2599/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Primaria Dr. Elisabeth Pittermann-Höcker, Annemarie Reitsamer

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten

betreffend "Buchgeschenk der Bundeslehranstalt für Reproduktions- und

Drucktechnik.

Die in der Folge angeführten Zitate sind einem Buch entnommen, das Maturanten der

höheren Lehranstalt für Reproduktions- und Drucktechnik, für die mit Auszeichnung

bestandene Reifeprüfung übergeben wird. Das Werk " 500 Jahre Druck in

Österreich", Die Entwicklungsgeschichte der graphischen Gewerbe von den Anfängen

bis zur Gegenwart, Band III, von Anton DURSTMÜLLER, Verlag: Hauptverband der

graphischen Unternehmungen Österreichs, 1988, bietet in der Einleitung einen kurzen

Abriß über die Geschichte des österreichischen graphischen Gewerbes und geht in

diesem Zusammenhang auf den zeitgeschichtlichen Rahmen ein, der einige

aufklärungsbedürftige Passagen enthält.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für

Unterricht und kulturelle Angelegenheiten nachstehende

Anfrage:

1 . Wie beurteilen Sie die Passage auf Seite 34, mit folgendem Wortlaut:

"leidenschaftlicher Haß aller durch den Nationalsozialismus geschädigten

Personen (mit rühmlicher Ausnahme einiger weniger, wie etwa des Philosophen Viktor

E. Frankl)" ist ein Grund für die Unmöglichkeit eine objektiven Diskussion über die

Geschehnisse der Zeit zwischen 1938-1945 zu führen."

a. Dürfen die Geschädigten nicht hassen?

Wenn nein, warum nicht?

b. Da es rühmliche Ausnahmen gibt, ist die Mehrheit dadurch abgewertet?

Wenn nein, warum nicht?

c. Sind Sie auch der Meinung, daß es keine objektive Diskussion gibt?

Wenn ja, warum?

2. Finden Sie, daß folgende Textstellen, S. 44-45, einer objektiven Information von

Schülern dient?

Da die nunmehrige Fachgruppe in der Folge auch die Arisierung bzw. die

Abwicklung der stillzulegenden jüdischen Druckerein zu besorgen hatte, kam

Wisloschill  in die mißliche Lage (sic!) gegen manche jüdische Personen vorgehen

zu müssen, mit denen er früher freundschaftlich zusammengearbeitet hatte. Dr.

Wisloschill starb am 26. Mai 1945- zu seinem Glück, sonst wäre vielleicht auch er

politischer Verfolgung wegen Unterstützung der Nationalsozialisten ausgesetzt

gewesen."

a. Meinen Sie nicht, daß diese Aussage auf Befehlsnotstand hinweisen soll?

Wenn nein, warum nicht?

b. Sind sie der Meinung, daß es sich nach dem Krieg um "politische Verfolgung"

gehandelt hat?

Wenn ja. wie begründen Sie das?

3. Was impliziert für Sie folgende Aussage?

Die meisten der großen und mittleren Unternehmer hatten sich beizeiten ins

Ausland abgesetzt, falls sie die Zeichen der Zeit richtig zu lesen verstanden. Der

Berichterstatter hat aber persönlich Juden gekannt, die noch 1938 ernstlich

glaubten, sich durch Bekenntnis zum deutschen Volkstum mit dem

Nationalsozialismus arrangieren zu können- und der damals hochbetagte Sigmund

Rosenbaum weigerte sich zunächst hartnäckig, zu emigrieren, da er überzeugt war,

die Lage würde sich beruhigen und der Antisemitisms allmählich abklingen. So

blieben die Inhaber vieler mittlerer und kleiner Offiziere nach ihrer Enteignung im

Land. Nur mit Mühe und Dank ihres treuen Zusammenhaltens konnten sie ihr

Leben notdürftig fristen, indem sie etwa vorsorglich vergrabene Wertgegenstände

unter der Hand verkauften oder heimlich irgendwo arbeiteten.

a. Finden Sie nicht, daß mit diesen Äußerungen alte antisemitische Klischees

weitervermittelt werden?

- Wenn nein, warum?

4. Wie interpretieren Sie folgende Textstelle, dieses Anerkennungsgeschenkes an

erfolgreiche SchülerInnen?

Im übrigen zogen auch die Österreicher aus dem "deutschen Abenteuer"

keineswegs nur Gewinn. Vergessen wir über allen Schuld-und-Sühne Problemen

gegenüber den 65 000 in jenen Jahren umgekommenen österreichischen Juden

nicht die Leiden und Opfer der etwa 440 000 in Fronteinsatz, Bombenkrieg,

Kriegsgefangenschaft und Kerkern getöteten übrigen Österreicher; ihr

Schicksalsweg war genauso unfreiwillig wie jener der Juden. Ganz zu Schweigen

von den Lasten, die Österreich nach 1945 auferlegt wurden. Plünderungen,

Demontage von Anlagen und Maschinen unter dem Titel Deutsches Eigentum,

Ausbeutung der heimischen Bodenschätze durch die Besatzer und nicht zuletzt die

etwa 5 Milliarden Schilling, die das ausgeblutete Österreich an sogenannte

Besatzungskosten gezahlt hat. Nur alttestametarische Rachsucht könnte noch

mehr verlangen.

a. Finden Sie nicht, daß man durch das Gegenüberstellen von Zahlen, die Größe der

Verbrechen schmälern will?

Wenn nein, wie begründen Sie das?

b. Ist Ihrer Meinung nach der Genozid mit Kriegsfolgen gleichzusetzen?

Wenn ja, warum?

c. Handelte es sich um Besatzer oder um Befreier vom Naziterror?

d. Welchen Menschen soll alttestamentarische Rachsucht unterstellt werden?

5. Finden Sie nicht, daß unter- dem Deckmäntelchen von vordergründig politisch

"korrekter Wiedergabe einiger Geschehnisse der Zeit zwischen 1938 u. 1945 durch eine

sehr geschickte Wortwahl antisemitische Vorteile und Emotionell verfestigt und

geschürt werden, sowie eine Verharmlosung der NS-Verbrechen angestrebt wird?

6. Werden Sie Frau Bundesministerin nach Kenntnis dervorzeitigen Passage die

weitere Verteilung dieses Buches verhindern?

Wenn nein, warum nicht?