2086/J XX.GP

 

der Abgeordneten Mentil, Meisinger

und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend

Millionenzahlungen der österreichischen Kontrollbank für von der Austria Rail

Engineering (ARE) akquirierte Eisenbahn-Geschäfte mit Algerien

In mehreren schriftlichen parlamentarischen Anfragen (6841/J,..., 18 GP,120/J,269/J,296/J, ...,

19.GP, 835/J, 836/J, 20. GP) bemühten sich freiheitliche Abgeordnete, Licht in die Geschäfte der

ARE, einer von einem deutschen Großkonzern dominierten, vorgeblich österreichischen Interessen

dienenden Eisenbahngesellschaft zu bringen.

Kurz gefaßt stellt sich die Tätigkeit der ARE, die sich der besonderen Gunst des gegenwärtigen

Bundeskanzlers und seinerzeitigen Verkehrs- und Finanzministers Klima zu erfreuen scheint, folgen-

dermaßen dar:

Unter Assistenz und massiver Förderung des jeweiligen österreichischen Verkehrsministers tritt die

ARE auf den internationalen Märkten unter der selbstgewählten Bezeichnung "Auslandsgesellschaft

der ÖBB", - und damit gleichsam als offizielle Vertreterin der Österreichischen Bundesbahnen - auf.

Die von einem deutschen Großkonzern dominierte Gesellschaft bedient sich der umfangreichen Un-

terstützung österreichischer staatlicher Stellen und setzt gezielt "das renommierte Image der ÖBB"

ein (Verkehrsminister Mag. Klima, 302/AB, 22.2.1995), um - speziell in Nordafrika - Aufträge für

Eisenbahnsysteme an Land zu ziehen.

Zur Finanzierung dieser Geschäfte werden den ausländischen Partnern (z.B. Algerien, Marokko,

Libyen) von den Finanzministern der Republik Österreich großzügige Kredite eingeräumt, bzw. wer-

den diese Geschäfte von der Kontrollbank besichert, die Haftung bei Zahlungsausfall wird somit von

den liefernden Unternehmen auf die Republik Österreich und damit auf den österreichischen Steuer-

zahler überwälzt.

Dazu kommt, daß ein großer Teil der mit diesen zweifelhaften Aufträgen verbundenen Wertschöpf-

ung offenbar nicht in Österreich, sondern in osteuropäischen Billiglohnländern erzielt wird.

Dem Vernehmen nach wird in Kreisen der OeKB-AG seit geraumer Zeit mit dem völligen Ausfall der

Zinsenzahlungen für von der ARE akquirierte Eisenbahngeschäfte mit Algerien gerechnet - eine

Rückzahlung der Kredite in Milliardenhöhe wird praktisch ausgeschlossen.

Da die in der ARE vertretenen Firmen jüngst mit einem neuerlichen Antrag auf Kreditgewährung für

Eisenbahnprojekte in Algerien an das Finanzministerium herangetreten sein sollen, richten die unter-

fertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

A n f r a g e

1. Mit Datum vom 28. Mai 1996 wurde von der ARE ein Antrag auf Anerkennung eines Haf-

tungsfalles im Ausmaß von ATS 6.673.053.-- an die Österreichische Kontrollbank AG ge-

stellt, mit Datum vom 15. November 1996 hat die OeKB diesem Antrag stattgegeben (siehe

Beilage).

a. Entspricht es den Tatsachen. daß die Kontrollbank für den Zahlungsausfall im Rahmen ei-

nes der von der ARE akquirierten. kreditfinanzierten Auslandsgeschäfte - abgewickelt

über die Bank Austria bzw. die Banque Algerienne de Developpement, Algier - haftet und

den aus diesem Geschäftsfall entstandenen Schaden in Höhe von etwa 6,67 Mio. Schilling zu

bedecken hat, und wenn ja,

wird die Kontrollbank in Zusammenhang mit diesem Geschäftsfall voraussichtlich weitere

Haftungsfalle anerkennen müssen?

b. Wurden von der ARE bzw. von anderen österreichischen Unternehmen in den Jahren 1990

bis 1997 weitere Anträge auf Übernahme von Haftungsfällen aus Geschäften nur Algerien

an die OeKB gestellt, und wenn ja, in welcher Höhe war dies jeweils der Fall?

2. Wie wird die Kreditwürdigkeit Algeriens im internationalen Vergleich der Staaten einge-

schätzt und wie entwickelte sich die internationale Bewertung der Kreditwürdigkeit

Algeriens in den Jahren 1990 bis 1996?

3. In Beantwortung 819/AB zur Anfrage 835/J (XX. GP) deutete Bundesminister Mag. Klima

an, Österreich habe "in der Folge des ersten Ölschocks" geschäftliche Kontakte im Bereich

der Eisenbahntechnologie mit Algerien gesucht, um "einen potentiellen Erdöl/Erdgasliefer-

anten" an sich zu binden.

a. Wie beurteilen Sie angesichts der kontrollbankbesicherten Milliardenverschuldung Algeriens

bei österreichischen Firmen, der enormen Zahlungsschwierigkeiten unserer nordafrikanischen

Geschäftspartner und der Geringfügigkeit algerischer Erdöl/Erdgaslieferungen nach Öster-

reich den "Erfolg" der damaligen außenwirtschaflichen Initiativen und deren Folgen für das

heutige Österreich?

b. Bestehen vertragliche Vereinbarungen, wonach sich Algerien bei Ausfall seiner Zins- und

Rückzahlungen zu kompensatorischen Erdöl/Erdgaslieferungen an Österreich verpflichtet

hat?

4. Welcher Wertschöpfungsanteil aus den mit österreichischen Krediten finanzierten Ei-

senbahngeschäften mit Algerien verblieb in Österreich?

5.

a. Wie beurteilen Sie die Wahrscheinlichkeit, daß Algerien künftig seine finanziellen Verpflich-

tungen (Zinsen, Rückzahlungen) aus von der Österreichischen Kontrollbank besicherten Ei -

senbahngeschäften mit heimischen Unternehmen erfüllen kann?

b. Hat Algerien schon mit der Rückzahlung der von der Kontrollbank besicherten Kredite be-

gonnen?

c. Bis wann wird Algerien aus heutiger Sicht der Dinge die Kredite in vollem Umfang getilgt

haben?

6.

a. Entspricht es den Tatsachen, daß in der ARE vertretene Firmen kürzlich mit dem Ansinnen

an das Finanzministerium herangetreten sind, dieses möge zur Finanzierung von Eisenbahn-

projekten in Algerien neuerlich einen entsprechenden Kreditrahmen im Umfang von ATS 2,5

Mrd. (davon 1,5 Mrd. für Siemens-Projekte) zur Verfügung stellen?

b. Wenn ja, haben Sie in dieser Sache bereits eine Entscheidung getroffen?

c. Wie stehen Sie prinzipiell zur Vergabe derartiger Kredite an ein politisch instabiles wirt-

schaftlich schwaches Land wie Algerien?

 

BEILAGE NICHT GESCANNT !!!