2585/J XX.GP

 

Am 1.1.1999 soll entsprechend dem Vertrag von Maastricht die Europäische Währungsunion

zwischen jenen Mitgliedsstaaten in Kraft treten, die bis 1998 die im EGV festgelegten rein

monetären Konvergenzkriterien erfüllen. Mit 1. Jänner 1999 soll der Euro als

Verrechnungseinheit eingeführt werden, und für die Bürger der Mitgliedstaaten soll der Euro

im Jahr 2002 das alleinige gesetzliche Zahlungsmittel werden.

Die Schaffung einer Europäischen Währungsunion wird einerseits als die große

Herausforderung, als d a s Jahrhundertprojekt schlechthin gesehen. Andererseits wird die

Währungsunion vielfach als das "größte monetäre Experiment der Wirtschaftsgeschichte"

qualifiziert. Dies bestätigt auch die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene und vom

Bundesminister für Finanzen präsenierte WIFO-Studie über die Auswirkungen der

Wirtschafts- und Währungsunion. Demnach ist nur "eine sorgfältig vorbereitete

Währungsunion mit durchdachten wirtschaftspolitischen Verantwortungen, Abläufen und

Strategien geeignet, die wirtschaftliche Wohlfahrt und damit auch die Beschäftigungslage

gegenüber einem Zustand ohne gemeinsame Währung zu verbessern". Lt. dieser WIFO-

Studie sind nicht nur Unwägbarkeiten bei der Abschätzung aller Konsequenzen,

beispielsweise die ökonomischen Folgen zu konstatieren, vor allem aber gibt es zahlreiche

unbeantworlefe Fragen aufdem Weg zum Euro. Diese betreffen die Zahl der Teilnehmer, die

Methode, mit der die Wechselkurse der nm Euro- Währungsraum teilnehmenden Staaten

umgerechnet werden, die Bewältigung der Anpassungsprobleme (z.B. .im Bankensektor), die

Abstimmung der (dezentralen) Budgetpolitik mit der zentralisierten Währungspolitik,

unterschiedliche nationale Interessen sowohl in allgemein politischer wie in wirtschaftlicher

Hinsicht, die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen und vieles mehr.

Die Regierungen jedoch sind bei der Bewältigung dieser Probleme säumig, die Ungewißheit

bleibt. Problemlösungen werden zum einen ersetzt durch eine unbedingte Fixierung auf einen

bestimmten Termin zur Einführung des Euro, obwohl It. WIFO-Studie über die Auswirkungen

der WWU und It. Evaluierungsbericht Binnenmarkt 1996 der EU-Kommission Zweifel über

die eingetretene allgemeine Konvergenz bestehen. Problemlösungen werden zum anderen

substituiert durch rnehrere hundert Millionen-teure Werbekampagnen auf EU- und nationaler

Ebene. Ob damit das gewünschte Ziel, angesichts der negativen Stimmung in der Bevölkerung

und angesichts der wirklichen Anliegen der Bürger erreicht werden kann, ist mehr als

zweifelhaft, zumal es offensichtlich nicht um eine objektive Aufklärung über die Vor- und

Nachteile einer einheitlichen Währung und um eine sachliche Information über ihre

Auswirkungen geht, wie folgende Beispiele zeigen:

. Bundeskanzler Mag. Klima meinte als damaliger Finanzminister, daß es bis zur Einführung

des Euro in Österreich darum geht, "gegen die emotionellen Widerstände der Bevölkerung

eine Kampagne zu fahren, um sie überzeugen zu können" (OTS097, 22.11.1996).

. Die Europäische Kommission nahm in den Mitgliedsstaaten prominente

Wirtschaftsfachleute unter Vertrag, um für den Euro zu sprechen. Diese engagierten

Wirtschaftsfachleute mußten sich jedoch verpflichten, daß sie bei öffentlichen Aufträgen

als unabhängige Persönlichkeiten auftreten, die ihre eigene Meinung vertreten. Doch

dieselben Experten mußten zudem unterschreiben, daß sie in ihren Äußerungen und

Vorträgen keine Ansichten und Positionen vertreten, die jenen der Kommission

widersprechen.

