1652/J

 

 

 

der Abgeordneten Dr. Haider

und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend harter Schilling - weicher Euro .

 

 

 

Nachdem am Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union im Dezember

1995 in Madrid der Europäische Rat bekräftigte, daß die dritte Stufe der Wirtschafts- und

Währungsunion entsprechend den Konvergenzkriterien, dem Zeitplan, den Protokollen und

Verfahren, die im Vertrag von Maastricht festgelegt sind, am 1. Jänner 1999 beginnen soll

und auch der Name der europäischen Währung, Euro, beschlossen wurde, ist der Euro ein

zentrales Thema und sorgt für heftige Diskussionen und Auseinandersetzungen.

 

Zum einen werden die entsprechenden Vorbereitungen für die Einführung der gemeinsamen

Währung, die Dr. Breuss als das ''größte monetäre Experiment der Wirtschaftsgeschichte''

bezeichnete, in den EU-Gremien mit Nachdruck vorangetrieben, wobei sich immer mehr

herausstellt, daß es über wesentliche Fragen, wie z.B. Verhältnis zwischen Teilnehmer und

Nichtteilnehmer, Einhaltung der Konvergenzkriterien nach Eintritt in die 3. Stufe der WWU

etc., bislang keine politische Einigung und Sicherheit gibt. Zum anderen nehmen angesichts

der dramatisch hohen Arbeitslosigkeit (EU-weit sind rd. 18 Millionen Menschen ohne

Arbeit), angesichts des hohen Konsolidierungsbedarfs der jeweiligen nationalen Budgets und

vor dem Hintergrund einer abgebremsten Konjunktur die Skepsis und Kritik am Fahrplan zur

Einführung des Euro ständig zu. Der Bevölkerung wird immer bewußter, daß durch die zum

Teil ,,Euro-bedingten" drastischen budgetären Maßnahmen (Stichwort: Belastungspakete)

und den strikten Sparkurs der öffentlichen Hand mit dem Ziel, die fiskalischen

Konvergenzkriterien auf Biegen und Brechen zu erfüllen, die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit

zunehmen und es zu einem weiteren Sozialabbau kommen wird. Die jüngsten Streiks in

Frankreich und anderen EU-Mitgliedsstaaten müßten ein warnendes Beispiel für den Unmut

in der Bevölkerung sein.

 

Ungeachtet der negativen Stimmung in der Bevölkerung (in Österreich lehnen lt. Umfragen

43 % den Euro ab, 61 % der Deutschen sehen der EWU mit Befürchtung entgegen) und

ungeachtet der Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, daß nämlich die Einführung des Euro

das Gespenst der Geldentwertung der Nachkriegszeit wieder heraufbeschwört, werden die

Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union beim Gipfel in Dublin wesentliche

Entscheidungen hinsichtlich des sog. EWS lI und vor allem hinsichtlich des Stabilitätspakts

treffen, durchaus sinnvolle Forderungen, wie Einbeziehung der Arbcitslosigkeit als

zusätzliches Kriterium (Europäischer Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch), oder eine

allfällige Verschiebung der EWU allerdings elegant umschiffen.

 

Doch gerade in der Frage der Stabilität des Euro ist, wie jüngste Aussagen von

Bundeskanzler Dr. Vranitzky und Finanzminister Mag. Klima zeigen, ein fauler politischer

Kompromiß zu befürchten, der bisherigen Versprechungen der Bundesregierung diametral

gegenübersteht. Die österreichische Bundesregierung, allen voran der Bundeskanzler, hat

bislang stets versichert, daß ''der Euro so hart sein muß wie der Schilling" (News, 50/96) und

daß ''das neue Geld in Österreich nur eingeführt werde, wenn es dem Schilling gleichwertig

ist'' (WirtschaftsWoche 51/1996). Nunmehr zeichnet sich jedoch ab, daß diese verbalen

Beruhigungspillen, die der österreichischen Bevölkerung immer wieder aufgetischt werden,

nicht mit dem Verhalten der österreichischen Regierungsmitglieder auf europäischer Ebene

im Einklang stehen. Wäre es nämlich der österreichischen Bundesregierung hinsichtlich der

Stabilität des Euro wirklich ernst, dann müßte sie sich auf die Seite Deutschlands stellen und

für einen möglichst straff geschnürten Stabilitätspakt, den Frankreich in dieser Form ablehnt,

eintreten.

