2347/J XX.GP
DRlNGLICHE ANFRAGE
der Abgeordneten Schmidt, Moser, Partnerinnen und Partner
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Beschädigung der Glaubwürdigkeit Österreichs durch Fehlleistungen in
der Außenpolitik im Verhalten rund um die Kurden-Morde, bei den Beziehungen zum
Iran und in der NATO-Frage
Zitat aus dem "Mykonos"-Urteil vom 10. April, bei dem das Kammergericht Berlin
gegen zwei Mörder von Sadek Sharafkandi, dem Nachfolger von Rahman
Ghassemlou als Führer der iranischen Kurden, lebenslange Freiheitsstrafen
verhängte: "Zu (den) wichtigsten Aufklärungsobjekten (des iranischen
Geheimdienstes) gehörte die DPK-1, wie sich aus einem Fernsehinterview des
iranischen Ministers für Information und Sicherheit Fallahian vom 30. August 1992
ergibt. Um diese Stimme zum Schweigen zu bringen, faßte die politische Führung
Irans den Entschluß, die Führung der DPK-1 nicht nur politisch zu bekämpfen,
sondern sie zu liquidieren. Die Tötung des damaligen Vorsitzenden der DPK-1 Dr.
Abdul Rahman Ghassemlou und zwei seiner Vertrauten am 1 3. Juli 1 989 in Wien
sowie die hier abgeurteilte Tat sind Folgen dieses Entschlusses. Der rote Faden, der
die Geschehnisse von Wien und Berlin verbindet, ist unübersehbar. Es ist
auszuschließen, daß sie auf Konflikte unter kurdischen Oppositionsgruppen
zurückzuführen sind." (zitiert nach einer Pressemitteilung der Senatsverwaltung für
Justiz in Berlin, 11.4.1997)
Dieses Urteil, welches aufzeigt, daß der Iran durch die Handhabung der Kurden-
Morde in Wien geradezu ermutigt wurde, weitere Attentate im Ausland zu initiieren,
ist ein schwerer Schlag für die Glaubwürdigkeit der österreichischen Außenpolitik,
sowohl was die Beziehungen Österreichs mit dem Iran angeht als auch was die
Bewältigung der Ereignisse von 1 989 betrifft.
Umso unverständlicher ist es, daß das Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten im Gegensatz zu den Bundesministerien für Justiz und lnneres für
einen eigenen Bericht zur Aufklärung der Vorkommnisse bis zur Ministerratssitzung
am 29. April "keine Notwendigkeit" (STANDARD, 29.4.97) sah, obwohl es
möglicherweise eine Drehscheibe in dieser Affäre war.
Befremdlich auch, daß die Parteichefs von SPÖ und ÖVP - im Gegensatz zu einigen
Abgeordneten - derzeit die Einsetzung eines parlamentarischen
Untersuchungsausschusses ausschließen (Bundeskanzler Klima in "Zeit im Bild",
22.4.1997, ÖVP-Obmann Schüssel im Rahmen eines einstimmigen Beschlusses des
Bundesparteivorstandes am 24.4, 1 997). Da
jedoch ein solcher Ausschuß die einzige
Möglichkeit ist, die politische Verantwortung der damaligen Minister und hohen
Beamten aufzuzeigen, und seit der letzten Sitzung des Nationalrates am 14. April
weitere Argumente hinzugekommen sind, ist die heutige Sondersitzung des
Nationalrates und die Dringliche Anfrage an den offensichtlich nicht
aufklärungswilligen Außenminister unbedingt notwendig.
Die Chronologie der Abläufe nach dem Mord an zwei kurdischen Iranern und einem
Österreicher am 1 3. Juli, wie sie sich allein aus veröffentlichten Fakten aus heutiger
Sicht ergibt (und daher in dieser Begründung nicht wiederholt werden muß), zeigt
mögliche Verfehlungen der Bundesministerien für lnneres, Justiz und auswärtige
Angelegenheiten auf, die nur durch einen parlamentarischen Untersuchungs-
ausschuß geklärt werden können. Da jedoch eventuelle Fehlleistungen der Polizei-
und Justizbehörden nicht möglich gewesen wären (so sie nicht auf Schlamperei und
Unfähigkeit beruhten), wenn nicht Druck seitens des Iran ausgeübt worden bzw. die
guten Beziehungen mit der islamischen Republik auf dem Spiel gestanden wären, ist
der Umgang des Außenministeriums in dieser Angelegenheit von entscheidender
Bedeutung.
