14/J

 

 

 

der-Abgeordneten Dolinschek und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Rekordarbeitslosigkeit

 

 

Die Tatsache, daß die Budgetkonsolidierung oft versprochen und nie durchgeführt wurde,

rächt sich jetzt bitter. Schon im OECD Wirtschaftsbericht 1993-1994 wurde die

österreichische Budgetpolitik kritisiert und festgestellt, daß zusätzliche budgetäre Maßnahmen

notwendig sein werden, um den staatlichen Finanzierungsbedarf zurückzuf.ühren und die

Verschuldungsquote zu begrenzen. Darüber hinaus weist dieser Bericht auch die

fimanzpolitischen Versäumnisse der Bundesregierung bei der Defiizitreduktion nach. So war

die Fiskalpolitik im Zeitraum 1987-1991, trotz des kräftigen Wirtschaftswachstums,

weitgehend konjunkturneutral angelegt. In diesem Zeitraum wurde es demnach verabsäumt

das Budgetdefiizit entscheidend zu reduzieren. Die Zwangsvorstellung der dzt.

Bundesregierung, alles zu unternehmen, um den Untergang des österreichischen Schilling zu

erreichen, erfordert entsprechende budgetäre Vorleistungen, die auch wegen der mutwillig

abgebrochenen Budgetverhandlungen und dem damit herrschenden Budgetchaos zu

dramatischen Arbeitsplatzverlusten führt. Die Korrektur der verfehlten SPÖ-Budgctpolitik der

vergangenen Jahre soll jetzt allem Anschein nach auf Kosten der Arbeitnehmer durchgeführt

werden. Die gesellschaftspolitischen Auswirkungen der jetzt herrschenden

Rekordarbeitslosigkeit (allein 295.000 im Jänner 1996) sind der dzt. sozialistisch dominierten

Bundesregierung offenbar völlig gleichgültig.

 

Der Ernst der derzeitigen wirtschaftlichen Situation drückt sich z.B. in der Insolvenzstatistik

aus. So betrugen die Insolvenzpassiva im Jahr 1995 mehr als 63 Mrd. öS (gefährdete

Arbeitsplätze nahezu 30.000). (Im Gesamtjahr 1985 mußten Insolvenzpassiva von 11,5 Mrd.

öS festgestellt werden.)

Allein die Insolvenzen im Jänner 1996 lassen eine Verbesserung dieser Negativrekorde nicht

Die dramatische Lage der österreichischen Wirtschaft wird durch folgende Beispiele deutlich

aufgezeigt.

Die eindeutige Krisenbranche ist dzt. die Bauwirtschaft. Durch die schwache Baukonjunktur

und wegen fehlender Infrastrukturaufträge (Budgetchaos) hat die Baubranche übermäßig zu

leiden. Die drastische Reduktion der Infrastrukturausgaben führt zu einer

Rekordarbeitslosigkeit von nahezu 100.000 Bauarbeitern im Winter 1995/1996. Das Wifo

erwartet für das Jahr 1996 einen Rückgang des Bauproduktionswertes im Ausmaß von rund

1,5% und für das Jahr 1997 ist zu befürchten, daß der Bauproduktionswert sogar um mehr als

2% sinken wird. Es muß daher im Bereich der Bauwirtschaft mit einer Sockelarbeitslosigkeit

von mehr als 10% gerechnet werden.

Die schlechte Verhandlungsführung der österreichischen Bundesregierung bei den EU-

Beitrittsverhandlungen verunmöglichte mit dem EU-Beitritt nahezu alle Japan-Exporte von

österreichischen Automobilzulieferern. Betrug das Exportvolumen in Spitzenjahren rd. 4,3

Mrd. öS, so sind jetzt lediglich Exporte in der Größenordnung von knapp 1 Mrd. öS möglich.

Eine weitere Abschwächung des Japan- Geschäfts wird durchaus erwartet.

Betroffene Arbeitsplätze: direkt rund 3.500 und in weiterer Folge rund 7.000 (zumeist in

Problemregionen). Eine der am schwersten betroffenen Firmen ist Semperit. Der

Vorstandschef der Semperit Reifen AG rechnet mit einem Totalausfall des Japanexpot.ts im

Jahr 1997.

Der dafür Hauptverantwortliche BM Dr. Schüssel ließ dazu im Parlament am 18.04.1994

verlauten:

''Trotz harter Konkurrenzsituation mit Betrieben in der EU ist es bei den Verhandlungen mit

der Europäischen Union einerseits und in Gesprächen mit der japanischen Wirtschaft

andererseits gelungen, sicherzustellen, daß die österreichischen Exportquoten nach Japan voll

beibehalten werden.''

