992/J

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Neugebauer und Kollegen

an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst

betreffend die Fahrplangestaltung der OBB

 

 

 

Seit 1. Juni 1996 haben die OBB einen neuen Fahrplan in Geltung.

Die Änderungen haben praktisch überall zu Leistungskürzungen geführt.

Bei der Fahrplanumstellung kam es außerdem zu organisatorischen Schwierigkeiten und in der Folge sehr häufig zu krassen Verspätungen.

 

Besonders dramatisch ist die momentane Situation für Wien-Pendler auf der Südbahn-Strecke.  Die Streichung einzelner Züge führte zu völlig überfüllten Abteilen und die Fahrgäste mußten sogar im Gepäckwagen transportiert werden.  Für manche Züge gibt es in einigen Bahnhöfen keine ausreichend langen Bahnsteige.  Das hat zur Folge, daß die Fahrgäste zum Teil auf unbefestigten Schottergrund der Gleisanlagen aussteigen müssen.  Durch die fehlenden Bahnsteige ist außerdem ein wesentlich höheres Niveau zu überwinden, was für ältere Menschen, Behinderte, Mütter mit Kleinkindern oder Kinderwägen ein erhebliches Hindernis und Sicherheitsrisiko darstellt.

Besonders problematisch sind die neuen Fahrplanzeiten jedoch für Berufstätige, die die Bahn zum täglichen Pendeln benutzen und auf dieses öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, um ihre Arbeitsstätte zu erreichen.  Die Streichung einzelner Zugverbindungen und die neuen Fahrplanzeiten stellen nicht nur eine erhebliche Auswahl- und Angebotsreduktion dar, sondern führen in vielen Fällen zu drastisch längeren Fahrzeiten, weil die Zubringerdienste und Umsteigemöglichkeiten nicht an die geänderten Fahrzeiten angepaßt sind.

Starke Benachteiligungen durch den neuen Fahrplan müssen vor allem

Schichtarbeiter und Beschäftigte im Wochenenddienst hinnehmen.  Die

Angebotsreduktion während der Rand- und Wochenendzeiten ist für diese

Arbeitnehmergruppen besonders kraß ausgefallen.

Daß es seit geraumer Zeit keine Speisewagen mehr gibt, ist im Vergleich zu den oben genannten Problemen fast nicht erwähnenswert.

Hinzugefügt werden muß noch die Tatsache, daß kurze Zeit vor den genannten Angebots- und Qualitätsminderungen die Tarife für Monats- und Jahreskarten nicht unerheblich angehoben wurden.

 

Bedauerlich ist aus verkehrspolitischer Sicht auch der Imageverlust für die OBB, der aus der großen Zahl der Beschwerden, Leserbriefe usw. hervorgeht.  Unverständnis bei den Bahnkunden erregt nicht nur die Leistungsreduktion, sondern in erhöhtem Maße auch die Tatsache, daß Milliarden für den Ausbau der Infrastruktur bei gleichzeitiger Angebotsreduktion aufgewendet werden.  Der Bevölkerung ist in diesem Zusammenhang auch nicht vorwerfbar, daß sie die komplizierte innere Organisationsstruktur und die Trennung der verschiedenen Bereiche innerhalb der OBB nicht ausreichend kennt.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für

Wissenschaft, Verkehr und Kunst folgende

 

 

 

ANFRAGE

 

 

1.       Besteht eine Verpflichtung für die OBB, Fahrplanänderungen dem zuständigen Verkehrsminister bekanntzugeben, und wenn ja, wurde dieser entsprochen?

 

2.       Seit wann sind Ihnen die neuen Fahrpläne bekannt, und wie haben Sie darauf reagiert?

 

3.       Ist Ihnen die schwierige Situation für Pendler und hier vor allem die der Schicht­und Wochenendbeschäftigten bekannt?

 

4.       Halten Sie die Situation der Wien-Pendler für tragbar, oder werden Sie Schritte in die Wege leiten, die einen bessere Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes ermöglichen?

 

5.       Die Probleme der OBB haben das Land Niederösterreich dazu bewogen, nicht unbeträchtliche finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Lage der pendelnden Arbeitnehmer wieder zu verbessern.  Werden Sie als zuständiger Minister ebenfalls finanzielle Mittel für den Betriebsteil der OBB aufbringen?

 

6.       Wenn ja, was werden Sie konkret unternehmen, wenn nein, warum nicht?

 

7.       Was werden Sie unternehmen, um die Fahrpläne, Zubringer- und

          Umsteigemöglichkeiten wieder besser aufeinander abzustimmen, sodas lange Wartezeiten vermieden werden können?

 

8.       Halten Sie Tariferhöhungen für vertretbar, wenn nur einige Wochen später erhebliche Qualitäts- und Leistungsminderungen vorgenommen werden?

 

9.       Was werden Sie unternehmen, um die Gefährdung und Behinderung von Fahrgästen in Bahnhöfen mit zu kurzem Bahnsteig zu beseitigen?

 

10.     Welche Gründe haben die ÖBB dazu bewogen, ihr Leistungsangebot derart zu verringern?

 

11.     Liegen finanzielle Gründe vor, und wenn ja, welche?

 

12.     Wie hoch sind die Schulden, die die OBB-Betriebe am Beginn ihrer Eigenständigkeit übernommen haben und welche jährlichen Belastungen ergeben sich daraus?

 

13.     Halten Sie in diesem Zusammenhang eine nachträgliche Entschuldung der OBB

          für sinnvoll?

 

14.     Wie hoch sind die Gesamtschulden der OBB für die Jahre 1994 und 1995?

 

15.     Nicht wenige Pendler haben nach den Fahrplanumstellungen erklärt, wieder auf ihr Auto umzusteigen, was in Zeiten der enormen Verkehrs- und

          Umweltbelastung wenig erfreulich ist.  Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs, und welche verkehrs­und umweltpolitischen Ziele wollen Sie während Ihrer Amtszeit verwirklichen?

 

16.     Werden Sie sich für den weiteren Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes einsetzen und konkret welche Maßnahmen und Projekte wollen Sie vorantreiben?

 

17.     Wie bewerten Sie aus verkehrspolitischer Sicht den Imageverlust der OBB und was werden Sie unternehmen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung wieder anzuheben?