Alles deutet darauf hin, daß die Verdächtigten Djafari Sahraroodi und Amir Mansour
Bosorgian mit Hilfe österreichischer Behörden flüchten konnten, obwohl ein
Tatverdacht ihnen gegenüber von Beginn an gegeben war. Dies war auch schon in
der öffentlichen medialen Diskussion im Jahr 1989 klar ersichtlich, wie hier mit
einigen Beispielen bewiesen werden soll:
Der Wiener Polizeivizepräsident Marek gab bereits am 17. Juli der Öffentlichkeit
bekannt, daß sich Bosorgian in Widersprüche verwickle, ihn jedoch niemand am
Verlassen des Landes hindern könne, da kein richterlicher Beschluß vorliege
(STANDARD, 18,7.89).
Um den 20. Juli kristallisiert sich heraus. daß der Iran hinter den Attentaten steckt.
Der Haftbefehl gegen Bosorgian und den Unbekannten ist ausgestellt und wird
prompt vom iranischen Botschafter als "ungerecht" bezeichnet. "Teheran protestiert
gegen Haftbefehl" ist eine Schlagzeile des STANDARD am 20.7. Außenminister
Mock spricht erstmals gegenüber der PRESSE (21 .7.89) von "Schweinerei" bez. der
Haltung des Iran und vermutet einen "Hinterhalt".
Am 22. Juli 89 steht bereits in der PRESSE: "Nervenkrieg mit Iran: Wien gibt
Verdächtigen frei" und meint die Entlassung Sahraroodis aus dem Spital. Im Artikel
heißt es: "Die Widersprüche in den Aussagen der beiden Männer waren das bisher
konkreteste Indiz in österreichischen Händen, das auf eine sonst nicht beweisbare
iranische Verwicklung in den Terrorfall hindeutet, Diese Konzession dürfte in
Zusammenhang mit der Sorge um in Iran lebende Österreicher stehen."
Am 25. Juli 89 berichtet die PRESSE über den Abflug von Sahraroodi.
Außenminister Mock will darüber nicht informiert gewesen sein.
Am 26. Juli 89 ist in der AZ zu lesen, daß STAPO-Chef Schulz die Justiz
beschuldigte, den Haftbefehl gegen Sahraroodi nicht ausgestellt zu haben, obwohl
die Beweislage erdrückend war.
Am 27. Juli wird im Kurier bereits über den "von der Polizei schon am 1 9. Juli
angeregten Haftbefehl" gegen Sahraroodi in Zusammenhang mit dem Motorradkauf
berichtet, dessen Ausstellung von Staatsanwalt Fasching abgelehnt wurde.
Bereits ab 27. Juli tauchen Vermutungen über Druckausübung der iranischen
Behörden wegen der im Iran lebenden Österreicher auf. Die Schlagzeile des
STANDARD vom 27. Juli: "Kurdenmord: Behörden ließen 1/erdächtigen ausreisen".
Im Artikel heißt es: "Ein Geschäft zwischen Staatspolizei, Außenministerium und der
iranischen Botschaft hat einem Verdächtigten, die Ausreise aus Österreich
ermöglicht." Und weiter: "Im Außenamt heißt es; 'Die Iraner sind gar nicht nobel,
sondern beinhart'. Sie schreckten auch vor Drohungen nicht zurück, Österreicher im
Iran zu ermorden."
Am 28. Juli erscheint ein Interview mit Dr. Thomas Klestil im STANDARD: "Die Iraner
waren schon sehr aufgeregt, als Mock gesagt hat, daß diese Geschichte eine
Schweinerei sei", sagte er wörtlich.
