter Schwarzböck fragt, wie die Szenarien der Arbeitsmarktpolitik im Hinblick darauf aussehen, mit den vorhandenen finanziellen Mitteln ein Vielfaches mehr an neuen Arbeits­plät­zen schaffen zu müssen, als bisher zustande gebracht wurde.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ) führt aus, daß aus der Sicht der sozialdemokratischen Fraktion der Agrarteil der Agenda 2000 eine Fortsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik und der entsprechenden Bemühungen aus dem Jahr 1992 darstellt.

Die letzten Monate hätten bewiesen, daß es in den Verhandlungen und in der Einschätzung die­ses Agrarteils zu einem entscheidenden, einschneidenden Meinungswandel und einer entspre­chende Kursänderung gekommen ist. Dieser Meinungswandel werde von der sozialdemo­kra­tischen Fraktion auch deshalb positiv bewertet, weil damit eine Verbesserung der Hand­lungs­fähigkeit der Europäischen Union in den WTO-Verhandlungsrunden verbunden sei.

Die von Bundesminister Mag. Molterer angeregte und eingeforderte Umsetzung einer Staffelung sowie die Einziehung entsprechender Obergrenzen habe die vollste Unterstützung der sozial­demo­kratischen Fraktion.

Abgeordneter Gradwohl erinnert daran, daß in diesem Zusammenhang seit geraumer Zeit auch über einen Sockelbetrag diskutiert worden ist. In Kombination des Sockelbetrages einerseits und der Obergrenzen beziehungsweise der Degressionen andererseits werde es möglich sein, die von der Abgeordneten Mag. Kammerlander vorgebrachten Bedenken zu zerstreuen. In den letzten Sitzungen des Agrarausschusses sei zu diesem Punkt eine einheitliche, einhellige Mei­nung gefunden worden, sodaß es möglich sein werde, einen für die österreichische bäuerliche Struktur positiven Abschluß zu erreichen.

Abgeordneter Gradwohl äußert die Vermutung, daß die Degressionsstaffelungen – ähnlich dem österreichischen Steuersystem – progressiv verlaufen würden, und fragt Bundesminister Mag. Molterer, ob diese Einschätzung zutreffe oder wie gegebenenfalls eine andere Gestaltung aussehen würde.

Als besonders wichtigen Punkt nennt Abgeordneter Gradwohl die Umsetzung des Klein­land­wirteprivilegs angesichts der damit verbundenen Schutzfunktion für die in Österreich besonders zahlreichen kleinen bäuerlichen Familienbetriebe.

Im Hinblick auf die Beschäftigungsinitiativen und den Arbeitsplatzgedanken wäre es erfreulich, wenn rasche Übereinstimmung darüber erreicht werden könnte, bei der Vergabe von Förde­rungsmitteln nicht nur in Österreich, sondern auch auf europäischer Ebene als wichtigstes Be­messungskriterium die Arbeitsintensität einzusetzen. Denn damit wäre gewährleistet, daß För­dermittel dorthin kommen, wo im ländlichen Bereich Arbeitsplätze tatsächlich gehalten oder mit Hilfe eines Anreizsystems unter Umständen neu geschaffen werden könnten.

Abgeordnete zum Europäischen Parlament Dr. Maria Berger (SPÖ) fragt Bundesminister Mag. Molterer, was mit dem umfangreichen Abstimmungsergebnis des Europäischen Parlamen­tes im Rahmen des Ministerrates geschehen ist. Diesmal habe der Ministerrat zugesichert – und die deutsche Präsidentschaft habe dies bekräftigt –, daß, obwohl das EU-Parlament in diesem Fall nur ein Stellungnahmerecht hat, dessen Stellungnahme in den Schlußverhandlungen des Ministerrates trotzdem Berücksichtigung finden werde.

Diese Frage ergebe sich auch daraus, daß es im Europäischen Parlament gelungen sei, breite Zustimmung für einen in vielen Punkten ausgewogenen Kompromiß zwischen den verschie­denen Interessen zu finden, der in die auch hier im Hauptausschuß angedeutete Richtung gehe. (Obmannstellvertreter Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Besonders wichtig sei für den Fall, daß die Förderungsmaßnahmen für den ländlichen Raum verstärkt in Direktzahlungen bestehen, die Frage, ob diese Ausgaben als obligatorische oder nichtobligatorische Ausgaben eingestuft werden. Daran würden sich auch die Rechte des Europäischen Parlamentes orientieren.

Der jetzt von Bundesminister Mag. Molterer vorgebrachte Vorschlag hinsichtlich der Degression komme ein wenig zu spät, und zwar auch deshalb, weil sogar die Abgeordneten der Öster­reichischen und der Europäischen Volkspartei den moderateren Degressionsvorschlägen, die im Europäischen Parlament vorgelegt wurden, nicht zugestimmt hätten. Auch die EVP habe einen “weicheren” Degressionsvorschlag als die Europäische Kommission eingebracht.

Falls diese Dinge noch in Bewegung seien, werde es vielleicht möglich sein, zu einer sozial gerechten Lösung zu kommen.

Abgeordnete Dr. Berger fragt Bundesminister Mag. Molterer, ob sie ihn darin richtig verstanden habe, daß er damit, sich für die Beibehaltung der Frühvermarktungsprämie auszusprechen, nicht die berüchtigte “Herodesprämie” gemeint hat. Diese sei auch von der EU-Kommission nicht mehr vorgeschlagen, wohl aber von einigen Abgeordneten zum Europäischen Parlament leider wieder verlangt worden.

Weiters fragt Abgeordnete Dr. Berger, wie Bundesminister Mag. Molterer die Chancen ein­schätzt, mit den Finanzministern und im Rahmen des Gesamtpaketes mit der Reform der Struk­turpolitiken noch bis Ende März zu einem Ergebnis zu kommen.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) verweist darauf, daß eine Sockelbetrags­debatte nur im Hinblick auf die Bergbauernförderung geführt werde. Da es hier aber darum gehe, über die Marktordnungsprämien zu sprechen, sei noch einmal an den Vorschlag des Abgeordneten der Grünen zum Europäischen Parlament Graefe zu Baringdorf zu erinnern.

Dieser Vorschlag lautet darauf, für Betragshöhen bis zu 210 000 S einen Prämienzuschlag von 15 Prozent vorzusehen. Eine solche Regelung würde 85 Prozent der landwirtschaftlichen Betrie­be in Österreich betreffen, und damit würde die überwiegende Mehrheit von diesem Vorschlag profitieren.

Abgeordnete Mag. Kammerlander stellt fest, daß nach dem jetzigen Förderungsmodell die mei­sten Betriebe – das sind über 40 Prozent – nur eine Förderung von jeweils 22 000 S bekommen. Damit lägen sie in einer für den gesamten EU-Raum möglicherweise eher untypischen, für Österreich jedoch typischen Größenordnung. Deshalb sei zu überlegen, einem Vorschlag zuzustimmen, der das Gros der Betriebe betrifft, vor allem dann, wenn den Interessenvertretern der Bauern – bis hin zum Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft – daran gelegen sei, allen Bauern entsprechende Förderungen zukommen zu lassen. Aus dieser Absicht heraus müßte ein Vorschlag, von dem 85 Prozent der österreichischen Landwirtschaftsbetriebe profitie­ren könnten, eigentlich begeisterte Zustimmung finden.

