1060/J

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst

betreffend internationale Verpflichtungen hinsichtlich der Einführung von Studiengebühren

Österreich hat sich international verpflichtet, den Hochschulzugang gebührenfrei zu machen.  Zum einen durch die Unterzeichnung der 'Europäischen Sozialcharta' und zum anderen im 'Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte'.

 

Der Nationalrat hat sich in seiner Sitzung vom 10.  Juli 1969 verpflichtet, die Europäische Sozialcharta durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.  Artikel 10 dieser 'Europäischen Sozialcharta' lautet:

 

Artikel 10

 

Das Recht auf berufliche Ausbildung.

 

Um die wirksame Ausübung des Rechtes auf berufliche Ausbildung zu gewährleisten, verpflichten sich die Vertragsparteien:

 

4.         die volle Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten durch geeignete        Maßnahmen anzuregen, wie durch

     a)    Ermäßigung oder Aufhebung aller Gebühren und Kosten

     b)    Gewährung finanzieller Hilfe in geeigneten Fällen.

 

 

Noch deutlicher zur Abschaffung von Studiengebühren verpflichtet hat sich Österreich im

'Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte', einer Charta der

Vereinten Nationen, die am 10.  Dezember 1978 in Kraft trat.  Artikel 13 dieses

Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte lautet:

 

Artikel 13

(1)     Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht eines jeden auf Bildung.

 

(2)     Die Vertragsstaaten anerkennen, daß im Hinblick auf die volle Verwirklichung dieses Rechts

 

c)         der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche       Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen          Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muß. (... )

 

Angesichts dieser international eingegangenen Verpflichtungen würde die Einführung von Studiengebühren diese beiden Abkommen verletzen.

 

Auf die parlamentarischen Anfrage 578/J haben Sie geantwortet, daß es innerhalb Ihres Ministeriums keine Gutachten oder Studien diese internationalen Verpflichtungen betreffend gibt.  Da die Studiengebührendiskussion aber immer noch virulent ist, wäre eine Klärung der rechtlichen Situation wünschenswert.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1)    Welche rechtlichen Folgen würde die Einführung von Studiengebühren bezüglich des

oben zitierten Artikels 13 des 'Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte' nach sich ziehen?

 

2)    Welche rechtlichen Folgen würde die Einführung von Studiengebühren bezüglich des

oben zitierten Artikels 10 der 'Europäischen Sozialcharta' nach sich ziehen?

 

3)    Ist es richtig, daß Österreich die oben zitierte UN-Charta kündigen müßte, wenn

Studiengebühren eingeführt werden, zumal Österreich durch die Abschaffung der Studiengebühren diese UN-Charta schon erfüllt hat?

 

4)    Ist es richtig, daß die Einführung von Studiengebühren einen Bruch der völkerrechtlichen

Vertragstreue durch Österreich bedeuten würde?

 

5)    Wenn die Fragen 3 und 4 positiv beantwortet wurden: Welche Folgen würden Österreich

aufgrund der Verletzung von internationalen Abkommen aus einer Einführung von Studiengebühren erwachsen?