Diese demokratiepolitisch bedenkliche Vorgangsweise der Bundesregierung, aber auch der

Organe der Europäischen Union beweisen ganz klar, daß fehlendes Vertrauen, wie auch die

mangelnde Zustimmung der Bevölkerung zur geplanten EWU abermals durch billige Slogans

(Stichwort: Ederer-Tausender) erkauft werden soll.

Doch die Verwirklichung der gemeinsamen Währung unter den derzeitigen Bedingungen

bedeutet:

. Einen weiteren Anstieg der dramatisch hohen Arbeitslosigkeit in Europa. Zur Zeit sind EU-

weit mehr als 18 Millionen Menschen ohne Arbeit. Studien (z.B. das Londoner 'National

Institute of Economic and Social Research,) gehen davon aus, daß die volle Erfüllung der

Konvergenzkriterien den Verlust von weiteren 1,5 Millionen Arbeitsplätzen in ganz

Europa bis zur Jahrtausendwende zur Folge haben werden.

. Der EU-weite rigorose, in diesem Tempo sonst nicht notwendige und siri.iultan erfolgende

Sanierungskurs (Stichwort: Belastungspakete), nur um die fiskalischen

Konvergenzkriterien innerhalb von 2 Jahren zu erreichen, sowie die damit einhergehenden

Wachstumseinbußen werden die hohe Arbeitslosigkeit in Europa noch weiter nach oben

treiben.

. Die überhastete Erfüllung der Konvergenzkriterien durch drastische Sparmaßnahmen führt

zu sozialen Spannungen und zu Arbeitsmarktproblemen, wie die jüngsten Streiks in den

Mitgliedsstaaten zeigen. Arbeitsmarkt- und sozialpolitisch notwendige Maßnahmen zur

Bekämpfung der Arbeitslosigkeit werden daher mangels finanziellen Spielraums seitens

des Staates nicht ergriffen. Außerdem läßt die Verpflichtung, daß die Mitgliedsstaaten in

Hinkunft zumindest ausgeglichen bilanzieren müssen, keine zusätzliche Bereitstellung von

finanziellen Mitteln für arbeitsplatzerhaltende und -schaffende Maßnahmen zu.

. Selbst über die Sinnhaftigkeit der Kriterien gehen die Meinungen renommierter

Wirtschaftsfachleute stark auseinander.

. An technischen Umstellungskosten bei Banken werden für den gesamten EU-Raum

mindestens 10 Mrd. ECU (rd. 135 Mrd. ÖS) veranschlagt. Lt. Financial Times vom

5.6.1997 belaufen sich die Umstellungskosten sogar auf 25 Mrd. USD (rd. 300 Mrd. ÖS).

Diese Kosten können aber durch die propagierten Vorteile nicht abgedeckt werden.

. Von den österreichischen Banken wird ein Urnstellungsbedarf mit Kosten von ca. 8 Mrd.

ÖS prognostiziert. Dazu kori.imt durch den Wegfall von Geschäftsbereichen (z.B.

Wechselstubengeschäft, Devisenhandel, Wechselkursabsicherungsgeschäfte etc.) es zu

Ertragsausfällen in einer Größenordnung von 3,5 Mrd. ÖS. Die Folgen werden ein

massiver Abbau von Arbeitsplätzen im Bankensektor sowie eine Erhöhung der Bankspesen

sein.

. Die Umrechnungskurse bzw. deren Berechnungsmethode sind noch nicht bekannt. Die

diesbezüglichen Folgen, notwendige Rundungen in Form von Aufrundungen, allfällige

Uinrechnungsfehler und verdeckte Preiserhöhungen können zu Lasten der Konsumenten

gehen.

. In der Währungsunion übernehmen die Löhne die Rolle des Wechselkurses bei der

Bewältigung von wirtschaftlichen Problemen und Schocks. Wenn ein Land an

Wettbewerbsfähigkeit verliert und die Arbeitslosigkeit steigt, kann es über niedrigere

Lohnsteigerungen, Senkung von Lohnnebenkosten, verstärkte Rationalisierungen

gegensteuern.

