1603/J

 

 

 

 

DRINGLICHE ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten ÖIIinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend Armut in Österreich

 

 

Jährlich faIlen 30.000 Menschen in Österreich

unter die Armutsgrenze.

 

 

HeIfen Sie ihnen aufstehen.?

 

 

1996 wurde von der UNO als ''Year of Eradication of Poverty'' bzw. als

''InternationaIes Jahr der Armut'' proklamiert. Österreich hat bis jetzt nach unseren

lnformationen keine Anstrengungen unternommen, um sich mit diesem Thema

auseinanderzusetzen. Obwohl in internationalen als auch in österreichischen

Untersuchungen konstatiert wird, daß auch in Österreich die Schere zwischen arm

und reich wieder weiter auseinanderklafft, findet sich das Thema Armut weder im

Koalitionsübereinkommen der Regierungsparteien noch in der RegierungserkIärung

oder einer sonstigen offizieIIen Dokumentation, Erklärung oder Aktion wieder.

Österreich hat sich 1995 in Kopenhagen, als Mitunterzeichner der auf dem

WeltgipfeI für soziaIe EntwickIung formulierten Forderungen verpflichtet, unter

anderem in der Bereichen Armutsforschung und Dialog mit der ZivilgeseIlschaft im

Jahr 1996 Initiativen zu setzen. Auch davon ist bis jetzt nichts zu erkennen.

Im November 1995 fand die Erste österreichische Armutskonferenz statt.

Die Zweite österreichische Armutskonferenz findet im Jänner 1997 statt.

Die Voraussetzungen für das Herangehen an das leider immer brisanter werdende

Thema haben sich nicht geändert.

 

Genau so wie es ''eine Tendenz gibt, Armut zum Privatschicksal zu erkIären''

(Caritas-Präsident Franz Küberl), bIeibt auch die Befassung mit dem Thema auf

wissenschaftlicher und politischer Ebene in weiten Bereichen privaten lnstitutionen

überIassen. Weite TeiIe der Politik und der Gesellschaft haben sich offensichtlich

damit abgefunden, daß parallel zum stetig steigenden Wohlstand, ja Reichtum, die

Zahl der Personen dramatisch zunimmt, die ohne staatliche oder private

Unterstützung ihr Auskommen nicht fristen können.

ln Zeiten, aIs Sozialstaat und Vollbeschäftigung für die meisten Sicherheit

bedeutete, galt Armut als Ausnahme von der Regel oder individuelles Versagen.

Davon kann spätestens heute, da Massen- und Dauerarbeitslosig-keit sich verfestigt

haben, prekäre Arbeitsverhältnisse zunehmen und familiäre Lebensformen sich

schneIl ändern, nicht mehr gesprochen werden. Dennoch wird Armut weiterhin

privatisiert, mit individueIlem Versagen identifiziert: ''Sozialmißbrauch'' wird trotz

Steuerhinterziehung im grob geschätzten Ausmaß von 35 MiIIiarden Schilling

jährlich (im VergIeich dazu bewegen sich die Ausgaben des

 

FamiIienlastenausgIeichsfonds für Familienbeihilfen bei

34 MiIliarden SchiIIing, die des Arbeitsmarktservice für ArbeitslosengeId und

NotstandshiIfe bei etwa 26 Milliarden SchiIling) weitgehend Angehörigen des

einkommensschwächsten Bevölkerungsteiles zugeschrieben. Arme werden als

''Sozialschmarotzer'' diskriminiert und sogar kriminaIisiert, wenn Bettler- und

SandIerverbote - wie zuletzt, aber nicht nur in Graz - umgesetzt werden. Auch

Betroffene haben oft diese Bild von Armut als individueIIer, seIbstverursachter

Schuld verinnerlicht. Anders ist die hohe Rate derer nicht zu erklären, die, speziell

auf dem Land lieber materieII benachteiligt bIeiben, aIs SoziaIhilfe bei den

BeamtInnen der Gemeinde zu beantragen und ihre Bedürftigkeit eingestehen zu

müssen. Die Privatisierung von Armut Iäßt sich bequem aIs politische Strategie

nützen, weiI sie die struktureIIen Ursachen von Armut verdecken hilft. SoIange Armut

aIs individueIIes ProbIem gehandhabt wird, sind keine tiefgreifenden Reformen oder

soziaIpolitischen Strategien gegen Armut vonnöten.

 

Auch auf parlamentarischer Ebene hat es bislang kaum eine Auseinandersetzung

mit der Armut in Österreich gegeben. So konnten parlamentarische Aktivitäten in

diesem Bereich bisher eigentIich nur im Rahmen von schriftlichen und mündlichen

Anfragen - hauptsächIich der Oppositionsparteien - festgestelIt werden.

 

Schon 1990 meinten Graham Room und Bernd Hennigsen in ihrem Buch ''Neue

Armut in der Europäischen Gemeinschaft'': ''Es scheint zu den Gesetzmäßigkeiten

der Sozialpolitik zu gehören, daß Problembereiche eher auf der Ebene der

Etikettierungen abgehandelt, als daß sie in die sachliche Auseinandersetzung

geführt werden: Wer Armut diagnostiziert und beseitigt wissen will, der betreibt das

Geschäft der parlamentarischen oder außerparIamentarischen Opposition; wer

Armut leugnet oder reIativiert, der arbeitet der Regierung zu. Armut wird politisch

instrumentalisiert und in der RegeI auf eine EindimensionaIität reduziert, die

niemandem hilft.''

 

Von Regierungsseite wird das Thema Armut weder thematisiert noch in Angriff

genommen. Seitdem im Rahmen der Sparpakete SozialpoIitik primär nur noch aIs

Budget- und MißbrauchsverhinderungspoIitik betrachtet wird, werden eher

kontraproduktive als bekämpfende Maßnahmen in diesem Bereich gesetzt. Die

Stärkung des Versicherungs- und Äquivalenzprinzips kann keine Antwort auf

stärkere Armutsrisken sein. Im GegenteiI fallen dadurch immer mehr Menschen aus

dem Versicherungssystem heraus und ins schlecht gestrickte Netz der SozialhiIfe

hinein. Diese wiederum wird seitens der Länder immer restriktiver gehandhabt, was

unter anderem auch darauf zurückzuführen ist, daß der Bund im Rahmen der

Sparpakete indirekt soziaIe Kompetenzen und damit Kosten auf die Länder

überwälzt hat.

