1911/J XX.GP
der Abgeordneten Kopf, Kukacka und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst
betreffend Werbekampagne "Lichtfahrer sind sichtbarer"
Am 11. Dezember 1996 meldete die APA (APA-Nr. 335), daß das
Verkehrsministerium eine Werbekampagne "Lichtfahrer sind sichtbarer" startet, deren
Intention es sei, die Entscheidung über die Verwendung von Licht am Tag "vom
Parlament auf die Straße" zu verlagern. nachdem die gesetzliche Verankerung von
Fahren mit Licht am Tag "bisher keine politische Bereitschaft" gefunden hat. Seither
wurde mit hunderten Spots in TV. Radio und Kino sowie in unzähligen Inseraten und
ergänzt um aufwendige Marketing-Maßnahmen wie Gewinnspiele, Gratisaufkleber
etc.. eine bislang von einem Bundesministerium der Republik Österreich in diesem
gewaltigen Maße noch nie zu beobachtende Propagandakampagne durchgeführt.
Begründet wird dieser Werbefeldzug mit der "erhöhten Sicherheit", die durch Studien
aus dem Ausland "überzeugend belegt" wird. Weiters meldet die APA, daß durch die
Kampagne "Lichtfahrer sind sichtbarer" der gescheiterte Großversuch nunmehr auf
"freiwilliger Basis durchgeführt und wissenschaftlich begleitet" wird.
Untersuchungen weisen aber darauf hin, daß unbeleuchtete Verkehrsteilnehmer wie
beispielsweise Kinder oder Fußgänger, in dem Ausmaß "unsichtbarer" würden, wie
die beleuchteten Verkehrsteilnehmer "sichtbarer" werden.
Die Verwendung von Abblendlicht löst eine Blickzuwendung aus. Durch diese
Blickzuwendung zum beleuchteten KFZ können weiters die Bewegungen anderer
Verkehrsteilnehmer für den Fahrzeuglenker unerkannt bleiben.
Neben diesen durch Untersuchungen gestützten Bedenken gibt es eine Reihe weiterer
Argumente gegen die Verwendung von Licht am Tag, weshalb sich bei namhaften ..
Experten der Verkehrssicherheit und bei zahlreichen Ophtalmologen eine starke
Abwehrhaltung gegen " Licht am Tag" auf rein wissenschaftlicher Basis entwickelt
hat. Überdies hat der deutsche Staatssekretär für Verkehr, Manfred Carstens, in
Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage seine klare Ablehnung gegen die
Verwendung von "Licht am Tag" zum
Ausdruck gebracht, da dadurch eine zusätzliche
Gefährdung der nicht beleuchteten Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Radfahrer) zu
erwarten sei .
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für
Wissenschaft. Verkehr und Kunst folgende
ANFRAGE
1. Durch welche Studien wird die erhöhte Sicherheit durch "Fahren mit Licht am
Tag" belegt?
2. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit beruft sich in seiner Argumentation für die
Verwendung von Licht am Tag auf 17 einschlägige Studien. Sind dem
Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst diese Studien bekannt, wie
heißen diese. und wurden sie von Fachleuten des BMfWVK in Hinblick auf ihre
statistische Signifikanz und Relevanz und ihre wissenschaftliche Validität geprüft?
3. Hat sich das Ressort bei der Überprüfung dieser angesprochenen Studien
außenstehender Institutionen oder Wissenschafter bedient, und wenn ja. welche
Institutionen oder Personen haben eine derartige Prüfung durchgeführt?
4. Bei welchen der Studien. die die angebliche Erhöhung der Verkehrssicherheit
belegen, sind die Ergebnisse statistisch signifikant?
5. Bei welchen der Studien, die die angebliche Erhöhung der Verkehrssicherheit
belegen, ist die für statistisch gesicherte Aussagen notwendige Bedingung der
Repräsentativität gegeben?
6. Ist es richtig, daß wie die APA am 11. Dezember 1996 berichtet, die
Werbekampagne "Lichtfahrer sind sichtbarer" anstatt des Großversuchs "Fahren mit
Licht am Tag" erfolgt, da die Verwendung von Licht, wie die APA weiter meldet.
forthin auf freiwilliger Basis erfolgen soll?
7. Wird die Werbekampagne "Lichtfahrer sind sichtbarer" wissenschaftlich begleitet?
8. Welches Institut bzw. welche(r) Wissenschafter werden/wird diese Untersuchung
durchführen?
