2408/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend Errichtung einer Lehrkanzel für Theorie und Anwendung der Graphik.
An der Hochschule für angewandte Kunst in Wien wurde laut Antrag des Gesamtkollegiums
(4. o. Sitzung des Studienjahres 1994/95 am 16. März 1995) mit Schreiben des BMWVK
(GZ 60.310/2-1/d/6/96 von 21. Juni 1996) die Errichtung einer Lehrkanzel für Theorie und
Anwendung der Graphik sowie die Umwandlung der Planstelle eines/r Ordentlichen
Hochschulprofessors/in für Tapisserie in eine solche für Theorie und Anwendung der
Graphik genehmigt.
Schon seit Jahren besteht die (nun in diese Lehrkanzel umgewandelte) Werkstätte für freie
Druckgraphik an der Hochschule, welche von den drei Meisterklassen für Malerei
gemeinsam eingerichtet wurde. Weiters gibt es an der Hochschule eine Zentralwerkstätte
für Druckgraphik und Reprotechnik sowie drei Meisterklassen für Graphik.
Der Antrag auf Umwandlung der Werkstätte in eine Lehrkanzel wurde mit dein Argument
begründet, daß die Lehrkanzel im Gegensatz zur Werkstätte für alle Studierenden der
Hochschule zugänglich wurde. Allerdings auch die beiden anderen möglichen Alternativen
hätten dies zugelassen, noch dazu mit dem Vorteil, keine Kosten für ein Ordinariat zu
benötigen: Man hätte eine Zentralwerkstätte errichten oder die Werkstätte in ihrer
bisherigen Form weiterführen können, denn eine "Werkstätte" ist kein gesetzlich definierter
Begriff, und deshalb ist auch nirgends festgelegt, daß eine solche nur für Studierende einer
Abteilung zugänglich wäre. '
Zusätzlich zum Problem der höheren Kosten durch eine Lehrkanzel und zum Argument,
daß bereits viele andere graphikbezogene Einrichtungen an der Hochschule bestehen, stellt
sich die Frage der Wissenschaftlichkeit:
Laut Kunsthochschulordnung § 14 Abs, 2 sind Lehrkanzeln "Klassen, die die Unterweisung
in einem anderen Fach (als einem künstlerischen, Anm. MP) ... umfassen". Sie sind also
definitionsgemäß und nach bisheriger Praxis an allen Kunsthochschulen wissenschaftlichen
Fächern vorbehalten, während für künstlerische Fächer Meisterklassen einzurichten wären.
Nun wurde dem Antrag auf Errichtung ein Konzept beigelegt, das erstens jeden
wissenschaftlichen Anspruch vermissen und zweitens in keinem Punkt einen Widerspruch
zu einer organisatorischen Regelung im Rahmen einer Zentralwerkstätte oder Werkstätte
erkennen läßt.
Die Praxis der Werkstätte hat sich seit ihrer Uniwandlung in eine Lehrkanzel im
Sommersemester 1996 nicht verändert, auch wurde keine personelle Änderung
vorgenommen, die eine Ausrichtung auf die im Konzept behauptete Wissenschaftlichkeit
erkennen lassen würde.
Obwohl sich zwei Frauen (und 15 Männer) um die Planstelle der/s Ordentlichen
Hochschulprofessors/in als Vorstand der Lehtrkanzel beworben haben, wurde keine von
ihnen in den Terna-Vorschlag des Gesamtkollegiums aufgenommen. .
Niemand von den insgesamt 17 Bewerberinnen konnte den in der Ausschreibung
geforderten Nachweis wissenschaftlicher Leistung erbringen, weshalb die Besetzung der
Lehrkanzelleitung mit einer der in Ternavorschlag genannten Personen dem in der
Kunsthochschulordnung vorgesehenen Zweck einer Lehrkanzel völlig widersprechen würde.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1 , Warum wurde die Werkstätte für freie Druckgraphik in eine Lehrkanzel umgewandelt?
Welches Konzept für die Lehrkanzel wurde vorgelegt, das diese Umwandlung
inhaltlich rechtfertigt?
2. Welche personellen Veränderungen wurden vorgenommen, um den geänderten
Anforderungen einer Lehrkanzel gerecht zu werden? Welche Qualifikationen weisen
die derzeitigen Mitarbeiter auf, die ihre Zugehörigkeit zu einer Lehrkanzel
rechtfertigt?
3. Welche Planstellen wurden im Zuge der Genehmigung der Lehrkanzel für diese
geschaffen oder umgewidmet?
4. Welche Kosten entstehen/entstanden durch die Errichtung der Lehrkanzel?
5. An der Hochschule für angewandte Kunst in Wien gibt es derzeit keine einzige
Ordentliche Hochschulprofessorin. Welche gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen
wurden bzw. werden getroffen, um Frauen besonders zur Bewerbung einzuladen?
6. lm Terna-Vorschlag findet sich keine Frau. Welche Maßnahmen werden Sie im Sinne
des Frauenförderplans ergreifen, um hier eine Veränderung zu bewirken?
7. Welche Bewerbungsunterlagen wurden den Kommissionen vorgelegt und waren diese
Grundlage für den Entscheidungsprozeß?
8. Wurde, wie bei Besetzungen von Ordinariaten üblich, ein Hearing veranstaltet? Wenn
nein, warum nicht?
9. Welche Qualifikationen und Bewerbungsvoraussetzungen der Ausschreibung folgend
weisen die nun im Terna-Vorschlag genannten Kandidaten auf?
10. Welchen Nachweis der wissenschaftlichen Leistung (siehe Ausschreibung) haben die
drei Kandidaten erbracht, und erachten Sie diese für die Ernennung zum Ordentlichen
Hochschulprofessor als ausreichend?
11. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, falls die Qualifikation der im Terna-
Vorschlag genannten nicht .ausreichend ist?