Die Schwierigkeit bei der Erfassung der Zahlen zur Armuts- und

Reichtumsverteilung darf nicht dazu verwendet werden, das ProbIem zu verIeugnen.

Diese Vorgangsweise macht Arme ausblendbar und handhabbar und führt in ihrer

letzten Konsequenz sogar dazu, daß wir noch auf Kosten derer, die wir nicht

benennen und sichtbar machen, sparen, wie etwa die Ietzten Sparpakete zeigen. So

etwa wenn jetzt die Anspruchsberechtigung für Notstandshilfe strenger gefaßt und

die Leistungen gesenkt werden, die Familienbeihilfe eingeschränkt und die

Geburtenbeihilfe gestrichen wird.

 

Zum 'Skandal der Armut gehört auch das Verschwinden bzw. das Aufspalten von

Solidarität. Das Mißbrauchsargument (''Sozialschmarotzer'', Früh-

 

pensionistInnendebatte) weist deutlich auf die fortschreitende lndividuaIisierung

auch in diesen Bereichen hin. Wo die IdeoIogie der LeistungsgeseIlschaft, die

EntlassungsspiraIen der Wirtschaft und die als Versagen Einzelner proklamierte

Armut zusammentreffen, wird offensichtlich, daß der geseIIschaftIiche Grundkonsens

bedroht ist.

 

Die Fakten sprechen eine bedrohliche Sprache und es wird von Tag zu Tag

dringender, sich auf allen relevanten Ebenen mit dem Thema auseinander-zusetzen

und erforderliche Maßnahmen raschest durchzuführen. So ist bereits jedes fünfte

Kind, jeder zweite Arbeitslose, jedes zweite HiIfsarbeiterpaar ohne Kinder, jede

vierte AIleinerzieherin und ihre Kinder, jede dritte Pensionistin und jede zweite

''traditioneIIe DurchschnittsfamiIie'' armutsgefährdet. Von den FamiIien, in denen die

Frauen erwerbstätig sind, sind von jenen mit einem Kind 2%, mit zwei Kindern 5%

und mit drei Kindern 20% armutsgefährdet. Noch drastischer sind die Zahlen für jene

FamiIien, in denen die Frauen nicht erwerbstätig sind. Von ihnen sind bei einem

Kind 10%, bei zwei Kindern 27% und bei drei Kindern bereits 46% armutsgefährdet.

 

ln Österreich gibt es je nach unterschiedlichem methodischen Ansatz zwischen

770.000 (EG-SkaIa), 950.00 (ÖSTAT-Skala) und 1,5 MiIIionen (ausgaben-

orientierter Ansatz) Menschen, die armutsgefährdet sind.

Von dieser Armutsgefährdung sind in etwa 200.000 Kinder betroffen.

Auf Europaebene gibt es in etwa 52 MiIlionen Arme.

 

Demgegenüber steht in Österreich ein Bestand an GeIdvermögen von etwa 3.500

Mrd, was ca. dem ZweieinhaIbfachen des BIP oder dem Dreifachen der

StaatsschuIden entspricht, bzw. einem Vermögen von ca. 500.000,- pro Einwohner

bzw. über 1 Million pro Haushalt entsprechen würde. Das österreichische

Gesamtvermögen ist rund drei mal so groß wie das Geldvermögen, also ca. das

Zehnfache der Staatsschuld, wovon das oberste DeziI etwa die HäIfte besitzt, das

unterste nur 2,4%.

 

ElNIGE DATEN UND FAKTEN IM DETAIL

 

Arbeitslosengeld / NotstandshiIfe - Taggeld bis 300 öS

(im Monat 7.500 -9.000 öS)

 

Arbeitslosigkeit führt in der Erwerbsarbeits-GeseIIschaft zu soziaIer Ausgrenzung.

Besondere ProblemfeIder sind Langzeitarbeitslosigkeit (vor alIem ältere

ArbeitnehmerInnen), in zunehmendem Maße Mehrfacharbeitslosigkeit (häufiger

Verlust des Arbeitsplatzes verhindert bei Jugendlichen oft den Einstieg in das

soziaIe Sicherungssystem) und FrauenarbeitsIosigkeit (für sie ist aufgrund der

niedrigen Erwerbseinkommen das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe häufig

nicht existenzsichernd).

Beinahe die Hälfte der Haushalte mit einem arbeitslosen Haushaltsvorstand Iebt

trotz ArbeitsIosengeId aufgrund der mangelnden Mindestsicherung unter dem

Existenzminimum (bei Bezug von Notstandshilfe ist es mehr als die Hälfte der

HaushaIte). Wenn eine Person im Haushalt arbeitslos ist, dann sind es immer noch

30% der HaushaIte, die unter dem Existenzminimum leben.

 

JuIi 94 JuIi 95 JuIi 96

ArbeitslosengeId 50.753 49.735 49.790

Notstandshilfe 50.133 53.358 62.067

100.886 103.083 111.857

 

lm JuIi 96 hatten über 110.000 Personen, die eine Leistung aus der

Arbeitslosenversicherung (AL-geld bzw. Notstandshilfe) bezogen haben, ein

Einkommen, das geringer war aIs 9.000 öS.

 

1995 Iag das ArbeitslosengeId für 45% aIIer BezieherInnen unter dem

AusgleichszuIagenrichtsatz, davon waren 30% der bezugsberechtigten Männer und

70% der bezugsberechtigten Frauen betroffen. Die Leistung aus dem Titel der

Notstandshilfe lag bei 70% der BezieherInnen unter dem Ausgleichs-

zulagenrichtsatz, davon waren 60% der bezugsberechtigten Männer und 85% der

bezugsberechtigten Frauen betroffen.

