1145/J

 

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst

betreffend Wahrung der österreichischen Interessen bei der Neugestaltung der EU-Wegekostenrichtlinie

 

 

Im Zuge der Neuverhandlungen der Wegekostenrichtlinie muß es zu einer deutlichen An­hebung der Lkw-Gebühren kommen, da nur dadurch eine Reduktion des Verkehrsaufkom­mens und eine Verlagerung des Straßengüterverkehr auf die Schiene erreicht werden kann.

 

Der nun im Juli vorgestellte Vorschlag der EU-Kommission zur Neugestaltung der Lkw­Gebühren bleibt jedoch weit hinter dem zurück, was aus Sicht Österreichs zur Lösung der Transitproblematik nötig wäre.  Die EU-Kommission sieht zwar eine Staffelung der Gebüh­ren nach Umfang der Schadstoffemissionen der Lkws vor, in der Regel wird es aber eher zu einer Verbilligung denn zu einer Verteuerung des Straßengüterverkehrs kommen.  Der Straßengüterverkehr wird somit weiter rasant anwachsen.  Die Lkw-Gebühren bekommen lediglich ein Öko-Mascherl zur Volksberuhigung verpaßt, am lawinenartig anwachsenden Straßengüterverkehrs wird das europaweit nichts ändern.

 

Mit I nkrafttreten der neuen Wegekostenrichtlinie - vermutliche frühestens 1998 - werden viele Lkws bereits der schadstoffärmeren Euro-II-Klasse angehören, die dann nach dein Vorschlag der EU-Kommission nur noch eine Straßenbenützungsgebühr von jährlich 750 Ecu (9.975 S) zu entrichten haben (derzeit 1250 Ecu).  Eine Abstufung der Gebühren nach Höhe der Schadstoffemissionen ist zwar richtig, es muß aber zu einer generellen Verteuerung des Straßenverkehrs kommen.  Nur so wird es zu mehr Kostenwahrheit und damit zu Verkehrsverlagerung und Verkehrsverlagerung auf die Schiene kommen.  Die Kommission betreibt hingegen ausschließlich Stickoxidvermeidung und nicht Verkehrsvermeidung.

 

Auch die Umweltzuschläge für "sensible Korridore' sind aufgrund der Verbilligung der Straßenbenützungsgebühr keine akzeptable Lösung.  Wenn der Korridor nur kurz genug ist, werden auch hohe Umweltzuschläge von einer Durchfahrt nicht abhalten.  In Tirol werden auch die Umweltzuschläge die Verbilligung des Transitverkehrs nach dem EU-Beitritt nicht ausgleichen.  Vor dem EU-Beitritt mußten Lkws bei einer Fahrt über den Brenner eine Maut von 500 S einen Straßenverkehrsbeitrag von rund 850 S entrichten, in Summe 1350 S. Mit dem EU-Beitritt 1995 mußte der Straßenverkehrsbeitrag durch eine Straßenbe­nützungsgebühr von 240 S pro Tag ersetzt werden.  Die Transitfahrt durch Tirol verbilligte sich 1995 um beinahe die Hälfte auf 740 S. Der Lkw-Verkehr nahm bereits im ersten Quartal 1995 um mehr als 20 % zu.

 

Der neue Vorschlag der EU-Kommission sieht eine ökologisch abgestufte Straßenbenützungsgebühr vor.  Die Tageskarte wird beispielsweise 3 Ecu (40 S) bis 8 Ecu (106 S) kosten.  Aber auch bei einem größtmöglichen Umweltzuschlag von 0,5 Ecu (6,65 S) pro Kilometer für die gesamte Strecke durch das Unterinntal und über den Brenner (etwa 100 km) werden demnach die Gesamtkosten für eine Transitfahrt auch für die schmutzigsten und schwersten Lkws unter jenen vor 1995 liegen.  Dabei ist aber auch noch offen, ob tatsächlich die gesamte Transitstrecke als sensibler Korridor eingestuft wird, der den höchstmöglichen Umweltzuschlag rechtfertigt.  Euro-II-Lkws werden möglicherweise noch zu­sätzlich verbilligt durch Tirol rollen.  Zudem ist zu hören, daß der Umweltzuschlag auf max. 15 Ecu pro Tag begrenzt werden soll.

