1830/J XX.GP
Dringliche Anfrage
(gem. º93 Abs. 2 GOG)
der Abgeordneten Hans Peter Haselsteiner, Helmut Peter und Partnerlnnen
an den Bundesminister für Finanzen
zur Finanzierbarkeit der Beseitigung des Reformstaus
ln "zehn Jahren großer Koalition" ist die öffentliche Verschuldung von Jahr zu Jahr
gestiegen und hat sich von 1986 bis 1996 mehr als verdoppelt. Nach den
Maastricht-Kriterien betrug der Schuldenstand 1986 700 Milliarden Schilling, nach
"zehn Jahren großer Koalition" erreichte er 1.750 Milliarden Schilling. Die Chance zum Abbau der Staatsverschuldung - oder zumindest zur Stabilisierung - wurde in
einer Zeit wirtschaftlich guter Entwicklung politisch fahrlässig vertan. Der
Reformstau, dessen Beseitigung vorerst mit enormen Kosten verbunden sein wird,
betrifft mittlerweile alle Bereiche politischer Verantwortlichkeit. Die Finanzierbarkeit
der überfälligen strukturellen Veränderungen steht immer mehr in Frage. Der
Bundeskanzler wird am Mittwoch nächster Woche in seiner Regierungserklärung die
Grundsätze der Budget-, Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik dem Parlament zur
Kenntnis bringen. Gerade deshalb sind die Konzepte des scheidenden
Finanzministers, wie die notwendigen Reformen finanziert und die Teilnahme an der
Wirtschafts- und Währungsunion trotzdem gesichert werden können von größtem
lnteresse,
Aus der Sicht des Liberalen Forums kommt der Teilnahme an der Wirtschafts- und
Währungsunion auch deswegen besondere Bedeutung zu, weil sie die
erfolgversprechendste Konzeption für eine nachhaltig positive wirtschaftliche und
demokratische Entwicklung und für soziale Stabilität und Frieden darstellt.
Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, bei der ersten "Beitrittswelle" dabei
zu sein. Schwierigkeiten bereitet dabei, da in den für die Beurteilung maßgeblichen
Jahren beim Kriterium der öffentlichen Verschuldung Österreich nicht nur weit aber
dem Referenzwert liegt, sondern auch die Tendenz steigt. Für eine (längerfristig
unabdingbare) Reduktion der öffentlichen Verschuldung bedürfte es aber nicht nur
der Erreichung der nach den Maastricht-Kriterien erlaubten niedrigeren
der Erreichung der nach den Maastricht-Kriterien erlaubten niedrigeren
Budgetdefizite, sondern es müßten Einnahmenüberschüsse erzielt werden, eine
Perspektive, an deren Verwirklichung die große Koalition offensichtlich selbst nicht
glaubt, jedenfalls aber untätig bleibt, um dieses Ziel gesichert zu erreichen.
Tabelle nicht scannbar
Eine Nichtteilnahme an der WWU bereits ab dem 1.1.1999 hätte für Österreich
fatale Folgen: Die Nichterfüllung der Kriterien ist gleichbedeutend mit der
Feststellung, da Österreich keine ausreichende Stabilitätspolitik betreibt. Das
würde bedeuten, das Österreich seine erstrangige Bewertung auf den
inlernationalen Finanzmärkten verliert, die Zinsen steigen, wodurch der Abbau der
Staatsverschuldung neuerlich erschwert wird: ein Teufelskreis.
Es ist durchaus erkennbar, da ihre Bemühungen als Finanzminister, das
ausufernde Budgetdefizit in den Griff zu bekommen, Teilerfolge gezeitigt haben.
Strukturelle Reformen wie zum Beispiel im Bereich der Pensionssysteme, der
Transferleistungen oder der Ökologisierung des Steuersystems sind Sie jedoch
schuldig geblieben.