 

 

Frauen

 

Durch die Dominanz der männIichen Normal-Erwerbsbiographie, die sowohl die

ArbeitsweIt wie auch das Sozialsystem strukturiert, ergeben sich für Frauen höhere

struktureIIe Armutsrisken. Die geschIechterspezifische Arbeitsteilung erschwert für

Frauen den Zugang zu Erwerbsmöglichkeiten. AIIeinerziehende Frauen haben -

mitbedingt durch ihre eingeschränkte FIexibilität am Arbeits-markt - weniger

Verdienstchancen als die Männer. Verheiratete Frauen sind oft auf prekäre

Beschäftigungsverhältnisse angewiesen (häufig sind diese weder existenzsichernd

noch bieten sie eine soziale Absicherung, was vor allem aufgrund der fehIenden

Alterssicherung probIematisch ist.)

 

SondernotstandshiIfe

 

8/96: 8960 Personen (60 M) bezogen SNH mit einem durchschnittliichen Tagsatz

von 190 Schilling!

 

 

Karenzgeldbezieherlnnen

 

8/96: 18.678 alIeinstehende Personen/ Frauen bezogen erhöhtes KG

3.901 bezogen erhöhtes KUG wegen zu geringem FamiIieneinkommen

Insgesamt verfügen also knapp 32.000 Personen mit Kleinkindern (KG u. SNH) über

ein Einkommen an der Armutsgrenze.

 

 

Geringfügig Beschäftigte (Einkommen unter 3.600 öS)

 

März 94 März 95 September 96 Oktober 96

97.970 133.063 149.105 152.801

 

Knapp 150.000 Personen erzielen aus ihrer Arbeit ein Einkommen unter 3.600 öS.

 

 

TeiIzeitarbeit

 

Nach der Mikrozensuserhebung 1995 betrug die GesamtzahI der

TeiIzeitbeschäftigten 484.200 Personen (Selbständige, Unselbständige und

Mithelfende), davon 397.700 Frauen und 86.500 Männer.

Der Anteil der unselbständig Beschäftigten betrug 385.200, davon waren 333.500

Frauen und 51.700 Männer.

Eine Auswertung von Teilzeitarbeitsplätzen nach GehaItsstufen gibt es nicht, es ist

aIIerdings anzunehmen, daß der überwiegende Anteil von Teilzeitbeschäftigten nur

niedrige Einkommen erzielen kann.

 

 

ArbeitnehmerInnen mit Einkommen unter 12.000 öS brutto

 

1995 gab es in der Statistik des Hauptverbandes der SoziaIversicherungsträger

immer noch 240.000 Personen (80.000 M, 160.000 F) mit einem monatIichen

Bruttoeinkommen von unter 12.000 öS unter der Annahme einer

VoIlzeitbeschäftigung.

1994 war dieser Wert nur um ca. 20 % höher: 310.000 Personen (davon 115.000

Männer und 195.000 Frauen).

 

Verschuldung

 

ÜberschuIdung ist sowohl FoIge wie auch Auslöser von Armut. Die Verschuldung

der Haushalte in Österreich ist in den vergangenen jahren stark angestiegen.

 

Familienarmut

 

Unter den besonders armutsgefährdeten Gruppen befinden sich AlIeinerzieherlnnen

und Familien mit mehreren Kindern.

Die im DatenmateriaI bereits veraItete Studie über Armutsgefährdung in Österreich

(Lutz /Wagner/ WoIf:'.Von Ausgrenzung bedroht'', Wien 1993) kommt unter

Anwendung der EU- Kriterien für Armutsgefährdung zu einem für Österreich sehr

unerfreuIichem Ergebnis. Demnach waren armutsgefährdet (Angaben in Prozent):

 

Land Haushalte Personen Kinder

Österreich 12,3 13,4 16,5

Belgien 1,6 1,8 2,1

Dänemark 2,6 2,7 3,1

DeutschIand 6,5 7,1 9,8

Frankreich 11,4 12,1 15,0

Niederlande 3,1 4,6 7,1

Italien 13,1 13,9 13,4

Portugal 68,4 69,5 71,2

 

Die Studie hält weiters fest:

''Für Österreich identifizierbare Schwerpunkte steIIen AIters- und

FamiIiengefährdung dar:

. 32 % der aIIeinstehenden Personen im AIter von mindestens 65 Jahren zählen

zur Gefährdetengruppe (durchschnittliche Betroffenheitsquote aller österr.

Haushalte: 18%); das sind 104.000 Haushalte.

. Weit über der mittIeren Gefährdungsrate finden sich auch Paasre mit mindestens

drei Kindern wieder; in den identifizierten 31.000 HaushaIten Ieben 168.000

Personen, davon 106.000 Kinder.

 

. Eine Familienstudie im Auftrag der oö. Landesregierung hat ergeben, daß das

gewichtete Pro-Kopf- Einkommen einer Arbeiterfamilie mit 4 Kindern um 2000

Schilling unter dem offizieIIen Existenzminimum von 7.200 Schilling Iiegt

(FamiIienbeihiIfen schoneingerechnet!)

. Die.Anzahl der Familien mit einem gewichteten Pro Kopf Einkommen unter

6.200 SchiIling liegt nach dieser Untersuchung in OÖ bei 19.200.

 

Wohnen

 

Unter mehreren Gesichtspunkten ist Wohnen für vieIe ÖsterreicherInnen zum

Problem geworden. lnsbesondere jungen, kinderreichen und/oder

einkommensschwachen Familien gelingt es zunehmend schwerer adäquaten und

erschwingIichen Wohnraum zu finden oder zu sichern. Die Zahl der an den

österreichischen Gerichten anhängigen Delogierungsverfahren steigt von Jahr zu

Jahr. Ebenso ist Wohnungslosigkeit österreichweit stetig im Steigen begriffen. Darin

kommt zum Ausdruck, daß steigende Wohnungskosten, ArbeitsIosigkeit, vermehrte

Ver- und Überschuldung der Privathaushalte zu Krisen in der Wohnversorgung von

immer größeren TeiIen der Bevölkerung fühen. In den letzten Jahren stiegen die

Wohnkosten sowie die Betriebskosten in keiner ReIation zu den realen Löhnen. Es

besteht daher weniger ein MangeI an Wohnungen als vielmehr ein MangeI an

leistbarem Wohnraum für Haushalte mit geringem bis durchschnittlichem

Einkommen.