 

Doch sowohl Bundeskanzler Dr. Vranitzky als auch Finanzminister Mag. Klima lehnen den

von Deutschland geforderten Strafautomatismus ab und plädieren für eine politische

Entscheidung nach Überprüfung eines Verstoßes gegen die Maastricht-Kriterien (APA,

12.12.1996), was bedeutet, daß Stabilisierungsmaßnahmen ins Ermessen des EU-Rates

gestellt werden, mit der Folge und Gefahr, daß es "lange politische Verhandlungen gibt, die

zu nichts führen" (Univ.Prof. Dr. Felderer) oder zu einem Tauschgeschäft werden und den

Euro tendenziell weicher machen dürften.

 

Abgesehen von der Tatsache, daß die nunmehr von der österreichischen Regierung vertretene

gemäßigte Stabilitätspolitik und die Diskussion um den angemessenen Härtegrad des Euro -

den einzelnen österreichischen Wirtschaftszweigen vielleicht zugute kommen könnte- ist es

politisch unredlich und gegenüber der österreichischen Bevölkerung absolut nicht vertretbar,

daß die Spitzen der österreichischen Regierung auf EU-Ebene ,,einer Politik das Wort reden,

die tendenziell geeignet ist, den Euro letztlich ein bisserl weicher ausfallen zu lassen, als der

Schilling derzeit ist - und gleichzeitig der besorgten Bevölkerung vollmundig versprechen,

daß genau dies nicht passieren wird", wie Ortner in der WirtschaftsWoche (51/1996) treffend

kritisierte.

 

Diese Vorgangsweise paßt genau zum bisherigen Verhalten der Bundesregierung bei der

Aufklärung der Bevölkerung über die Vor- und Nachteile eines allfälligen Eintritts

Österreichs in die 3. Stufe der WWU. Nicht objektive und sachliche lnformation wird

geboten, sondern der Bevölkerung wird eine Werbekampagne über die Europäische

Währungsunion vorgesetzt, die ,,allen gesellschaftlichen Ebenen die Vorteile der WWU

klarmachen und die Folgen eines eventuellen Nichtbeitritts verdeutlichen" soll, wie

Bundeskanzler Dr. Vranitzky am 21. November 1996 in einer Pressekonferenz ankündigte,

und Finanzminister Mag. Klima sekundierte, indem er meinte, daß es bis zur Einführung des

Euro in Österreich darum geht, ,,gegen die emotionellen Widerstände der Bevölkerung eine

Kampagne zu fahren, um sie überzeugen zu können" (OTS097, 22.11.1996). Diese

Ankündigungen und Absichten seitens der Bundesregierung zeigen einmal mehr, daß das

fehlende Vertrauen der Finanzmärkte in die geplante EWU, vor allem aber die mangelnde

Zustimmung der Bevölkerung durch billige Werbung (Stichwort: Ederer-Tausender)

wettgemacht werden soll. Eine entsprechende Glaubwürdigkeit und die notwendige

Legitimation, die wesentliche Voraussetzungen und Grundbedingungen für einen

erfolgreichen Start der EWU wären, können nicht durch eine Werbekampagne erreicht

werden. Vielmehr erscheint vor einer derart weitreichenden Entscheidung, nämlich der

Ablösung des österreichischen Schillings durch eine gemeinsame europäische Währung, den

Euro, die Zustimmung der österreichischen Bevölkerung, die im Rahmen einer

Volksabstimmung zum Ausdruck gebracht wird, unbedingt notwendig.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für

Finanzen nachstehende

 

D R I N G L I C H E  A N F R A G E :

 

 

 

1. Durch welche Maßnahmen wird sichergestellt, daß der Euro genauso hart sein wird wie

der österreichische Schilling?

 

 

2. Werden Sie einen tendenziell weicheren Euro befürworten?

. Wenn ja, warum?

. Wenn nein, warum nicht?

 

 

3. Treten Sie hinsichtlich des von Deutschland vorgeschlagenen Stabilitätspakts für einen

Automatismus von Sanktionen bei Verstößen gegen die Maastricht-Stabilitätskriterien

ein?

. Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

 

 

4. Welche Konvergenzkriterien wird Österreich 1997 voraussichtlich erfüllen und welche

wird es nicht erfüllen?

 

 

5. Wird der österreichische Vertreter im Rat dafür eintreten, daß die Konvergenzkriterien

durch eine politische Entscheidung weiter ausgelegt werden, damit eine möglichst große

Zahl der EU-Mitgliedsstaaten von Beginn an an der 3. Stufe der WWU teilnehmen

können?

. Wenn ja, welche Kriterien können Ihrer Meinung nach um wieviel aufgeweicht werden?

