1869/J XX.GP
der Abgeordneten Rudi Anschober, Freunde und Freundinnen
an den Wirtschaftsminister
betreffend Vignettenskandal - Teil 4/23.1.97
Der Vignettenskandal ist die nächste Stufe einer Serie von Skandalen im Umfeld
der Straßenbausondergesellschaften in den vergangenen Jahren mit in Summe
Milliardenschäden. Beginnend mit der Affäre um den Arlbergstraßentunnel über
den Skandal um die Phyrnautobahn - hier konnten aufgrund des zeitgerechten
Aufdecken durch die Anfragesteller 200 Millionen Schilling von den Firmen
zurückverhandelt werden - bis hin zu den Affären beim Bau von
Karawankenautobahn und Ostautobahn und diverse Vergabeaffären: jeweils
Millionenskandale, die im Umfeld der Straßenbausondergesellschaften und des
Wirtschaftsministerium aufgetreten sind und eine ganz ähnliche Struktur und
vergleichbare Ursachen zeigten - ein Versagen der Kontrolle in allen Bereichen
der Straßenbausondergesellschaften und ein jahrelanges Aufschieben
einschneidender Reformen.
Aufgrund einiger aktueller Fallbeispiele dafür richten die unterzeichneten
Abgeordneten an den Wirtschaftsminister folgende schriftliche
ANFRAGE
1.Der Aufsichtsrat der AlpenstraßenAG besteht aus einer Reihe von
Persönlichkeiten. Die Entschädigung für diese Tätigkeit ist mit rund 25.000
jährlich bescheiden. Allerdings ein sehr gutes Honorar angesichts der
Intensität der Kontrolle, die Aufsichtsräte manchmal zeigen: Dr. Michael S.
ist seit geraumer Zeit AR der SRG. Im gesamten vergangenen Jahr hat S.
ein einziges Mal an einer Aufsichtsratsitzung der ASG auch
teilgenommen. Dennoch erhielt er das Honorar von 25.000 ausbezahlt. Hält
der Wirtschaftsminister eine derartige Intensität der Kontrolle für tragbar
und eine Ausbezahlung des AR-Honorars in diesem Falle für tragbar?
Wieviele AR-Sitzungen wurden 1995 und 1996 jeweils durchgeführt? Wie
hoch war der Gesamtaufwand jeweils für diese AR-Sitzungen? Ist es
richtig, daß die Nominierung von S. wesentlich auf Intention und Intervention der
der ÖVP erfolgte?
2.Hält der Wirtschaftsminister das derzeitige System an Aufsichtskontrollen, das
aufgrund der fehlenden zeitlichen und sonstigen Möglichkeiten
die Skandalserie im Umfeld der Straßenbausondergesellschaft nicht
verhindern konnte, für zeitgemäß und effizient? Welche Detailänderungen
plant der Wirtschaftsminister in diesem Zusammenhang?
3. Im Rahmen der 19 AR-Sitzung der ASG am 22.7.1996 erfolgt die höchst
umstrittene Vergabe der Vignettenproduktion. Nächster
Tagesordnungspunkt dieser AR-Sitzung war der Beschluß auf Auszahlung
einer Bonifikation für den Vorstandsdirektor Unterholzner auf dessen Vorschlag
auch die Vignettenvergabe erfolgt ist. Tatsächlich wurde ein
Bonus von 8,55% des Jahresbruttobezuges bei einem Jahresbezug von 1,9 Mio ausbezahlt.
Hält der Wirtschaftsminister dies Angesichts des Vignettendebakels und angesichts
umfangreicher Einsparungsmaßnahmen bei der Belegschaft der Gesellschaften für
verantwortbar und derartige Verträge insgesamt für zeitgemäß?
4. Der renommierteste Mautexperte des Wirtschaftsministeriums, Gerold
Estermann, schied am 14.12.1995 als bisheriger Präsident auf eigenen Wunsch
aus dem Aufsichtsrat der ASG aus. Laut AR-Protokoll dieser
Sitzung mit der Begründung, daß "der Einfluß der Aktionäre bzw. des
Ministeriums auf die Handlungsfreiheit der Aufsichtsräte und der
Unternehmensleitung immer stärker" werde. Und, so Estermann im Aufsichtsrat
weiter zur Begründung seines Rückzuges aus dem AR.:" Darüber hinaus wurde mit
der Nachbesetzung der aus der freien Wirtschaft kommenden Frau Senger-Weiss
durch Herrn Sachs wiederum ein Rücktritt zur stärkeren politischen Einflußnahme
seiner Vorgänger, die zur Resignation des AR-Vorsitzenden geführt hat,
rechtfertigen und erklären? Ist der Wirtschaftsminister bereit, generell für
einen Gesamtrückzug politischer Vertreter aus dem AR zu sorgen und die
Kontrollfunktion unabhängigen Experten zu übergeben? Ist es nicht so, daß
die aus politischen Gründen erfolgte Resignation des renommiertesten
Mautexperten, Estermann, mit eine Ursache für die spätere Skandalserie bei
der Vignette war und ist? Kam es zu direkten politischen Interventionen
bei Estermann? Auf welche Art und Weise wurde vom damaligen Wirtschafts-
minister der Rückzug der Unternehmerin Senger-Weiss vom damaligen Wirtschaftsminister
erzwungen?