 

 

Obdachlosigkeit

 

Nach inoffiziellen Schätzungen (Österreisches Kuratorium für Soziale Arbeit) gibt es

in Österreich mindestens 20.000 Obdachlose. Eine offizielle Erhebung gibt es weder

auf Bundes-, noch auf Länder- oder Gemeindeebene.

Schätzungen - etwa in Linz - sprechen bereits von 2.500 Obdachlosen, was bereits

1 % der gesamten Linzer BevöIkerung ausmacht.

 

 

Altersarmut

 

50 Prozent der Frauen erhieIten 1995 (Dez) eine AIterspension, die geringer war als

7.710 Schilling (Männer 14.886 öS).

150.000 Frauen erhalten überhaupt keine eigenständige Altersversorgung.

 

Bei den Arbeiterinnen Iag die durchschnittIiche Alterspension im Dezember 1994 bei

6.739 öS, bei den Bäuerinnen bei 3.641 öS.

 

Bei den Bauern betrug die durchschnittIiche Alterspension insgesamt (M + F) 6.410

öS (Dezember 1994).

 

Ein Drittel aIIer PensionistInnen hat einen Eigenpensionsanspruch unter dem

Ausgleichszulagenrichtsatz, wobei ca. 1 /10 der männlichen Pensionisten aber 55-

60% der weiblichen Pensionistinnen davon betroffen sind.

420.000 Frauen über 60 haben überhaupt keinen eigenen Pensionsanspruch

Die Bezugshöhe von InvaliditätspensionistInnen liegt bei 45% unter dem

Ausgleichszulagenrichtsatz, wobei bei Frauen 2/3, bei Männern ca. 15% davon

betroffen sind.

 

Angesichts dieser Zahlen und Fakten muß neu erkIärt werden, was Armut in einer

WohlstandsgeseIlschaft heißt: Etwa über so wenig Ressourcen zu verfügen, daß

man vom hierzuIande üblichen Leben ausgeschlossen ist, daß aIso, wie es Helmut

SchüIIer formulierte, Heizung, Essen, Bildung für Kinder, Medikamente, vieIIeicht ein

einfacher Urlaub und Wohnung zusammen für vieIe nicht mehr Ieistbar sind.

JedenfaIls muß Armut im Kontext dessen gesehen werden, was aIs gesellschaftlich

akzeptierter Mindeststandard gilt.

 

Diese unterschiedlichen Angaben zur Betroffenheit verweisen auf ein grundIegendes

ProbIem, nämlich die unzureichende Datenlage in diesem Bereich. So verfügt

Österreich nicht nur über keine aktueIIe einheitliche Steuerstatistik über alle

steuerpfIichtigen Einkommen, die Daten im Bereich selbständige Einkommen sind

jeweils extrem überaItet und äußerst mangelhaft. Im Bereich oberer Einkommen sind

die Statistiken besonders lückenhaft, da die Lohnstufenstatistik des Hauptverbandes

der Sozialversicherungsträger nur bis zur Höchstbemessungsgrundlage, das sind

derzeit 39.000,- SchiIling, erfaßt und die Mikrozensusdaten im oberen Bereich von

einer hohen Verweigerungsquote verzerrt sind.

Dazu meinte schon Ferdinand Lacina ''Wir zählen mit Akribie die Anzahl der

Obstbäume, aber wir behandeIn die Vermögen sehr diskret und das ist kein Zufall. In

diesem Bereich sind eben die politischen Widerstände ziemlich groß.''

 

Einkommensarmut ist ein wichtiger Aspekt neben anderen Formen sozialer

Ausgrenzung. In einer GeseIIschaft, in der Lebenschancen vorwiegend über

Einkommen aus Erwerbsarbeit verteilt werden, in der auch die SoziaIversicherung

zugeschnitten ist auf das Normalarbeitsverhältnis, sind Arbeitslosigkeit und geringes

Einkommen wesentliche Armutsfaktoren. Neben Einkommensarmut werden aber

andere Formen sozialer Ausgrenzung sichtbar: Segregationserscheinungen wie die

räumIiche Konzentration von Armut im Iändlichen Raum oder die zeitliche

Verdichtung von Risikolagen in bestimmten Phasen des Lebenslaufs.

 

Armutsgefährdung entsteht nicht nur einkommensbedingt. Armut in Österreich hat

viele Gesichter und Namen. So kann man neben der Geldarmut auch eine

Altersarmut, eine regionale Armut, eine ethnische Armut, eine vererbte Armut aber

auch eine Zeitarmut feststeIIen, um nur einige der Kategorien zu benennen.

So forderte beispieIsweise D. Robbins 1994 im 3. Annual Report der EU-

Kommission DC V daß das Recht auf Arbeit, das Recht auf Wohnung, das Recht auf

eine menschenwürdige existenzminimale Sicherung, das Recht auf Bildung und das

Recht auf Gesundheit als zentraIe Lebensbereiche in aIle ÜberIegungen

miteinzubeziehen sind. Erst deren Zusammenführung Iassen Aussagen über den

Grad soziaIer Intergration bzw. sozialer Ausgrenzung zu. ZugIeich bedingen sich

diese Rechte und deren Verwirklichung, sodaß damit zugIeich die

Multidimensionalität von Prozessen sozialer Ausgrenzung zum Ausdruck kommt.

Umgekehrt hat Politik bei ihren Strategien zur Bekämpfung soziaIer Ausgrenzung

und Verarmung diese WechseIwirkungen mitzubedenken, und in praktische

Konzepte umzusetzen.

