489/J

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Frischenschlager und Partner/innen

 

betreffend Ankündigungen im Koalitionsübereinkommen 1996 zwischen SPÖ und ÖVP

 

 

Das Koalitionsübereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP für die kommende Legislaturperiode enthält dieses Mal relativ ausführliche Kapitel über "Österreich als EU-Mitglied" sowie die äußere Sicherheit, was insoferne ein Fortschritt gegenüber dem Koalitionsabkommen 1994 ist, als erstmals überhaupt versucht wurde, inhaltliche Zielvorstellungen für die EU-Integrationspolitik in einem Koalitions­abkommen zu formulieren.  Ein eigener zweiseitiger Abschnitt über "Strukturen und Koordination" der Europapolitik darf aber offenbar auch 1996 nicht fehlen, obwohl diese formalen, internen Angelegenheiten der Koalition wohl wenig mit der Darstellung der notwendigen Zukunftsaufgaben zu tun haben.

 

Die Vorhaben im außenpolitischen Teil des Koalitionsabkommens sind allerdings so schwammig und lückenhaft formuliert, daß es notwendig erscheint, die konkreten außenpolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung zu hinterfragen.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten folgende

 

ANFRAGE

 

an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:

 

1 .        Welche konkreten Maßnahmen und Initiativen werden Sie in weichem Zeitrahmen bei der EU-Regierungskonferenz und in den jeweiligen EU­Institutionen ergreifen um

a)         die Beschäftigungspolitik in allen Tätigkeitsbereichen der EU zu fördern?  Wie soll in diesem Zusammenhang das von Ihnen vorgeschlagene

"Überwachungssystem für die Arbeitsmarktpolitiken der Mitgliedstaaten" aus­sehen?

b)         die Erhaltung der Rechte der kleinen Mitgliedstaaten zu sichern?

c)         den wiederum postulierten "langfristigen Ausstieg aus der Atomkraft" zu erreichen?  Soll diese Zielbestimmung in den EURATOM-Vertrag aufgenommen werden?  Wenn nein, warum nicht?

d)         den Gütertransport zunehmend und in einem zeitlich überschaubaren Rahmen von der Straße auf die Schiene zu verlagern?

e)       die Gemeinsame Agrarpolitik in Richtung einer ökologisch und sozial verträglichen Landbewirtschaft zu entwickeln?

f)       die Handlungsfähigkeit der EU im Bereich der internationalen Kriminalität zu erhalten, ohne dabei massiv in nationale Datenschutzbestimmungen ein­zugreifen?

 

2.         Weichen Zeitrahmen stellen Sie sich für die Osterweiterung der EU, zunächst einmal um die Länder Ungarn, Tschechien, Polen und Slowenien vor?  Soll für den Abschluß der jeweiligen Beitrittsverhandlungen ein konkretes Zeitlimit festgelegt werden?  Wenn nein, warum nicht?  Für welche Bereiche des zu übernehmenden "aquis communautaire" können Sie sich bei diesen Ländern Übergangsfristen vorstellen?

 

3.         Werden Sie sich - wie laut Bericht der Reflexionsgruppe die Mehrheit der EU­Staaten - dafür einsetzen, daß die WEU in die zweite Säule der EU integriert wird?  Wenn nein, warum nicht?

 

4.         Sie treten im Koalitionsabkommen ausdrücklich dafür ein, daß die sogenannten "Petersberger Aufgaben" lnstruktionen der EU unterstellt werden können.  Laut Petersberger Erklärung von Juni 1992 beinhalten diese "Kampfaufgaben im Rahmen der Krisenbewältigung, darunter auch friedensstiftende Aufgaben".  Könnte sich Österreich an solchen Aufgaben beteiligen und wäre dies mit der "immerwährenden" Neutralität vereinbar?

 

5.         Aus weichem Grund kann eine eventuelle Vollmitgliedschaft Österreichs bei der WEU nicht sofort beantragt werden, sondern muß einer "umfassenden Prüfung" unterzogen werden?  Wäre die Mitgliedschaft mit der "immer­währenden" Neutralität Österreichs vereinbar?

 

6.         Meinen Sie nicht, daß Österreich an der Teilnahme beim Aufbau einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU gehindert ist, wenn es nicht auch Vollmitglied der WEU wird?  Bitte diese Frage auch in Hinblick darauf zu beantworten, daß Österreich in der zweiten Jahrehälfte 1998 den Vorsitz im EU-Rat innehaben wird und daher Vorschläge für die Zukunft des 1998 auslaufenden WEU-Vertrages zu unterbreiten haben wird!

 

7.       Weiche Vorbereitungsarbeiten werden derzeit in Hinblick auf den EU-Rats­vorsitz Österreichs 1998 geleistet?

 

8.       Wird die "aktive Teilnahme" Österreichs an der NATO-Partnerschaft für den Frieden auch die Teilnahme an gemeinsamen militärischen Übungen beinhalten?

 

9.       Im Koalitionsabkommen wird ein "Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten in das Ausland" angekündigt.  Welche materiellen Bestimmungen muß ein solches Gesetz enthalten, die nicht in den einschlägigen Verfassungsgesetzen und @m B-VG enthalten sind?  Wäre die Verabschiedung eines solchen Gesetzes schon vor dem Beschluß über die Teilnahme bei der IFOR in Bosnien­Herzegowina notwendig gewesen?

 

10.     Welche diplomatischen Aktivitäten planen Sie in der kommenden Legislatur­periode im Bereich der Durchsetzung der Menschenrechte, insbesondere gegen über der Volksrepublik China?

 

11.     Hätte ein militärischer Angriff der Volksrepublik China auf Taiwan irgend­welche Konsequenzen auf die bilateralen Beziehungen Österreichs mit der Volksrepublik?  Wenn ja, weiche?  Wenn nein, warum nicht?

 

12.     Aus weichem Grund werden im Koalitionsabkommen und auch in der Regierungsklärung keinerlei Aktivitäten bzw.  Vorhaben im Bereich der Entwicklungspolitik erwähnt?  Kann man daran den Stellenwert, den die Entwicklungszusammenarbeit für die Bundesregierung hat, ablesen?