3305/J XX.GP

 

ANFRAGE

des Abgeordneten Thomas Barmüller

und weitere Abgeordnete

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend Tarifregelung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern

Im NUP hat sich die Österreichische Bundesregierung klare energiepolitische Ziele gesetzt.

Aufgrund der angestrebten Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit der heimischen

Energieversorgung soll dabei der Forcierung erneuerbarer Energie eine wesentliche Rolle

zukommen. Das Koalitionsübereinkommen von 1996 schreibt die Umsetzung dieser Ziele

definitiv vor.

Um diese energiepolitischen Ziele zu erreichen, gilt es aber Rahmenbedingungen zu schaffen,

welche die Wettbewerbsfähigkeit von Strom aus erneuerbarer Energie gegenüber der

konventionellen Stromerzeugung verbessern und einen forcierten Ausbau ermöglichen. Denn

gerade die fehlenden institutionellen und rechtlichen Voraussetzungen sind es, die bis jetzt eine

breite Nutzung vor allem der Windkraft sowie der Photovoltaik verhindern.

Die Etablierung von nachhaltigen, dezentralen Energiestrukturen würde Österreich nicht nur

ermöglichen, eine C0²- Reduktion gemäß dem Toronto-Ziel zu erreichen, sondern auch eine

zukunftsträchtige industriepolitische Option zu wahren. Die breite Markt einführung

erneuerbarer Energieträger würde auch positive Impulse für. den Arbeitsmarkt setzen. So

spricht das World Watch Institut von dezentral bis zu fünfmal soviel Arbeitsplätzen wie bei der

Energieerzeugung durch fossile Brennstoffe.

Die Voraussetzung für den Marktaufbau für erneuerbare Energieträger sind eine gesetzlich

geregelte Abnahmeverpflichtung und langfristig garantierte Einspeisetarife, in einzelnen Fällen

kombiniert mit Investitionsförderungen, die aufgrund der hohen Start-Investitionskosten bei

einzelnen erneuerbaren Energieträgern noch ein wesentliches Rentabilitätskriterium darstellen.

Um gemäß dem Verursacherprinzip auch die externen Kosten konventioneller Energieträger zu

berücksichtigen, sollte sich die Einspeisevergütung, wie dies in vielen europäischen Ländern

üblich ist, am Endverbraucherpreis und nicht an den „vermiedenen Brennstoffkosten“

orientieren. Dies entspricht auch einem Vorschlag des EU-Ministerrats vom Juni 1997, der sich

unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips für „gleiche Chancen und Startbedingungen

für alle Energieträger“ ausspricht.

Mit der Aushandlung des neuen Generalübereinkommen betreffend die Förderung der

Stromerzeugung aus bestimmten erneuerbaren Energieträgern zwischen dem Bundesminister

für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Verband der Elektrizitätswerke Österreichs vom

28.7.1997 und der Verordnungsentwurfe des Bundesministers für wirtschaftliche

Angelegenheiten zur Neuregelung der Einspeistarife und der Preiskompetenz für erneuerbare

Energieträger, werden aus Sicht der Anfragesteller zukunftsweisende energie- und

industriepolitische Chancen vergeben.

Die vorliegenden Verordnungsentwürfe schaffen keine zuverläßlichen Bedingungen für

erneuerbare Energieträger, statt dessen werden die Kompetenzen weiter zersplittert: Anlagen

bis 10 kW bei PV bzw. bis 2 MW bei Wind, Biomasse, und Biogas werden zentral vom BM

tarifiert, größere Anlagen sollen nach freien Vereinbarungen tarifiert werden und

Stromlieferungen aus Kleinwasserkraftwerken und konventionelle KWKs unterliegen weiter

der jeweiligen Landesenergieverordnung. Weiters ist eine Investitionsförderung, die bestenfalls

einer Forschungsförderung entspricht - so könnten mit der geplanten Fördersumme von den

derzeit etwa 100 geplanten Windkraftanlagen jährlich nur 6 bis 7 verwirklicht werden - und

eine Einspeisevergütung nach „vermiedenen Brennstoffkosten" vorgesehen, die in dieser Form

den breiten Einstieg in erneuerbare Energieträger und somit die Entwicklung eines Marktes

verhindern. Aufgrund dieses Verordnungentwurfs und der durch das Strukturanpassungsgesetz

1996 eingeführten Elektrizitätsabgabe, die entgegen der europaweit üblichen Vorgangsweise

auch die erneuerbaren Energieträger belastet, ist zu befürchten, daß die Umweltbelastungen

bleiben und ein umweltgerechtes Verhalten nicht begünstigt wird.

