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der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst
betreffend Sparmaßnahmen an den Universitäten und bei den Studierenden
" Unsere Jugend ist unser größtes Kapital, sie verdient die bestmögliche Ausbildung" , hat
der Bundeskanzler im Nationalratswahlkampf plakatieren lassen. Die vom
Wissenschaftsministerium geplante Umsetzung der Sparmaßnahmen an den Universitäten
lassen diesen Satz des Bundeskanzlers als blanken Hohn erscheinen. Und die geplanten
Reduzierungen der Sozialausgaben bei den Studierenden verfestigen diesen Eindruck noch
zusätzlich. Anscheinend will die Regierung die in Östereich herschende
Intellektuellenfeindlichkeit dazu nützen , um die Sparmaßnahmen an den Universitäten
gegen den Widerstand der Betroffen durchzuziehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
DRINGLICHE ANFRAGE:
1 . Die Rektorenkonferenz hat dem Ministerium wiederholt angeboten , im Rahmen des
Sparpakets nötige Sparmaßnahmen autonom an den Universitäten umzusetzen. Wie
verträgt es sich mit dem seitens Ihres Ministeriums immer wieder beschworenen Ziel
der größeren Autonomie für die Universitäten , wenn den Universitäten ein mit Ihnen
nicht diskutiertes Sparpaket vorgesetzt wird ?
2. Ihr Ministerium hat das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und
Prüfungstätigkeiten an Hochschulen am 27. Februar den Universitäten übermittelt,
manchen sogar noch später. Das Ende der Begutachtungsfrist wurde mit 4. März
terminisiert. Halten Sie das für ein faires und demokratisch korrektes Vorgehen, den
Betroffenen bestenfalls nur 4-5 Werktage zur Begutachtung Zeit zu lassen ?
3. Die AssistentInnen werden vom Sparpaket dreifach oder sogar vierfach betroffen,
nämlich durch das Sparpaket , das alle BürgerInnen trifft, das BeamtInnensparpaket und
das AssistentInnensparpaket, also die Reduzierung der Abgeltung von Lehr- und
Prü fungstätigkeiten an Hochschulen, weibliche Universitätsbedienstete werden
zusätzlich durch das Frauen-Belastungspaket getroffen. Gibt es weitere Berufsgruppen,
die vom Sparpaket, ähnlich den AssistentInnen, dreifach bzw. vierfach betroffen werden
?
4. Welche Berufsgruppen außer dem akademischen Mittelbau sind Ihnen bekannt, die
durch das Sparpaket einen Verdienstentgang im Ausmaß zwischen 20 und 40 Prozent
hinnehmen müssen ?
5. Durch das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an
Hochschulen werden neue Einkommenshierarchien geschaffen , die bisher nicht existiert
haben. So bekommen in Zukunft AssistentInnen mit Doktorat weniger Abgeltung als
AssistentInnen mit Habilitation , auch wenn er/sie die gleiche Lehrveranstaltung abhält.
Halten Sie es für gerecht im Sinne der Gleichheit, ein- und dieselbe Tätigkeit
unterschiedlich abzugelten ?
6. Warum müssen habilitierte UniversitätsassistentInnen die erste Lehrveranstaltungsstunde
ohne Abgeltung abhalten , während die meist besserverdienenden ProfessorInnen das
nicht müssen ?
7. Warum werden die im Durchschnitt wesentlich besser verdienenden Professoren von
diesen geplanten Sparmaßnahmen fast überhaupt nicht betroffen ?
8. An den Kunsthochschulen werden bis zu 50 Prozent der Lehraufträge an externe
Lehrbeauftragte vergeben. Das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und
Prüfungstätigkeiten an Hochschulen würde in der derzeitigen Fassung bewirken , daß
diese externen Lehrbeauftragten eine Kürzung der Lehrauftragsremuneration um 15 %
sowie einen Entfall der Sonderzahlungen (ca. 14 %) hinnehmen müßten. Dadurch
werden Lehrbeauftragte andere Beschäftigungsmöglichkeiten suchen, was in der Folge
zu einem Qualitätsverlust in der Lehre führen wird. Wie rechtfertigen Sie eine derartige
finanzielle Einbuße und was werden Sie gegen den drohenden Qualitätsverlust
unternehmen?