Nach dem Vorschlag von Bundesminister Mag. Molterer, der von der Intention her die Unter­stützung der Grünen finde, wären 373 Betriebe davon betroffen, wenn es zu einer Degression käme, wonach mehr als 1 Million Schilling an Förderung zu bekommen wäre.

Der Vorschlag des Abgeordneten Graefe zu Baringdorf brächte überdies insgesamt eine Ein­sparung mit sich und würde damit etwas Wichtiges bewirken. Denn es sollte versucht werden, vom Marktordnungsbereich ausgehend Schritt für Schritt dahin zu gelangen, etwas an den Struk­turen zu ändern. Die Berechnungen der Generaldirektion hätten einen entsprechenden Einsparungseffekt aufgrund dieses Vorschlages ergeben, und die damit gewonnenen Mittel könnten hin in den Strukturbereich, in die Förderung des ländlichen Raumes verlagert werden. Damit könnte einem langfristigen Ziel all der heute diskutierten Förderungsbereiche entsprochen werden.

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche) bezieht sich darauf, daß Bundesminister Mag. Molterer eingangs die Marktordnungen und das Instrumentarium der ländlichen Entwick­lung als die zwei wesentlichen Säulen der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik genannt hat.

In bezug auf die zweite dieser Säulen legt Abgeordneter Dr. Salzl dar, daß in den letzten Jahren im ländlichen Raum eine negative Entwicklung stattgefunden hat. Aus einer Studie gehe hervor, daß diese negative Entwicklung hauptsächlich auf die wirtschaftliche Stagnation und auf das Zu­rückbleiben der regionalen Wirtschaftskraft durch die gebietsweise hohe Abwanderung zurück­zuführen ist. Davon sei nicht nur der regionale Geburtenüberschuß betroffen, sondern es sei vielfach bereits zu einem Bevölkerungsrückgang gekommen. Es komme zum Verlust von Ar­beitsplätzen und einem verstärkten Berufspendlertum, bis hin zu den “Problempendlern”, die oft in der ganzen Region keine Arbeit mehr finden können.

Eine Folge sei auch die Konzentrationstendenz im Bereich der Nahversorgung, die sich vor allem zu Lasten der in kleineren Orten angesiedelten Einzelhandelsbetriebe sowie anderer zen­traler Dienste in diesem Bereich auswirke. Aus der zitierten Studie gehe überdies hervor, daß die Frauen die Hauptbetroffenen dieser negativen Entwicklung sind, und zwar aufgrund der eingeschränkten Mobilität und ihrer in dieser Region weitverbreiteten Alleinverantwortlichkeit für die Familie und die Kinder. Die Frauen seien auch dann hauptsächlich betroffen, wenn in dieser Region Arbeitsplätze verlorengehen.

Infolge dieser Entwicklung sei die Armut im ländlichen Raum enorm angestiegen. In Österreich liege die Armutsrate im ländlichen Raum mittlerweile bei mehr als 30 Prozent. In der zitierten Studie werde die Meinung vertreten, daß es sich dabei nicht nur um bäuerliche Armut handelt. Auswirkungen würden sich beispielsweise auch auf Gewerbebetriebe in der Region ergeben.

Abgeordneter Dr. Salzl führt weiters aus, daß in dieser Studie die Ursachen für die Benach­teiligung in dieser Region in zehn Thesen zusammengefaßt werden. In diesen Thesen gehe es um die Frage der Mobilität, die sozialen Benachteiligungen durch fehlende Kinderbetreu­ungsein­richtungen, fehlende oder unzureichende Wohnmöglichkeiten im preiswerten Bereich und wei­tere Faktoren bis hin zur allmählichen Erosion der Großfamilie im Zuge des Aufbrechens tradi­tioneller Sozialbeziehungen.

Erschreckend sei insbesondere folgende Aussage: Es steigt das Risiko für Armut mit Alter, Behinderung und Anzahl der Kinder. – Kinderreiche Familien seien also in enormem Ausmaß armutsgefährdet.

Abgeordneter Dr. Salzl fragt, ob es infolge der Agenda 2000 zu einer weiteren Verschärfung die­ser Lage kommen werde oder ob es möglich wäre, Förderungsmittel als Instrument der länd­lichen Entwicklung in einer Weise umzuleiten, daß den genannten Thesen Rechnung getragen wird, um die Situation, statt sie zu verschärfen, einer Verbesserung zuzuführen, damit der länd­liche Raum wieder lebenswert wird und die Zukunft der ländlichen Bevölkerung, insbesondere der dort angesiedelten Bauern, gesichert werden kann.

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer antwortet der Abgeordneten Aumayr, es könne aus der Bezeichnung “Beichtstuhl” nicht die Schlußfolgerung abgeleitet werden, daß der Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft gesündigt habe. Denn dies sei ein feststehender Ter­minus, und es sei vorgesehen, daß am heutigen sowie an den beiden kommenden Tagen die Präsidentschaft und die Europäische Kommission bilaterale Gespräche mit allen Mitglied­staaten, unter anderem auch mit Österreich, führen werden.

Österreich trete dafür ein, daß die Preisreduktionen, wenn sie notwendig sind, so gering wie möglich ausfallen sollen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten verlange aber in weiten Bereichen höhere Preisreduktionen, als die Kommission sie vorgeschlagen hat. Aus der bisherigen Dis­kussion lasse sich ableiten, daß sich die Zahl der Mitgliedstaaten, die für eine geringere Preis­senkung eintreten, in engen Grenzen hält.

Österreich gehöre zu den wenigen Mitgliedstaaten, die in der Frage der Mengensteuerung eine sehr klare Position vertreten. Diese beziehe sich auf die Mengensteuerung im Bereich Milch­wirtschaft durch die Milchquote, im Bereich Getreidewirtschaft durch effiziente Flächenstillegung und im Bereich Rinderhaltung durch die Frühvermarktungsprämie. Auch in dieser Hinsicht gebe es Auffassungsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten je nach Produktionsbereich, sodaß Österreich auf jeweils mehr oder weniger starken Widerstand treffe.

Was den Ausgleichsmechanismus betrifft, sei aus österreichischer Sicht etwa im Getreide­bereich die Frage der Ölsaaten wichtig, da es darum gehe, daß auch in Zukunft die Bedin­gungen für den Anbau gegeben sind. Entsprechendes gelte auch für die Frage der nachwach­senden Rohstoffe.