Am 29. Juli berichten die Medien über eine Pressekonferenz von Justizminister
Foregger mit Innenminister Löschnak. Sahraroodi habe doch noch nach dem
Attentat "Help, Police!" gerufen und sei selbst verwundet gewesen. so Foregger zu
seiner Verteidigung. Außerdem hätte der Schußhandtest nichts ergeben.
Staatsanwalt Fasching, der die Ermittlungen seitens der Justiz leitete, sagte: "Die
Hemmschwelle, ihm die Opferrolle abzuerkennen, habe ich bis heute nicht
überwunden." (STANDARD, 29.Juli).
Zwei Tage nach Erlassung des Haftbefehls gegen alle drei Iraner begab sich der
STANDARD am 30, November 89, dem Tag, an dem Bosorgian vermutlich
ausgereist ist, auf die Suche nach ihm. Die iranische Botschaft sagte, er sei vor 10
Minuten gegangen(?), befinde sich aber in Österreich.
Noch am 1 . Dezember 89 meinte Mock laut STANDARD, daß es keine Diskussion
darüber geben könne, daß sich Bosorgian stellen müsse. Eine Anfrage beim
iranischen Botschafter habe "keine positiven Reaktionen ausgelöst"(!). Im
Justizministerium bestätigt man, daß eine Auslieferung trotz Diplomatenstatus
verpflichtend sei.
Am 3.12. 89 ist schließlich dem KURIER zu entnehmen, daß die iranische Regierung
weiter gegen die Haftbefehle protestiert und durchblicken ließ, daß sie "die
Sicherheit von im Iran lebenden Österreichern nicht mehr gewährleisten kann."
Dann schlief die Sache fast völlig ein. Im Jahr 1992 sagte Generalanwalt Mayerhofer
(Justizministerium): "Die Kurden sind tot, die Verdächtigen sind im Iran, und damit
hat sich's."
Mit dieser Zusammenstellung soll gezeigt werden, daß die in den letzten Wochen
aufgetauchten Fakten meis't nicht neu oder Ergänzungen zum Wissensstand von
1 989 sind. Eine Untersuchung der Ungereimtheiten hätte also schon damals
stattfinden müssen und hätte bessere
Ergebnisse gebracht als der nun notwendige
parlamentarische Untersuchungsausschuß, da viele Beteiligte noch nicht tot oder in
Pension waren.
Doch im Grunde fügt sich die Handhabung der Aufklärung der Kurden-Morde durch
die Behörden nahtlos in die Geschichte der Beziehungen Österreichs mit dem Iran,
die viel mehr um die Sorge der auszubauenden Wirtschaftsbeziehungen als um
Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte geprägt war. An die Noricum-Affäre braucht
hier gar nicht erinnert werden. Eher in Vergessenheit geraten ist heute, daß
Österreich das erste westliche Land war, das 1984 seinen Außenminister Erwin Lanc
in den nach-revolutionären Iran schickte und daß der iranische Außenminister Ali
Akbar Velayati mit Österreich 1 987 das erste westliche Land seit 1 979 besuchte.
Daraufhin entwickelt sich eine rege Besuchsdiplomatie zwischen diesen beiden
Ländern bis heute, die vom Bemühen um ständigen Ausbau der Wirtschafts-
beziehungen bei möglichst häufigem Verschweigen der Menschenrechtsproblematik
oder gar der Kurden-Morde von Seiten Wiens geprägt war. Dies gipfelte unter
anderem darin, daß nach dem "Todesurteil" des Iran gegen Salman Rushdie im
Februar 1 989 Österreich das einzige demokratische Land der westlichen Welt war,
das seinen Botschafter nicht aus Teheran abzog.
Im Rahmen der EU hat sich die Haltung Österreichs gegenüber dem Iran nicht
geändert, wie die Ereignisse nach dem "Mykonos"-Urteil in Berlin zeigen. Am 1 1 .
