2570/J XX.GP
der Abgeordneten Dr. Brauneder, Mag. Schweitzer, Dr. Grollitsch, DI Schöggl und Kollegen
an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
betreffend "Explosion" der Nachhilfestunden
Eine repräsentative Umfrage der Arbeiterkammer Oberösterreich hat ergeben, daß rund eine
halbe Million Schüler in Österreich Nachhilfe beanspruchen, fiir die jährlich rund eineinhalb
Milliarden Schilling ausgegeben werden. Stimmen diese Zahlen, so blüht ein Markt fiir
Nachhilfelehrer und die Eltern der von Nachhilfe betroffenen Schüler werden massiv zur
Kasse gebeten.
In der gehäuften Notwendigkeit von Nachhilfeunterricht wird ein Versagen der Schulen
deutlich, die offensichtlich nicht mehr imstande sind, das erforderliche Wissen im Rahmen
des Unterrichts ausreichend zu vermitteln. Klar zutage tritt eine sich immer weiter öffnende
Schere zwischen Lernzielen und Erlernbarem. Dies läßt den Schluß zu, daß entweder die
Lernziele zu hoch angesetzt sind und der Lehrkörper es nicht schafft, sie mit den Schülern zu
erarbeiten, oder aber die Lernziele stimmen, dann aber etwas mit dem Unterricht nicht in
Ordnung ist.
In jedem Fall scheint es gerechtfertigt, die pädagogische Vermittlung des Unterrichtsstoffes,
dessen Vertiefung sowie die schulischen Rahmenbedingungen, die zur Explosion der
Nachhilfestunden geführt haben, zu hinterfragen. Darüberhinaus stellt sich die Frage, ob sich
zur Schattenwirtschaft der Pfuscher nun auch eine "Schattenschule" der Nachhilfelehrer
gesellt, die auch unter dem Gesichtspunkt des volkswirtschaftlichen Schadens, der durch
nicht entrichtete Steuern der Nachhilfelehrer entsteht, zu sehen ist.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin fiir Unterricht und
kulturelle Angelegenheiten nachstehende
Anfrage:
1 . Wie hoch ist bundesweit und jährlich die Zahl der negativ beurteilten Schüler an AHS
und BHS, und zwar
a) im Verhältnis zur Gesamtschülerzahl?
b) in absoluten Zahlen gegliedert nach den negativ beurteilten Unterrichtsgegenständen
c) in absoluten Zahlen nach dem Gesamtschulerfolg
2. Ist im Vergleich zum Vorjahr (den Vorjahren) eine steigende Tendenz bei den
Negativbeurteilungen feststellbar?
Wenn ja, welche unmittelbaren Konsequenzen wurden gezogen bzw. welche schulischen
Maßnahmen wurden ergriffen, und zwar
a) im autonomen Bereich der Schulen?
b) zentral seitens des Unterrichtsministeriums?
3. Sind als Ergänzung zum regulären Unterricht an den AHS und BHS Förderstunden
vorgesehen?
Wenn ja, wieviele Förderstunden werden österreichweit genehmigt?
Wenn nein, warum nicht?
4. Findet das didaktisch wertvolle Instrument der Wiederholung von Lernstoff zwecks
Wissensfestigung im Lehrplan Berücksichtigung?
Wenn ja,
a) in welchem Verhältnis zur erstmaligen inhaltlichen Vermittlung des betreffenden
Lernstoffs?
b) in wievielen Schulen?
c) verpflichtend von allen Lehrern?
Wenn nein, warum nicht?
5. Ist im Rahmen des Lehrplanes an den AHS und BHS eine Anleitung zur selbständigen
Wissensaneignung nach dem Motto "Wie lerne ich richtig lernen" vorgesehen?
Wenn ja, in welchem Ausmaß bzw. Verhältnis zur inhaltlichen Wissensvermittlung?
Wenn nein, warum nicht?
6. Gibt es Meldungen von Lehrern, wonach "Nachhilfe" als Nebenbeschäftigung oder
Nebentätigkeit bei den Schuldirektionen im Zuge der Dienstvertragsregelungen
bekanntgegeben wird?
Wenn ja, wieviele?
7. Gibt es in Österreich institutionalisierte Nachhilfeeinrichtungen?
Wenn ja, gibt es einen Erfahrungsaustausch zwischen den Schulen und solchen
Einrichtungen?
8. Erhalten diese oder einige von ihnen öffentliche Subventionen?
Wenn ja,
a) welche sind es
b) wie hoch sind die jeweiligen Subventionen?
9. Wieviele Schüler nehmen im Bundesgebiet schulische bzw. außerschulische Nachhilfe in
Anspruch, und zwar
im Verhältnis zur Gesamtschülerzahl?
in absoluten Zahlen?
in welchen Unterrichtsgegenständen?
10.Ist es an den AHS und BHS erlaubt, daß Lehrer ihre eigenen Nachhilfeangebote bzw. die
ihrer Kollegen bei von ihnen in derselben Schule unterrichteten Schülern bewerben?