Was den Bereich Milch betrifft, trete Österreich für eine Milchkuhprämie ein, da dieses Instru­ment des direkten Einkommensausgleichs für die Bauern benötigt werde. Denn angesichts der Marktsituation könne nicht von steigenden Preisen ausgegangen werden. Vielmehr werde der Preisdruck auch in Zukunft gegeben sein, sodaß auf ein solches Instrument des Einkommens­ausgleichs nicht verzichtet werden könne.

Zu den spezifischen Fragestellungen aus österreichischer Sicht gehöre auch die Kalbinnenpro­blematik in Westösterreich. Denn es gebe eine Kategorie von Produzenten, die sich darauf spe­zialisiert haben, Kalbinnen nicht für den Markt, sondern als lebende Zuchtnutzkalbinnen zu produzieren und zu verkaufen. Eine solche Kategorie aber kenne Europa im klassischen Sinn nicht. Es gebe daher diverse regional spezifische Notwendigkeiten.

Bundesminister Mag. Molterer äußert die Erwartung, daß es in der Frage der Agenda 2000 in den nächsten Wochen zu einem Ergebnis kommen wird. Es müsse dabei von der Zeitplanung der deutschen Präsidentschaft, lautend auf Ende März, ausgegangen werden, weil auch der politische Terminplan – Stichwort: Wahlen zum Europäischen Parlament – einzubeziehen sei. Bundesminister Mag. Molterer betont, daß es daher zu einer Entscheidung über die Agenda 2000 und über die Agrarreform kommen wird.

Für manche der österreichischen Positionen bestehe wenig Verständnis in der Europäischen Union. Dies zeige sich auch am Beispiel der Katastrophe auf dem Schweinemarkt. Österreich sei der einzige Mitgliedstaat gewesen, der – in der vergangenen Woche – einen konkreten Vor­schlag hinsichtlich strukturell wirksamer Maßnahmen eingebracht hat. Dieser Vorschlag sehe eine Gewichtsreduktion im Schweinebereich vor. Aber die Mehrheit der Mitgliedstaaten vertrete die Ansicht, daß ein Eingreifen wenig Sinn habe und der Markt die Krise so kurz wie möglich halten müsse. Auch dieser Sachverhalt müsse in allen Diskussionen über die Entscheidung Berücksichtigung finden.

Zur Klarstellung hinsichtlich der Degressionsfrage führt Bundesminister Mag. Molterer aus, daß es sich erstens bei seinem Vorschlag nur um die Frage der Marktordnungsprämie handle. Daher seien die Zahlen, welche die Abgeordnete Mag. Kammerlander aus dem Grünen Bericht angeführt hat, insofern nicht passend, als darin immer alle Zahlungen, die an bäuerliche Be­triebe gehen, Berücksichtigung finden. Österreich aber habe nur einen Vorschlag in bezug auf die Marktordnungen unterbreitet.

Zweitens sei es richtig, daß dieser Vorschlag schärfer als jener der Europäischen Kommission ist. Der Grund dafür bestehe darin, bewußt ein gewisses politisches Gegengewicht gegen die linearen Degressionsmodelle, die von vielen Mitgliedstaaten vorgelegt worden sind, ins Spiel zu bringen.

Das vorgeschlagene Modell – dies antwortet Bundesminister Mag. Molterer dem Abgeordneten Gradwohl – beruhe hinsichtlich der Staffelung auf dem Steuersystem und funktioniere nach dem Prinzip der Steuerpauschalierung. Gemäß dem österreichischen Vorschlag würden für die er­sten 75 000 ECU der Marktordnungszahlungen 100 Prozent gelten, darüber hinaus würden für den Bereich zwischen 75 000 und 100 000 ECU minus 20 Prozent, zwischen 100 000 und 150 000 ECU minus 25 Prozent sowie über 150 000 ECU minus 50 Prozent angerechnet wer­den. Mit diesem Vorschlag sei, wie gesagt, der politische Aspekt verbunden, gegen eindimen­sionale lineare Degressionsmodelle zeitlicher Natur ein Gegengewicht zu schaffen.

Bundesminister Mag. Molterer betont, daß andere Mitgliedstaaten gegen dieses österreichische Modell massiven Protest angemeldet haben. Vor dem Hintergrund einer Erweiterung der Euro­päischen Union, wie sie früher oder später bevorstehe, komme es darauf an, auch größere Betriebsstrukturen als jene der großen österreichischen Betriebe in die Beurteilung einzube­ziehen. Im übrigen sehe der österreichische Vorschlag vor, daß die finanziellen Mittel aus dieser Degression gänzlich oder teilweise für die ländliche Entwicklung verwendet werden sollen.

Was die von der Abgeordneten Aumayr erwähnten Rinderimporte betrifft, stellt Bundesminister Mag. Molterer fest, daß diese Importe aus den Europaabkommen von Anfang der neunziger Jahre resultieren und daß es weitgehend um Kälberimporte geht, die damals politisch verhandelt wurden, um die Zahl der dramatisch gestiegenen Kälberimporte zu limitieren. Im Zuge der Agenda liege kein Vorschlag vor, diese Frage zu revidieren.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet dem Abgeordneten Schwarzenberger, daß es hin­sichtlich der realen Stabilisierung keinen Vorschlag der Finanzminister im Sinne einer einstim­migen politischen Schlußfolgerung gebe, daß jedoch eine relativ breite Diskussion in Richtung reale Stabilisierung des Budgets stattfinde. Es sei vorgesehen, die Agrarleitlinie außer Streit zu stellen, die reale Budgetierung innerhalb dieser Leitlinie solle sich aber an den Notwendigkeiten orientieren. Dabei sei umstritten, was unter “Notwendigkeiten” zu verstehen ist. Es könne dabei um die Notwendigkeit gehen, die sich aus der Agrarreform und aus der Agrarpolitik heraus ergibt, aber es könne auch die Einschätzung der Nettozahlerländer gemeint sein, daß sie aus ihrer Sicht eine Notwendigkeit darin erblicken, weniger nach Brüssel zu zahlen. Die jetzige Dis­kussion ziele auf die Findung eines entsprechenden Weges ab.

Aus Sicht der Landwirtschaft hält Bundesminister Mag. Molterer fest, daß der Agrarministerrat im November 1998 festgestellt hat, daß ausreichende und angemessene Mittel für die Zah­lungen an die Landwirtschaft benötigt werden. Denn es müsse auch die Frage gestellt werden, welche Art von Agrarpolitik die Europäische Union gestalten will. Die Landwirtschaft setze sich nicht gegen die Notwendigkeit zur Wehr, auch – wie in allen anderen Bereichen – die Fragen der Effizienz und Sparsamkeit zu diskutieren. Gleichzeitig müsse aber darauf aufmerksam ge­macht werden, daß die Reform ein bestimmtes Ausmaß an Finanzmitteln erfordert und daß diese Finanzmittel notwendig sind, um eine vernünftige Zukunftsstrategie entwerfen zu können.