April werden die Botschafter aus Teheran abgezogen, was Außenminister Schüssel
am 30. April laut APA als "Symbol" bezeichnet, nach der Entscheidung über die
Aufhebung dieser Maßnahme am 29. April setzt man sich der Peinlichkeit aus, daß
der Iran manche EU-Vertreter (aus Dänemark und Deutschland) nicht mehr
willkommen heißen möchte und steht vor einem Scherbenhaufen. Ein "Drei-Stufen-
Plan" gegenüber dem Iran, der nach einiger Zeit zu Wirtschaftssanktionen und
letztendlich zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Iran führen
würde, wenn dieser nicht bei der Aufklärung vom im Ausland verübten Morden mit
den Behörden der betreffenden Ländern kooperiert, wäre angesagt gewesen. Doch
ein entsprechender Antrag im EU-Hauptausschuß des Nationalrates wurde von den
Regierungsparteien abgelehnt.
So wie es in der Iranfrage um Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit österreichischer
Außenpolitik geht, die durch die beschriebene Weise schwer beschädigt scheint, hat
ein Ereignis der jüngsten Vergangenheit der Reputation Österreichs weiteren
Schaden zugefügt. Es war dies die Rede von Außenminister Schüssel am 24. April
vor dem NATO-Generalstab. Der Außenminister legte der NATO dabei quasi nahe,
Österreich zum Eintritt in das Bündnis "einzuladen". Ungeachtet dessen, daß eine
ehrliche und tiefgreifende Sicherheitsdebatte in Österreich mehr als überfällig ist,
scheint die vom Außenminister gewählte Vorgangsweise deshalb unverantwortlich,
weil damit Österreich - wie die darauffolgenden Reaktionen des Regierungspartners
SPÖ bewiesen haben - mit zwei Zungen spricht und den Eindruck zweier
unterschiedlicher bis konträrer Außenpolitiken erweckt. Die Initiative des
Außenministers in einer so wichtigen Frage ohne Abstimmung mit dem
Regierungspartner bzw, dem Parlament ist daher
nicht nur geeignet, außenpolitische
Verwirrung zu stiften, sondern auch die Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit
Österreichs zu beeinträchtigen.
Einen Tag, nachdem von den Abgeordneten des Liberalen Forums aus den
genannten Gründen das Verlangen auf Einberufung einer Sondersitzung gestellt
worden war, erschütterten der Selbstmord Gerhard Praschaks und die von ihm
hinterlassenen Unterlagen die Republik, In handschriftlichen Aufzeichnungen
schildert Dr. Praschak aus seiner Sicht massive politische Einflußmaßnahmen auf
bankenunternehmerische Entscheidungen und äußerte zudem den Verdacht auf
strafbare Handlungen auf der Vorstandsebene der Kontrollbank. Da die Vorwürfe
auch gegen Regierungsmitglieder gerichtet sind, liegt auf der Hand, daß sich der
Ministerrat - der seit dem Freitod Dr. Praschaks zweimal tagte - mit dem Fall befaßt
hat. Der Außenminister als Mitglied dieses Gremiums soll daher dazu veranlaßt
werden, vor dem Parlament Stellung zu beziehen, um den Abgeordneten die
parlamentarische Erörterung notwendiger Konsequenzen zu ermöglichen.
Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
DRINGLICHE ANFRAGE
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:
1. Wann wurde das BMfaA über den Mord an Ghassemlou, Chaden und Rasoul am
13. Juli 1989 erstmals informiert?
2. Wann ist die iranische Botschaft bzw. Botschafter Shirazi erstmals mit dem
Außenministerium nach dem Mord in Kontakt getreten und welches Ersuchen
wurde dabei gestellt?
3. Wie oft hat die iranische Botschaft oder das iranische Außenamt mit dem
Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten oder mit sonstigen Vertretern des
BMfaA zwischen 13.7.1989 und Ende des Jahres 1989 in dieser Angelegenheit
Kontakt aufgenommen?
4. Haben die Vertreter des Iran verlangt, daß der am 15. Juli ausgestellte Haftbefehl
gegen den Verdächtigen Bosorgian aufgehoben und daß Sahraroodi und
Bosorgian die Ausreise aus Österreich zu gestatten ist? Wenn ja, wann (bitte
genaues Datum) und in welcher Form?