9. Der Entwurf des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten
an Hochschulen besagt, daß künftig an einer Lehrveranstaltung, so sie von externen
Lehrbeauftragten abgehalten wird, "wenigstens l5 Studierende durchgehend" teilnehmen
müssen. Eine Lehrveranstaltungs-Abgeltung erfolgt nach diesem Gesetzesentwurf nur
mehr, wenn "wenigstens l0 Studierende durchgehend" daran teilnehmen.
In den medizini schen Fächern können Pflichtfamulaturen und das "bedside teaching"
aber nur in Kleinstgruppen stattfinden, und es ist den Patienten wohl mcht zumutbar
gleich von 10 oder 15 Studierenden probeweise untersucht zu werden. An vielen
kleineren Instituten und den Kunsthochschulen gibt es kaum Vorlesungen und Seminare,
die von mehr als 10 Studierenden besucht werden. Diese Regelung würde damit zur
stillen Liquidation kleinerer Fächer, wie etwa Astronomie, führen, und mittels
Sparmaßnahmen würde hinterrücks eine unzulässige Unterscheidung zwischen
notwendigen und scheinbar unnotwendigen Fächern vorgenommen. Wie soll dieses
Gesetz bei Stud ienrichtungen umgesetzt werden , wenn weniger als 15 bzw. l0
Studierende einen Jahrgang bilden?
10. Was passiert, wenn eine remunerierte Lehrveranstaltung mit 16 (bzw. 11) Studierenden
beginnt, aber nur mit 13 (bzw. 9) endet?
11. Wird diese Lehrveranstaltung den Studierenden dann aberkannt, und dürfen sie dann
nicht mehr zur Prüfung antreten?
12. Wird die vorbereitete und z.T. schon gehaltene Lehrveranstaltung den Professoren,
AssistentInnen bzw. externen Lehrbeauftragten dann abgegolten werden oder nicht?
l3. Wie werden Sie verhindern , daß durch diesen Gesetzesvorschlag kleinere
Studienrichtungen still liquidiert werden?
14. Wie verträgt sich, daß AssistentInnen, die kein Doktorat haben, in Zukunft (abgesehen
von einer kurzen Übergangsfrist) keine selbständigen Lehrveranstaltungen mehr abhalten
dürfen, während externe Lehrbeauftragte, die kein Doktorat haben (etwa Bundeslehrer)
sehr wohl selbständige Lehrveranstaltungen abhalten dürfen ?
15. Im Zuge des Sparpakets wird auch das Familienlastenausgleichsgesetz geändert. Das hat
für Studierende zur Folge, daß ihnen die Freifahrt ab dem 19. Lebensjahr gestrichen
wird und daß die Familienbeihilfe nur mehr für die Mindeststudiendauer plus je einem
Toleranzsemester pro Studienabschnitt ausbezahlt wird. Können Sie garantieren, daß Sie
alle Maßnahmen getroffen haben , sodaß sich die durchschnittliche Studiendauer der
Studierenden ab sofort auf die Mindeststudiendauer plus je ein Toleranzsemester pro
Studienabschnitt reduziert ?
16. Wie hoch ist derzeit die durchschnittliche Studienzeitüberschreitung der Studierenden ?
17. Was sind die wichtigsten Gründe für die Überschreitung der Mindeststudiendauer ?
18. Im letzten Hochschulbericht findet sich im Kapitel soziale Absicherung der Studierenden
folgende Passage: " Angesichts der Studienbedingungen in manchen Studienrichtungen
ist es für einen großen Teil der Studierenden kaum möglich, die Studienabschnitte in
den Regelstudienzeiten zu bewältigen. Im Studienjahr 1991/92 konnten beispielsweise
nur 5 % der Absolventen ihr Studium in der vorgesehenen Mindeststudiendauer
abschließen, die Studienzeitüberschreitung betraf durchschnittlich 5 Semester. Das
Durchschnittsalter bei Erstabschluß liegt mittlerweile bei 27,1 Jahren''.
(Hochschulbericht 1993 Bd l , S 106). Als Konsequenz dieser Fakten, so steht
anschließend zu lesen , wurde bei einer Vielzahl von Förderungen die Altersgrenze für
den Bezug generell auf 27 Jahre erhöht und im Studienförderungsgesetz ''wurde eine
Verlängerungsmöglichkeit des Beihilfenanspruchs bei nachweisbar schlechten
Studienbedingungen vorgesehen'' (ebda).