 

Die unterfertigte Abgeordneten stellen daher foIgende

 

 

DRINGLICHE ANFRAGE

 

 

1 . Auf internationaIer Ebene gibt es in einigen Ländern nationale

BeobachtungsstelIen, beispielsweise in Irland, die ''Combat Poverty Agency''.

a) Ist daran gedacht, in Österreich eine soIche nationale BeobachtungssteIle auf

Bundesebene einzurichten (das ÖSTAT kann insbesondere nach dem Abgang

des dort federführend für Armutsforschung zuständigen Beamten keinen Ersatz

für eine soIche darsteIIen)?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Wenn ja, mit welchen Personal- und Mittelausstattungen?

 

2. In Österreich sind ziviIgeseIIschaftliche Organisationen, welche durch ihre

Tätigkeiten über besonderes Know-how verfügen, bis jetzt nicht in den Dialog

über MängeI und mögliche Maßnahmen einbezogen.

ln welcher Form können Sie sich eine Einbeziehung dieses wertvollen Wissens

vorstellen und wann werden Sie weIche Umsetzungsschritte für die Etablierung

eines laufenden Informationsaustausches setzen?

 

3. Seitens der WohIfahrtsverbände wird darüber informiert, daß mehr Nachfrage

nach DienstIeistungen auch von Angehörigen der MitteIschicht zu beobachten ist

und daß gegenüber 1995 ein Anwachsen der KlientInnen um ca. 25%

festzustellen ist. Demgegenüber ist zumindest nach uns bekannt gewordenen

Daten einzelner Bundesländer ein Rückgang bei der SozialhiIfeinanspruchnahme

festzustelIen.

a) Wie erklären Sie diese Tatsachen und sehen Sie einen Zusammenhang

zwischen den beiden Phänomenen?

b) Wie wolIen Sie sicherstellen, daß Erkenntnisse aus diesem Bereich rasch zu

den poIitischen Entscheidungsträgern kommen und dort entsprechende

Konsequenzen gezogen werden?

 

4. Der Voranschlag für das AlIgemeine SozialhiIfebudget 1997 für die Stadt Wien

beträgt 1,885 Mrd, das ist um 42 Mio weniger als der Vorschlag für 1 996 und in

etwa gIeich hoch wie der Rechnungsabschluß 1995. Gleichzeitig ist in Wien ein

Rückgang der Zahl der SozialhiIfeempfängerInnen zu verzeichnen. Dieser Trend

scheint sich nicht nur auf Wien zu beschränken und könnte eine Auswirkung der

auf Bundesebene gesetzten Maßnahmen im Rahmen der Sparpakete und der

damit verbundenen KostenverIagerung zu den Ländern sein.

Wie interpretieren Sie diese Situation und weIche Maßnahmen werden Sie

setzen, um soziaI nicht zu rechtfertigenden Kürzungen zu Lasten Bedürftiger

entgegenzuwirken?

 

5. Da SoziaIhilfe in die Kompetenz der einzeInen Länder fäIIt, gibt es keine

einheitlichen Erhebungen über deren Ausgestaltung und Effizienz.

a) Ist daran gedacht, bundesweite statistische Erhebungen über die Verwendung

und den Bedarf der SoziaIhilfemittel zu ersteIIen und aufgrund der daraus

resuItierenden Erkenntnisse einen Maßnahmenkatalog zu erstellen?

b) Wenn nein, wie können Sie sich vorsteIIen gesellschaftspoIitisch notwendige

und durch die steigende Armutsgefährdung dringend erforderliche Anpassungen

im SoziaIhilfebereich umsetzen zu können?

 

6. Die Studie "Von Ausgrenzung bedroht'' zeigt unter anderem Personengruppen

auf, die mit dem vorhandenen Datenmaterial überhaupt nicht erfaßt werden

könne, wie etwa WohnungsIose und Personen, die in Anstalten leben. Des

weiteren zeigen die Autoren auf, daß fehlende Auswertungen bestimmter Daten

im Bereich des Sozialhilfebezugs, der BeihiIfen, Tarifermäßigungen usw. ein

VerfoIgen der Ursachen und der Wege der Armut erschweren.

WeIche Maßnahmen werden Sie setzen, um diesen bereits 1993 artikulierten

Mangel entgegenzutreten?

 

7. Von WissenschaftIern wird immer wieder betont, daß nicht nur

einkommensabhängige Faktoren für Armut ausschIaggebend sind.

Wie woIIen Sie ermöglichen, daß andere armutsbildende Faktoren, wie etwa im

Wohnungs- und BiIdungsbereich erfaßt und entsprechende Maßnahmen gesetzt

werden?

 

8. Österreichweit gibt es trotz steigender Obdachlosigkeitsproblematik keine

Erhebung über die ObdachIosensituation- und zahl.

a) Ist daran gedacht, diese Daten zu erheben und zu verwerten?

b) Wen ja, wann?

c) Wenn nein, warum nicht?

d) Welche Maßnahmen gedenken Sie gegen die steigende ObdachIosigkeit zu

setzen?

 

9. In den Ietzten Jahren steigen die Wohnungs- und Betriebskosten

überproportional zu den reaIen Lohnsteigerungen. Dadurch wird Wohnraum für

Haushalte mit geringem bis durchschnittlichem Einkommen in vieIen FäIIen nicht

mehr leistbar.

WeIche Maßnahmen werden Sie gegen zu hohe Wohnkosten ergreifen und sind

Sie der Meinung, daß die regionalen RegeIungen für Mietzinsbeihilfen

ausreichend sind, um dem zunehmenden Risiko von Delogierung und

Obdachlosigkeit gerecht zu werden?

 

10. Bisher verfügte der jährlich veröffentIichte Sozialbericht über kein eigenes

Armutskapitel bzw. eine spezieIIe Aufarbeitung armutsreIevanter Probleme und

Daten. In informellen Gesprächen gab es seitens des SoziaIministers Zusagen,

ein solches Kapitel in den Sozialbericht aufzunehmen.

a) Ab wann und in welcher Form wird das geschehen?

b) Wird dadurch auch sichergestellt werden daß andere, aIs nur

einkommensbezogene Faktoren in die Analysen einbezogen werden?