5. Wie hat das BMfaA darauf reagiert?
6. Haben der iranische Botschafter oder andere offizielle Vertreter des Iran zwischen
Juli und Dezember 1989 Druck ausgeübt oder Drohungen gegen Österreich
ausgestoßen oder erklärt, daß die Sicherheit der österreichischen Staatsbürger im
Iran nicht mehr gewährleistet sein könnte, wenn die Angelegenheit rund um die
Kurden-Morde nicht im Sinne des Iran gelöst würde? Wenn ja. wann und in
welcher Form?
7. Wie hat das BMfaA darauf reagiert?
8. Hat das BMfaA diese Mitteilungen des Iran zu irgendeinem Zeitpunkt an die
Behörden des Bundesministeriums für lnneres oder des Bundesministeriums für
Justiz weitergegeben?
9. Haben der damalige Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und/oder
sein Generalsekretär Dr. Klestil in der Kurdenmord-Affäre zu irgendeinem
Zeitpunkt Weisungen erteilt? Wenn ja, wann, an wen und welchen Inhalts waren
sie?
10.Kam in irgendwelchen offiziellen oder inoffiziellen Kontakten zwischen Vertretern
Österreichs und des Iran in der Zeit von Juli bis Dezember 1989 auch die
Noricum-Affäre zur Sprache? Wenn ja, wann, zwischen wem, und welche
Informationen wurden dabei ausgetauscht?
11. Aus welchem Grund wurde am 16. Juli 1989 eine Abmachung zwischen dem
BMfaA und der iranischen Botschaft geschlossen, daß der in der Botschaft
befindliche Verdächtige Bosorgian zwar zu einer Einvernahme der Polizei
überstellt wird, jedoch nachher in jedem Fall in die Botschaft zurückkehren dürfe?
12.War dem BMfaA zu diesem Zeitpunkt bekannt, daß gegen Bosorgian ein
Haftbefehl wegen § 95 StGB vorlag? Wenn ja, wie erklären Sie sich diese
Vorgangsweise?
13. Aus welchem Grund wurde zwischen dem BMfaA und der iranischen Botschaft
ausverhandelt, dem zu diesem Zeitpunkt schon Verdächtigten Sahraroodi am 22.
Juli 1989 eine Eskorte zum Flughafen bereitzustellen, damit er ja sicher in den
Iran gelangen konnte?
14. Welche Hinweise lagen dem damaligen Bundesminister für auswärtige
Angelegenheiten und Generalsekretär Dr. Klestil bis zum 22,7.1989 (dem
Ausreisetag) vor, daß es sich bei Sahraroodi nicht um ein Opfer oder einen
Zeugen, sondern um einen Täter handelte, wie man heute weiß? Welche
Schlüsse wurden daraus gezogen?
1 5.Wurde das BMfaA laufend durch die anderen beteiligten Ministerien über die
einzelnen Ermittlungs- und Verfahrensschritte informiert? Wenn ja, zu welchem
Zeitpunkt und worüber? Wenn nein, welche Initiativen hat der damalige
Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten gesetzt, um zu Informationen zu
gelangen?
16. Hat am 16. Juli ein Treffen zwischen den beteiligten Ministern Löschnak und
Foregger, BMfaA-Generaksekretär Klestil und hohen Beamten der drei
betroffenen Ministerien oder einiger dieser Personen zum Thema "Kurden-Morde"
stattgefunden? Wenn ja, welche Ergebnisse hat dieses Gespräch erbracht? Gibt
es darüber ein Gesprächsprotokoll,
das Sie bereit sind zu veröffentlichen?
17. Haben zwischen 13. und 22. Juli (Ausreise Sahraroodis) weitere Treffen zwischen
Ministern und hohen Beamten in dieser Causa stattgefunden? Wenn ja, wann,
und mit welchem Ergebnis?