So haben Sie noch am 2. Oktober 1996 in Ihrer Beantwortung einer Dringlichen
Anfrage des Liberalen Forums das Vorhandensein eines aktuell nutzbaren
österreichischen Handlungsspielraumes für eine lohnkostensenkende ökologische
Steuerreform bestritten. Das Liberale Forum erblickt aber gerade in diesem Punkt
Steuerreform bestritten. Das Liberale Forum erblickt aber gerade in diesem Punkt
wirtschafts- und beschäftigungspolitische lmpulse und das wirksamste lnstrument
zur Erreichung des umweltpolitischen Zieles eines schonenden Umgangs mit
natürlichen Ressourcen. Zu diesem Schluß kommt im übrigen auch das
Österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut in einer Untersuchung aber die
Auswirkungen der Einführung einer Energiesteuer selbst ohne internationalen
Gleichklang.
lm Regierungsübereinkommen 1994 war bereits nachzulesen, da soziale
Leistungen sich in Zukunft verstärkt am Einkommen orientieren sollen - im
Wahlkampf 1995 wurde diese Notwendigkeit erneut herausgestrichen. Allerdings
wurde weder im Sparpaket 1, das eine lineare Kürzung der Familienbeihilfen
vorgenommen hat, noch im Sparpaket 11 diesem Grundsatz Rechnung getragen.
Nach wie vor wird an einer einkommensunabhängigen Auszahlung der
Familienbeihilfen festgehalten. Das Gießkannenprinzip ist aber insbesondere im
Bereich der Transferleistungen weder gerecht noch finanzierbar.
lst die große Koalition einerseits strukturelle Reformen im Sozialbereich schuldig
geblieben, so beweisen andererseits auch kontraproduktive und überdies
mißglückte Regelungsansätze wie etwa im Bereich der Werkverträge oder der
Krankenscheingebühren die Reformunfähigkeit der Regierung.
Dem mittelfristig unausweichlichen finanziellen Kollaps des Pensionssystems wird
seit Jahren hilflos ins Auge geblickt. Jedes weitere Jahr macht eine umfassende
Reform ungerechter, unmöglicher und darüber hinaus kostspieliger.
Eine effiziente finanzierter Reform des Gesundheitswesens ist die große Koalition
ebenso schuldig geblieben wie eine Bildungs- und Hochschulreform nach dem (nicht
nur kostengünstigeren) Prinzip der Autonomie.
Die Umorganisation des österreichischen Föderalismus nach den Grundsätzen der
Eigenverantwortlichkeit, Kostenverursachung und Wirtschaftlichkeit wurde immer
wieder von der Koalition versprochen, harrt aber seit Jahren der Umsetzung.
Darüber hinaus sind im kürzlich beschlossenen Budgetprogramm der
Bundesregierung für die Jahre 1996 bis 2000 als wichtigste Vorhaben der
Budgetkonsolidierung unter anderem die Verwaltungsstrukturreform sowie die
Reform des öffentlichen Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechtes festgeschrieben.
Vor allem das Liberale Forum hat immer wieder den Übergang vom hochzeitlichen
Verwaltungsstaat zum Leistungsstaat gefordert, sich zum Grundsatz des Rückbaus
der öffentlichen Aufgaben bekannt und auf die Notwendigkeit hingewiesen, da sich
die öffentliche Verwaltung auf ihre Kernbereiche konzentrieren soll. Doch immer
noch sind 21 % der österreichischen Erwerbsbevölkerung beim Bund, den Ländern
oder den Gemeinden beschäftigt. ln Österreich gibt es ca. 766.000 Beamte (davon
rund 247.000 im Bundesdienst), und ein Drittel der Ausgaben des Bundes sind
Personalausgaben für Bundesbedienstete und Landeslehrer. Alle Bemühungen um
einen größeren Budgetspielraum gleichen angesichts dieser Situation einem Kampf
gegen Windmühlen.