Als weitere Branche, die der EU-Beitritt in große Schwierigkeiten brachte, ist die

Nahrungsmittelindustrie zu nennen. Betriebsschließungen, drastische Personalreduktionen,

deutliche Rückgänge der Produktion und die Notwendigkeit weitere 10.000 Arbeitsplätze

innerhalb der nächsten vier Jahre abzubauen zeigen den dramatischen Zustand der heimischen

N ahrungs- und Genußmittelindustrie deutlich auf.

Eine weitere Belastung für den Arbeitsmarkt werden die Rationalisierungsmaßnahmen im

Bereich der österreichischen Banken bringen. es ist zu befürchten, daß in den nächsten Jahren

im Bereich der B anken rund 15-20% der rund 70.000 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz

verlieren werden.

Der Zustand der österreichischen Wirtschaft ist also durch Insolvenzrekorde und eine

Rekordarbeitslosigkeit gekennzeichnet. Da es die erklärte Absicht der dzt. Bundesregierung

ist, die Konvergenzkriterien auf Biegen und Brechen zu erfüllen, muß auch für die Zukunft

mit weiteren Pleitenrekorden und einer anhaltend hohen Arbeitslosigkeit gerechnet werden.

Aus gesellschaftspolitischen Überlegungen sind jedoch weder Insolvenzrekorde noch die

damit einhergehende Rekordarbeitslosigkeit tragbar.

Die österreichische Bundesregierung war jedoch bisher nicht Willens durch entsprechende

Maßnahmen für eine Verbesserung der angespannten wirtschaftlichen Lage zu sorgen.

Auch von der wirtschaftspolitischen Koordinierungskompetenz des Bundeskanzlers konnte

bisher nichts festgestellt werden. Es ist offensichtlich, daß sich Bundeskanzler Dr. Vranitzky

dieser Koordimerungskompetenz nicht bewußt ist.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler

nachstehende

 

 

drin gliche Anfrage :

 

 

1 . Wann und in welcher Form haben Sie von Ihrer wirtschaftlichen

Koordinierungskompetenz Gebrauch gemacht und welche konkreten Erfolge konnten Sie

erreicht?

2. Welche Maßnahmen wollen Sie setzen, um eine Verbesserung der angespannten

wirtschaftlichen Lage zu erreichen?

3. Welche finanziellen Aufwendungen werden diesbezüglich notwendig sein?

4. Welche diesbezüglichen Steuer- bzw. Abgabenerhöhungen sind geplant?

5. Ist beabsichtigt diesen Finanzbedarf durch Kreditfimanzierung zu decken?

6. Welche Arbeitslosenzahlen erwarten Sie für das Jahr 1996 und 1997?

7. Welche volkswirtschaftlichen und budgetären Belastungen müssen durch diese

Rekordarbeitslosigkeit erwartet werden?

8. Wie sollen diese Kosten finanziert werden?

9. In welchen Bereichen wollen Sie die Ausgaben reduzieren?

l0.Wollen Sie die ständig steigende Anzahl der Frühpensionierungen reduzieren?

. Wenn ja, wie?

11 .Welche Maßnahmen haben Sie bisher gesetzt bzw. werden Sie setzen, um die

Pleiterekorde einzudämmen?

12.Welche Auswirkungen sehen Sie aus dem nicht verhinderbaren Zuzug von

"Billigarbeitskräften" aus dem südlichen EU-Raum auf den sozialen Frieden, das

Lohnniveau und die Arbeitslosigkeit in Österreich?

13.Welchen rechtlichen Charakter hat ihrer Meinung nach die Ermächtigung des

Verkehrsministers zur Aufnahme von 60 Mrd. öS durch den Finanzminister?

14.Auf welcher gesetzlichen Basis ist es dem Verkehrs- bzw. Finanzminister ohne Befassung

des Parlaments möglich, Kreditermächtigungen bzw. Haftungszusagen für

Bahnbauprojekte der ÖBB zu geben?

15.Welche Maßnahm en wollen Sie treffen, um auf den Konsolidierungspfad zurückzukehren?

16.Wieviele zusätzliche Arbeitsplatzverluste müssen erwartet werden, wenn die EU-

Wettbewerbskommission den Milliardenzuschuß der AT an die HTM-Gruppe verhindert?

17.Welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung wann setzen, um die

Attraktivität Österreichs als Wirtschaftsstandort erheblich zu verbessern?

18.Besteht die Absicht die Japan-Exporte der österreichischen Kfz-Zulieferindustrie zu

erhöhen?

. Wenn ja, wann und wie werden Sie dies erreichen?

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des § 93 Abs.

4 der GOG des Nationalrates dringlich vor Eingang in die Tagesordnung zum frühest

möglichen Zeitpunkt zu behandeln.