18. Welche Ergebnisse hat die "Koordinationssitzung" zwischen den Ministern
Löschnak und Foregger, Generalsekretär Klestil und weiterer hoher Beamter am
28. Juli 1989 gebracht?
19. Stimmt es, daß Dr. Klestil bei diesem Gespräch darauf drängte, bei allen
künftigen öffentlichen Aussagen im Zusammenhang mit den Kurden-Morden von
einer "Sprachregelung" auszugehen, daß es keine Interventionen des BMfaA und
keinen "Kniefall" vor dem Iran gegeben habe?
20.Waren die Kurden-Morde Geprächsthema bei der Ministerratssitzung am 18. Juli
1989 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung? Wenn ja, wie
äußerten sich Bundeskanzler Vranitzky sowie die Minister Mock, Foregger und
Löschnak? Wenn ja, sind Sie bereit, das Ministerratsprotokoll dieser Sitzung zu
veröffentlichen?
21. Waren die Kurden-Morde Geprächsthema bei der Ministerratssitzung am 25. Juli
1989 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung? Wenn ja, wie
äußerten sich Bundeskanzler Vranitzky sowie die Minister Mock, Foregger und
Löschnak? Wenn ja, sind Sie bereit, das Ministerratsprotokoll dieser Sitzung zu
veröffentlichen?
22.Waren die Kurden-Morde Geprächsthema bei der Ministerratssitzung am 22.
August 1989 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung? Wenn ja, wie
äußerten sich Bundeskanzler Vranitzky sowie die Minister Mock, Foregger und
Löschnak? Wenn ja, sind Sie bereit, das Ministerratsprotokoll dieser Sitzung zu
veröffentlichen?
23. Waren die Kurden-Morde Geprächsthema bei sonstigen Ministerratssitzungen
seit dem 13. Juli 1989 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung?
Wenn ja, wie äußerten sich der Bundeskanzler sowie die Minister für lnneres,
Justiz und auswärtige Angelegenheiten? Wenn ja, sind Sie bereit, das
Ministerratsprotokoll dieser Sitzungen zu veröffentlichen?
24. Am 22.4.1997 wurde in der APA ein Tonbandprotokoll über ein Gespräch, das
der Journalist mit einem hohen Beamten der Staatsanwaltschaft im Juli 1989
führte, wiedergegeben, in dem dieser Beamte folgendes sagt: "Grundlage für
diese ganze Debatte war unter anderem auch, daß wer vom Außenministerium
angerufen hat und da interveniert hat. Und mir ist noch dunkel in Erinnerung...daß
auch irgendwer Vorhaltungen gemacht hat, daß es ja nicht sehr angebracht sei.
da Haftanträge 'außezlassen', weil, was man da alles zerstören kann an
Beziehungen mit dem Iran und sonst wem..." Hat also das BMfaA bei der
Staatsanwaltschaft in dieser Sache interveniert, das Verfahren niederzuschlagen
oder keine Haftbefehle mehr auszustellen? Wenn nein, wie erklären Sie sich
dieses Gespräch?
25. Wie reagierte die iranische Botschaft bzw. das iranische Außenministerium auf
die Ausstellung eines Haftbefehls gegen Bosorgian wegen § 75 StGB am 28.
November 1989 und die darauf folgende verstärke Bewachung der Botschaft?
Wurden weitere Drohungen ausgesprochen oder Druck ausgeübt? Wenn ja, in
welcher Form?
26. Wie reagierte das BMfaA darauf?
27. Wurden im BMfaA Überlegungen angestellt, in welcher Form man an Bosorgian
herankommen könnte, da er sich immer noch in der iranischen Botschaft aufhielt?
28. Welche Überlegungen wurden angestellt bzw. welche Schritte gesetzt, um zu
erreichen, daß Bosorgian nicht im Schutze seiner diplomatischen Immunität oder
Mithilfe des diplomatischen Schutzes anderer Angehöriger der iranischen
Botschaft flüchten konnte?
29. Welche Bemühungen wurden unternommen, die Auslieferung Bosorgians zu
erreichen?
30. Stimmt es, daß Generalskretär Klestil um den 28. November (Datum der
Ausstellung der erweiterten Haftbefehle) eine Sachverhaltsdarstellung zu den
Kurden-Morden beim Bundesministerium für Inneres anforderte? Wenn ja,
warum? Welche Informationen wurden vom BMI übergeben?
