2339/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend Kürzung des Hochschulbudgets um 4,5 Milliarden
Bei einer Tagung der Hochschullehrergewerkschaft am 3. April 1997 an der
Veterinärmedizinischen Universität hat Wissenschaftsminister Einem die zukünftige
Budgetentwicklung seines Ressorts skizziert. Der Wissenschaftsminister ging dabei davon
aus, daß heuer ( 1997) bei den Personalkosten ein Überhang von etwa 700 bis 800 Millionen
zu verzeichnen sei, daß also 700 bis 800 Millionen fehlen würden und daß die 6,42
prozentige Bindung ebenfalls zwischen 700 und 800 Millionen ausmachen werde. In der
ORF-Sendung "Report" vom 22. April 1997 jedenfalls wurde von einem Fehlbetrag in der
Höhe von 1,5 Milliarden für 1997 gesprochen. Mittlerweile ist also klar abzusehen, daß die
Bindung tatsächlich als Kürzung zu verstehen ist, sie also nicht aufgehoben werden wird. In
seiner weiteren Vorschau ging der Wissenschaftsminister davon aus, daß er 1998 einen
Fehlbetrag von rund 3 Milliarden Schilling und 1999 von gar 4,5 Milliarden Schilling in
seinem Ressort zu verzeichnen haben wird.
Unklar blieb den Zuhörenden, ob diese Zahlen im Vergleich zum Budget 1997, das laut
Bundesvoranschlag 30, 15 Milliarden vorsieht, gemeint waren, oder ob sich diese Zahlen auf
die prognostizierte Budgetentwicklung bezogen haben, es sich also um Struktureffekte
handelt, die zu einer Steigerung des Wissenschaftsbudgets führen würden, wofür aber das
Geld aufgrund des Sparzwangs in den kommenden Budgets für 1998 und 1999 nicht
vorhanden ist.
Eine derartige Einsparung von 4,5 Milliarden Schilling für 1999 in Relation zum 97er
Budget käme jedenfalls einer Kürzung der Hochschulausgaben um rund ein Sechstel gleich,
doch auch, wenn sie sich "nur" auf die prognostizierte Budgetentwicklung beziehen würde,
würde diese Kürzung verheerende Folgen für die Hochschulen haben .
So warnte etwa anläßlich der Verfügung der Bindung der Vorsitzende der
Rektorenkonferenz, Univ. Prot. Dr. Peter Skalicky, daß die "jüngsten Budgetvorgaben für
die Unis dazu führen würden, daß Österreichs Wissenschaft und Forschung im
internationalen Wettbewerb nicht mehr überlebensfähig seien" (APA 433, 7. April 1997)
Und am 17. April wird folgende Aussage des Wissenschaftsministers in der "Presse" zitiert:
"Prinzipiell sei er (Einem; Anm. MP) der Meinung, daß in seinem Ressort nichts mehr
eingespart werden könne." (Die Presse, 17. April 1997)
Der Wissenschaftsminister behauptet ,also einerseits, daß nichts mehr eingespart werden
könne, andererseits berichtet er aber vor der Hochschullehrergewerkschaft, daß mit massiven
Einsparungen bis 1999 zu rechnen sei .
Ein Hintergrund für diese massiven budgetären Probleme scheint folgender zu sein:
Die fehlende Deckung bei den Personalkosten rührt davon her, daß bei der Budgeterstellung
für 1996 und 1997 das Budget 1995 als Grundlage herangezogen wurde. 1995 wurde aber
im letzten Quartal zusätzliches Personal (u.a. die Existenzlektoren) aufgenommen, was
budgetär auch nur für dieses Quartal budgetwirksam wurde. Erst 1 996 wurden die
entsprechenden Personalausgaben für das ganze Jahr wirksam, was für 1996 zusätzliche
Mittel erforderlich gemacht hätte, die es aber aufgrund des Sparpakets nicht gegeben hat. In
einein Bericht der "Presse" vom 5. Juli 1996 war von einem Fehlbetrag in der Höhe von
450 Millionen die Rede. Die "Presse" spekulierte damals:
"Entweder Scholten hat diesen Budgetposten tatsächlich übersehen und muß jetzt diese
Mittel irgendwie auftreiben. Oder der Minister hat sehr wohl um die Lücke Bescheid
gewußt, aus Räson gegenüber dem Sparziel aber geschwiegen." (Die Presse, 5. Juli
1996)
Ob diese zusätzlich nötigen 450 Millionen jemals vorhanden waren, muß dahingestellt
bleiben, jedenfalls ist auch heuer wieder von Fehlbeträgen für das Personalbudget die Rede,
diesmal fast in doppelter Höhe des Jahres 1996.
Das Zustandekommen dieser gigantischen Fehlbeträge kann, wenn es nicht aus "Räson
gegenüber dem Sparziel" erfolgt ist, wohl nur in einer katastrophalen Fehleinschätzung oder
Fehlberechnung seitens des Ministeriums begründet sein. Daß das Ministerium offenbar
nicht wirklich weiß, was in seinem Zuständigkeitsbereich tatsächlich der Fall ist, darauf
verweist auch die Tatsache, daß für die Dienstrechtsverhandlungen trotz vielfacher Urgenz
seitens der Dienstnehmer keinerlei exakte Zahlen über die Kosten der Lehre seitens des
Ministeriums zur Verfügung gestellt werden konnten. Vielmehr haben zwei Wissenschaftler
der Universität Graz, die Arbeitnehmerseite also, eine Expertise über die Kosten der Lehre
an der Universität Graz erstellt, auf deren Basis die Dienstrechtsverhandlungen dann auch
geführt worden sind.