Da aus österreichischer Sicht nur die Degression der Marktordnungsprämien diskutiert werde, würden die von der Abgeordneten Mag. Kammerlander genannten Zahlen nicht der österrei­chischen Realität entsprechen. Die Anzahl müsse geringer als angegeben sein, da die Markt­ordnungszahlen nur ein Teil dessen sind, was die Bauern insgesamt bekommen. Bundes­minister Mag. Molterer führt aus, daß seiner Schätzung nach ungefähr 90 bis 100 bäuerliche Betriebe in Österreich von diesem Degressionsmodell betroffen wären. Logischerweise wären in anderen Mitgliedstaaten die landwirtschaftliche Betriebe in größerem Ausmaß betroffen, weil dort andere Strukturen gegeben sind.

Bundesminister Mag. Molterer verweist darauf, daß er selbst mit dem Abgeordneten Graefe zu Baringdorf über dessen Modell diskutiert habe. Skepsis sei in der Hinsicht gegeben, daß das von Österreich vorgeschlagene Modell ausschließlich davon ausgeht, die Marktord­nungs­prä­mien zu erfassen, wogegen Graefe zu Baringdorfs Modell darauf beruhe, alle Zahlungen mitein­zubeziehen. Dies wäre nicht richtig, weil jede Zahlung andere Aspekte aufweise. In den Bewer­tungen Graefe zu Baringdorfs sei der Umweltaspekt enthalten und Umweltrelevanz auch im Sin­ne der Zu- und Abschläge gegeben, daher wäre dieses Modell äußerst problematisch, weil die EU-Verordnung 2078/92 – Stichwort: ÖPUL – damit nichts zu tun habe.

Bundesminister Mag. Molterer erachtet es für falsch, die Fragen der ökologischen Bewirt­schaftung und der Flächenstillegung zu vermischen. Denn die ökologische Bewirtschaftung sei an und für sich ein Ziel, hingegen habe die Stillegung das Ziel der Mengensteuerung. Es sei notwendig, daß mengensteuernde Elemente enthalten sind.

Was die Rindermarktordnung betrifft, laute der Vorschlag nur darauf, die Haltung männlicher Rin­der zu unterstützen. Die virtuelle Kuhprämie sei nicht so zu sehen, daß für nichtvorhandene Kühe bezahlt wird, sondern die Idee dahinter bestehe ganz im Gegenteil darin, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Milchquote eines Betriebes heranzuziehen und diese durch eine bestimmte durchschnittliche Leistung zu dividieren. Daraus ergebe sich ein Prämienrecht. Andernfalls müßte eine ganz neue Verwaltung für die Milchkuhprämie geschaffen werden.

In bezug auf die Vorbeitrittshilfe antwortet Bundesminister Mag. Molterer dem Abgeordneten Schwarzböck, daß eine solche Hilfe sowohl agrarischer als auch nichtagrarischer Art erfolgen soll. Nach jetzigem Diskussionsstand nicht mehr vorgesehen seien allfällige Vorbereitungen hin­sichtlich der Beitrittsfinanzierung im Verlauf der Periode von 2000 bis 2006.

Die Frage der Kofinanzierung scheine aus heutiger Sicht kein Diskussionsgegenstand mehr zu sein, weil offensichtlich ein entsprechendes Agreement zwischen der deutschen und der fran­zösischen Regierung vorliege.

Bundesminister Mag. Molterer stellt fest, ihm sei eine entsprechende Studie über die Auswir­kungen auf die Beschäftigung nicht bekannt. Grundsätzlich lasse sich dazu jedoch folgendes klar zu sagen: Wenn die Beschäftigungspolitik ein Thema der Europäischen Union ist, dann gilt sie ungeteilt, also nicht nur für die Städte, sondern in gleicher Weise für die ländlichen Re­gionen, und dann kann sie nicht sektorspezifisch gesehen werden, sondern es kann nur im Sinn einer Gesamtstrategie der optimale Beschäftigungseffekt aller Sektoren ins Auge gefaßt wer­den.

Daher sei es legitim, daß im Rahmen der Agenda-Diskussion auf die Frage der Beschäfti­gungs­wirkung im bäuerlichen, im landwirtschaftlichen Bereich auf besondere Weise verwiesen wird.

Hinsichtlich der Kleinlandwirte sei offenbar die Kleinerzeugerregelung im Getreidebereich ge­meint, in Österreich angewendet in bezug auf eine Größe von 17,46 Hektar. Diese sei auch in Zukunft vorgesehen.

Was die Positionen der Mitgliedstaaten betrifft, sei es zum Teil – insbesondere seitens der jetzi­gen Präsidentschaft – im Lauf der letzten Monate zu massiven Veränderungen gekommen, und zwar nicht zur Freude der österreichischen Landwirtschaft. Denn es seien zum Beispiel lineare Degressionsmodelle nicht “das Gelbe vom Ei”.

In Beantwortung der Fragen der Abgeordneten Dr. Berger stellt Bundesminister Mag. Molterer die Gegenfrage, warum sozialdemokratische Regierungen in Frankreich, Großbritannien und Deutschland das österreichische Degressionsmodell aggressiv ablehnen würden. Vor jeglichem Hinweis auf das Europäische Parlament müsse erst diese Frage beantwortet werden.

Nach Ansicht von Bundesminister Mag. Molterer wird die deutsche Präsidentschaft – wie zuvor die österreichische – einen intensiven Dialog mit dem Europäischen Parlament pflegen. Daher werde sowohl die jetzige Präsidentschaft als auch die Kommission im Hinblick darauf zu befragen sein, welche Teile der Stellungnahmen des EU-Parlamentes in den endgültigen Vorschlägen eingearbeitet sein werden. Denn das Parlament habe Wert darauf gelegt, daß in diesem Zusammenhang auch der Agrarteil mitverhandelt wird, da es im Hinblick darauf nur ein Recht auf Stellungnahme hat, wogegen in bezug auf andere Teile – Stichworte: Struktur und Budget – Zustimmungsrecht besteht. Daher sei jede Präsidentschaft gut beraten, einen ent­sprechend intensiven Dialog zu führen.

Die Ausgaben für die ländliche Entwicklung seien obligatorisch und als solche in den Vor­schlägen der Europäischen Kommission vorgesehen.

Die Frühvermarktungsprämie unterscheide sich substantiell von dem, was allgemein als “Hero­desprämie” bekannt ist. Letztere Prämie hält Bundesminister Mag. Molterer für falsch, und er verweist darauf, daß sie in Österreich nicht angewendet worden ist. Unter Frühvermarktung sei zu verstehen, daß ein mengensteuerndes Element zur Gewichtsreduktion auf dem Rindersektor zur Verfügung steht.

Was ein abschließendes Ergebnis der Agenda 2000 betrifft, erachtet es Bundesminister Mag. Molterer für notwendig, davon auszugehen, daß im März oder eventuell in den ersten Apriltagen ein Reformergebnis vorliegen wird.