31. Welche Informationen erhielt das BMfaA zwischen 28. November und 5.
Dezember 1989 vom österreichischen Botschafter im Iran, Traxl, sowie vom
iranischen Botschafter betreffend Retorsionsmaßnahmen oder eine mögliche
Gefährdung von Österreichern im Iran?
32. Hat der damalige Außenminister Mock oder Generalsekretär Klestil die
Beschwerden und Drohungen des Iran, vor allem die Berichte des
Österreichischen Botschafters in Teheran, an das Bundesministerium für Inneres
weitergeleitet? Wenn ja, warum?
33.Hat es auch nach dem 22. Juli (Ausreise Sahraroodis) Kontakte zwischen
Vertretern der Ministerien für auswärtige Angelegenheiten, Justiz und Inneres
betreffend die Kurden-Morde gegeben, insbesondere zwischen Generalsekretär
Dr. Klestil und dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Danzinger?
34. Stehen die Weisungen des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, vom 29.
November, die Bewachung der iranischen Botschaft nur noch "schonend"
durchzuführen, und vom 5. Dezember 1989, die Bewachung weiter zu reduzieren,
in Zusammenhang mit Kontakten zum BMfaA?
35. Wann hat das BMfaA erfahren bzw. konnte davon ausgehen, daß Bosorgian
geflohen ist ?
36.VVie hat das BMfaA auf die Ausreise
Bosorgians gegenüber dem Iran reagiert?
37. Hat die damalige Bundesregierung oder das Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten bewußt dazu beigetragen, damit die Mörder von Ghassemlou,
Chaden und Rasoul entkommen konnten, etwa um dadurch Menschenleben von
Österreichern im Iran nicht zu gefährden? Wenn nein, wie erklären Sie sich die
unglaubliche Anhäufung von "Pannen" bei der Aufklärung der Morde?
38. Sehen auch Sie einen Zusammenhang zwischen dem Entkommen der Kurden-
Mörder von 1989 und den guten Beziehungen Österreichs zum Iran, die seit des
ersten Besuchs des iranischen Außenministers in Österreich 1987 weniger von
einem Dialog über Menschenrechte als vom ständigen Ausbau der
Wirtschaftsbeziehungen geprägt ist? Wenn nein, warum nicht?
39. In welcher Form wurde dem Rechtshilfeersuchen Österreichs an den Iran vom
Frühjahr 1990, die mit Haftbefehl gesuchten Iraner auszuliefern, bei den
zahlreichen bilateralen Kontakten zwischen Österreich und Iran Nachdruck
verliehen?
40.Bei welchen Staatsbesuchen oder sonstigen Kontakten zwischen lhnen oder
Ihrem Vorgänger Dr. Mock und dem iranischen Außenminister Velayati wurde die
Kurdenmord-Affäre angesprochen? Wie reagierten Sie und Mock auf dessen
Antwort?
41. Bei welchen Staatsbesuchen und Kontakten seit 1989 wurden die Kurdenmord-
Affäre oder die Auslieferung der Verdächtigten nicht angesprochen und warum
nicht?
42. Welche Rolle spielt die Menschenrechtssituation im Iran bei Ihren Kontakten mit
den Vertretern des Iran?
43. Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem "Mykonos"-Urteil, in dem ein eindeutiger
Zusammenhang zwischen den Morden in Berlin 1 992 und Wien 1 989 hergestellt
wird, und in dem davon ausgegangen wird, daß diese Morde von der iranischen
Führung angeordnet wurden, auf die zukünftigen Beziehungen Österreichs und
der EU zum Iran?
44. Sehen Sie in der im "Mykonos"-Urteil aufgestellten Behauptung, der Iran betreibe
"Staatsterrorismus", eine Bedrohung für Österreich. Mit welchen Maßnahmen tritt
man diesem "Staatsterrorismus" entgegen?