 

 

6. Treten Sie, wie ua. vom Präsidenten des EGB, Verzetnitsch, gefordert, für die Aufnahme

der Beschäftigung als zusätzlichee Konvergenzkriterium ein?

. Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

 

 

7. Wie bewerten Sie die Aussage des Präsidenten des EWl, Lamfalussy, der bezweifelt, daß

der Euro positive Auswirkungen auf die Beschäftigung haben wird?

 

 

8. Treten Sie dafür ein, daß alle EU-Mitgliedsstaaten von Beginn an an der 3. Stufe der

WWU teilnehmen?

. Wenn ja, welche Auswirkungen hätte dies auf die Stabilität des österreichischen

Schillings?

. Wenn nein, welche EU-Mitgliedsstaaten sollten lhrer Ansicht nach unbedingt eine

gemeinsame europäische Währung einführen?

 

 

9. Sind Sie ebenfalls, wie der frühere Wirtschaftsminister, Dr. Ditz, der Auffassung, daß

verschiedene Eintrittstermine der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zu starken

Wettbewerbsverzerrungen führen würden?

 

. Wenn nein, warum nicht?

 

 

10.Können Sie in diesem Fall ausschließen, daß die traditionellen Hartwährungsländer

zusätzliche Transferzahlungen an die schwächeren Mitgliedsstaaten leisten müssen?

. Wenn ja, warum?

 

 

11.Was ist Ihrer Meinung nach die Folge, wenn man Länder von unterschiedlicher

Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit in einer Währungsunion vereinigt?

 

 

12.Welche Verluste würden in welcher Höhe für die österreichische Volkswirtschaft

entstehen, wenn ltalien - der zweitwichtigste Handelspartner Österreichs - nicht,

Österreich hingegen von Beginn an an der 3. Stufe der WWU teilnimmt?

 

 

13.Gibt es seitens Ihres Ressorts über die Vor- und Nachteile einer einheitlichen Währung für

Österreich Berechnungen oder Studien?

. Wenn nein, warum nicht?

. Wenn Ja, welche und was besagen diese konkret für die verschiedenen

Volkswirtschaftssubjekte, und wann werden Sie diese dem österreichischen Parlament zur

Verfügung stellen?

 

 

14.Treten Sie vor Einführung des Euro in Österreich für eine österreichische

Volksabstimmung ein?

. Wenn nein, warum nicht?

. Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt sollte diese erfolgen?

 

 

15.Sie treten in der Übergangszeit vom 1.1.2002 bis zum 30.6.2002 für eine doppelte

Preisauszeichnung ein. Auf welche Höhe werden sich die Kosten dieser doppelten

Preisauszeichnung belaufen, und wer soll für die anfallenden Kosten aufkommen?

 

 

16.Welche Schwierigkeiten erwarten Sie für die Unternehmen, insbesondere im Zeitraum

1999 bis 2002, in der es bei unbaren Transaktionen eine Parallelführung von nationaler

Währung und dem Euro geben wird?

 

 

1 7.Wie hoch schätzen Sie die Kosten, die durch die Einführung des Euro den Unternehmen

im Bereich EDV (Software im Bereich des betrieblichen Rechnungswesens etc.)

Mitarbeiter(um)schulungen, Marketing etc. erwachsen werden?

 

 

18. Ministerpräsident Schröder vertritt die Ansicht, daß man eine offene Diskussion über

Bedingungen und Risiken der EWU nicht dadurch unterbinden dürfe, daß man Jeden

Zweifler unter dem Vorwurf, der europäischen Idee zu schaden, diskredidiert. Teilen Sie

diese Auffassung?

. Wenn ja, warum?

. Wenn nein, warum nicht?

 

 

19. Aus welchen Gründen erachten Sie es für notwendig ,,gegen die emotionellen Widerstände

der Bevölkerung eine Kampagne zu fahren"?

 

 

20. CA-Generaldirektor Dr. Schmidt-Chiari meinte in der ZiB 2 am 12.12.1996, daß im Zuge

eines ,,Euro-fit"-Programms der CA 1000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren werden.

Welche weiteren Arbeitsplatzverluste sind durch sog. ,,Euro-fit"-Programme im

Zusammenhang mit der Einführung des Euro in Östereich in welcher Höhe und in

welchen Branchen bzw. Institutionen zu erwarten?

 

 

21. Welche Maßnahmen beabsichtigen Sie zu setzen, um die österreichische

Bankenwirtschaft ,,Euro-fit" zu machen?

 

 

 

In formeller Hinsicht wird verlangt , diese Anfrage vor Eingang in die Tages-

ordnung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln .