3402/J XX.GP

 

Anfrage

der Abg. Aumayr, Ing. Reichhold, Dr. Salzl1 Mag. Haupt

an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und

Verbraucherschutz

betreffend Verwendung der Michhygieneverordnung zur

wirtschaftlichen Ausgrenzung von Selbstvermarktern

Freiheitliche Abgeordnete und Bundesräte haben schon oftmals

Mißstände im Lebensmittel- und Spitalshygienebereich aufgedeckt

und kritisiert. Auch die EU-weite Befolgung genauer Milchhygiene-

Richtlinien ist ein wichtiger Beitrag zum Verbraucherschutz und

zur Volksgesundheit. Im November 1996 hat ein FPÖ-Bundesrat die

Amtsvorgängerin auf Schwachstellen bei der Kontrolle von Molke-

rei- und Handelsbetrieben in punkto Milchhygiene, Ablaufdaten,

Unterbrechungen der Kühlkette usw. hingewiesen und auf die

Jahr für Jahr sich wiederholenden Konsumentenbeschwerden in

Ballungsgebieten wegen Mängeln bei der Milchqualität, speziell

in den Sommermonaten, aufmerksam gemacht, obwohl die Kontrollen

in den bäuerlichen Betrieben immer intensiver und schärfer

wurden.

Daß die Milchhygieneverordnung vor allem dazu benützt wird,

um Selbstvermarkter aus dem Geschäft zu drängen, ist eine

von den Verantwortlichen geleugnete, leider aber immer wieder

anzutreffende Praxis. Geht es nach dem österreichischen Ver-

ordnungsentwurf, wird der Direktverkauf von Milch und Milch-

produkten an die Gastronomie und sonstige Einrichtungen der

Gemeinschaftsverpflegung fast unmöglich gemacht, da eine

Wärmebehandlung oder die Herstellung erhitzter Speisen vor-

geschrieben wird, Bauernbutter, Bauerntopfen, Joghurt ist

dann verboten. Gibt ein Bauer aber wärme behandelte Milch ab,

gilt er als Be- und Verarbeitungsbetrieb und unterliegt den

Molkereivorschriften bzw. dem Gewerberecht. Dasselbe gilt für

die Erzeugung von Weich- oder Schnittkäse.

Während die EU einen gewissen nationalen Spielraum gewährt,

der von den anderen Mitgliedstaaten weidlich, in manchen

Fällen sogar hart an der Grenze der Hygienestandards, ausge-

nützt wird, fällt Österreich wieder einmal als Musterschüler

zu Lasten der bäuerlichen Betriebe auf:

Spanien hat für 89, Deutschland für 53, Frankreich für 36,

Italien für 21 nationale Käsesorten Ausnahmen und Erleichte-

rungen beantragt und gewährt erhalten. Österreich hat nur

drei Anträge gestellt und bewilligt erhalten, was die

Variationsbreite des Feinkostladens nicht unbedingt verbessern

wird.

In einem Amtsblatt der EU vom Oktober 1994 sind die Namen

von ca. 2000 (zweitausend) italienischen Milchverarbeitungs

betrieben angeführt, denen von der EU nicht näher definierte

Erleichterungen von den hygienischen Bestimmungen gewährt

wurden. Nun hoffen österreichische Milchverarbeitungsbetriebe

mit einem Jahresverarbeitungsaufkommen bis 500.000 kg Milch,

mit dem Argument der Wettbewerbsgleichheit ebenfalls

Zugeständnisse zu erhalten, um gegen billige, hygienisch frag-

würdige Transportprodukte auf derselben Niedrigebene anzutreten.

Auf der Strecke bleiben voraussichtlich die bäuerlichen

Direktvermarkter, die von der vollen Strenge der Milch-

hygieneverordnung getroffen werden.

Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucher-

schutz die nachstehende

Anfrage:

1. Ab wann wird es in Österreichs Tourismusbetrieben beim

Frühstücksbuffet

a) keine Bauernbutter aus unpasteurisiertem Rahm,

b) keinen Bauerntopfen aus unpasteurisierter Milch,

c) keinen Weich- und Schnittkäse aus bäuerlicher

Produktion auf der Basis von Rohmilch

mehr geben dürfen ?

2. Welche Ausstattungs- und Behandlungsvorschriften hat ab

diesem Zeitpunkt ein bäuerlicher Vermarkter von Milch und

Milchprodukten zu befolgen ?

3. Ist Ihrem Ressort bekannt, mit welchen Anschaffungs- und

Betriebskosten diese neuen Vorschriften verbunden sind ?

4. Ist Ihrem Ressort bekannt, welchen sonstigen rechtlichen

Änderungen und Verpflichtungen ein bäuerlicher Vermarkter

von Milch und Milchprodukten nach Umstellung auf Wärme-

behandlung ausgesetzt ist (z.B. hinsichtlich Gewerberecht>?

5. Ist Ihrem Ressort bekannt, welche Gründe dafür maßgeblich

waren, daß Österreich nur für drei nationale Käsesorten

Ausnahmen und Erleichterungen beantragte und bewilligt

bekam, während Spanien 89, Deutschland 53, Frankreich 36

und Italien 21 Ausnahmen erhielten ?

6. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie vielen österreichischen

gewerblichen und genossenschaftlichen Milchbe- und -verar-

beitungsbetrieben Hygiene-Ausnahmen - analog zu den seit

1994 zugestandenen Ausnahmen der EU für ca. 2.000 italie-

nische Be- und Verarbeiter - beantragt und zugestanden

erhielten ?

7. Welche Vorkehrungen werden Sie treffen, damit Österreichs

Konsumenten besser als bisher vor Milchprodukten aus

EU-Mitgliedstaaten mit de facto niedrigeren Hygienestan-

dards aus Gesundheitsgründen geschützt werden ?