. Durch den zu erwartenden Anstieg der Arbeitslosigkeit ist mit einer weiteren Verschärfung

der Frühpensionsproblematik bzw. mit einer erschwerten Wiedereinstellung von älteren

Arbeitnehmern in den Arbeitsprozeß zu rechnen.

. Der Druck auf die Arbeitsmärkte könnte nur gemildert werden, wenn weitere

Transferzahlungen (Finanzausgleich) in eine Krisenregion fließen. Zusätzliche finanzielle

Zahlungen an die Europäische Union sind nicht zuletzt aufgrund der derzeitigen

Budgetsituation unverantwortlich.

. Zur Erreichung der Konvergenzkriterien werden eine Vielzahl von Budgettricks

(Stichwort: kreative Buchführung angewandt. So fand etwa Frankreich in der

Privatisierung der France Telecom einen Weg, das Budgetdefizit zu reduzieren, indem der

Staat von seinem Fernmeldekonzem -zig Milliarden FF kassierte und im Gegenzug die

Pensionszahlungen der Telecom-Beschäftigten übernimmt. Belgien verkaufte massiv Gold

der Zentralbank, um seinen Schuldenberg abzubauen. Italien hingegen führte eine "Europa-

Steuer" ein und kassiert in späteren Jahren fällige Steuern 1997 vorab und verlagert dafür

fällige Ausgaben auf spätere Staatshaushalte. Die Auseinandersetzung in Deutschland

zwischen Regierung und Bundesbank über die Neubewertung, und damit Aufwertung der

Gold- und Devisenreserven, war dem Image des Euro in der Öffentlichkeit auch nicht

gerade förderlich. Schließlich werden in Österreich, um die Euro-Hürde leichter nehmen zu

können, kommunale Unternehmungen ausgegliedert, um nur einige Beispiele zu nennen.

Jedoch nur eine sorgfältig vorbereitete Währungsunion (ohne derartige Manipulationen) ist

geeignet die wirtschaftliche Wohlfahrt und Beschäftigungslage gegenüber dem derzeitgen

Zustand zu verbessern, wie WIFO-Chef Dr. Kramer, in der von der Bundesregierung in

Auftrag gegebenen Studie zu den Auswirkungen der WWU feststellt.

. Eine, einerseits durch Budgettricks angestrebte und andrerseits, seit dem Wahlsieg des

Linksbündnisses in Frankreich geforderte, und infolge einer großzügigen Auslegung der

Konvergenzkriterien immer wahrscheinlich werdende große Währungsunion ist mit

höheren wirtschaftlichen Risiken behaftet sowie mit einer Gefährdung der inneren

(Preisstabilität) und äußeren Stabilität verbunden. D.h., entgegen den Versprechungen der

Regierung ist in diesem Fall ein weicher Euro zu erwarten.

. Eine Abschaffung des Schilling geht, It. einer neuen Studie des Center for Economic

Studies in München vom Mai 1997, mit einen enormen Ressourcentransfer, einem

finanziellen Verlust für Österreich in der Höhe von bis zu 5,3 Milliarden DM (rd. 37 Mrd.

ÖS) einher, da die Oesterreichische Nationalbank ihre Geldschöpfungsgewinne an die

Europäische Zentralbank (EZB) abtreten muß.

. Die Entscheidung eine Währungsunion zu gründen ist somit unter den derzeitigen

Voraussetzungen, wie die Ereignisse der letzten Wochen klar aufzeigen, überhaupt nicht

ökonomisch begründbar, sondern geht einzig und allein auf den politischen Willen zurück,

wobei bereits Großbritannien und Dänemark das vertraglich festgelegte Recht haben, trotz

Erfüllung der Konvergenzkriterien, auch dann nicht an der WWU teilzunehmen. Schweden

gab im Zuge der Beitrittsverhandlungen eine Erklärung ab über eine etwaige Teilnahme an

der WWU selbst zu entscheiden.

