636/J

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Kier, Peter und Partner/innen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales

betreffend Sozialversicherungspflicht für Werkverträge

Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 wird auch eine Sozialversicherungspflicht für bestimmte Werkverträge eingeführt.  Dabei wird zwischen unechten Werkverträgen (dienstnehmerähnliche Werkverträge § 4 Abs. 3 Z 12 ASVG) und freien Dienstverträgen (§4 Abs.4 ASVG) unterschieden.  Weiters sollen freie Dienstverträge jedoch nur dann sozialversicherungspflichtig sein, wenn nicht auf Grund dieser Tätigkeit bereits eine Versicherungspflicht nach dem ASVG oder einem anderen Bundesgesetz besteht.  Eine wirkliche Abgrenzung zwischen diesen Vertragstypen kann im Sinne der Rechtssicherheit und des Rechtsstaates ausschließlich nach zivilrechtlichen Kriterien erfolgen, da im Vordergrund des Interesses stehen muß, welche wechselseitigen Rechte und Pflichten den jeweiligen Vertragspartnern im einem oder im anderen Fall zukommen.  Dieser Gesichtspunkt ist von absoluter Priorität, da sich an eine in dieser Hinsicht richtige Interpretation eine Fülle weiterer Rechtsfolgen knüpfen, wie z.B. Haftungsfragen, Säumnisfolgen und dergleichen.  Auch ist der Zeitpunkt, ab welchem allenfalls geflossenen Honorare nicht mehr zurückgefordert werden können, ausschließlich an der Rechtsnatur des Vertrages zu bemessen.  Eine tatsächliche Abgrenzung kann daher Oberhaupt nur im Einzelfall erfolgen, wobei den uns vorliegenden Informationen nach zur Zeit eine - wenn auch bloß inoffizielle - Liste des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger existieren soll, in der einige typische Vertragstatbestände festgehalten sein sollen.  Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist jedoch die Prognose zulässig, daß es im Vollzug zu einer Häufung von Fehlentscheidungen und daher zu --einer Fülle von Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes kommen wird.  Diese Prognose stützt sich nicht zuletzt auf die Kenntnisse der Anfragesteller über die spezifischen Ausbildungsstände des mit dem Vollzug dieser Bestimmungen in Frage stehenden Personals.  Dies ist jedoch um so bedenklicher, als alle relevanten Werkverträge 'rechtzeitig' gemeldet werden müssen ­Meldevergehen sind strafbar - , diffizile Abgrenzungsfragen zwischen Werk- und Dienstverträgen, die im übrigen auch unterschiedliche Behandlung bedingen, jedoch - wie oben gezeigt - so einfach nicht zu klären sein werden.  Es steht daher unter anderem zu befürchten, daß Tätigkeiten aus solchen Verträgen im Einzelfall erst werden aufgenommen werden können, wenn die sozialversicherungsrechtlichen Nebenfragen geklärt sind, da diese zu unter Strafsanktion gestellten Vorfragen gemacht wurden.  Neben den hier erläuterten Bedenken ergeben sich zudem noch weitere offene Fragen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

 

ANFRAGE

 

 

 

1.    Sind Sie der Meinung, daß eine klare Abgrenzung zwischen den verschiedenen Klassen von Werkverträgen möglich ist?  Wenn ja, legen Sie uns bitte dar, wie eine solche Unterscheidung getroffen werden soll.

 

2.    Ab 1. Juli 1996 neu abgeschlossene Verträge sind seitens des Arbeitgebers unverzüglich der Krankenkasse zu melden.  Da eine Unterscheidung zwischen den beiden Arten jedoch so einfach nicht zu treffen sein wird, für dienstnehmerähnliche Verträge zudem 15,8%, für freie Dienstverträge aber 17,2 % des Honorars seitens des Auftraggebers abgeführt werden müssen, weiters noch unterschiedliche Geringfügigkeitsgrenzen gelten, ist damit zu rechnen, daß es zu zahlreichen Fehlern im Zusammenhang mit der Meldepflicht kommen wird.  Ist dafür Sorge getragen, daß solch unbeabsichtigte und nahezu unvermeidbare Meldevergehen straffrei bleiben können?  Wenn ja, legen Sie bitte dar, wodurch?

Kennen Sie die Liste des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, in der einige typische Vertragsbestände festgehalten sind?  Wenn ja, bitten wir um die zur Verfügung Stellung einer solchen Liste.

 

4.    Halten Sie es für vorstellbar, daß diese Liste hinreichende Kriterien enthält, ob, und in welcher Kategorie eine Anmeldung zu erfolgen hat?  Wenn ja, teilen Sie uns die entsprechende Argumentation, aus der sich die Vollständigkeit der Kriteriensetzung innerhalb der Liste ergibt, bitte mit.

 

5.    Wenn nein-, denken Sie an die Erarbeitung einer Liste, welche eine vollständige Entscheidungsgrundlage für eine zweifelsfreie Abgrenzung darstellt?  Wenn ja, wann?