Ein zweiter Grund für diese massiven Finanzierungsprobleme der Universitäten dürfte
darauf zurückzuführen sein , daß aus dem Wissenschaftsbudget für die
Veterinärmedizinische Universität in Zukunft zwischen 600 und 700 Millionen Schilling
jährlich an die BIG zu bezahlen sind. Derzeit bezahlt das Wissenschaftsministerium an die
BIG laut Bundesvoranschlag (BVA) 1997 genau 1 , 105 Milliarden, die Zahlungen für die
VetMed bedeuten also eine zusätzliche Belastung um 50 % . 6-700 Millionen jedenfalls, die
im Wissenschaftsbudget sehr fehlen werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1) Ist es richtig, daß der Wissenschaftsminister bei einer Tagung der
Hochschullehrergewerkschaft am 3. April 1997 an der Veterinärmedizinischen
Universität von der Notwenigkeit massiver
Einsparungen in seinem Ressort sprach?
2) Ist es richtig, daß die 6,42-prozentige Budgetbindung tatsächlich einer Kürzung
gleichkommt, da sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aufgehoben werden wird?
3) Ist es richtig, daß im Wissenschaftsbudget für 1997 rund 1 ,5 Milliarden Schilling
fehlen , wie in der ORF-Sendung "Report" vom 22. April 1 997 berichtet wurde?
4) Wie konnte ein Fehlbetrag in der Höhe von 1 ,5 Milliarden entstehen? Woraus setzt
sich dieser Fehlbetrag zusammen?
5) Ist es richtig, daß der Wissenschaftsminister bei der angesprochenen Tagung der
Hochschullehrergewerkschaft Einsparungen bzw. Fehlbeträge in der Höhe von 3
Milliarden für 1998 und 4,5 Milliarden für 1999 prognostizierte?
6) Wie kommt es zu der prognostizierten Einsparung bzw. dem Fehlbetrag für 1998 und
1999 in der angekündigten Höhe von 3 bzw. 4,5 Milliarden? Woraus setzt sich dieser
Betrag zusammen?
7) Wenn es sich bei diesen Zahlen um Einsparungen, ausgehend vom derzeitigen Budget
handelt, es sich also um eine Reduktion des Wissenschaftsbudgets handelt: Wo wird
es Einsparungen geben? Wird der Minister Zugangsbeschränkungen für die
Hochschulen vorsehen? Was werden die Kriterien sein? Wird es zu Schließungen von
Instituten, Fakultäten oder Universitäten kommen? Wird Personal abgebaut werden?
8) Wenn es sich um Fehlbeträge aufgrund von Struktureffekten handelt: Was wird der
Wissenschaftsminister tun, um diese Fehlbeträge auszugleichen? Wird es für 1997 zu
einer Budgetüberschreitung kommen? Wird es für die Jahre 1998 und 1999 zu einer
Erhöhung des Wissenschaftsbudgets kommen? Wird es zu Schließungen von
Instituten, Fakultäten oder Universitäten kommen?
9) Wie ist es zu verstehen, daß der Wissenschaftsminister einerseits von Einsparungen
bzw. Fehlbeträgen in der Höhe von 4,5 Milliarden spricht, gleichzeitig aber beteuert,
an den Universitäten könne nicht mehr gespart werden? Wird der Minister daher sein
Amt zur Verfügung stellen, wenn weiter gespart werden muß?
10) Ist es richtig, daß im letzten Quartal 1995 zusätzliche Dienstposten geschaffen
wurden, für die Budgeterstellung 1996 und 1997 jedoch vom 95er-Budget
ausgegangen wurde, obwohl diese neugeschaffenen Dienstposten im Jahr 1995
budgetär noch nicht ganzjährig wirksam wurden?
11) Wenn ja: Welche der in der "Presse" angeführten Varianten ist richtig? Wurde der
Budgetposten übersehen oder wurde er aus Räson gegenüber dem Sparziel
verschwiegen? Wenn er übersehen wurde: Wer trägt dafür die Verantwortung?
12) Ist es richtig, daß das Ministerium nicht in der Lage war, exakte Zahlen über die
Kosten der Lehre zur. Verfügung zu
stellen?
13) Ist es weiters richtig, daß zwei Wissenschaftler der Universität Graz innerhalb kurzer
Zeit eine Expertise über die Kosten der Lehre an der Universität Graz erstellt haben,
auf deren Basis die Dienstrechtsverhandlungen dann auch geführt worden sind?
14) Wie ist es möglich, daß zwei Wissenschaftler in relativ kurzer Zeit Zahlen zur
Verfügung stellen können, das Ministerium, dessen Aufgabe das eigentlich wäre, dazu
aber offenbar seit Jahren nicht in der Lage ist?
15) Ist es richtig, daß aus dem Wissenschaftsbudget an die BIG zusätzliche 600 -700
Millionen Schilling für die Benützung der Veterinärmedizinischen Universität zu
bezahlen sind? Wird es dafür eine zusätzliche budgetäre Bedeckung geben oder
müssen diese Mittel im Rahmen des Wissenschaftsbudgets aufgebracht werden? Wie
hoch ist der genaue Betrag?