 

Österreichs konnte sich offenbar mit der Forderung nach einer deutlichen Anhebung der Straßenbenützungsgebühren bei den anderen EU-Mitgliedsländer nicht durchsetzen.  Auf Grund des Widerstandes der EU-Mitgliedsländer ist zu befürchten, daß von einer Kosten­wahrheit im Straßenverkehr auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten keine Rede sein wird.  Mit der Konsequenz, daß das Straßengüterverkehrsaufkommen auch in ökologisch sensiblen Regionen wie dem Unterinntal oder dem Brenner weiter zunehmen wird.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst folgende schriftliche

 

ANFRAGE:

 

 

1 .   Wie beurteilen Sie den Vorschlag der EU-Kommission zur Neugestaltung der Wegekostenrichtlinie?

 

2.       Erscheinen Ihnen die Vorschläge der EU-Kommission weitreichend genug?

 

3.    Welche Effekte werden Ihres Erachtens die Vorschläge der EU-Kommission im Hinblick auf das weitere Wachstum des Straßengüterverkehrsaufkommens haben?  Wird es dadurch zu einer Reduktion des Verkehrsaufkommens kommen?  Wenn ja, in welchem Umfang?

 

4.    Wie hoch müßten aus Ihrer Sicht die Straßenbenützungsgebühren sein, um einen weiteren Zuwachs des Straßengüterverkehrs durch Tirol zu verhindern?

 

5.    Wo liegt aus Ihrer Sicht die Schmerzgrenze bei der Gestaltung der Straßenbenützungsgebühren, die die Wegekostenrichtlinie aus österreichischer Sicht gerade noch ak­zeptabel erscheinen läßt?

 

6.    Wie hoch müßten die Straßenbenützungsgebühren für Lkw angesetzt werden, um damit dem Grundsatz der Kostenwahrheit unter Berücksichtigung externer Kosten zu entsprechen?

 

7.    Wie werden Sie weiter vorgehen, falls Österreich seine Interessen im Rahmen der EU-Wegekostenrichtlinie nicht erfolgreich vertreten kann?

 

8.       Wie werden sich auf Basis des Kommissionsvorschlages die Preise für eine Transitfahrt durch Tirol (Unterinntal und Brenner) entwickeln?

 

9.       Wie hoch ist der Anteil der verschiedenen Lkw-Klassen (Non-EU, Euro I, Euro II) an den derzeit ökopunktepflichtigen Transitfahrten?

 

10.     Wie hoch wird der Anteil der verschiedenen Lkw-Klassen an den ökopunktepflichtigen Transitfahrten aufgrund der zu erwartenden Entwicklung der Lkw-Flotte in den Jahren 1998, 2000, 2002 und 2004 sein?

 

11.     Wie beurteilen Sie den heurigen Ökopunkteverbrauch und gehen Sie davon aus, daß auch heuer wieder Ökopunkte übrigbleiben werden?

 

12.     Anfang 1997 wird es zu einer vollständigen Liberalisierung des bilateralen Verkehrs mit der EU kommen.  Nachdem zu diesem Zeitpunkt noch keine elektronischen Kon­trolleinrichtungen zur Verfügung stehen werden, manuelle Grenzkontrollen jedoch nicht mehr durchgeführt werden dürfen, ist es fraglich, wie in Zukunft überprüft werden soll, ob es sich bei einer Fahrt tatsächlich um eine bilaterale Fahrt oder um eine ökopunktepflichtige Transitfahrten handelt.

 

-        Wie wollen Sie diese Kontrolle sicherstellen?

 

13.     Wie ist derzeit der Stand der Umsetzung der elektronischen Ökopunktekontrolle?