Welche Maßnahmen wurden seit der Verfassung dieses Hochschulberichts ergriffen, die
so erfolgreich waren, daß nun eine Reduzierung der Anspruchsberechtigung für die
Familienbeihilfe auf die Mindeststudiendauer plus zwei Semester gerechtfertigt erscheint
?
19. Hat sich die durchschnittliche Studiendauer seit der Verfassung dieses
Hochschulberichtes verändert?
20. Wie hoch ist derzeit das Durchschnittsalter bei Erstabschluß ?
21 . Durch das Sparpaket werden an einzelnen Universitäten AssistentInnen die Universität
verlassen und können durch den Aufnahmestopp nicht nachbesetzt werden, sodaß
teilweise auch Pflichtlehrveranstaltungen nicht mehr im bisherigen Ausmaß angeboten
werden können. Gleichzeitig werden durch die Regelung, daß bei remunerierten
Lehraufträgen mindestens 15 bzw. bei abgegoltenen Lehrveranstaltungen mindestens 10
Studierende durchgehend teilnehmen müssen, auch viele Pflichtlehrveranstaltungen
ausfallen. Wie werden Sie dafür sorgen , daß durch so verursachte Ausfälle von
Pflichtlehrveranstaltungen für die Studierenden keine Verzögerung im Studium erfolgt ?
22. In zahlreichen Aussendungen vor der Nationalratswahl haben Sie immer wieder betont,
daß Sie gegen die Einführung von Studiengebühren sind. Allein durch die Kürzung der
Familienbeihilfe und die Streichung der Freifahrt ab dem 19. Lebensjahr verlieren die
Studierenden im allergünstigsten Fall, wenn sie die Mindeststudiendauer eines 9-
semestrigen Studiums um nicht mehr als die im Hochschulbericht angeführten 5
Semester überschreiten und in Wien wohnen , ca. 5.000 Schilling, wenn sie etwa in
Wiener Neustadt wohnen und von dort nach Wien pendeln ca. 9.000 Schilling in jedem
der 14 Semester ihrer Studienzeit. Wie unterscheiden sich diese, konservativ
berechneten Mehrausgaben für die Studierenden bzw. deren Eltern, die noch dazu
proportional zur Entfernung zum Studienort zunehmen , außer durch den Namen de facto
von Studiengebühren ?
23. Halten Sie es für gerechtfertigt, daß Studierende, die nicht am Studienort wohnen,
stärker zur Kassa gebeten werden als jene, die am Studienort wohnen ?
24. Laut letztem OECD-Bericht ''Bildung bewegt'' (1995) zählt Österreich mit einem
AkademikerInnenanteil von 7,9 Prozent zu den Schlußlichtern innerhalb der OECD.
Auch bei den Bildungsausgaben für den tertiären Sektor, also die Hochschulen und
Universitäten , zählt Österreich zu den Ländern mit dem geringsten Aufwand innerhalb
der OECD. Bei den Ausgaben für F&E (Forschung und Entwicklung) liegt Östereich
ebenfalls im unteren Mittelfeld. Etwa 14,7 Milliarden gab Österreich laut ÖSTAT l995
für F&E aus, laut einer Empfehlung des IHS hätten es aber zwischen 18,7 und 20,4
Milliarden sein sollen, um den OECD-Schnitt zu ereichen. Östereich hatte also ein
''Forschungsdefizit" zwischen 4,0 und 5,7 Milliarden Schilling. ''Öffentliche F&E-
Ausgaben sind eine wichtige Investition in die Zukunft der österreichischen Gesellschaft
und der österreichischen Wirtschaft und sollten deshalb von Sparmaßnahmen
wesentlicher weniger bzw. überhaupt nicht tangiert werden '' , kommentiert dazu das
IHS.
Welche Maßnahmen im Bereich der F&E - und damit zur Sicherung des
Wirtschaftsstandortes Österreich - werden Sie setzen, dannit Östereich innerhalb der
OECD nicht nur nicht weiter zurückfällt, sondern wenigstens eine Mittelposition
erreicht ?
25. Die neuerliche Reduktion der Ausgaben im tertiäre.n Bereich trifft vor allem die
kreativen Humanressourcen (die AssistentInnen). Die Folge dieser Entwicklung könnte
eine Abkoppelung von den hochindustrialisierten Ländern im Forschungsbereich sein.