 

6.    Wenn nein, wie sonst soll eine zweifelsfreie Abgrenzung sowohl für die direkt betroffene Bevölkerung wie auch für die bearbeitenden Beamten ermöglicht werden?

 

7.    Können Sie bitte darlegen, was im § 4 Abs. 4 ASVG der Passus ..."sofern sie nicht bereits auf Grund dieser Tätigkeit der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegen bzw. unterliegen -könnten' bedeutet und was mit dieser Ausnahmebestimmung bezweckt wird?

 

8.    Bei freien Dienstverträgen ist ein Unfallversicherungsschutz vorgesehen, bei dienstnehmerähnlichen Werkverträgen nicht.  Legen Sie bitte dar, aufgrund welcher Überlegung diese Differenzierung vorgenommen wurde.

 

9.    Geringfügig Beschäftigte genießen jedenfalls einen Unfallversicherungsschutz, jedoch keinen Schutz durch die Krankenversicherung.  Ein Arbeitsverhältnis auf Basis eines dienstnehmerähnlichen Werkvertrages bewirkt nunmehr zwar einen Teilkrankenversicherungsschutz, jedoch keinen Unfallversicherungsschutz.  Wir bitten auch hier um Aufklärung darüber, weshalb es zu derartigen Differenzierungen innerhalb eines allgemeinen Sozialversicherungsrechtes kommt.

 

10.  In 72 der Beilagen ist in den Erläuterungen nachzulesen, daß es in der Vergangenheit' vorgekommen sei, daß "Werkverträge" nach schweren Unfällen mit Folgeleiden, nach schweren Erkrankungen- oder auch im Fall der Mutterschaft in versicherungspflichtigen Dienstverhältnisse umgewandelt wurden, was zur Folge hatte, daß die einschlägigen Sozialversicherungsleistungen zu erbringen waren, ohne daß für das volle erzielte Einkommen Beiträge gezahlt worden wären.  Nun werden Werkverträge zwar sozialversicherungspflichtig, der geringere Krankenversicherungsbeitrag allerdings damit begründet, daß für den betroffenen Personenkreis keine Geldleistungen in der Krankenversicherung, also weder Kranken-, noch Wochengeld anfallen sollen.  Abgesehen davon, daß die Erläuterungen vor dem Hintergrund dieser Leistungseinschränkung etwas eigenartig anmuten, ist nicht vielmehr damit zu rechnen,daß solche Dienstverträge nun erst recht wieder in vollversicherungspflichtige Dienstverhältnisse umgewandelt werden, um z.B. einen Anspruch auf Wochengeld sicherzustellen?

 

11.  Im Strukturanpassungsgesetz ist weiters nachzulesen, daß für das Jahr 1996 in der Pensionsversicherung ein Mehrerlös von 500 Mio. Schilling, für das Jahr 1997 von 1,5 Mrd. erwartet wird.  Aufgrund der Tatsache, daß das österreichische Pensionssystem auf Basis des Umlageverfahrens geregelt ist, ist es richtig, daß der Bund durch diesen Mehrerlös der Pensionsversicherungsanstalten zunächst in gleicher Höhe entlastet wird. Allerdings ist uns nicht bekannt, mit welchem Mehraufwand die Pensionsversicherunsanstalten auf Basis der erwachsenden Pensionsansprüche in Zukunft zu rechnen haben.  Wir bitten daher um entsprechende Auskunft.

 

12.  Teilen Sie in diesem Zusammenhang die Befürchtung einiger Institutionen dahingehend, daß ein Mißverhältnis zwischen Einnahmen und zu erbringenden Leistungen geschaffen wird, welches sich in einigen Jahren insofern auswirken wird, als Pensionsansprüche auf Grund geringster Beiträge zu einem unverhältnismäßigen Ausgleichszulagenerfordernis fuhren werden?  Wenn ja, wie verantworten Sie diese Maßnahme dann?

 

13.  Glauben Sie, daß aufgrund der nun zu leistenden Beiträge den Betroffenen höhere Pensionsansprüche erwachsen werden?

 

14.  Wenn ja, wie sollen diese dann angesichts einer zunehmenden Pensionsbelastungsquote finanziert werden und wieso wurde in den Erläuterungen zum Strukturanpassungsgesetz nur auf die Einsparungsaspekte und nicht auch auf die unweigerlich folgenden Kostenaspekte hingewiesen?

 

15.  Wenn Sie nicht der Meinung sind, daß aufgrund der neuen Beitragszahlungen in Zukunft auch Pensionsansprüche erwachsen werden, wieso halten Sie dann die Fiktion aufrecht, daß es sich hierbei um "Versicherungsbeiträge handelt?

 

16.  Sind Sie sich des enteignenden Charakters dieser gesetzlichen Bestimmung bewußt, durch welche Beiträge eingehoben werden, denen keine erkennbaren Leistungsansprüche gegenüberstehen?