2148/J XX.GP
Dringliche Anfrage
der Abgeordneten Langsamer, Petrovic, Wabl, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land und Forstwirtschaft
betreffend Freisetztungen von Gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich
In Österreich stagnieren die Herbezid Umsätze, und so wird es für die Chemiekonzerne immer
schwieriger, ihre Produkterlöse zu steigern. Die Firma AgrEvo, die vor allem im Bereich
Pflanzenschutz tätig ist, wurde vor vier Jahren von den Chemieriesen Hoechst und Schering
eigens zum Zweck gegründet, um im Bereich Pflanzenschutz und Schädlingsbekämpfung über
mehr finanzielle Mittel für Forschung und Entwicklung zu verfügen. Die Entwicklung eines
Herbizides kostet nach eigenen Angaben der Firma AgrEvo zwischen 300 und 400 Millionen
D-Mark ( Die Zeit, 8.12.1995). Dementsprechend groß ist der Druck dieser Unternehmen auf
die Politik, die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen so liberal wie möglich zu
gestalten, damit diese Entwicklungskosten rasch heriengespielt werden können. Gentechnisch
veränderte Pflanzen sollen jetzt dafür sorgen, daß das Geschäft künftig wieder kräftig boomt.
Bereits im Vorjahr stellte die Firma T.B. Agrartechnik im Auftrag der AgrEvo, gemäß
Gentechnikgesetz einen auf Zehn Jahre anberaumten Freisetzungsantrag für gentechnisch
veränderten Mais. Dieser Antrag wurde jedoch aufgrund des großen Drucks der
österreichischen Bevölkerung zurückgezogen. Innerhalb von nur zwei Wochen wurden rund
40.0 Einwendungen gegen diese Freisetzungsversuche im Gesundheitsministerium
eingebracht. Aufgrund des breiten öffentlichen Widerstandes drohte damit „erstmals“ ein
Freisetzungsantrag in einem EU Mitgliedstaat abgelehnt zu werden. Dieses Risiko wollte der
eigentliche Antragsteller, die deutsche Firma Hoechst, sichtlich nicht eingehen, da damit ein
Präzedenzfall entstanden wäre, der auf andere Mitgliedstaaten der Union beispielhafte Wirkung
gehabt hätte.
Am 6.2.1996 wurde seitens der EU-Kommission gentechnisch veränderter Raps der Firma
Plant Genetic Systems ( PGS ) zu Züchtungszwecken zugelassen. PGS wollte bereits im Vorjahr
diesen Raps in Österreich freisetzen, doch nahm auch sie aufgrund der Gentechnik- Debatte und
des Bevölkerungswiederstandes davon wieder Abstand. Noch im August des selben Jahres
wurde die PGS von der Firma AgrEvo für rund 730 Mio Dollar übernommen. Somit
besitzt die Firma AgrEvo die Rechte, gentechnisch veränderten Raps in der Eu und somit auch
in Österreich freizusetzen. Dabei handelt es sich um Herbezidresistenten Raps, der gemäß
Beschluß der EU-Kommission zur Saatgutgewinnung freigesetzt werden kann. Unseren
Informationen nach will die Firma AgrEvo im Herbst 1997 an mehreren Orten in Österreich
diesen herbezidresistenten Raps freisetzen!
Zudem hat die Firma AgrEvo einen EU-weiten Antrag auf das Inverkehrbringen von
gentechnisch verändertem Mais gestellt. Sollte dieser Antrag noch im April durch die EU-
Kommission genehmigt werden, so beabsichtigt die Firma noch im April/Mai 1997 diesen
gentechnisch veränderten, ebenfalls herbizidresistenten ( Liberty) Mais in Österreich
freizusetzen.
Obwohl über 80% der österreichischen Bevölkerung und der österreichischen Bäuerinnen und
Bauern den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelproduktion
ablehnen, versuchen die politisch verantwortlichen immer wieder diese Problematik zu
verharmlosen.
Zahlreiche Politikerinnen und Landwirtschaftsfunktionäre haben sich zu dieser Problematik
geäußert, indem sie die Notwendigkeit der Gentechnik in der Landwirtschaft relativiert haben,
dennoch aber nicht bereit die politischen konsequenzen daraus ziehen. Generell muß die
Frage gestellt werden, ob die Bauernvertreter noch Ihrer Bauern oder die Interessen von
Großkonzernen vertreten? Bauernbunddirektor Franz Ledermüller etwa erklärte im Standard
vom 17. Feber 1997, daß die Gentechnik für Europas Landwirtschaft zwar nicht nötig sei, dennoch sei sie unausweichlich.