Da weder der Weg in die Europäische Währungsunion derzeit sozial- und

arbeitsmarktverträglich ausgestaltet ist, noch die monetären Konvergenzkriterien die äußerst

problematische und drastische Beschäftigungslage in irgendeiner Art und Weise

berücksichtigen, und die Erfüllung dieser Kriterien zu Arbeitsplatzverlusten führt, ist es nicht

vertretbar, bereits 1999 eine gemeinsame Währung zu schaffen. Vielmehr ist die Aufnahme

'

eines zusätzlichen Konvergenzkriteriums, das ein hohes Beschäftigungsniveau als

wirtschaftspolitische Zielgröße definiert, sowie eine Verschiebung des Starttermins zur

Vermeidung von Nachteilen für die Arbeitnehmer und zur Minimierung der Risken, aufgrund

einer überhasteten Einführung des Euro, unbedingt erforderlich. Diese Ansicht setzt sich auch

zunehmend in anderen Mitgliedsstaaten durch, wie die laufenden Diskussionen in Frankreich,

Italien oder Deutschland zeigen. Gerade das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

in Karlsruhe hält fest, daß Deutschland durch die Ratifikation des EU-Vertrages sich nicht

einem unüberschaubaren, in seinem Selbstlauf nicht mehr steuerbaren "Automatismus" zu

einer Währungsunion unterworfen hat und der Zeitpunkt für den Eintritt in die dritte Stufe der

WWU (spätestens 1999) "eher als Zielvorgabe, denn als rechtlich durchsetzbares Datum" zu

qualifizieren ist. Letztlich erteilt das Bundesverfassungsgericht mit seiner Interpretation jener

Auffassung eine Absage, die in der Endstufe der Währungsunion eine Solidargemeinschaft

',auf Gedeih und Verderb', sieht und bejaht die Möglichkeit des Ausscherens des einzelnen

Mitgliedstaates.

Die Glaubwürdigkeit, notwendige Legitimation und wirtschaftliche Konvergenz, welche

wesentliche Voraussetzungen und Grundbedingungen für einen erfolgreichen Start der EW.U

wären, können nicht durch einseitige Werbekampagnen, großartige Versprechungen,

Beteuerungen und Wunschvorstellungen erreicht werden. Sie bedürfen des nachhaltigen

Vertrauens der Bürger und der Märkte. Wie soll jedoch Vertrauen entstehen, wenn beim

Erreichen der Voraussetzungen bereits derart manipuliert wird, und sich die Bundesregierung

einer breiten öffentlichen Diskussion über zahlreiche ungelöste Fragen mit weitreichenden

Konsequenzen für die Bevölkerung entzieht bzw. sie den Bürgern die ganze Wahrheit

vorenthält? Eine derart sensible Entscheidung, die Ablösung des österreichischen Schilling

durch den Euro, kann unter diesen Rahmenbedingungen nur im Rahmen einer

Volksabstimmung durch die allfällige Zustimmung der österreichischen Bevölkerung

legitimiert werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Herrn Bundeskanzler nachstehende

Dringliche Anfrage:

1 . Wie ist es zu rechtfertigen, daß weder der Bundesminister für Finanzen noch sein

Stellvertreter, Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer, der ja nicht zuletzt mit der Begründung des

hohen Arbeitsanfalls auf europäischer Ebene installiert wurde, an der jüngsten ECOFIN-

Tagung teilgenommen haben?

2. War aus Ihrer Sicht bzw. aus Sicht der Bundesregierung diese ECOFIN-Tagung von

untergeordneter Bedeutung?

. Wenn ja, warum?

3. Bei welchen sonstigen Ratssitzungen haben österreichische Regierungsmitglieder nicht

teilgenommen?

4. Auf welche Weise ist Ihrer Auffassung nach sichergestellt, daß Österreich bei wichtigen

Ratstagungen trotz der Abwesenheit von Regierungsmitgliedern wesentliche Anliegen und

Positionen in den Entscheidungsfindungsprozeß auf europäischer Ebene durchsetzen kann?