 

11 . Für das Sozialministerium wurde vor einigen Jahren eine (nicht veröffentIichte)

Studie über ''Ökonomische Auswirkungen von Arbeitslosigkeit'' erstellt.

WeIche Konsequenzen wurden aus den Schlußfolgerungen dieser Studie

gezogen und in welchen Maßnahmen haben sich die Aussagen dieser Studie

niedergeschIagen?

 

12. 1993 wurde die Studie ''Von Ausgrenzung bedroht'' fertiggestelIt, welche

IandIäufig aIs ''Armutsstudie'' bekannt ist.

Welche Konsequenzen wurden aus dieser Studie gezogen und im Rahmen

welcher Maßnahmen wurden oder werden sie umgesetzt?

 

13. Welche Studien wurden in welchen Ministerien in den letzten 10 Jahren ersteIIt,

die einen inhaItlichen Zusammenhang mit dem Problembereich Armut haben,

und weIche Konsequenzen und Maßnahmen gab es jeweils in der FoIge?

 

14. Armutsforschung und konkrete Aussagen über Armut und deren

Bekämpfungsmöglichkeiten scheitern immer wieder an fehlenden Standards,

sowohI auf nationaIer als auch auf internationaIer ebene.

a) Was wird Österreich zur EtabIierung soIcher Standards auf nationaler Ebene

unternehmen, bzw. was wurde schon unternommen.

b) In weIcher Form wird sich Österreich auf internationaIer, insbesondere

EU-Ebene, für eine Vereinheitlichung der Standards einsetzen?

 

15. Welche Initiativen wird Österreich für die bevorstehende EU-

Regierungskonferenz zum Thema Armut setzen?

 

16. Wird sich Österreich dafür einsetzen, daß die EU-Kompetenzen auf

Armutsbekämpfung ausgeweitet werden?

a) Wenn ja in weIcher Form und wann?

b) Wenn nein, warum nicht?

 

17. Aufgrund eines von Großbritannien provozierten EUGH-Urteils sind die Gelder

für ''Poverty and the EIderly'' für unter anderem auch österreichische Projekte

blockiert.

a) WeIche Position nimmt Österreich in diesem Zusammenhang ein?

b) Ist vorgesehen, die Finanzierung für die betroffenen österreichischen Projekte

zu übernehmen bzw. zu überbrücken?

c) WeIche österreichischen Projekte sind davon betroffen?

 

18. Wird sich Österreich dafür einsetzen, daß auf EU-Ebene für armutsrelevante

Themen statt der Einstimmigkeit eine qualifizierte Mehrheit ausreicht?

a) Wenn ja in weIcher Form und wann?

b) Wenn nein, warum nicht?

 

19. Aufgrund von Widerständen primär aus Deutschland und in der FoIge

Großbritannien wird das Armutsprogramm 4 auf europäischer Ebene

zurückgehaIten.

Welche lnitiativen wird Österreich setzen, damit dieses, bereits fertig

ausgearbeitete Programm umgesetzt werden kann?

 

20. lm Rahmen der Sparpakete wurden indirekt Kosten im Bereich der sozialen

Sicherung vom Bund auf die Länder dadurch übergewälzt, daß vermehrt

Personen aus dem Versicherungssystem herausfallen und auf die SoziaIhiIfe

angewiesen werden.

Ist in diesem Zusammenhang daran gedacht im Rahmen des Finanzausgleiches

eine AusgIeich für diese Mehrkosten bei den Ländern zu schaffen bzw. andere

Maßnahmen zu setzen, die garantieren, daß reduzierter Mittelaufwand bei

erhöhtem Bedarf nicht zu Iasten der Ärmsten ausgetragen wird?

 

21 . Die teiIweise gesetzIiche, und teiIweise praktische Verschärfung der Zumutbar-

keitsbestimmungen wirkt sich insbesondere für Personen (Frauen) mit

Betreuungspflichten besonders negativ aus.

Wie werden Sie sichersteIIen, daß Personen (Frauen) nur aufgrund vorhandener

BetreuungspfIichten nicht aus dem sozialen Versicherungsnetz fallen?

 

22. Die Auswirkungen der Sparpakete sind nach vorläufigen Erkenntnissen nicht -

wie seitens der Regierungsfraktionen immer wieder behauptet wurde - sozial

gerecht verteilt, sondern haben sich vielmehr doch als extreme Belastungspakete

insbesondere der unteren Einkommensschichten herausgestellt.

Welche Untersuchungen über die Auswirkungen der Sparpakete gibt es/wird es

geben, was sind deren Aussagen und wie haben Sie vor, soziaIe

Unausgewogenheiten raschest möglich zu korrigieren?

 

23. Die Auswirkungen der Sparpakete schlagen sich auch unterschiedIich auf die

Geschlechter nieder. So sind insbesondere Familien mit Kindern und unter

diesen wieder AIIeinerzieherinnen mehrfach und teiIweise ungerechtfertigt stark

betroffen.

Welche Untersuchungen über die Auswirkungen der Sparpakete auf Frauen gibt

eslwird es geben, was sind deren Aussagen und wie haben Sie vor, soziaIe

Unausgewogenheiten raschest möglich zu korrigieren?

 

24. Die für 1997 vereinbarte Aussetzung der Pensionsanpassungen führt dazu, daß

im PensionistInnenbereich nicht einmal eine AbgeItung der Inflationsrate und

damit ein Nettoeinkommensverlust realisiert wird. Die negative Konsequenzen im

Bereich armutsgefährdeter Personen wird sich durch die Nichtanhebung auch

des AusgIeichzuIagenrichtsatzes auch in den FoIgejahren fortsetzen. Dies ist

umso bedenklicher, aIs die notwendigen Ausgaben für PensionistInnen teilweise

im überdurchschnittIichen Ausmaß ansteigen. So sei als Beispiel nur erwähnt,

daß die Seniorenkarte der ÖBB bis zum Sommer 1996 260,- Schilling kostete,

und seit dem auf 350,- SchilIing angehoben wurde, was einer Steigerung von

nahezu 35% entspricht.