Ich kann gut verstehen, daß die Bauern keine Notwendigkeit sehen, Gentechnik einzusetzen.
Es ist auch eine richtige Beurteilung, daß wir derzeit in Österreich ohne die neuen
Maiszüchtungen und die neuen Sojabohnen wunderbar auskommen. Es ist aber etwas anderes
zu sagen, wir wollen auf längere Sicht die möglichen Vorteile dieser Technologie
ausschließen August Astl, Generalsekeretär der Landwirtschaftskammer , im Standard vom 25.2.1997.
Das Positionspapier der Regierung ist sehr klar: die Chancen nützen, aber Vorsicht bei
gewissen Anwendungen wie etwa weitgehender Herbizid-Widerstandsfähigkeit
Landwirtschaftsminister Molterer im Kurier vom 17.3.1997.
Noch zählt Österreich zu jenen EU-Staaten, wo noch keine Freisetzungen von gentechnisch
veränderten Organismen stattgefunden haben. Wenn nicht raschest seitens der politisch
Verantwortlichen gehandelt wird, drohen noch heuer die ersten Freisetzungen von
gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich durch die Firma AgrEvo. Da die
österreichische Bevölkerung ein Anrecht auf eine umfassende und lückenlose Information und
Transparenz hat stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Land-
und Forstwirtschaft folgende
Dringliche Anfrage
1.Wie stehen sie zum Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft? Und stehen Sie hinter
den Forderungen der österreichischen Bauern, die mit fast 90%iger Mehrheit den Einsatz
der Gentechnik in der Landwirtschaft strikt ablehen?
2.Lehnen Sie den Einsatz der Herbezidresistenz-Technik ab? Wenn nein, warum nicht?
3.Wie stehen Sie zu einem Freisetzungsversuch von herbezidrestenten Pflanzen im Rahmen eines
Forschungsobjektes?
4.Würden Sie sich für ein derartiges Forschungsprojekt aussprechen?
5.Ist es richtig, daß die Firma AgrEvo im März dieses Jahres ( u.a. vertreten durch Herrn
Nimmerrichter( Hoechst) und Herrn Korosec (T.B.Agrartehnik) bei Ihnen vorsprach?
6. Wann hat dieser Termin stattgefunden?
7.
7.Ist es richtig, daß Sie dabei darüber informiert wurden, daß die Firma AgrEvo beabsichtigte,
noch heuer ( im Herbst) gentechnisch veränderten Raps in Österreich freizusetzen?
8.Ist es ebenfalls richtig, daß Sie darüber informiert wurden, daß geplant sei, gentechnisch
veränderten Mais noch heuer in Österreich freizusetzen, sollte noch im April dieses Jahres
die EU-Genehmigung für das Inverkehrbringen erfolgen?
9.Ist es richtig, daß die Firma AgrEvo im Feber dieses Jahres bei Umweltminister Dr.
Martin Bartenstein vorsprach?
10.Wann hat dieser Termin stattgefunden?
11.Ist es richtig, daß der Umweltminister darüber informiert wurde, daß die Firma AgrEvo
beabsichtige, noch heuer ( im Herbst) gentechnisch veränderten Raps in Österreich
freizusetzen?
12.Ist es ebenfalls richtig, daß der Umweltminister darüber informiert wurde, daß geplant sei,
gentechnisch veränderten Mais noch heuer in Österreich freizusetzen, sollte noch im April
dieses Jahres die EU-Genehmigung für das Inverkehrbringen erfolgen?
13.Ist es richtig, daß die Firma AgrEvo heuer bei Wirtschaftsminister Dr. Hannes Farnleitner
vorsprach?
14.Wann hat dieser Termin stattgefunden?
15.Ist es richtig, daß der Wirtschaftsminister darüber informiert wurde, daß die Firma AgrEvo
beabsichtige, noch heuer ( im Herbst) gentechnisch veränderten Raps in Österreich
freizusetzen?
16.Ist es ebenfalls richtig, daß der Wirtschaftsminister darüber informiert wurde, daß geplant sei,
gentechnisch veränderten Mais noch heuer in Österreich freizusetzen, sollte noch im April
dieses Jahres die EU-Genehmigung für das Inverkehrbringen erfolgen?
17.Welche anderen Minister-Kolleginnen haben Sie über diese Gespräche und deren Inhalte
informiert und wann ( bitte um Angabe der genauen Daten)?
In formeller Hinsicht wir die dringliche Behandlung dieser Anfrage gemäß §93(2) GOG verlangt.