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der Abgeordneten Ing. Nußbaumer , Mentil
und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend Kostenabschätzung österreichischer Gesetze
Die Erstellung des Bundeshaushalts ist für die Bundesregierung ein zentrales Element der
Wirtschaftspolitik. Sie wird bei ihrer Ausübung in §2 Bundeshaushaltsgesetz (BHG), sowie
noch viel grundsätzlicher in Artikel 13 Absatz 2 und 51 a Absatz 1 B-VG auf die Grundsätze
der Sparsamkeit. Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit verwiesen.
Nichtsdestoweniger treibt in Österreich die gesetzliche Regulierungswut ihr Unwesen. Den
Unternehmen kann schon kaum mehr die Kenntnis der Flut an alten und jährlich neu
hinzukommenden Rechtsbestimmungen zugemutet werden. Dieser Zustand manifestiert sich
auch in einer vollkommenen ÜberbeIastung der Gerichtshöfe des öffentIichen Rechts mit
Verfahrensdauern über mehrere Jahre verbunden mit Planungsunsicherheiten und schwer
kalkulierbarem Aufwand für betroffene Unternehmen.
Im Ietzten Jahr hat die OECD die Regulierungskosten einiger ihrer Mitgliedstaaten mit über
1 0% des Bruttoinlandsprodukts geschätzt.
ln einigen Staaten (z.B. K.anada, Australien, Großbritannien) wurden zur Verhinderung dieser
Zustände bestimmte Gesetzesverfahren und -techniken entwickelt, die in ihrer Abschätzung
der Folgeauswirkungen eines neuen Gesetzes auch massiv die Situation der davon betroffenen
Unternehmen mit einbeziehen.
Ganz anders ist die Situation in unserem Land. In Östereich ist gemäß § 14
Bundeshaushaltsgesetz (BHG) gesetzlich vorgesehen, daß dem Entwurf eines Bundesgestzes
oder einer Verordnung die Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen ist.
Die zuständigen Bundesminister sind allerdings nach Ziffer 1 nur verpflichtet, die finanziellen
Auswirkungen auf den Bundeshaushalt zu berücksichtigen. Belastungen jedoch, die durch die
Schaffung eines neuen Gesetzes Unternehmen zusätzlich aufgebürdet werden, bleiben bei
diesen Analysen unberücksichtigt!
Mögliche Alternativen können nach vorliegender Rechtslage überhaupt unberücksichtigt
b1eiben.
Gemäß Punkt 37 der ,,Legistischen Richtlinien 1979" des Bundeskanzleramtes ist bei der
Ausarbeitung von Rechtsvorschriften ,,nach Möglichkeit" eine Kosten-Nutzen-Analyse
anzustellen. Das BHG selbst legte keine bestimmte Form der Kosten-Nutzen-Untersuchung
fest.
Auf der anderen Seite haben theoretische und praktische Studien in anderen Ländern (vor
allem in den USA) gezeigt, daß der Nutzen von Folgeabschätzungen deutlich höher ist als die
dafür aufzubringenden Kosten zu beziffern sind.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundeskanzler folgende
Anfrage
1 ) Seit 1993 wäre das Finanzministerium verpflichtet, geeignete Richtlinien zur Berechnung
von Alternativen und Folgeabschätzungen von Rechtsnormen zu erlassen.
Welche Schritte wurden in dieser Hinsicht bis zum jetzigen Zeitpunkt unternommen?
Welche weiteren Maßnahmen sind in welchem Zeitraum in diese Richtung noch geplant?
2) Eine fmanziell nicht kalkulierte Verordnung ist gesetzwidrig zustande gekommen und kann
vom VfGH gemäß Artikel 139 B-VG in ..einem Verordnungsprüfungsverfahren aufgehoben
werden.
Erachten Sie es für sinnvoll den Kreis der Anfechtungsberechtigten zu erweitern und auch
dem Rechnungshofpräsidenten die Aktivlegitimation zu übertragen, eine abstrakte
Normenkontrolle zu beantragen?
Wenn ja, gedenken Sie Schritte in diese Richtung zu unternehmen?
Wenn nein, warum nicht?
3 ) Gedenken Sie in nächster Zeit Schritte zu setzen, um Rechtsbestimmungen, die die
Wettbewerbskraft der heimischen Unternehmen überproportional schwächen, außer Kraft zu
setzen oder zu modiftzieren?
Wenn ja, welche Maßnahmen wollen Sie in dieser Richtung unternehmen?
Wenn nein, warum nicht?
4) Würden Sie es als sinnvoll erachten, das Verfahren der Rechtssetzung im östereichischen
Parlament zum Zwecke der Transparenz und einer klaren Zuordenbarkeit der Verantwortung
für die beschließenden Parlamentarier zu modifizieren?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?
5) Erachten Sie es als zweckmäßig, künftige Gesetze mit überproportionaler Bedeutung nur
noch mir möglichst quantitativen Zielvorgaben zu beschließen und nach Ablauf einer
gewissen Frist einer Überprüfung ihrer weiteren Sinnhaftigkeit zuzuführen?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?
6) Erachten Sie es als zweckmäßig, §14 Ziffer 1 Bundeshaushaltsgesetz insoweit zu ändern,
daß auch die fmanzielIen Auswirkungen neuer rechtssetzender Maßnahmen für private
Unternehmen in die Betrachtung miteinbezogen werden und auch privaten Personen
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird?
Wenn ja, gedenken Sie Schritte in diese Richtung zu unternehmen?
Wenn nein, warum nicht?
7) Ist es sinnvoll, die Kontrolle von Folgeabschätzungen nationaler Rechtsnormen nicht nur
verwa1tungsmtern vorzunehmen, sondern auch private Personenkreise in die Betrachtung mit
einzubeziehen?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?
8) Sehen Sie eine Notwendigkeit und Möglichkeiten zur Verbesserung der Aus- und
Weiterbildung der Beamtenschaft?
Wenn ja, in welcher Hinsicht und in we1chen Bereichen?
Wenn nein, warum nicht?