Bundesminister Mag. Molterer stellt gegenüber der Abgeordneten Mag. Kammerlander fest, daß ihm die Diskussion, die in der europäischen Umweltbewegung über die Agenda 2000 geführt wird, gewisse Sorge bereitet. Es wäre hilfreich, wenn die österreichischen Grünen darauf Einfluß nehmen könnten. Die Umweltvertreter hätten die Forderung erhoben, den Preissenkungen der Kommission tel quel zuzustimmen – ja sie sogar noch schärfer ausfallen zu lassen – und die Marktordnungsprämien zur Gänze auslaufen zu lassen sowie alle Förderungen in Richtung ländliche Entwicklung umzustrukturieren. Dies könne zwar für manche Großregionen von Vorteil sein, wäre aber für die österreichische Landwirtschaft kein optimales Konzept und insgesamt nicht richtig.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet dem Abgeordneten Dr. Salzl, daß die zitierte Studie ihm zwar nicht bekannt sei, ihn aber auch nicht besonders überrasche, weil sie die Ursachen für die Entwicklung der ländlichen Region während der letzten 20 Jahre aufliste. Im Rahmen der länd­lichen Entwicklung müßten Maßnahmen, die spezifisch für die Landwirtschaft sind – wie etwa die Ausgleichszulage als Bergbauernförderung für die Bergbauern oder Agrarumweltprogramme als Programme für die ökologische Orientierung der Bauern –, von solchen unterschieden wer­den, die sich an andere Sektoren – wie etwa die Forstwirtschaft – richten. Weiters gebe es Programme, die sich auf die Bereiche Infrastruktur oder Investitionen beziehen.

Darüber hinaus gebe es sogenannte flächenwirksame Ansätze, nämlich die neue horizontale Entwicklungspolitik in den ländlichen Regionen, hinter der die Idee stehe, daß beispielsweise Kooperationsprojekte in der bäuerlichen Vermarktung oder Kooperationsprojekte von Bauern mit Bereichen wie Tourismus, Gewerbe oder Hotellerie gefördert werden können. Es könnten auch regionale Entwicklungsprogramme im Zusammenhang mit Technologie – Stichwort: Kom­munikation – unterstützt werden. Diese Bereiche gingen zwar über den landwirtschaftlichen Sek­tor im engen Sinn hinaus, sollten allerdings einen Bezug zur Landwirtschaft haben, etwa über die Vermarktung.

Wenn beispielsweise ein regionales Tourismuskonzept entstünde, das den Bauern einerseits Beschäftigungs- und andererseits Vermarktungsmöglichkeiten für ihre Produkte böte, dann wäre dies ein klassisches Beispiel dafür, wie dieses Instrument im Sinne der integralen Sichtweise der ländlichen Entwicklung Anwendung findet.

Daneben werde es auch in Zukunft das ländliche Gebiet innerhalb Ziel 2 sowie die Ziel-1-Re­gionen und die darin vorgesehenen Maßnahmen im Bereich des ländlichen Raumes geben.

Bundesminister Mag. Molterer erachtet diese neue Konzeption für einen Fortschritt, weil solche integralen Projekte bisher nur in den 5b-Regionen hätten verwirklicht werden können. Jetzt sei es möglich, sie horizontal in allen Bereichen der ländlichen Regionen anzuwenden.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) stellt fest, daß es sich bei den von Bundes­minister Mag. Molterer erwähnten Forderungen aus dem Umweltbereich um Forderungen des WWF handelt. Von den Grünen gebe es für diese Forderungen keine Unterstützung. Im Gegen­satz dazu würden die Grünen weiterhin Förderungen im Marktordnungsbereich für wichtig er­achten, weil die österreichische Landwirtschaft noch nicht soweit sei, darauf verzichten zu können.

Es sei allerdings eher zu bezweifeln, daß die österreichischen Grünen die Möglichkeit hätten, auf den WWF einzuwirken.

Der Abgeordnete zum Europäischen Parlament Graefe zu Baringdorf habe mit seinem Modell tatsächlich die Marktordnungsprämien gemeint. Das von Bundesminister Mag. Molterer erwähn­te Gespräch mit ihm sei möglicherweise zu einer Zeit geführt worden, als diese Frage noch in Diskussion stand. Inzwischen sei klargestellt worden, daß davon auch die Marktordnungs­prä­mien betroffen sind.

Es könne daher gesagt werden, daß sich auch jetzt schon die Förderungen für die verschie­denen Produkte beziehungsweise Sparten im Marktordnungsbereich sowie die Umweltmaß­nah­men sozusagen in einem Topf befinden.

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche) ergänzt seine vorangegangenen Informationen dahin gehend, daß die zitierte Studie aus dem Ressort von Bundesminister Mag. Molterer selbst stammt, da sie dem “Förderungsdienst” entnommen ist.

Etliche der in den genannten Thesen angeführten Ursachen der negativen Entwicklung seien nicht dem Bereich des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen und wür­den auch nicht die Landwirtschaft allein betreffen, sondern es komme dabei zu einem Zu­sammenwirken verschiedener Faktoren. Abhilfe müsse von Bund und Ländern gemeinsam geschaffen werden, etwa hinsichtlich der Mobilität oder der sozialen Benachteiligung aufgrund fehlender Kinderbetreuungseinrichtungen, Wohnmöglichkeiten oder Freizeit- und Kommunika­tionsmöglichkeiten für die Jugend. Auch diese Benachteiligungen würden zu Abwanderungs­tendenzen führen.

Die zukünftige Agrarpolitik werde wesentlichen Anteil daran haben, ob es gelingt, diese Pro­bleme zu bewältigen. Insbesondere werde es auf den Einsatz der Förderungsmittel in der künf­tigen ländlichen Entwicklung ankommen. Von daher ergebe sich die Frage danach, inwieweit sich der Mitteleinsatz eventuell zugunsten des ländlichen Raumes verschieben werde, um den Ver­armungstendenzen in diesem Bereich entgegenzuwirken.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche) verweist mit Bezug auf die Aussage von Bundesminister Mag. Molterer, daß ihm eine entsprechende Studie über die Auswirkungen auf die Beschäftigungszahlen nicht bekannt sei, auf eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene und bereits vorliegende Studie zu diesem Thema.

In einer Zwischenbemerkung stellt Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer klar, daß ihm diese auf die Agenda 2000 bezogene Studie bekannt ist. Die Frage des Abgeordneten Schwarzböck habe sich aber auf Untersuchungen über die Be­schäftigungswirkungen im allgemeinen bezogen.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche) führt aus, daß gemäß der Studie, die sich auf die Auswirkungen der Agenda bezieht, für die Landwirtschaft bis 2005 ein Einkom­mens­zuwachs um 3 Prozent zu erwarten sei, aber nur dann, wenn rund 3 Millionen Bauern ihre Höfe verlassen sowie einen Nebenerwerb aufnehmen und wenn die verbleibenden Bauern die ande­ren Flächen zusätzlich bewirtschaften. Die Agenda 2000 werde daher massive Auswirkungen auf die Beschäftigungslage in der Landwirtschaft haben.