45. Wie wollen Sie erreichen, daß der Iran ab sofort bei der Aufklärung der an auf
nicht-iranischem Staatsgebiet verübten Morden, bei denen der Verdacht besteht,
daß sie im Auftrag der iranischen Führung begangen wurden, mit ausländischen
Behörden kooperiert?
46. Werden Sie für Wirtschaftssanktionen gegenüber dem Iran eintreten, wenn dieser
sein Verhalten in bezug auf Menschenrechte und Attentaten im Ausland in
absehbarer Zeit nicht ändert? Wenn nein,
warum nicht?
47. Halten Sie die Aufrechterhaltung des "kritischen Dialogs" der EU mit dem Iran in
unveränderter Form für richtig? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche
Modifizierungen sollte es geben?
48. Aus welchem Grund haben die EU-Außenminister am 29. April dieses Jahres die
Rückkehr der Botschafter nach Teheran beschlossen, die erst am 11. April
abberufen wurden?
49. Wie beurteilen Sie die Reaktion des iranischen Außenministers Velayati auf die
Entscheidung der EU-Außenminister vom 29. April, in der er die Absicht, keine
Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zu verhängen, als "große Niederlage der
USA" bezeichnet (APA 1 1 3. 30.4.97)?
50. Wie beurteilen Sie seine Aussage in derselben Stellungnahme, daß der Iran mit
der EU keinerlei Verhandlungen mehr über Menschenrechte oder über
konventionelle, atomare und chemische Rüstung mehr führen werde? Welche
Schlüsse ziehen Sie daraus?
51. Aus welchem Grund meinen Sie, sind zwar der dänische und deutsche
Botschafter im Iran "unerwünscht", der österreichische jedoch nicht?
52. Wie sehen Sie die Entscheidung der EU-Außenminister, die Botschafter nach
Teheran zurückzusenden, im Lichte der Reaktionen des Iran, besonders der
Abweisung des dänischen und des deutschen Vertreters? Sehen Sie diese
Entscheidung heute als schweren politischen Fehler an?
53. Aus welchem Grund haben Sie bei Ihrer Rede vor dem NATO-Generalstab am
24. April indirekt die NATO aufgefordert, Österreich zum Beitritt einzuladen, in
dem Sie sagten: "Ich, für mich, würde eine dahingehende Stellungnahme des
Gipfels begrüßen, daß alle gegenwärtigen Mitglieder der Union eingeladen
werden, beizutreten, wenn sie es wünschen" (abgedruckt im STANDARD,
28.4.97)?
54. Wie reagierten NATO-Vertreter auf Ihre Ausführungen?
55. War Ihr NATO-Vorstoß vom 24. April innerhalb der Bundesregierung
abgesprochen? Wenn nein, warum nicht?
56. Welche Auswirkungen hat es Ihrer Ansicht nach auf die Glaubwürdigkeit der
österreichischen Außenpolitik, wenn die Bundesregierung in so einer
entscheidenden Frage nicht einheitlich auftritt?
57. Aus welchem Grund haben Sie Ihre Initiative ohne Einbindung des
österreichischen Parlaments gestartet?
58. Wurde in den Ministerratssitzungen am 29. April und/oder am 6. Mai 1997
beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung der Fall Praschak
besprochen? Wenn ja, in welcher politisch
relevanten Weise?
59.Wurden in den erwähnten Ministerratssitzungen beziehungsweise der
dazugehörigen Vorbesprechung Konsequenzen aus der von Dr, Praschak
persönlich dokumentierten politischen Einflußnahme erörtert7 Wenn ja, welche?
60.Teilen Sie die Auffassung, daß der Rückzug der politischen Parteien aus der
Wirtschaft und im besonderen aus dem Bankenbereich, jedenfalls eine der
notwendigen, überfälligen Konsequenzen aus der nunmehr in diesem
Zusammenhang geführten öffentlichen Debatte ist? Wenn ja, was werden Sie
dazu beitragen?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des
§ 93 Abs 2 GOG des Nationalrates dringlich zu behandeln und der
Erstunterzeichnerin Gelegenheit zur Begründung zu geben.