2234/J XX.GP
Dringliche ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Pollet-Kammerlander, Langthaler, Freundinnen und
Freunde
an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz
betreffend Frauenvolksbegehren und
Gentechnikvolksbegehren
Von 7. - 14. April finden bundesweit zwei wichtige Volksbegehren statt, die
richtungsweisend für die gesellschaftspolitische Positionierung und Entwicklung
dieses Landes sind. Im Gegensatz zu Themen wie EU-Beitritt, Einführung des
EURO und anderen Themen, die von den Regierungsparteien manipulativ auf das
von ihnen gewünschte Ergebnis mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln
vorangetrieben werden, herrscht bei diesen beiden Volksbegehren nicht nur
vornehme Zurückhaltung sondern Desinformation vor. Das geht soweit, daß im
Vorfeld bereits Signale gesetzt werden, die schon jetzt erahnen lassen, daß eine
anderslautende Artikulation der Bevölkerung nicht respektiert wird. Die Haltung
der Regierungsmitglieder ignoriert die Willenserklärung des Volkes und prägt
damit im wesentlichen die Linie der Regierungsfraktionen im Parlament.
So wurde von der Konsumentenschutzministerin vor dem Gentechnik-
Volksbegehren eine Studie zurückgehalten, da sichtlich deren Ergebnisse nicht
zur Gänze den Wünschen der Auftraggeber entsprachen. Leider manifestiert sich
der Eindruck, daß seitens der Bundesregierung alles unternommen wird, damit
das Volksbegehren nicht zu einem Erfolg wird. So verkündete etwa
Konsumentenschutzministerin Barbara Prammer im Kurier vom 29. März 1997,
daß es in Österreich jedenfalls Freisetzungen geben wird, obwohl ein
Freisetzungsverbot von gentechnisch veränderten Pflanzen eine der zentralen
Fordrungen des Gentechnik-Volksbegehrens ist.
Vergessen sind die gesamten Versprechungen der Bundesregierung, auf EU-
Ebene eine soziale und ökologische Vorreiterrolle einzunehmen, ebenso die
Versprechungen im Rahmen des Gleichbehandlungspaketes.
'Die Bundesregierung wird in der EU soziale und ökologische Themen aufgrund
der österreichischen Erfolge auf diesen Gebieten aktiv vorantreiben, um die
bestehenden Defizite der EU auf diesen Gebieten auszugleichen" ' versprach EU-
Staatssekretärin Ederer vor dem EU-Beitritt.
Da die Bevölkerung ein Anrecht auf umfassende Information in allen Belangen
hat, ist es notwendig, das lnformationsdefizit der Bevölkerung gerade bei für die
Bundesregierung unangenehmen Themen mit allen zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten auszugleichen .
Die einzelnen Forderungen des Frauenvolksbegehrens stellen nichts Neues dar,
dennoch ist die Zeit gerade jetzt mehr als überfällig, endlich Um-
zusetzungsmaßnahmen zu treffen. Insbesondere in Zeiten von Arbeitslosigkeit
und Bugdetkonsolidierung wird Frauenpolitik verstärkt zum einsparbaren
Luxusgut und erfordert daher eine klare Positionierung der Bundesregierung, daß
Frauengleichbehandlung auch etwas kosten darf. Nur durch aktive
Gegensteuerung kann die nach wie vor vorhande De-facto-Ungleichheit
abgebaut werden; formale Gleichstellung ohne systemändernde Maßnahmen
setzt Disparitäten ungehindert fort. In dieser Situation kann ein
Frauenvolksbehren ein Bewußtsein schaffendes und mobilisierendes Moment
darstellen und den notwendigen Reformimpuls geben.
Der Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Lebens-
mittelproduktion dient in erster Linie der Produktionssteigerung und der weiteren
Technologisierung der Landwirtschaft. Die europäische Landwirtschaft hat
massive Probleme aufgrund von Überproduktion (Fleischberge, Milchseen etc.),
Tonnen von Lebensmittel werden vernichtet. Gentechnologie in der
Landwirtschaft ist mit einer Vielzahl von Risiken verbunden. Diese Risiken sollen
eingegangen werden, obwohl überhaupt kein Bedarf für den Einsatz der
Gentechnik besteht. Selbst ein Befürworter, wie der Bauernbunddirektor Franz
Ledermüller gab im Standard vom 17. 2. 1997 zu, ',Für Europas Landwirtschaft
ist sie zwar nicht nötig,... " In einer der letzten EU-Ministerratssitzungen der
Agrarminister wurde übrigens als eines der vorrangigsten Ziele festgesetzt, daß
in Zukunft nicht mehr so viele Lebensmittel in der EU vernichtet werden sollen!
Das Gentechnik-Volksbegehren versteht sich als Auftrag an die österreichischen
Politiker, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in Österreich und auf
europäischer Ebene gefährliche Fehlentwicklungen zu verhindern. Ähnlich wie
im Bereich der Atomkraft (Verhinderung von Zwentendorf) muß Österreich auf
EU-Ebene auch bei der "unkontrollierbaren" Gentechnik die Vorreiterrolle
übernehmen, um negative Folgen von Anfang an zu verhindern.
Die unterfertigten Abgeordneten Stellen daher folgende
Dringliche ANFRAGE
1 . Ab welcher Anzahl von Unterschriften nehmen Sie die Wünsche und
Sorgen der Bevölkerung ernst?
2 . Halten Sie eine der in den Volksbegehren angeführten Forderungen für
unerfüllbar? Wenn Ja, geben Sie die Gründe dafür an.
3 . Wenn es ein entsprechendes Votum der Bevölkerung für die Umsetzung
der Forderungen der Volksbegehren gibt: Sehen Sie es als Ihre Aufgabe an, sich
an die Versprechen der Bundesregierung u. a. vor dem EU-Beitritt zu halten und
eine Vorreiterrolle in sozialen und ökologischen Belangen auch durch nationale
Alleingänge zu übernehmen?
4. Bekennen Sie sich zu dem Grundsatz, daß die Kosten der Umsetzung von
Gleichbehandlungspolitik auch in finanziell schwierigen Zeiten aufgebracht
werden müssen?
5 . welche Maßnahmen werden Sie umgehend zur Umsetzung der einzelnen
Forderungspunkte des Frauenvolksbegehrens in Angriff nehmen, die nicht schon
bisher Inhalt der aktuellen Regierungspolitik waren? (Bitte anhand der 11
Forderungspunkte beantworten . )
Text nicht scannbar
6 . werden Sie im Ministerrat eine Regierungsvorlage zur Änderung des
österreichischen Lebensmittelgesetzes einbringen, die ein Verbot des
Einsatzes der Gentechnologie in der heimischen Lebensmittelproduktion
zum Inhalt hat?
7 . Werden Sie im Ministerrat eine Regierungsvorlage zur Änderung des
österreichischen Gentechnikgesetzes einbringen, die ein Freisetzungsverbot
für gentechnisch veränderte Pflanzen zum Inhalt hat?
8 . Werden Sie hinsichtlich des lnverkehrbringens von gentechnisch
veränderten Lebensmitteln einen nationalen Alleingang innerhalb der EU
unternehmen und einen Importstopp verfügen?