2859/J XX.GP
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
betreffend rassistische Darstellung der steirischen Landesgeschichte in einem
Österreichischen Schulbuch
„Vom Werden der Steiermark: Von dieser Übersicht kannst du viel über die Geschichte
deines Heimatlandes ablesen,“ ist in einem Schulbuch für die 4. Schulstufe über die
Steiermark zu lesen. Nach diesem sachlich harmlosen Hinweis, werden einige Daten der
steirischen Landesgeschichte chronologisch aufgezählt, von den ersten Funden über die
Römer bis zum Staatsvertrag.
Bei der Jahreszahl „1500“ können die Kinder dann „viel über die Geschichte ablesen“, mehr
allerdings noch über die Mentalität der Verfasser, dort findet sich nämlich folgende
rassistische Darstellung der Landesgeschichte:
„1500 Landplagen:
Türken, Ungarn,
Heuschrecken,
Pest“
Weniger direkt, aber immer noch deutlich ist die Gleichsetzung im Jahr 1700:
„1700 Pest, Kuruzzen,
Türken, Hajduken“
Nach dieser Paradeleistung einer unvoreingenommen Geschichtsdarstellung verwundert es
nicht weiter, daß neben der Jahreszahl 1300 folgende freundliche Darstellung zu lesen ist:
„1300 Deutsche Besiedlung“
Und weil die Kinder lernen sollen, daß ein Angriff auf die Steiermark durch Westeuropäer
etwas anderes ist als ein Angriff etwa durch die „Landplage“ Türken, findet sich für das
Jahr 1809 folgendes über die Steiermark zu Lernendes:
„1809 Franzosenkriege“
Während bei manchen Jahreszahlen eine etwas ausführlichere Erläuterung zu finden ist,
1100: Rodungen
Besiedlung
Markgrafen von Steyr
Große kulturelle
Tätigkeiten“,
findet sich jeweils ein dürres Wort für die Weltkriege, wo noch dazu die Jahresangaben
verwirrend sind:
‚1914 1. Weltkrieg
1939 2. Weltkrieg
1945 Kriegsende“
Der 1. Weltkrieg scheint nur 1914 stattgefunden und nie geendet zu haben, der 2. Weltkrieg
scheint auch nur 1939 stattgefunden zu haben, allerdings endet 1945 irgendein Krieg. Der
Holocaust hat - selbstverständlich (ist man nach dem Vorhergehenden versucht zu
kommentieren) - nie stattgefunden.
Diese zumindest grob einseitige, wenn nicht rassistische Faktenauflbereitung findet sich im
Schulbuch:
„Dabseh, Jarolim, Svolba: Sachbuch 4. Lern- und Arbeitsmaterial für die 4. Schulstufe.
Steiermark. Kettenbach, Eigler. Österreichischer Bundesverlag. Wien 1988“,
wiederaufgelegt bei „ÖBV Pädagogischer Verlag GmbH, Wien 1997“.
Dieses Schulbuch wurde „Mit Bescheid des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und
Sport vom 24. Februar 1989, ZI. 24.649/5-1/9/88, gemäß § 14 Abs. 2 und 5 des
Schulunterrichtsgesetzes, BGBI. Nr.472/86, und gemäß dem Lehrplan 1986 als für den
unterrichtsgebrauch an Volksschulen für die 4. Schulstufe im Unterrichtsgegenstand
Sachunterricht geeignet erklärt“ - und wurde auch heuer für das kommende Schuljahr mit
denselben Inhalten - nur in neuer Rechtschreibung - wiederaufgelegt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1) Wer waren die Mitglieder der Schulbuchkoinmission, die diese Darstellung der
steirischen Landesgeschichte für den Schulunterricht für geeignet erklärt haben?
2) Nach welchen Richtlinien hat die Schulbuchkommission dieses Buch für geeignet
erklären können? Ist die Kommission
durch irgendwelche Richtlinien gedeckt oder hat
sie eigenmächtig entschieden? Wie konnte dieses Buch als Schulbuch für geeignet
erklärt werden?
3) Haben die Autoren dieses Buches auch andere Schulbücher geschrieben, in denen die
Geschichte ähnlich einseitig bzw. rassistisch aufbereitet wurde? Sind die Autoren noch
heute als Schulbuchautoren tätig?
4) In welcher Auflage wurde dieses Schulbuch produziert? Wieviele Schülerinnen und
Schüler haben dieses Buch bisher zirka benutzt?
5) Wird dieses Buch noch heute als Schulbuch verwendet?
6) Teilt die Ministerin die obzitierte Darstellung der steirischen Landesgeschichte? Teilt
sie insbesondere die Darstellung, daß die „Türken, Ungarn“ neben den
„Heuschrecken“ und der „Pest“ „Landplagen“ waren?
7) Würde die Ministerin auch eine Darstellung der steirischen Geschichte akzeptieren, in
der die eingewanderten Bayern als „Landplage“ für die damals dort lebenden Slawen
bezeichnet werden?
8) Steht die Weglassung des Holocaust bei der Darstellung des 2. Weltkrieges in einem
Zusammenhang mit der rassistischen Darstellung für das Jahr 1500?
9) Wie ist es zu verstehen, daß man „von dieser Übersicht“ viel „über die Geshichte
deines Heimatlandes ablesen“ kann?