2364/J XX.GP
ANFRAGE
Der Abgeordneten Dr.König und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Übereignung der DDSG-Cargo an die Stinnes AG
Die Übereignung der DDSG-Cargo GmbH durch den damaligen Finanzminister an die
deutsche Stinnes AG wurde, wie schon im Koalitionsabkommen 1991 festgehalten, unter der
Prämisse einer österreichischen Lösung und Erhaltung einer österreichischen Donauschiffahrt,
beschlossen. Im Kaufvertrag (de facto Schenkungsvertrag) sah das
Restrukturierungsprogramm die Erhaltung von mindestens 101 Schiffseinheiten und
mindestens 299 Arbeitsplätzen vor. Als wesentliche Ziele wurden im Vertrag
- die Sicherung der Existenz und die dynamische Weiterentwicklung der DDSG-Cargo GmbH,
die zukünftig die Schwerpunktgesellschaft für binnenschiffahrtsrelevante Transporte im
österreichischen Raum sowie von und nach Österreich sein soll sowie die Aufrechterhaltung
und Weiterentwicklung der Schiffahrt der DDSG-Cargo auf der gesamten Donau und deren
Absicherung auch nach Fertigstellung des Main-Donau-Kanals,
- die möglichst weitgehende, insbesondere durch DDSG-Cargo zu vollziehende Umsetzung der
Ziele der österreichischen Verkehrspolitik, Verkehre von der Straße auf das Binnenschiff und
die Schiene zu verlagern,
- durchgreifende nachhaltige Verbesserungen der Ertragslage der DDSG-Cargo durch Nutzung
von Synergieeffekten, insbesondere der Ausschöpfung von Kooperations- und
Rationalisierungsmöglichkeiten durch den vom Konzern gebildeten multinationalen
Verkehrsverbund
festgehalten. Allerdings wurden in diesem Vertrag keine Sanktionen abgesichert, wenn diese
Ziele vom Vertragspartner nicht eingehalten werden. Ein Vorschlag des Erstunterzeichners, ein
Heimfallsrecht für die Republik vorzusehen, falls die versprochene Fortführung des Betriebes
nicht oder nicht im nennenswerten Ausmaß eingehalten würde, wurde nicht aufgegriffen.
Die Übereignung erfolgte formell als Verkauf, tatsächlich aber leistete die Republik Österreich
an den Stinnes Konzern beträchtliche Zahlungen, teilweise zum Ausgleich von Belastungen
für das übernommene Personal, teilweise als Abgeltung für noch nicht durchgeführte
Instandhaltungsarbeiten an den Frachtschiffen und Entsorgungskosten für Schiffseinheiten, die
nicht mehr eingesetzt oder gebraucht werden können. Diese Beträge hätte die Stinnes AG nach
Übernahme aufwenden sollen, was größtenteils aber nicht geschah. Im Ergebnis erhielt der
Stinneskonzern anläßlich der Übereignung Nettozahlungen in beträchtlicher Höhe.
In der Folge bewahrheitete sich leider die Befürchtung einer Demontage der DDSG-Cargo
GmbH durch den neuen Eigentümer. Vorerst wurden maßgebliche Teile der Flotte an östliche
Töchter ausgeflaggt, damit billigeres, ausländisches Schiffspersonal anstelle bisheriger
österreichischer Arbeitnehmer eingesetzt werden konnte. Dann wurde eine Tochtergesellschaft
mit gleichem Firmenwortlaut und Verwendungszweck in Linz gegründet, um eine
Verschmelzung mit einer Stinnestochter in
Österreich, der Schenker AG, steuersparend
vornehmen zu können. Letzlich ist die in Linz gegründete Tochtergesellschaft an ein in
Niederbayern ansässiges Transportunternehmen, dem Herrn Gerhard Meier gehörend, erst
kürzlich verkauft worden. Die Absichten und Zielsetzungen des Herrn Meier sind nicht
bekannt. Unbekannt ist auch mit welcher Konzession Herr Meier die übernommene DDSG-
Cargo, die ihren Firmensitz neuerlich nach Linz zurück verlegt hat, betreibt.
Einem Bericht vom 19.02.1997 der Zeitung DIE PRESSE ist zu entnehmen, daß der Stinnes
Konzern für das Abwracken von rund 20 Schiffen rund ö.S.20,O Mio. Abwrackprämie
kassieren will, obwohl anläßlich der Übereignung kein Kaufpreis geleistet wurde und die
Republik It. Übereignungsvertrag für den Fall des Verkaufs von Schiffseinheiten, also einer
entgeltlichen Weitergabe von Schiffen, einen Anteil am Erlös zu bekommen hat .
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Finanzminister folgende
ANFRAGE:
1. Entspricht der Bericht der Presse hinsichtlich der von Stinnes verlangten rd. öS.20 Mio.
Abwrackprämie den Tatsachen?
2. Wie beurteilen Sie eine derartige Forderung angesichts der kostenlosen Übereignung an
Stinnes zum Zwecke der Betriebsfortführung?
3. Hat man untersucht, ob die bei der Übergabe zugestandenen Zuwendungen für erst
kommende Entsorgungskosten nicht gegen die Berechtigung einer Abwrackprämie stehen?
4. Ist beachtet worden, wenn die Ansprüche auf Auszahlung einer Abwrackprämie überhaupt
zu Recht bestehen, daß, möglicher Weise, ein Teil der I.DDSG, somit der Republik zustehen?
5 . Warum wurde von der Republik kein Heimfallsrecht für die kostenlos übereigneten Schiffe
für den Fall vorgesehen, daß Stinnes die versprochene Fortführung des Betriebes der DDSG-
Cargo, wenigstens in verringertem Umfang, nicht einhalten würde?
6. Welche Beträge mußte die Republik insgesamt im Zusammenhang mit der Übergabe der
DDSG-Cargo an Stinnes inklusive Zahlungen für Sozialfonds und sonstige Ablösen bzw.
Aufwendungen aufbringen und mit welchen weiteren Zahlungen rechnen Sie in Zukunft?
7. Welchen Zusatznutzen kann das Transportunternehmen Meier in Niederbayern vom
österreichischen Staat direkt oder indirekt auf Grund der letzten Firmenübernahme
herausschlagen?
8. Mit welcher Konzession betreibt der niederbayrische Transportunternehmer Gerhard Meier
die übernommene DDSG-Cargo GmbH?
9. Halten Sie unter gegebenen Umständen den Anspruch von Stinnes auf rund 20 Mio. Schilling
Abwrackprämie für gerechtfertigt?