Die unverzügliche Auflösung des Reformstaus muß daher ohne Verzug in Angriff
genommen werden. Dazu ist die Finanzierbarkeit der einzelnen Maßnahmen
sicherzustellen, ohne die Erreichung der Konvergenzkriterien zu gefährden. Um zu
gewährleisten, da im Zusammenhang mit der bevorstehenden
Regierungsumbildung (und dem damit verbundenen Verantwortungswechsel) die
wichtigsten politisch-strategischen Grundsatzpositionen des bisherigen
Finanzministers für eine breitere Öffentlichkeit transparenter werden, und mit dem
Ziel einer Parlamentarisierung der Politik stellen die unterzeichneten Abgeordneten
folgende
Dringliche Anfrage
1. Wurden in lhrem Ministerium bereits konkrete Berechnungen aber den zu
erwartenden Konsolidierungsbedarf für die Budgets 1998 und 1999 erstellt?
2. Welche Vorbereitungen haben Sie als Finanzminister bereits getroffen, um diesen
Konsolidierungsbedarf bedecken zu können?
3. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie als Finanzminister geplant, damit das
Ausgabenwachstum wesentlich unter dem Wachstum des nominellen BlP liegt?
4. Auf welche lnformationen stützen Sie Ihre Einschätzung, da für eine
aufkommensneutrale Ökologisierung des österreichischen Steuersystems zur Zeit
kein nationaler Handlungsspielraum besteht'?
5. Was haben Sie zur Erhöhung der Akzeptanz und zum Abbau ungerechtfertigter
Befürchtungen in der österreichischen Bevölkerung im Zusammenhang mit der
Einführung des EURO getan?
6. Welche Weichenstellungen haben Sie veranlagt, um die (stetig steigenden)
Zuschüsse aus dem Budget für die Finanzierung des Pensionssystems zu
senken?
7. Welche Weichenstellungen haben Sie veranlagt, um die stetig steigende
Belastung für das Budget im Rahmen der. Finanzierung des Gesundheitsystems
zu senken?
8. Wie stehen Sie als Finanzminister vor dem Hintergrund der Finanzierbarkeit des
Sozialsystems zum Grundsatz der Subsidiarität der Transferleistungen?
9. Wie beurteilen Sie im Transferbereich den Grundsatz der sozialen Staffelung,
insbesondere vor dem Hintergrund der bestmöglichen Treffsicherheit und der
Sicherstellung der Finanzierbarkeit des Sozialsystems?
10.Welche Maßnahmen halten Sie für zielführend, um der hohen Armutsgefährdung
trotz international überdurchschnittlicher Ausgaben -und den damit verbundenen
Auswirkungen auf das Budget im Bereich der Familienförderung - zu begegnen?
11 .Welche Bedeutung messen Sie der Ausgliederung und Privatisierung von nicht
hoheitlichen Aufgaben aus der öffentlichen Verwaltung bei, um so einerseits eine
rein betriebswirtschaftliche Unternehmensführung zu gewährleisten und
andererseits das Budget zu entlasten?
12.Welche Kosteneinsparungspotentiale wurden in lhrem Ministerium im
Zusammenhang mit der beabsichtigten Reduktion der Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung und einer umfassenden Verwaltungsstrukturreform für die Jahre 1997,
1998 und 1999 errechnet?
13.Erachten Sie die bisherigen Anpassungen im Bereich des öffentlichen Dienst-,
Besoldungs-, und Pensionsrechtes aus budgetpolitischer Sicht für ausreichend,
angesichts der Tatsache, da bereits 30 Prozent der Budgetausgaben für diesen
Bereich aufgewendet werden müssen?
14.Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um sicherzustellen, da die Vorgaben
der restriktiven Budgetierung der Ausgaben in allen Ressorts zur Anwendung
kommen?
In normaler Hinsicht wird vor Eingang in die Tagesordnung die Durchführung
einer Debatte zum frühestmöglichen Zeitpunkt verlangt.