Wenn zu den heute gezählten 18 Millionen Arbeitslosen künftig – wie vom Abgeordneten Schwarzböck erwähnt – weitere 2,5 Millionen aus dem bäuerlichen Bereich hinzukämen, müßten zusätzliche Folgewirkungen bedacht werden. Denn im Zusammenhang mit diesen 2,5 Millionen vormals selbständigen Beschäftigten in der Landwirtschaft wären auch die poten­tiellen Hofübernehmer sowie die Bäuerinnen betroffen. Auch diese Menschen müßten außer­halb der Landwirtschaft nach Einkommensmöglichkeiten zu suchen. Daher könne die Zahl von 2,5 Millionen Betroffenen auf etwa 5 Millionen hochgerechnet werden.

In bezug auf die zur Debatte stehende Erhöhung der Milchquoten um 2 Prozent stellt Ab­geordnete Aumayr fest, daß diese Erhöhung für Länder mit großer Milchproduktion sehr viel, für Länder wie Österreich aber sehr wenig wäre, und fügt die Frage an, ob diese Erhöhung unab­hängig vom Ausmaß der jeweiligen Überproduktion in den Mitgliedstaaten zur Geltung käme oder ob auch die Überproduktion Berücksichtigung fände.

In einer Meldung aus dem “WirtschaftsBlatt” vom 12. Februar 1999 sei unter der Überschrift “Bauernsterben wird weitergehen” Bundesminister Mag. Molterer mit der Feststellung zitiert wor­den, daß es jetzt darum gehe, eine vernünftige EU-Agrarreform mit wettbewerbsfähigen Preisen zu beschließen. Abgeordnete Aumayr fragt, was Bundesminister Mag. Molterer im Rahmen der anstehenden Verhandlungen unter “wettbewerbsfähigen Preisen” verstehe und ob dies bei­spielsweise minus 10 Prozent oder minus 15 Prozent im Rinderbereich sein könnten.

Die Art, wie die GAP-Reform derzeit debattiert werde, entferne sich mit der dahinterstehenden Intention massiver Preiskürzungen immer stärker von dem, was sich die Bauern wünschten. Die Bauern hätten den Wunsch, über das Produkt zu einem Einkommen zu gelangen. Die GAP-Reform aber gehe den Weg einer noch größeren Abhängigkeit der Bauern von öffentlichen För­derungen. Was dies bedeute, könne jetzt den Aussagen der Finanzminister entnommen wer­den. Darin gehe es zum Beispiel um das Einfrieren des EU-Budgets, um entsprechende Kür­zungen oder um degressives Gestalten. Die vorgesehene GAP-Reform – dies habe auch der AMA-Chef bestätigt – sei ein weiterer Schritt hin zur Bürokratie, und sie stehe damit im Gegensatz zu dem, was Millionen Bauern in der Europäischen Union sich erwarten würden.

Es stelle sich daher immer stärker der Frage, warum dies so ist, von wem dieses Bestreben ausgeht und wer dessen Nutznießer sind. Die Bauern seien es jedenfalls nicht, sondern sie würden mit so viel Geld wie nie zuvor immer stärker in die Armut getrieben. In Österreich befin­de sich bereits ein Drittel der bäuerlichen Familien im Armutsbereich. Die geplante GAP-Reform mit den vorgesehenen Preiskürzungen werde – selbst wenn sie nur zur Hälfte in die Tat um­gesetzt wird – diesen Weg massiv fortschreiben.

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche) stimmt Bundesminister Mag. Molterer darin zu, daß die Mengensteuerung wichtig ist. Im Hinblick auf die Aussage, daß der österreichische Vor­schlag auf die Mengensteuerung hinzielt, ergebe sich aber die Frage, welche Konsequenz es für die Mengensteuerung hat, daß zum Beispiel die Niederlande in der Schweinemast heute die vierfache Menge ihres Eigenbedarfs produzieren.

Abgeordneter Wenitsch spricht sich dagegen aus, eine Mengensteuerung vom Gewicht her durchzuführen, die unter anderem mit der Einführung einer Frühvermarktungsprämie verbunden wäre. Statt dessen sollte, auch unter ökologischen Gesichtspunkten, festgelegt werden, daß die Schweinehalter an eine bestimmte Fläche gekoppelt sind. Österreich könne nicht mit Betrieben konkurrieren, die ihre Schweine zum Beispiel auf Schiffen halten und mit dem fertigen Fleisch vom Meer zurückkommen. Die mangelnde Konkurrenzfähigkeit bedrohe aber die öster­reichi­schen Bauern massiv in ihrer Existenz. Denn auch hinsichtlich der Preisgestaltung könne Öster­reich mit solchen Konkurrenten nicht mithalten.

Mit Bezug auf die Einführung des Sockelbetrages stellt Abgeordneter Wenitsch fest, daß die Freiheitlichen schon seit vier oder fünf Jahren darauf hingewiesen hätten, daß das Geld für die Bauern irgendwann ausgehen wird, wenn die Arbeitsplatzproblematik solche Ausmaße an­nimmt, wie sie in Europa jetzt eingetreten sind. Daraus habe sich die Forderung der Frei­heitlichen nach Einführung einer Sockelprämie für den Arbeitsplatz Bauernhof ergeben, unab­hängig davon, ob es sich um einen Nebenerwerbs- oder einen Vollerwerbslandwirt handelt.

Eine Mengensteuerung wäre auch für den Handel vorstellbar. Die heutigen, weltweit betriebenen Importe und Exporte würden in Wirklichkeit immer zu Lasten der Bauern gehen, und nur ein paar Händler und Transporteure würden davon ihren Profit einfahren. Die kleinen Bauern aber – und ebenso Umwelt und Ökologie – würden auf der Strecke bleiben. Daher wäre auch in dieser Hinsicht eine Mengensteuerung zu überlegen.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer dankt der Abge­ord­neten Mag. Kammerlander für ihre Klarstellung, daß der WWF-Vorschlag nicht die Zustimmung der Grünen findet. Dies sei eine strategisch richtige Einschätzung.

Bundesminister Mag. Molterer spricht sich wegen der jeweils unterschiedlichen Ziele für die Trennung der verschiedenen “Töpfe” Marktordnung und Umwelt aus. Ein Umweltprogramm sei mit anderen Zielsetzungen verbunden als die Leistung von Marktordnungszahlungen. Es solle auch zu keiner Vermischung der Ziele kommen, weil sonst letztlich eine Vermischung der ent­sprechenden dahinterliegenden Aufgaben der einzelnen Programme die Folge wäre.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet dem Abgeordneten Dr. Salzl, daß die 5b-Projekte sei­ner Einschätzung nach in einzelnen Regionen bereits jetzt in sehr hohem Ausmaß positive Auswirkungen zeigen würden. Es stehe zu erwarten, daß dann, wenn solche Projekte in allen ländlichen Regionen breit angeboten werden, daraus Impulse für den gesamten ländlichen Raum hervorgehen. Bundesminister Mag. Molterer fügt hinzu, er trete deshalb dafür ein, das Konzept der ländlichen Entwicklung nicht nur zu verwirklichen, sondern auch Perspektiven hinsichtlich der finanziellen Dotierung für die nächsten Jahre auf EU-Ebene zu entwickeln.