5. Sind Sie für eine punktgenaue Erfüllung der Konvergenzkriterien, insbesondere des

Defizitkriteriums und des Kriteriums öffentlicher Schuldenstand?

. Wenn nein, warum nicht?

6. Wird der österreichische Vertreter im Rat dafür eintreten, daß die Konvergenzkriterien

nicht strikt ausgelegt werden, damit eine möglichst große Zahl der EU-Mitgliedstaaten von

Beginn an an der 3. Stufe der WWU teilnehmen können?

. Wenn ja, warum und welche Kriterien können Ihrer Meinung nach um wieviel aufgeweicht

werden?

7. Sind Sie ebenso wie der Mitautor der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen

Studie über die Auswirkungen der WWU, Dr. Breuss, der Auffassung, daß eine große

WWU mit höheren wirtschaftlichen Risken behaftet ist?

. Wenn nein, warum nicht?

8. Dr. Breuss hegt in der zitierten Studie massive Zweifel über die bereits eingetretene

allgemeine Konvergenz. Auch der von der EU-Kommission vorgelegte

"Evaluierungsbericht Binnenmarkt 1996" bestätigt diese Zweifel. Teilen Sie diese Zweifel?

. Wenn nein, warum nicht?

. Wenn ja, warum ist es aus Ihrer Sicht dann vertretbar 1999 eine Währungsunion mit einem

möglichst großen Teilnehmerkreis zu beginnen?

9. Dr. Breuss kommt in der genannten Studie auch zum Schluß, daß eine große WWU nicht

nur die interne Preisstabilität (zumindestjener der Hartwähningsländer) gefährden könnte,

sondern auch den Außenwert des Euro. Wenn Hart- und Weichwährungsländer in einer

WWU zusammengespannt sind, ist es schon rein logisch unmöglich zu erwarten, daß der

Euro ebenso "hart" sein wird wie die härteste Währung, die DM. Schließen Sie sich dieser

Auffassung an?

. Wenn nein, warum nicht?

. Wenn ja, warum verspricht die Bundesregierung der Bevölkerung das Gegenteil?

10.Andererseits geht aus der zitierten WIFO-Studie hervor, daß eine kleine Währungsunion,

mit den sog. Hartwährungsländern, makroökonomisch fast nichts am status quo ändern

würde. Aus welchen Gründen bürdet die Bundesregierung der österreichischen

Bevölkerung Belastungspakete in Milliardenhöhe auf, die in diesem Umfang und vor allem

in diesem Tempo nicht notwendig wären?

. Wäre es auch in diesem Fall nicht sinnvoller den Beginn der 3. Stufe der WWU zu

verschieben, zumal It. Prof. Kramer die absehbare Spaltung der EU in WWU-Teilnehmer

und Nichtteilnehmer sehr schwerwiegende Folgen für den Integrationsprozeß haben

könnte?

. Wenn nein, warum nicht?

11 .Seitens der Bundesregierung werden als Vorteile einer gemeinsamen Währung stets eine

Steigerung des BIP, der Wegfall von Transaktionskosten etc. angeführt. Wie bewerten Sie

die Aussage von Prof. Kramer in der WIFO-Studie, daß es" schwer möglich ist, exakte

Angaben darüber zu machen, welche Steigerung des BIP insgesamt im Vergleich zu einem

Zustand ohne Währungsunion die Realisierung der WWU kurz- bis mittelfristig tatsächlich

bringen könnte "?

12 WIFO-Chef Kramer kam in der zitierten Studie zum Schluß, daß " nur eine sorgfältig

vorbereitete Währungsunion mit durchdachten wirtschaftspolitischen Verantwortungen,

Abläufen und Strategien geeignet isr, die wirtschaftliche Wohlfahrt und damit auch die

Beschäftigungslage gegenüber dem derzeitigen Zustand zu verbessern, wobei allerdings

zwei Jahre vor Beginn der gemeinsamen Währung eine Reihe heikler wirtschafts- und

allgemeinpolitischer Fragen noch nicht ausreichend beantwortet sind". Sind Sie der

Meinung, daß die von Prof. Kramer eingeforderten Rahmenbedingungen bzw. offenen

Fragen erfüllt bzw. befriedigend gelöst sind?