9. Wie sieht der Forschungs- bzw.
Erkenntnisansatz dieser Untersuchung aus?
1O. Wann soll diese Untersuchung durchgeführt werden und wann sind die Ergebnisse
zu erwarten?
11. Welche Kosten verursacht die Werbekampagne "Lichtfahrer sind sichtbarer"
insgesamt und wer trägt diese Kosten?
12. Ist es richtig. daß die Kosten der Werbekampagne "Lichtfahrer sind sichtbarer',
letztlich aus Steuergeldern getragen werden?
13. Welche Mittel wurden in den letzten Jahren seitens des Ressorts für die
Verwendung von "Licht am Tag" aufgewendet?
14. Ist Ihnen bewußt, daß durch die Verwendung von Licht am Tag für alle
Fahrzeuge, Bestimmungen in StVO bzw. KFG, wie beispielsweise die permanente
Beleuchtungspflicht von einspurigen Kraftfahrzeugen, konterkariert werden, und
beabsichtigen Sie diesbezügliche Änderungen in StVO und KFG?
15. Sind dem Ressort die in der Präambel dieser Anfrage angesprochenen Bedenken
gegen die Verwendung von Licht am Tag bekannt?
16. Wie werden Sie diesen Bedenken Rechnung tragen?
17. Beabsichtigen Sie. wissenschaftliche Untersuchungen im Hinblick auf diese
Bedenken in Auftrag zu geben?
l8. In einem Inserat in der Zeitschrift News (Nr.3) vom 16. Jänner 1997 wird
angeführt, daß es "durch Fahren mit Licht am Tag" in Österreich laut Meinung von
Experten 35 bis 45 Verkehrstote und 800 bis 2.000 Verletzte pro Jahr weniger geben
würde. Um welche Experten handelt es sich hiebei, welche Qualifikationen
(Studienrichtung. Institutsangehörigkeit. wissenschaftliche Publikationen etc.) weisen
diese Experten auf und wie kommen die Experten auf diese Zahlen?
19. Weiters wird in diesem Inserat angeführt, daß in Finnland die Zahl der Unfälle bei
Tageslicht durch die Verwendung von Licht am Tag um 20% reduziert wurde. Um
welche Studie handelt es sich dabei?
20. Ist Ihnen bekannt, daß die Fahrzeuge in Finnland besondere technische
Einrichtungen (Tagfahrlicht) aufweisen und die Lichtverhältnisse in Finnland
während des Jahres erheblich zu Österreich differieren?
21. Kann deshalb eine Untersuchung überhaupt repräsentative Schlußfolgerungen für
Österreich zulassen?
22. Meinen Sie, daß es vom wissenschaftlichen Standpunkt gesehen legitim und dem
österreichischen Steuerzahler, der ja vermutlich die gegenständliche Kampagne
bezahlen muß, zumutbar ist, daß mögliche Ergebnisse aus einem anderen Land, die
unter anderen physikalischen Bedingungen (von
Österreich stark abweichende Tag-
/Nachtintervalle) und mit anderen technischen Einrichtungen gewonnen wurden, ohne
Adaption auf Österreich übertragen und zur propagandistischen Überzeugungsarbeit
einer höchst umstrittenen verkehrspolitischen Maßnahme verwendet werden?
23. Gibt es seitens des Ressorts Überlegungen etwas für die bessere Sichtbarkeit der
nicht lichtführenden Verkehrsteilnehmer zu tun?
24. In einem der TV-Spots der Werbekampagne "Lichtfahrer sind sichtbarer" wird
argumentiert. daß Murmeltiere in der Natur schwer erkennbar sind, da sie sich tarnen
und über keine Beleuchtungseinrichtung verfügen. Ist diese Problematik Ihres
Erachtens auch auf den (unbeleuchteten) Fußgänger oder auf das (unbeleuchtete)
Kind im Straßenverkehr übertragbar und wenn ja, warum wurde auf diese
Problematik in diesem TV-Spot nicht hingewiesen?
25. Werden Sie die Strategie "weg vom Parlament hin zu den Lenkern" (siehe APA-
Meldung Nr. 355 vom 11. Dezember 1996) auch bei anderen vom
Verkehrsministerium beabsichtigten verkehrspolitischen Maßnahmen anwenden, und
wenn ja, welche Mittel werden Sie dafür einsetzen?