Wie werden Sie sicherstelIen, daß durch Erhöhungen bei Gebühren Tarifen und

Preisen die AItersarmut nicht noch zusätzlich forciert wird?

 

25. Ein DritteI alIer PensionistInnen hat einen Eigenpensionsanspruch unter dem

AusgleichzuIagenrichtsatz. 420.000 Frauen über 60 haben überhaupt keinen

eigenen Pensionsanspruch. Die RegeIung des AusgIeichzuIagenrichtsatzes

garantiert keine eigenständige AIterssicherung und ist für viele ,insbesondere

weibliche Pensionistinnen, eine echte Armutsfalle.

a) Werden Sie sich dafür einsetzen, als einen ersten Schritt zur

Existenzsicherung eine individueIle Grundsicherung wenigstens im AIter

einzuführen?

b) Wenn ja, in weIcher Form können Sie sich das vorstellen?

c) Wenn nein, wie haben Sie vor, die zunehmende AItersarmut, insbesondere bei

Frauen, zu bekämpfen?

 

26. Die SozialhiIferichtsätze in Österreich sind in den einzelnen Bundesländern

äußerst unterschiedIich und variieren zwischen ca. 4.600 und 6.200 SchiIIing. In

einem kIeinen Land wie Österreich sind solche Unterschiede durch nichts zu

rechtfertigen.

a) Ist in diesem Zusammenhang daran gedacht, eine

Bundesrahmengesetzgebung in Angriff zu nehmen und einheitliche Sozialhilfe-

Mindeststandards einzuführen.

b) Wenn ja, bis wann?

c) Wenn nein, warum nicht?

 

27. Die in den einzelnen BundesIändern äußerst unterschiedIichen

SoziaIhiIferichtsätze können auch in unterschiedlichem Ausmaß und bei

unterschiedlichen Bedingungen gekürzt werden. Schon das Ursprungsniveau

garantiert keine Existenzsicherung, schon gar nicht aber eine Reduktion auf 50%

oder noch weniger.

Treten Sie dafür ein, daß auch im Bereich der SoziaIhiIfe ein Mindestniveau nicht

unterschritten werden darf und auf weIchen Niveau müßte sich eine soIche

Mindestsicherung befinden?

 

28. Eine Studie über SoziaIhiIfebezieherInnen im Raum Linz weist eine

DauerbezieherInnenquote von nur 2,2% auf, wovon 76% Frauen sind, von denen

41 % geschieden und 38% ohne Pensionsanspruch sind.

a) Wie interpretieren Sie diese Zahlen?

b) Gibt es analoge Aussagen aus anderen Regionen?

c) Können Sie sich vorstellen die DauerbezieherInnenquote bundesweit zu

erheben?

 

29. Aus einzelnen Bundesländern haben wir erfahren, daß vermehrt BezieherInnen

mit aufrechtem ArbeitsverhäItnis einen berechtigten SoziaIhilfeanspruch geItend

machen.

a) Sind Ihnen solche Fakten bekannt?

b) In weIcher Form wurden oder werden sie erhoben, wie interpretieren Sie diese

Tatsache und welche Maßnahmen werden Sie gegen eine Fortsetzung dieses

Trends setzen?

 

30.ArbeitsIosigkeit führt mangels vorhandener Mindeststandards schon jetzt

vermehrt zu Armut. Bereits 1989 führte der damalige BM Hesoun in einer

Anfragebeantwortung aus: '' In naher zukunft steht deshalb weiter die

Einführung eines wirklichen Mindeststandards in der Arbeitslosenversicherung

auf der Tagesordnung''.

Welche Maßnahmen sind in den nahezu auf den Tag genau 7 Jahren seit dieser

Aussage gesetzt worden und wie erkIären Sie es, daß es noch immer keine

Mindestsicherung im ArbeitsIosenversicherungsrecht gibt und unseres Wissens

nach auch keine in Aussicht sind?

 

31. Im Rahmen der Diskussionen um eine Änderung des ArbeitsIosenversicherungs-

rechtes tauchen immer wieder Vorschläge auf, die eine Befristung der

ArbeitsIosenversicherungsleistungen vorsehen, was einer Aussteuerung

gleichkommt.

Können Sie sichersteIIen, daß eine alIfäIIige Änderung des ArbeitsIosen-

versicherungsrechtes und eine darin beinhaItete Verstärkung des

Versicherungsprinzips nicht dazu führen wird, daß gerade bei angespannter

Arbeitsmarktlage gewisse Personengruppen (Langzeitarbeitslose, Jugendliche

welche keinen festen Einstieg in den Arbeitsmarkt schaffen) das soziale

Sicherungsnetz im Bereich des ArbeitsIosenversicherungsrechtes gar nicht mehr

erreichen bzw. nach einer gewissen Zeit aus ihm herausfallen?

 

32. Die vom Frühjahr bis Herbst 1996 durchgeführte Fragebogenaktion für

LangzeitsarbeitsIose umfaßte 26.000 NotstandshiIfeempfängerInnen, die seit

mindestens 1993 arbeitslos waren. Etwa 7.000 der Befragten soIlen derzeit in

Arbeit oder in SchuIung sein bzw. ist für einen Teil von ihnen das Verschwinden

aus der ArbeitsIosenstatistik nicht erklärbar. Für die verbleibenden 19.000

Personen soll es für nächstes und übernächstes Jahr eine Maßnahmenplanung

geben.

Welche Ergebnisse hat diese Befragungsaktion bis jetzt gebracht und welche

Erwartungen für die Arbeitsmarktintegration der betroffenen Personen Iiegen

vor?

 

33. Das VerhäItnis zwischen Arbeitsplatzangebot- und Nachfrage verhält sich je nach

Jahreszeit derzeit zwischen 1:1 0 und 1:15. Dieses Faktum verhindert es leider,

daß alIe Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Die derzeitigen

und ab 1997 gepIanten Maßnahmen für Langzeitarbeitslose basieren unseren

Informationen nach offensichtIich nicht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit.

