2892/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Gredler Partnerinnen und Partner
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend
Verbalinjurien gegenüber Repräsentanten befreundeter Staaten
„Wolfgang Schüssel lügt.“ Dieser Satz aus dem Leitartikel des Chefredakteurs der
‚,Salzburger Nachrichten“, Ronald Barazon, steht seit dem 3.7.1997 unwider-
sprochen im Raum. Denn der damit gemeinte Außenminister hat bisher nicht
nachvollziehbar untermauert, daß er die am 30. Juni1997 in der deutschen
Zeitschrift FOCUS und in der Folge im STANDARD veröffentlichten Beschimpfungen
gegenüber gegenüber dem deutschen Bundesbankpräsidenten, einem
schwedischen Regierungsvertreter und dem weißrussischen Staatspräsidenten,
welche von bei einem Frühstück in Amsterdam bzw. bei einem Hintegrundgespräch
in Brüssel anwesenden Journalisten bezeugt wurden, nicht geäußert habe. Er hat
weder die Ohrenzeugen geklagt, noch die Zustimmung zu einer öffentlichen
Diskussion mit diesen Journalisten gegeben.
Da jedoch das Ansehen Österreichs im Ausland auf dem Spiel steht, wenn man
einen Außenminister offenbar ungestraft als „Lügner“ bezeichnen darf, stellen die
unterfertigten Abgeordneten zur endgültigen Aufklärung der Affäre folgende
ANFRAGE
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:
1. Haben Sie den deutschen Bundesbankpräsidenten Hans Tietmeyer anläßlich
eines Frühstücks mit Journalisten in Amsterdam oder bei einer sonstigen
Gelegenheit als „richtige Sau“ bezeichnet oder ihn in ähnlicher Weise
beschimpft? Wenn ja, warum?
2. Haben Sie bei der selben oder einer sonstigen Gelegenheit einen schwedischen
oder dänischen Regierungsvertreter als „Trottel“ bezeichet oder in ähnlicher
Weise beschimpft? Wenn ja, warum?
3. Haben Sie über den weißrussischen Staatspräsidenten Aleksandr Lukaschenko
anläßlich eines Hintergrundgespräches mit Journalisten in Brüssel oder bei einer
ähnlichen Gelegenheit in Zusammenhang mit einer OSZE-Tagung gesagt, er sei
„dort gesessen wie ein Kümmeltürk, mit seinem Bart, und hat stundenlang nix
g‘redet. (vergl. STANDARD, 1.7.1997, S.5)“? Oder haben Sie ähnlich abfällige
Bemerkungen über ihn gemacht? Wenn ja, warum?
4. Wenn Sie die Fragen 1-3 mit „Nein“ beantwortet haben: Werden Sie die
Journalisten, die diese Ausdrücke wiedergegeben haben, klagen? Wenn nein,
warum nicht?
5. Werden Sie die SALZBURGER NACHRICHTEN klagen, die im Leitartikel des
Chefredakteurs am 2.7.1997 behaupteten, Sie seien ein »Lügner“? Wenn nein,
warum nicht?
6. Welche Auswirkungen hat Ihrer Meinung nach die hier beschriebene Affäre und
die Berichterstattung in den Medien auf die außenpolitische Handlungsfähigkeit
Österreichs?
7. Welche Auswirkungen der Affäre fürchten Sie für künftige außenpolitische
Initiativen Österreichs?
8. Gehören die in dieser Anfrage kolportierten Ausdrücke zu den diplomatischen
Gepflogenheiten im Umgang mit ausländischen Repräsentanten?