. Wenn nein, welche diesbezüglichen Maßnahmen werden wann gesetzt?

. Wenn ja, inwiefern?

13.Denken Sie daran, so wie es die Bundesregierung in Deutschland beabsichtigte, die Gold-

und Devisenresveren der OeNB neu bewerten zu lassen, um dadurch leichter die

Konvergenzkriterien zu erreichen?

Wenn ja, aus welchen Gründen?

14.Ist Ihnen die Studie des Center for Economic Studies: "Eurowinners and Eurolosers: The

Distribution of Seignorage Wealth in EMU", München, Mai 1997, bekannt, aus der

hervorgeht, daß Österreich neben Deutschland, Finnland, die Niederlande aufgrund der

Abtretung der Geldschöpfungsgewinne der Nationalbanken in Form der Übertragung von

Wertpapieren auf die Europäische Zentralbank (EZB) zu den Verlierern einer WWU

zählen und bis zu rd. 37 Mrd. ÖS, die als Umverteilungseffekte auftreten können, belastet

würde?

. Welche Schritte wird die Bundesregierung setzen, damit dieser negative Effekt nicht

eintritt?

. Warum hat die Bundesregierung diesen wesentlichen Umstand bislang verschwiegen?

15. Wie stehen Sie zum Vorschlag ein Gegengewicht, etwa in Form einer

"Wirtschaftsregierung" zur "übermächtigen" Europäischen Zentralbank einzurichten?

. Wenn positiv, warum und wie soll diese aussehen?

. Welche Aufgaben hätte diese und auf welcher vertraglichen Grundlage würde diese

basieren? .

16.Welche Gestaltungsmöglichkeiten sollen dieser Wirtschaftsregierung/koordinierten

Wirtschaftspolitik eingeräumt werden?

17.Inwieweit ist eine Institutionalisierung dieser Wirtschaftsregierung/koordinierten

Wirtschaftspolitik vorgesehen?

18.Sie haben sich hinsichtlich des von Deutschland vorgeschlagenen Stabilitätspakts gegen

einen Automatismus von Sanktionen bei Verstößen gegen die Maastricht-

Stabilitätskriterien ausgesprochen. Beim informellen Gipfeltreffen in Noordwijk Anfang

April d.J. einigten sich die Finanzminister auf einen Stabilitäts- und Wachstumspakt, der,

wie Gerrit Zalm und Jacques Santer unisono bekräftigten, bei einem übermäßigen Defizit

eines Staates automatisch Sanktionen nach sich zieht. Warum kam es zu der

diesbezüglichen Meinungsänderung des österreichischen Vertreters im Rat?

19.Mit diesem Automatismus ist eine Veränderung des Maastricht-Vertrages gegeben. Ist

durch diese offensichtliche Vertragsänderung nicht die Notwendigkeit entstanden den

Maastricht-Vertrag neu zu ratifizieren?

. Wenn nein, warum nicht bzw. welche rechtliche Qualität haben Entschließungen des

Rates?

20.Welche konkreten Maßnahmen im Stabilitäts- und Wachstumspakt werden zu einem

zusätzlichen Wachstum, insbesondere aber zu einer Verbesserung der

Beschäftigungssituation führen?

21.Soll nach Ansicht der Bundesregierung, wie von Frankreich vorgeschlagen, der

Stabilitätspakt geändert bzw. erweitert werden?

. Wenn ja, wie soll der vorliegende Stabilitätspakt geändert werden, damit tatsächlich

Wachstum und Beschäftigung entsteht?

22.Wenn der Stabilitätspakt bereits zwischen 1992 und 1996 gültig gewesen wäre, wieviel

Milliarden ÖS hätte Österreich im schlimmsten Fall an Strafgelder zahlen müssen und

durch welche Maßnahmen hätten diese finanziert werden müssen?