Die Bereitschaft der Mitgliedstaaten, auf dieses Thema einzugehen, sei nach anfänglicher Skep­sis jetzt sehr groß, es bestehe nun breite Zustimmung.

Bundesminister Mag. Molterer bestätigt, daß es die von der Abgeordneten Aumayr erwähnte Studie der Europäischen Kommission gibt. Es werde sich kein österreichischer Agrarpolitiker fin­den lassen, der der Agenda 2000 und ihren Vorschlägen Applaus entgegengebracht hätte oder gar in Begeisterungsstürme ausgebrochen wäre. Die Problematik sei den verantwortlichen Stellen also bewußt, und es sei insbesondere folgendes dazu zu sagen:

Was die Preise betrifft, müsse in bezug auf den Rinderbereich beispielsweise die Frage beant­wortet werden, inwieweit die Preisrelation zwischen den einzelnen Fleischarten den Absatz beeinflußt. Bundesminister Mag. Molterer stellt fest, er stehe der Einschätzung der Euro­pä­ischen Kommission, daß eine Reduktion um 30 Prozent den Absatz steigern und somit das Mengenproblem in Europa lösen würde, mit großer Skepsis gegenüber. Die österreichische Erfahrung sei eine andere, der Markt reagiere nicht ganz so, wie manche sich das in der Theorie vorstellen.

Nach wie vor sei ständiger Druck auf den Rindfleischabsatz spürbar, und zwar nicht allein we­gen des BSE-Problems. Bei der Bedeutung der Rindfleischproduktion insbesondere für Öster­reich als eine Grünlandregion mit einer den Inlandsbedarf um 40 Prozent übersteigenden Produktion müsse die Frage beantwortet werden, wie entsprechende Absatzperspektiven aus­sehen könnten.

Im Milchbereich bestehe eine politische Entscheidungsnotwendigkeit zur Verlängerung der Quo­te, die mehrere Aspekte enthalte. Einerseits gehe es um die Preise, andererseits um das Prä­miensystem im Milchkuhbereich und zum dritten um die Frage der Quotenaufstockung. Der Vorschlag der Europäischen Kommission – ein Prozentpunkt der gesamteuropäischen Produk­tion nach dem Kriterium Jungübernehmer, ein zweiter Prozentpunkt für Bergregionen und arktische Regionen – wäre für Österreich nicht uninteressant. Dies hätte die Auswirkung, daß Österreich überproportional mehr bekäme und auf die Niederlande, da es dort kein Berggebiet gibt, nur der Prozentpunkt für Jungübernehmer entfiele. Entsprechend zurückhaltend hätten die Niederlande darauf reagiert.

Aber dieser Vorschlag hätte auch problematische Auswirkungen, da es zu einem Mengenan­stieg und damit zu erhöhtem Preisdruck käme. Daher komme es darauf an, Alternativen zu diesem System zu diskutieren. Derzeit befänden sich hinsichtlich der Kriterien Jungübernehmer oder Benachteiligungen die Varianten “linear” und “punktuell” in Diskussion.

Was die Frage eines anderen Weges der Gemeinsamen Agrarpolitik betrifft, gehe es teilweise um Vorschläge, die jetzt realisiert werden und die zu Beginn der neunziger Jahre in Österreich sehr intensiv diskutiert wurden. Dazu gehöre der Abbau der indirekten Preisstützungen und der Übergang zu direkten Einkommenszahlungen, weil dies besser für die Bauern sei, da das Geld direkt zu ihnen gelange und nichts davon im Moloch der Fonds, wie es damals geheißen habe, verschwinde.

Inzwischen sei diese Systematik in Kraft getreten, die Tendenz gehe in Richtung Direkt­zahlun­gen. Tatsächlich sei aber auch damit nicht die Idealvorstellung der Bauern verwirklicht worden, und es komme jetzt darauf an, politisch eine vernünftige Balance zwischen Einkommen aus den Erlösen und leistungsorientierten Direktzahlungen anzustreben. Beides sei notwendig.

Bundesminister Mag. Molterer antwortet dem Abgeordneten Wenitsch, die EU-Kommission habe dankenswerterweise angekündigt, daß sie etwa die Nichtumsetzung der Nitratrichtlinie in vielen Mitgliedstaaten einklagen werde. Dies sei für gut zu erachten, weil es im Hinblick auf die Wettbewerbspositionierung einer flächengebundenen Produktion hilfreich sei.

Die Sockelbetragsregelung im Berggebiet sei aus österreichischer Sicht richtig und notwendig. Hinsichtlich der Frage einer internationalen Absicherung werde der Arbeitsschwerpunkt im Jahr 1999 – insbesondere zur Zeit der finnischen Präsidentschaft – darin liegen, eine auch für Öster­reichs Bauern optimale Position in der WTO-Frage zu erarbeiten, damit im Rahmen der WTO mit einer einzigen europäischen Stimme die ökologischen und sozialen Standards sowie die “Green Box”-Maßnahmen und die entsprechenden Förderungen im Rahmen der ländlichen Entwicklung verteidigt werden können. Dies sei eine ganz entscheidende Frage, mindestens so wichtig wie die Agenda-Diskussion.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) verweist auf Informationen in dem offizi­ellen EU-Organ “L’Agence Europe”, wonach im Fall der Einhaltung der Nitratrichtlinie in allen Mitgliedstaaten eine Schweinefleischkrise gar nicht hätte entstehen können. (Bundesminister Mag. Molterer: Offizielle Organe haben nicht immer recht, sagt die Opposition, wenn es um meine Mitteilungen geht!)

Abgeordneter Mag. Schweitzer fragt, ob Bundesminister Mag. Molterer bestätigen könne, daß die Einhaltung der Nitratrichtlinie in allen Mitgliedstaaten zu einer Entlastung auf dem Schweine­fleischmarkt führen würde, und was er im Fall einer zustimmenden Antwort als Mitglied des Rates der Landwirtschaftsminister tun werde, damit diese Richtlinie in Zukunft entsprechend einge­halten wird.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer wiederholt seinen Hin­weis darauf, daß die Europäische Kommission künftig die Nichteinhaltung der Nitratrichtlinie mit rechtlichen Schritten beantworten wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt habe erst ein einziger Mitgliedstaat diese Richtlinie umgesetzt, nämlich Dänemark. Österreich sei derzeit dabei, die Nitratrichtlinie durch verschiedene, für 1999 geplante rechtliche Maßnahmen umzusetzen, und habe im übrigen mit dieser Richtlinie wegen seiner Viehdichte von ungefähr 1,5 Groß­vieh­einheiten je Hektar kein Problem.

Würde die Flächenbindung strikt angewendet werden, dann würde dies bedeuten, daß sich dort, wo Flächen überproportional mit Tierproduktion belastet sind – wie beispielsweise in den Nie­derlanden oder in der Poebene –, eine Senkung ergeben könnte. Aber es gebe in diesem Zu­sammenhang zwei offene Fragen.