Das wird der österreichischen Gesellschaft lang- und mittelfristig schaden, denn die
bisherige österreichische Strategie, Technologie und Forschungs-Output zu
''importieren'' , während im Gegenzug forschungs-"ärmere'' Sektoren , wie der
Tourismus, Österreichs Leistungsbilanz ausgleichen , funktioniert nicht mehr. ''Die
gegenwärtige Krise im Tourismus (. . .), die enge Anbindung des Schillings an die DM
sowie die wirtschaftliche Konkurrenz der post-kommunistischen Reformländer als Folge
billiger Lohn- und Produktionsbedingungen lassen forschungspolitischen
Handlungsbedarf erkennen'' , resümiert das IHS in einer Studie. Forschung und
Technologie können nämlich auch von den Reformländern und den ostasiatischen
Staaten importiert werden, doch diese haben ein niedrigeres Lohnniveau und werden
dadurch billiger als Österreich produzieren. Halten Sie daher die derzeitigen
Sparmaßnahmen , die vor allem die kreativen Humanressourcen (die AssistentInnen)
treffen, für eine zielführende Strategie, um eine Abkoppelung Österreichs von den
hochindustrialisierten Ländern zu verhindern ?
26. Wie stehen Sie persönlich zu Äußerungen Ihres Kollegen, Wirtschaftsminister Johannes
Ditz, der in einem Gespräch mit den Studierenden, die ihn darauf aufmerksam gemacht
haben, daß ein hoher Prozentsatz die zukünftig geforderten Bezugskriterien für die
Familienbeihilfe nicht erreichen wird, sinngemäß geantwortet haben soll: "No wos
studiernzn so long! "?
27. Wie stehen Sie persönlich zu Äußerungen desselben Regierungskollegen, der auf den
Vorhalt der Studierenden , daß vor allem strukturelle Probleme an den Universitäten die
Studienzeiten so lange machen würden , sinngemäß geantwortet haben soll: ''Hättats an
bessaran Wissnschoftsminista, wa dos ka Problem mehr" ?
28. Ist Ihnen bekannt, wie lange Ihr Ministerkollege Klima und der Abgeordnete Cap für ihr
Studium benötigt haben?
29. Wird es in den nächsten Tagen seitens Ihres Ministeriums noch Verhandlungen mit den
Mittelbauvertretern geben ?
30. Werden Sie sich dafür einsetzen , daß bei den Studierenden geplante Belastungen
zurückgenommen werden ?
31 . Es liegen Studien der Universität Innsbruck vor (Gantner/Hammer-Studie), die besagen,
daß die Implementierung des UOG 93 eine Milliarde an Mehrkosten (inclusive
Planstellenbedarf bei Institutsbibliotheken, die nach UOG 93 ohne
Übergangsbestimmungen zu Fachbibliotheken werden,) verursachen würden. Der
Großteil dieses Geldes würde in den Aufbau von mehr Verwaltung fließen. Wieviel
kostet die derzeit durchgeführte Implementierung des UOG 93 ?
32. Wie hoch wären die Einsparungen bei Aussetzen der Implementierung ? .
33. Wieviele Planstellen wurden im Zuge der Ein führung des UOG 93 tatsächlich
geschaffen und kamen den Universitäten zugute?
34. Im Koalitionsübereinkommen steht ein Bekenntnis zur Realisierung des neuen
Universitäts-Studienrechtes (UniStG). Der Entwurf dieses UniStG wurde seitens der
Universitäten durchwegs negativ beurteilt, insbesondere wurde die Verkürzung der
geisteswissenschaftlichen Studien auf sechs Semester heftigst kritisiert. Kritisiert wurde
ferner, daß die Sozialpartner via Verwendungsprofil erstmals direkt auf die
Universitäten Einfluß nehmen können. Wird es Änderungen bezüglich der
vorgeschlagenen Studiendauer von sechs Semester für die Geisteswissenschaften geben ?
35. Warum sind es nur die ''regionalen und zentralen Berufs- und Interessenvertretungen" ,
also die Sozialpartner, die jedenfalls anzuhören sind ?
36. Ist die Autonomie der Universitäten noch gewährleistet, wenn die Sozialpartner
zwingend via Erstellung des Verwendungsprofiles beim Studienplan mitreden können?