23.Welche Konvergenzkriterien wird Österreich 1997 voraussichtlich nicht erfüllen?

24.Welche Konvergenzkriterien wird Österreich 1998 voraussichtlich nicht erfüllen?

25.In der Währungsunion übernehmen die Löhne die Rolle des Wechselkurses. Daraus folgt,

daß in der Währungsunion die nationalen Arbeitsmärkie unter größeren Anpassungsdruck

geraten. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dieser Tatsache?

26.Der ÖGB verlangte, zuletzt wieder in seinen "12 Punkten für Europa", das Kriterium

Beschäftigung als zusätzliches Konvergenzkriterium aufzunehmen. Unterstützt die

Bundesregierung diese Forderung?

. Wenn ja, welche konkreten Schritte wird die Bundesregierung wann setzen?

. Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

27.Sind Sie, ebenso wie Prof. Nowotny, der Auffassung, daß " aus Beschäftigungsgründen die

zeitgerechte Einführung des Euro wichtig ist"?

. Wenn nein, warum nicht?

. Wenn ja, wie ist dies aufgrund der Tatsache, daß die Einführung des Euro zu zusätzlichen

Arbeitsplatzverlusten führen wird, wie auch die WIFO-Studie belegt, zu verstehen?

28.Sind Sie, ebenso wie Vizekanzler Dr. Schüssel, der Auffassung, daß ', wenn der Euro nicht

kommt, dies derAbschied von der europäischen Beschäftigungspolitik ist"?

. Wenn ja, wie begründen Sie diese Auffassung?

. Wenn nein, warum nicht?

29.Gibt es Ihrer Meinung nach eine europäische Beschäftigungspolitik?

. Wenn ja, wie wirkt diese in Anbetracht von mehr als 18 Millionen Arbeitslosen?

30 Von den österreichischen Banken wird ein Umstellungsbedarf mit Kosten von ca. 8 Mrd.

ÖS prognostiziert. Weiters kommt es durch den Wegfall von Geschäftsbereichen (z.B.

Wechselstubengeschäft, Devisenhandel, Wechselkursabsicherungsgeschäfte etc.) zu

Ertragsausfällen in einer Größenordnung von 5% bis 10% der Ertragsbasis, die

hauptsächlich Banken in kleineren Ländern, wie Österreich treffen. Die Folge ist It. WIFO-

Studie ein nicht unerheblicher Abbau von Arbeitskräften in diesem Wirtschaftsbereich.

Wieviele Arbeitsplätze werden allein im Bankensektor kurz- und ri.iittelfristig verloren

gehen?

31.Wie beabsichtigt die Bundesregierung der durch die Euro-Einführung zu erwartenden

Verschärfung der Pensionsproblermatik (Abschieben von Arbeitnehmern in den vorzeitigen

Ruhestand, infolge Rationalisierungsdrucks) zu begegnen?

32.Wie wird sichergestellt, daß die Umstellung auf den Euro nicht zu versteckten Preis- bzw.

Gebührenerhöhungen, auch der öffentlichen Hand führt?

33.Wird die Bundesregierung, im Falle der fristgerechten Einführung des Euro, soziale

Maßnahmen für vom Euro negativ betroffenen Beschäftigungsgruppen ergreifen?

. Wenn ja, wann, welcher Art und wie sollen diese angesichts des angespannten Budgets

finanziert werden?

34.Können Sie sich der von nicht unbedeutenden Politikern, Wissenschaftern und Experten

vertretenen Meinung anschließen, wonach die Verschiebung des Zustandekommens der 3.

Stufe der WWU unter den gegebenen Bedingungen der eher attraktivere Weg sei?

. Wenn nein, warum nicht? '

35.Treten Sie vor Einführung des Euro in Österreich für eine österreichische

. Volksabstimmung ein?

. Wenn nein, warum nicht?

. Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt sollte diese erfolgen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des §93 Abs. 1 GOG-NR vor

Eingang in die Tagesordnung zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln.