2933/J XX.GP

 

des Abgeordneten Dr. Martin Graf

und Kollegen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft

betreffend Gedenktafelstürmerei

Norbert Genk verunglückte im Alter von 23 Jahren im Sommer 93 bei einer Bergtour

im Reichraminger Hintergebirge tödlich. Wie bei hunderten ähnlichen tragischen Fällen,

wollten die Verwandten und Bekannten eine Gedenktafel an der Unglücksstelle anbringen. Sie

stellten ein dementsprechendes Ansuchen an die zuständige Stelle der Bundesforste; diese

genehmigte die Anbringung.

Vier Jahre später, im Sommer 97, wurde die Mutter des Verstorbenen aufgefordert, die

Gedenktafel bis 30.9.97 zu entfernen, da sie "politisch anstößig sei". Man wolle sich auch auf

"keine Diskussion" einlassen. Die Hinterbliebenen bekamen dafür die Zusage eine neue

Grundbenützungsbewilligung zu bekommen für eine Tafel, die "in Normschrift gehalten" und

"ohne Nennung von Mitgliedschaften" ausgeführt ist. Sollte die Gedenktafel über den 30.9.97

hinaus hängen bleiben, würde sie durch die Bundesforste entfernt.

Die Tafel ist wie folgt gestaltet:

Links oben: Bild des Verstorbenen in Coleur

Rechts daneben: "Das Licht ist verloschen dahin ist sein Schein, doch was es geleuchtet soll

in uns sein."

Darunter: "Im trauernden Gedenken an Norbert Genk cand.jur., aB der akad. B ! Brixia

Innsbruck, AH der p.c.Vl Ostmark Linz, Fähnrich der Reserve"

Darunter: Lebensrune 1 1.12.1969

Todesrune 28.7.1993

Darunter: "Der am 28.7. 1993 mit 23 Jahren in der Hetzschlucht den Bergtod fand."

Darunter: "Seine Eltern, Schwestern, Verwandten, Bundesbrüder, Bergkameraden und

Freunde."

Darunter: "Wir danken den Rettern der alpinen Einsatzgruppe der Gendamerie und der

Feuerwehr Reichraming für ihren opfermütigen Einsatz."

(Schrift in Fraktur; diese war unter der Herrschaft der Nationalsozialisten verboten

Lebens- und Todesrune: ziert auch tausende andere Gedenksteine)

Auf Grund des oben angeführten Sachverhaltes stellen die unterzeichneten Abgeordneten an

den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft folgende schriftliche

ANFRAGE

1 . Was finden die ÖBF an der genannten Gedenktafel "politisch anstößig"?

2. Finden auch Sie diese Gedenktafel "politisch anstößig"?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

3. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß die Grundbenützungsbewilligung wieder erteilt wird?

Wenn nein, warum nicht?

4. Sind auch Sie der Meinung, daß Gedenktafeln nur mehr "in Normschrift" gehalten und

"ohne Nennung von Mitgliedschaften" ausgeführt sein müssen?

Wenn ja, warum?

5. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß alle Gedenktafeln auf Gründen des ÖBF darauf

untersucht werden, ob sie "politisch Anstößiges" beinhalten?

Wenn ja, warum?

Wenn ja, wer wird die Kosten dafür tragen?

6. Werden Sie in Ihrem Ministerium eine diesbezügliche Zensurabteilung einsetzen?

Wenn nein, warum nicht?

7. Für wieviele Gedenktafeln besteht eine Grundbenützungsbewilligung der ÖBF?

8. Wieviel werden davon "politisch Anstößiges" enthalten?

9. Auf wievielen werden Mitgliedschaften genannt sein?

10. Welche Maßnahmen werden in Ihrem Ministerium gesetzt, "politisch Antößiges" zu

verhindern?

11. Dürfen die Mitarbeiter in Ihrem Ministerium keinem Verein angehören?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, wird deren Angehörigen, bei einem ähnlich tragischen Unglück, verwehrt

werden, die Mitgliedschaften des Verunglückten auf einen etwaigen Gedenkstein zu

schreiben?

12. Fallen unter diese "Zensur" nur bestimmte Mitgliedschaften?

Wenn ja, welche?