Zum einen gebe es in den Niederlanden eine Produktionsweise, in deren Rahmen die Gülle nicht ausgebracht, sondern anders verwertet wird. Dort werde argumentiert, daß mit dieser Vor­gangsweise der Nitratrichtlinie entsprochen wird, weil die Belastung sich nicht auf die Böden und in weiterer Folge aufs Grundwasser auswirke. Es seien dort Systeme entwickelt worden, daß die Gülle beispielsweise getrocknet, pelletiert und etwa im Blumenbereich als Dünger eingesetzt wird.

Die zweite Frage beziehe sich darauf, daß es in Europa Regionen mit wenig Veredelungs­wirtschaft gibt. Dort bestehe die Möglichkeit der Aufstockung trotz der Nitratrichtlinie. So gebe es in den neuen Bundesländern in Deutschland wegen des großen Flächenpotentials ein massives Ausweitungspotential für die Tierhaltung trotz der Nitratrichtlinie. Auch deshalb müsse eine Mengenbalance gefunden werden.

Ein dritter Aspekt bestehe darin, daß eine Nitratrichtlinie alle Tierkategorien erfassen müßte. Dies führe zu beträchtlichen regionalen Unterschieden.

Bundesminister Mag. Molterer stellt fest, daß dazu im Prinzip ein Ja gesagt werden könne. Es müsse dabei aber klar sein, daß die Frage auch strukturelle Auswirkungen hat. Ein flächen­mäßig kleinerer Betrieb habe tendenziell eine etwas höhere Intensität als ein der Fläche nach großer Betrieb, um entsprechend wirtschaften zu können. Dies müsse den Verfechtern einer rein linearen Flächenbindung stets bewußt sein. Bei rein linearer Flächenbindung könne der größere Betrieb linear mehr produzieren als der kleinere Betrieb. Bundesminister Mag. Molterer fügt hinzu, er erachte es für die kleineren Betriebe für notwendig, eine höhere Intensität zu haben, weil sie letztlich auch wirtschaftlichen Erfolg haben wollen.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche) verweist darauf, daß am 13. Mai 1999 die Frist abläuft, innerhalb welcher die Europäische Union die Möglichkeit hat, die Gesund­heitsge­fährdung durch den Verzehr von Hormonfleisch zu beweisen. Bis heute sei es jedoch zu keinem Ergebnis gekommen, und es gebe jetzt Bestrebungen, die Frist zu verlängern. Von seiten der USA werde jedoch aufgrund der WTO-Bestimmungen massiver Druck ausgeübt.

Abgeordnete Aumayr fragt, ob es künftig zu entsprechenden Importen kommen wird und was von österreichischer Seite sowie vom Agrarministerrat aus unternommen wird, um diese dro­hende Gefahr, diese Zumutung für die österreichischen Konsumenten abzuwenden.

Als Argument für die GAP-Reform seien immer wieder die WTO-Verhandlungen im kommenden Herbst ins Treffen geführt geführt worden. Im “WirtschaftsBlatt” vom 12. Februar 1999 sei aber berichtet worden, daß die Europäische Kommission selbst, und insbesondere EU-Kommissar Leon Brittan, seit drei Jahren auf diese WTO-Verhandlungen gedrungen habe, wogegen die USA diese Problematik in bilateralen Verhandlungen hätten behandeln wollen. Abgeordnete Aumayr fragt, ob dieser Bericht zutreffe.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer antwortet, daß er dankbar wäre, wenn es tatsächlich so gewesen wäre. Aber die USA hätten zu Beginn der neunziger Jahre gemeinsam mit der Kearns-Gruppe unmißverständlich klargestellt, daß die Land­wirtschaft Teil der – damaligen – GATT-Verhandlungen ist. Ebenso deutlich hätten die USA jetzt erklärt, daß die Landwirtschaft im Rahmen der nächsten WTO-Verhandlungen ebenfalls Teil der Gesamtverhandlungen sein wird.

Themen gebe es auch für bilaterale Verhandlungen mit den USA, beispielsweise das Veterinär­abkommen. Streitthemen gegenüber den USA bestünden zum Beispiel im Hinblick auf Hormone und Bananen. Derzeit entwickle sich eine eher kritische Situation zwischen der Europäischen Union und den USA:

Die Europäische Union müsse von Beginn der WTO-Verhandlungen an eine eindeutige, einheit­liche und klare Position vertreten. Dies sei während der letzten Verhandlungen dieser Art zu Beginn der neunziger Jahre nicht der Fall gewesen. Die Mitgliedstaaten und auch die EU-Kom­mission hätten verschiedenste Meinungen vertreten, dadurch hätten sich die Verhandlungs­part­ner das für sie Bestmögliche aussuchen können.

Es gehe daher nicht um die Frage, ob die Agenda 2000 ein Vorziehen von Ergebnissen der WTO-Verhandlungen bedeutet, sondern entscheidend sei, daß Europa eine klare und einheit­liche Position hat und diese in den Verhandlungen verteidigt.

Was das Hormonfleisch betrifft, verweist Bundesminister Mag. Molterer auf ein WTO-Panel ge­gen die Europäische Union im Hinblick darauf, daß die EU aufgefordert wurde, wissen­schaft­liche Untersuchungen vorzulegen, die für ihre Haltung in der Hormonfrage sprechen. Ein ent­sprechendes Endergebnis liege bis dato nicht vor. Bundesminister Mag. Molterer äußert die Erwartung, daß die Kommission dem Agrarministerrat über den aktuellen Stand der Debatte und über die Optionen im Hinblick auf den Außenhandel mit Hormonfleisch berichten wird.

Aus österreichischer Sicht könne gesagt werden, daß es gute Argumente für die Forderung nach hormonfreier Produktion gibt, auch im Interesse der Konsumenten in Europa. Es bleibe zu hoffen, daß eine solidarische Haltung der EU-Mitgliedstaaten beibehalten wird. Im Bananenstreit zwischen den USA und der Europäischen Union sei eine solidarische Haltung innerhalb der EU, obwohl ursprünglich beschlossen, nicht hundertprozentig gegeben.

Österreich könne eine Linie, die es zu Recht eingeschlagen habe, nicht verlassen. Es müsse allerdings klar sein, daß die USA aufgrund des WTO-Panels möglicherweise Retorsionsmaß­nahmen gegen die Europäische Union anwenden können oder werden. Bundesminister Mag. Mol­terer beschließt seine Ausführungen mit dem Hinweis, er wünsche sich für diesen Fall dieselbe Konsequenz – mit fahnenschwingenden Verbotsargumenten – wie vorher.

Obmannstellvertreter MMag. Dr. Willi Brauneder stellt fest, daß keine Wortmeldung mehr vorliegt, und schließt die Sitzung.

Schluß der Sitzung: 15.56 Uhr

                                          Österreichische Staatsdruckerei: 700402