Während die EU die Mitgliedstaaten massiv auffordert, erneuerbare Energien zu unterstützen,

setzt Österreich zum Rückschritt an. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

schlägt damit einen Weg ein, der dem Koalitionsübereinkommen und dem von allen fünf

Parlamentsfraktionen einstimmig beschlossenen NUP widerspricht.

Aus diesem Grund richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für

wirtschaftliche Angelegenheiten die folgende schriftliche

Anfrage:

1. Welche ökologischen Leitlinien des NUP - die laut Regierungsübereinkommen und

Beschluß der Bundesregierung vom Juli 1996 umzusetzen sind - haben Sie als Bundesminister

für wirtschaftliche Angelegenheiten im gesamtenergiepolitischen Ansatz berücksichtigt?

2. Lassen sich die gegenständlichen Verordnungsentwürfe zur Rücknahme der Delegierung der

Preiskompetenz und zur Neuregelung der Einspeisetarife von elektrischer Energie aus Biogas,

Biomasse, PV und Wind als Voraussetzung zur Etablierung eines nachhaltigen Energiesystems

verstehen, und welchen Stellenwert messen Sie einer solchen Etablierung zu?

2a. Wenn ja, wie begründen Sie, daß entgegen dem Verursacherprinzip die externen Kosten

konventioneller Energieträger in der Preisgestaltung nicht zugunsten der erneuerbaren

Energieträger berücksichtigt werden, obwohl die EU-Mitgliedstaaten vom EU-Parlament

massiv aufgefordert werden, erneuerbare Energieträger kostengerecht zu vergüten und auch

der NUP eine Berücksichtigung der externen Kosten vorschreibt?

2.b. Wenn ja, berücksichtigen Sie dabei im Preissystem gemäß dem Prinzip der

Anreizkompatibilität die Exergle eines Energieträgers und bevorrangen Sie dabei auch

erneuerbare Energieträger gegenüber erschöpfbaren Energieträgern, wie dies im NUP verlangt

wird?

2.c. Wie treten Sie dem Argument entgegen, daß mit einer reinen Investitionsförderung die

Entwicklung eines Marktes für erneuerbare Energieträger verhindert wird?

3. Warum werden trotz der im NUP postulierten Chancengleichheit für innovative

Technologien keine einheitlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Preisregelungskompetenz

geschaffen?

3. a. Welches sachliche Argument vor dem Hintergrund des NUP führen Sie ins Treffen, um

Kleinwasserkraftwerke und mit konventionellen Brennstoffen befeuerte Kraft-Wärme-

Koppelungsanlagen vom gegenständlichen Verordnungsentwurf hinsichtlich der Zuständigkeit

der Preisregelung nicht einzubeziehen?

4. Wie erklären Sie, daß flir Tirol die vorgeschlagenen Einspeisetarife explizit als Höchstpreise

angegeben werden, wo doch das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten

Wettbewerb ohne Marktverzerrung für alle Energieträger anstrebt?

5. Werden Sie sich im Zuge des geplanten Energieorganisationsgesetzes für die Aufhebung der

Elektrizitätsabgabe für erneuerbare Energieträger einsetzen?

5.a. Wenn nein, wie argumentieren Sie diese Regelung unter Beachtung der im NUP

festgelegten Prinzipien?

5.b. Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie wann setzen, um die Aufhebung der

Elektrizitätsabgabe für erneuerbare Energieträger zu erreichen?