WeIchen Sinn sehen Sie in einer ''nicht freiwilligen'' Vermittlung von ArbeitsIosen,

so lange das Angebot an Arbeitsplätzen nicht einmal für jene, die dringend einen

ArbeitspIatz benötigen, ausreicht?

 

34. Das zunehmende MißverhäItnis zwischen LehrsteIlenangebot und -nachfrage

verschärft die Armutsgefährdung bei Jugendlichen.

Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um diesem Trend entgegenzuwirken

und jugendIichen SchulabgängerInnen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu

ermöglichen?

 

35. In FoIge von Maßnahmen des Sparpaketes und daraus resultierenden

Aufnahmestops - insbesondere im öffentIichen Dienst - wird es für

UniversitätsabgängerInnen zunehmend schwieriger, den Einstieg in den

Arbeitsmarkt in Form eines ''normaIen'' sprich arbeits- und sozialrechtlich

abgesicherten ArbeitsverhäItnisses zu schaffen.

Welche Maßnahmen werden Sie setzen um diesem Trend entgegenzuwirken und

jungen AkademikerInnen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen?

 

36. Die VermittIung insbesondere von Langzeitarbeitslosen auf eine Tätigkeit

außerhaIb ihres Qualifikationsniveaus und vor allem unterhalb ihres vorherigen

Einkommensanspruches Iöst bei einer neuerlichen Arbeitslosigkeit eine Spirale

nach unten aus.

Wie werden Sie sichersteIIen, daß insbesondere Personen des

LangezeitarbeitsIosenvermittIunsgprogrammes, die befristet oder teiIweise

vermitteIt werden bzw. ihren Arbeitsplatz aufgrund des WegfalIes einer

Förderung nach spätestens einem Jahr wieder verIieren, nicht von einer monetär

noch geringeren Absicherung ihrer Existenz bedroht sind?

 

37. Die bereits über zehn Jahre andauernde Debatte über einen MindestIohn in

Österreich hat noch immer nicht einmal dazu geführt, daß aIle VoIlzeit

erwerbstätigen Personen über 12.000 SchiIIing brutto verdienen. Als zeitgemäß

würde mittlerweile aIIerdings ein wesentlich höherer MindestIohn erforderIich

sein. So fordern beispielsweise die ÖGB-Frauen bereits 1 5.000 Schilling brutto,

was den entsprechenden OECD-Linien näherzukommen scheint, sie aber noch

immer nicht voIl erfüIIt.

a) Gibt es nach wie vor Personen, die für eine volle Erwerbstätigkeit unter 10.000

SchiIIing brutto monatlich verdienen?

b) Wenn ja, wievieIe?

c) WievieIe Vollzeit erwerbstätige Personen haben derzeit nach wie vor ein

Brutto-Monatseinkommen unter 12.000 SchiIIing?

d) Wieviele Vollzeit erwerbstätigen Personen haben derzeit ein Brutto-

Monatseinkommen unter 1 5.000 SchiIIing?

e) Durch welche Maßnahmen können Sie sich vorsteIlen, daß ein realistischer

Mindestlohn rascher in alIen Bereichen umgesetzt wird und wie soll das

insbesondere in jenen Bereichen realisiert werden, wo es keine KoIIektivverträge

gibt?

 

38. Wie beurteilen Sie das Ergebnis der Studie des WIFO ''Umverteilung durch

öffentIiche HaushaIte in Österreich'' (Hrsg. Alois Guger, Juli 1996), daß das

österreichische Steuer- und Abgabensystem kaum progressiv ist und daß die

progressiven Effekte der Lohnsteuern und die regressiven Effekte anderer

Abgaben einander weitgehend ausgleichen?

 

39. Im KapiteI ''Die Vermögensteuern und ihre Verteilung'' der oben genannten

Studie wird sowohl die steuerliche Begünstigung der Finanzanlagen als auch die

Abschaffung der Vermögensteuern kritisch beurteiIt. Es heißt: ''Aus wachstums-

und beschäftigungspolitischer Perspektive werden Investitionen in risikoreiches

Realkapital gegenüber FinanzanIagen benachteiligt und aus

allokationstheoretischer Perspektive wurden damit Steuerobjekte dem Fiskus

weitgehend entzogen, die nach der modernen SteuerIehre stärker aIs

Steuerquelle herangezogen werden solIten, (...)'' (S. 33/34)

a) Halten Sie die steuerliche Begünstigung von Finanzanlagen gegenüber

Investitionen in ReaIkapital für gerechtfertigt?

b) Wenn ja, warum?

c) Wenn nein, welche steuerpoIitischen Maßnahmen werden Sie setzen, um

zumindest eine steuerliche GIeichbehandlung zu erzieIen?

d) Welche Anreize können bzw. sollen gesetzt werden, um die VeranIagung

erzieIter Gewinne in Realinvestitionen gegenüber Finanzinvestitionen zu

fördern?

 

40. Als Ziel sozialdemokratischer Politik wird die Verwirklichung von

Chancengleichheit genannt. Tatsache ist, daß Erbende gegenüber Nicht-

Erbenden einen erheblichen Starvorteil im (Wirtschafts-) Leben haben. In der

Studie der Arbeiterkammer "Vermögen, Erben und Erbschaftssteuer in

Österreich " (Otto Farny, Franz Gall, Margit PredI, Oktober 1996) wird das

Transaktionsvolumen an unentgeltlichen Zuwendungen für das Jahr 1993 mit 95

Mrd. S beziffert.

a) Halten Sie im Lichte dieser Tatsache eine Reform der Erbschafts- und

Schenkungssteuer für notwendig?

b) PIanen Sie im Zuge der nächsten Steuerreform eine entsprechende

Novellierung der Erbschafts- und Schenkungssteuer?

c) Welche Zielsetzungen werden Sie bei einer aIlfäIIigen Reform der Erbschafts-

und Schenkungssteuer verfoIgen?

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die dnngliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf

§ 93 Abs.2 GOG verlangt.