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A n f r a g e

 

der Abgeo ordneten Dr.Lukesch und Kollegen

an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Aussagen des Herrn Bundesministers zur Anzahl der beschäftigten Universitätslehrer

 

Am 6.Juli 1996 hat der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst in einem Hörfunk-Interview festgestellt, daß trotz des Sparpakets mit Beginn des Wintersemesters "wir mehr Universitätslehrer beschäftigt haben werden als im vergangenem Wintersemester'.  Damit könne, so der Wissenschaftsminister, im Herbst auch ein ordentlicher und der Verantwortung entsprechender Studienbetrieb aufrechterhalten werden.  In den vergangenen Wochen seien mit allen Universitäten die Personalpläne im Detail durchgearbeitet worden, und zwar in einem sehr kooperativen und guten Klima.  Einem Teil „deutlich reforminteressierter Universitätsbeschäftigter“ stehe eine Gruppe gegenüber, die in der Veränderung ihre Gegnerschaft sehe und die „aus dem Bewahren heraus eigentlich ihre Identität bezieht".

 

Den Aussagen des Wissenschaftsministers stehen aber Daten einzelner Institute gegenüber, die keinen Anlaß zum Optimismus geben.  So ist etwa das Institut für Japanologie der Universität Wien durch die Maßnahmen des Wissenschaftsressorts in den Bereichen Lehraufträge, Personal und Bibliothek betroffen.  Dort müssen ab dem Wintersemester 1996197 alle verfügbaren Lehrauftragsstunden für die Abdeckung der Pflichtlehrveranstaltungen aufgewendet werden.  Bedingt durch die Kürzung kann die höchst praxisorientierte Sprach-Lehrveranstaltung über wissenschaftlich-technisches Japanisch von einem Beamten des Europäischen Patentamtes nicht mehr angeboten werden.  Diese unbefriedigende Situation ist durch den geringen Personalstand am Institut entstanden.

 

Da gleichzeitig die Lehrauftragsstunden fehlen und aus dem extrem reduzierten Kontingent auch nicht durch anderweitige Einsparungen ausgeglichen werden können, ist am Institut ab dem Wintersemester kein geregelter Studienbetrieb mehr möglich.  Die Unmöglichkeit, aufgrund der budgetären Situation Karenzvertretungen einzustellen, wird nach Angaben des lnstitutsvorstandes dazu führen, daß die für kompetitives wissenschaftliches Arbeiten erforderlichen längerfristigen Forschungsaufenthalte vor allem in Japan entweder nicht genehmigt werden oder aber mit gravierenden Nachteilen für das Institut verbunden sind, das angesichts der ohnedies angespannten Personalsituation keine weiteren Ausfälle mehr verkraften könne.

 

Ab Herbst werde auch der übermäßige Einsatz der einen Assistentenstelle (20 Stunden/Woche) für Bibliotheksangelegenheiten nicht mehr möglich sein.  Dies hat negative Konsequenzen für die Katalogisierung und Rezipierung der bestellten Bücher sowie für die Öffnungszeiten der Bibliothek.  Diese Konsequenzen werden

 

dazu führen, daß ein Studium auf dem für Geisteswissenschaften üblichen internationalen Niveau nicht mehr möglich sein wird.

 

All diese Problemstellungen werden dazu führen, daß ab dem Wintersemester 1996/97 in Österreich kein geregelter Unterricht in angewandtem (gesprochenem) Japanisch mehr möglich sein wird und entsprechende Japanischsprechkenntnisse im Ausland erworben werden müßten.  Sollte für das Institut keine Lösung gefunden werden, müßte in den kommenden Jahren ein vielfaches des finanziellen Aufwandes investiert werden, um wieder ein internationales Niveau zu erreichen.  Eine ähnliche Situation herrscht am Institut für Anglistik, wo für den ersten Studienabschnitt 500 Studienbeginner auf einen der 120 Plätze für die Einführungsvorlesung hoffen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

A n f r a g e:

1.    Wieviele Universitätslehrer werden mit Beginn des Wintersemesters beschäftigt sein?

 

2.      Wieviele Universitätslehrer waren im Wintersemester 1995/1996 beschäftigt?

 

3.      Woraus schließen Sie, daß mit einem höheren Beschäftigungsstand (ohne begleitende Evaluation) im Herbst ein "ordentlicher und der Verantwortung entsprechender’ Studienbetrieb aufrechterhalten werden kann?

 

4.      Differenzieren Sie in Ihrer Feststellung, daß eine Gruppe von

          Universitätsbeschäftigten „aus dem Bewahren heraus eigentlich ihre Identität bezieht" einer Gruppe deutlich reforminteressierter Universitätsbeschäftigter gegenüberstehe, zwischen "Strukturkonservativismus" und berechtigter Sorge, Mindeststandards in Forschung und Lehre aufrechterhalten zu können, oder wollen Sie mit dieser Aussage Kritiker an Universitäten pauschal diffamieren?

 

5.      Glauben Sie nicht, daß das Japanologiestudium verbunden mit dem mangelnden Japanischunterricht tatsächlich zu einem "Orchideenstudium" verkümmern muß?

 

6.      Halten Sie in Anbetracht der Globalisierung der Wirtschaft das "Aushungern" des Institutes für Japanologie für eine geeignete Maßnahme, dem Wirtschaftsfaktor Japan zu begegnen?

 

7.      Muß nicht zur Reorganisation eines Universitätsinstituts ein vielfaches des finanziellen Aufwandes investiert werden, der jetzt notwendig wäre, diesen Standard zu halten?

 

8.      Setzen Sie als Wissenschaftsminister besonders auf die Verankerung der deutschen Sprache als dritte Arbeitssprache der Europäischen Union, um der Lehre von der englischen Sprache und Literatur keine Bedeutung mehr zumessen zu müssen?