1020/J

ANFRAGE

der Abgeordneten Rosenstingl, Stadler, Prinzhorn und Kollegen

an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst

betreffend: Interpretation des Vollzugsbereichs durch den Verkehrsminister

 

Bereits seit geraumer Zeit wird seitens des Verkehrsministeriums auf parlamentarische Anfragen zu Angelegenheiten der ÖBB stereotyp erklärt, eigentlich sei der Minister - seit der ÖBB-Reform ­nicht zuständig, die Beantwortung, meist in Gestalt einer ÖBB-Stellungnahme - ohne Identifikation des Ministers mit derselben - erfolge gewissermaßen gnadenhalber.

 

Jüngstes Beispiel: 435/AB vom 14.6.1996: 'Zum Motiventeil darf ich anmerken, daß sowohl Angelegenheiten dir Fahrplangestaltung all; auch Angelegenheiten des Fahrpreises dem Absatzbereich der OBB zuzurechnen sind.  Dieser Bereich unterliegt jedoch der alleinigen Verantwortung der -zuständigen Organe der OBB.  Dem Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst kommt dabei praktische keine Eingriffsmöglichkeit zu.

 

 

Insbesondere der Bereich Fahrplangestaltung war von derartigen Aussagen stets betroffen.  Umso bemerkenswerter ist daher die Tatsache, daß der Verkehrsminister nun offenbar die jüngste Änderung des BBG insoferne exzessiv interpretiert, als er das im Bereich der Infrastruktur im Zuge des Strukturanpassungsgesetzes wieder eingeführte ministerielle Weisungsrecht (Verordnung) nun auch hinsichtlich der übrigen Geschäftsbereiche ausübt, und, wie im folgenden dokumentiert, sogar den Auslandsverkehr - also einen rein kommerziellen Bereich - mittels 'Zusage' beeinflußt:

 

APA219 5 WI 0165                               08.Jul. 96

 

Verkehr/Bahn/Niederösterreich

 

Franz-Josefs-Bahn:       Ab Herbst wieder Kurswagen nach Prag

Utl.: Bauer: Zusage Scholtens - Erfolg Bemühungen der SP-NÖ

 

Wien (APA) - Auf der Franz Josefs-Bahn (FJB).soll es ab Ende Sept.)tember wieder einen täglichen Kurswagen Wien-Prag über Gmünd geben.  Diese, Zusage, habe Verkehrsminister Rudolf Scholten gemacht, teilte der Klubobmann der SPÖ im NO Landtag, LABg.  Hannes Bauer, heute, Montag, mit.  Die Bemühungen der niederösterreichischen Sozialdemokraten in den vergangenen Monaten würden damit Erfolg zeigen, so der Mandatar. * * 0

 

 

Nun wäre es zweifellos erfreulich, wenn die massiven Fahrplanverschlechterungen, die nach der Elektrifizierung der Franz-Josefs-Bahn erfolgten, wenigstens teilweise rückgängig gemacht werden sollten.

 

Erstaunlich ist es aber doch, daß SPÖ - Minister im Falle oppositioneller, ja sogar koalitionärer Anfragen unzuständig sind, im Falle von Wünschen sozialistischer Landespolitiker hingegen sogar Zusagen geben können.  Jedenfalls läßt sich weder in der Bundesverfassung noch im Bundesministeriengesetz eine Begründung für diese Diskrepanz finden.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst nachstehende

 

Anfrage:

 

1.    Hat Sie Ihr SP-Parteifreund, Klubobmann Bauer, hinsichtlich ihrer 'Zusage' ab Herbst wieder einen Kurswagen über die Franz-Josefs-Bahn nach Tschechien zu führen, korrekt zitiert?

 

2.    Wenn nein, was haben Sie getan, um diese Falschmeldung zu korrigieren?

 

3.    Wie begründen Sie den Widerspruch zwischen Ihrer offiziell behaupteten Unzuständigkeit für die Fahrplangestaltung der ÖBB und Ihrer oben zitierten 'Zusage', daß im Herbst ein bestimmter Zug wieder fahren werde?

 

4.    Auf welcher rechtlichen Grundlage werden Sie bei den ÖBB die - nach Ansicht der Anfragesteller überaus wünschenswerte - Wiedereinführung dieser internationalen Zugsverbindung durchsetzen?

 

5.    Beabsichtigen Sie insbesondere eine 'Bestellung' dieser offenbar nicht kostendeckenden Leistung durch das Verkehrsministerium, zumal ja der - erst recht internationale ­Fernverkehr bislang nicht Gegenstand gemeinwirtschaftlicher Bestellungen war und wie hoch sind die Kosten für diese Bestellung?

 

6.    Sind Sie bereit, in Zunkunft ihren Vollzugsbereich hinsichtlich ausgegliederter Unternehmungen wie der ÖBB bei sämtlichen Anfragebeantwortungen ebenso extensiv zu interpretieren - also ohne formale oder inhaltliche Vorbehalte Auskunft über die Vorgänge in diesen Unternehmungen zu geben -, wie sie dies offensichtlich bei ihren tatsächlichen Regierungsgeschäften tun wenn nein warum nicht?