1021/J

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Rosenstingl, Prinzhorn und Kollegen

an den Bundesnünister für Wissenschaft,

 Verkehr und Kunst

 betreffend: Unfallserie bei den ÖBB

In letzter Zeit ereignete sich eine ungewöhnlich große Zahl von Unfällen auf ÖBB-Strecken, die offensichtlich auf technische Gebrechen am Gleis zurückzuführen waren.

 

Besonders beunruhigend ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die Infrastruktur, deren Erhaltung und Ausbau mit gewaltigen Milliardenbeträgen vom Steuerzahler finanziert wird, dennoch in einem Zustand ist, der eine uneingeschränkte Betriebssicherheit nicht garantiert.  Ganz offensichtlich wurden in den vergangenen Jahren häufig Erhaltungsmaßnahmen zurückgestellt, während an zweifelhaften Neubauprojekten zur Beschleunigung (z.B. z.B. Galgenbergtunnel) unverdrossen weitergebaut wurde.

Dieses Versäumnis manifestiert sich auch in einer großen Zahl von schadensbedingten Langsamfahrstellen, die bereits - besonders absurd - zu massiven Fahrzeitverlängerungen auf einigen Strecken (besonders kraß: Wels-Passau, hier benötigen die Schnellzüge heute um ein Drittel länger als vor fünf Jahren!) führte.

 

Nun also stellt sich heraus, daß derartige Erhaltungsmängel in einigen Fällen nicht nur zu Verschlechterung der Betriebsqualität, sondern sogar zu Unfällen führten.  Jüngstes Beispiel : Gramatneusiedel, hier reichte die verfügte Reduktion der Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h offenbar nicht aus - dem Vernehmen nach hielten die meisten Lokführer freiwillig eine niedrigere Tempobeschränkung ein, um Unfälle zu vermeiden!

 

Besonders bemerkenswert ist der Fall der Semmeringbahn, wo im Jänner in Breitenstein ebenfalls wegen Schienenschäden ein Zug entgleiste: Bereits seit Jahren wurde hier von verschiedenen Seiten die Besorgnis geäußert, daß - im Hinblick auf den geplanten Tunnelbau ­die Erhaltung der Bergstrecke vernachlässigt wird.  Nun, nach einem schweren Unfall, (verursacht durch Gleiserweiterung, analog dem Unfall bei Gmunden am 14.Mai) ist es plötzlich möglich, das Gleis im großen Umfang zu erneuern, wobei interessanterweise auch die jahrelang offiziell als unmöglich bezeichnete Verschweißung der Schienen durchgeführt wird.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wissenschaft,

Verkehr und Kunst nachstehende

 

ANFRAGE:

 

1.    Wieviele Unfälle ohne Fremdeinwirkung (etwa KFZ) ereigneten sich auf den Streckennetz der ÖBB im ersten Halbjahr 1996, wieviele jeweils in den letzten 1 0 Jahren?

 

2.    Auf welche technischen Gebrechen bzw. welche Art menschlichen Versagens waren diese Unfälle jeweils zurückzuführen?

 

3.    Wie war der genaue Unfallhergang dieser Unfälle des ersten Halbjahres 1996 im einzelnen?

 

4.    Wie groß war jeweils der unmittelbare Sachschaden, wie groß der indirekte infolge von Umleitungen, Ersatzverkehren etc. und wer kommt im einzelnen für diese Schäden auf?

 

5.    In welcher Form und welchem Umfang ist Ihr Ministerium als Aufsichtsbehörde in die Aufklärung dieser Unfälle involviert?

 

6.    Wieviele Langsamfahrstellen aufgrund von Oberbauschäden bestehen derzeit auf dem Netz der ÖBB, wieviele waren es jeweils im Jahresdurchschnitt der vergangenen 1 0 Jahre?

 

7.    Halten Sie es für akzeptabel, daß wichtige internationale Strecken wie etwa die Strecke Wels - Passau infolge von Oberbauschäden nur mehr so langsam (monatelang waren in Taufkirchen an der Pram 20 km/h vorgeschrieben!) befahren werden können, daß die Fahrzeiten in den letzten Jahren um ein Drittel verlängert werden mußten und auch diese Pläne nicht einzuhalten sind?

 

8.    Welche Gründe sind dafür maßgeblich, daß hier ganz offensichtlich notwendige Erhaltungsarbeiten in den letzten Jahren nicht durchgeführt wurden?

 

9.    Halten Sie es angesichts derartiger Entwicklungen für sinnvoll, Milliardeninvestitionen für Fahrzeiteinsparungen im Bereich weniger Minuten (Beispiel Galgenbergtunnel) zu tätigen?

 

1     0. Sind Sie - im Hinblick auf die Tatsache, daß Sie seit der letzten BBG-Novelle alleine f'ür die Auswahl der von den ÖBB durchzuführenden Bauprojekte (Verordnung) verantwortlich sind - bereit, dafür zu sorgen, daß in hinkunft die tadellose Erhaltung des bestehenden Netzes absolute Priorität vor Neubauinvestitionen erhält?

 

1     0. Juli 1996