3403/J XX.GP

 

Anfrage

der Abg. Aumayr, Ing. Reichhold, Dr. Salzl, Mag. Haupt

und Kollegen

an den Bundesminister für Land— und Forstwirtschaft

betreffend Verwendung der Michhygieneverordnung zur

wirtschaftlichen Ausgrenzung von Direktvermarktern

Freiheitliche Abgeordnete und Bundesräte haben schon oftmals

Mißstände im Lebensmittel- und Spitalshygienebereich aufgedeckt

und kritisiert. Auch die EU—weite Befolgung genauer Milchhygiene—

Richtlinien als an sich wichtiger Beitrag zum Verbraucherschutz

und zur Volksgesundheit wurden von FPÖ—Bundesräten zum Anlaß

genommen, um auf Schwachstellen bei der Kontrolle von Molkerei-

und Handelsbetrieben In punkto Milchhygiene, Ablaufdaten,

Unterbrechungen der Kühlkette usw. hinzuweisen, während auf

der anderen Seite die Kontrollen in den bäuerlichen Betrieben

immer Intensiver und schärfer werden.

Daß die Milchhygieneverordnung vor allem dazu benützt wird,

um Direktvermarkter aus dem Geschäft zu drängen, ist eine von

den Verantwortlichen geleugnete, leider aber immer wieder zu

beobachtende Praxis. Geht es nach dem österreichischen Ver—

ordnungsentwurf, wird der Direktverkauf von Milch und Milch—

produkten an die Gastronomie und sonstige Einrichtungen der

Gemeinschaftsverpflegung fast unmöglich gemacht, da eine

Wärmebehandlung oder die Herstellung erhitzter Speisen vor—

geschrieben wird. Bauernbutter, Bauerntopfen, Joghurt ist

dann verboten. Gibt ein Bauer aber wärme behandelte Milch ab,

muß er zuerst kostspielige Investitionen tätigen, um sodann

womöglich als Be- und Verarbeitungsbetrieb zu gelten und den

Molkereivorschriften und dem Gewerberecht zu unterliegen.

Dasselbe gilt für die Erzeugung von Weich— oder Schnittkäse.

Während die EU einen gewissen nationalen Spielraum gewährt,

der von den anderen Mitgliedstaaten weidlich, in manchen

Fällen sogar hart an der Grenze der Hygienestandards, ausge-

nützt wird fällt Österreich wieder einmal als Musterschüler

zu Lasten der bäuerlichen Betriebe auf:

Spanien hat für 89, Deutschland für 53, Frankreich für 36,

Italien für 21 nationale Käsesorten Ausnahmen und Erleichte-

rungen beantragt und gewährt erhalten. Österreich hat nur

drei Anträge gestellt und bewilligt bekommen, was die

Variationsbreite des Feinkostladens nicht unbedingt verbessern

wird.

In einem Amtsblatt der EU vom Oktober 1994 sind die Namen

von ca. 2000 (zweitausend) italienischen Milchverarbeitungs-

betrieben angeführt, denen von der EU nicht näher definierte

Erleichterungen von den hygienischen Bestimmungen gewährt

wurden. Nun hoffen österreichische Milchverarbeitungsbetriebe

mit einem Jahresverarbeitungsaufkommen bis 500.000 kg Milch

mit dem Argument der Wettbewerbsgleichheit ebenfalls

Zugeständnisse zu erhalten, um gegen billige, hygienisch

fragwürdige Importprodukte auf derselben Niedrigebene

antreten zu können.

Auf der Strecke bleiben voraussichtlich die bäuerlichen

Direktvermarkter, die von der vollen Strenge der Milch—

hygieneverordnung getroffen werden.

Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die nachstehende

Anfrage

1. Wann wurde Ihnen der Entwurf der neuen Michhygieneverordnung

von der zuständigen Bundesministerin übermittelt ?

2. Ab wann wird es demnach in Österreichs‘ Tourismusbetrieben

beim Frühstücksbuffet

a) keine Bauernbutter aus unpasteurisiertem Rahm,

b) keinen Bauerntopfen aus unpasteurisierter Milch,

c) keinen Weich— und Schnittkäse aus bäuerlicher

Produktion auf der Basis von Rohmilch

mehr geben dürfen ?

3. Welche Ausstattungs— und Behandlungsvorschriften hat nach

dieser Verordnung ab diesem Zeitpunkt ein bäuerlicher

Direktvermarkter von Milch und Milchprodukten zu befolgen ?

4. Welche Anschaffungs— und Betriebskosten sind laut Schätzungen

bzw. Berechnungen Ihres Ressorts mit der Befolgung der neuen

Vorschriften für den einzelnen bäuerlichen Betrieb verbunden ?

5. Welchen sonstigen rechtlichen Änderungen und Verpflichtungen

unterliegt ein bäuerlicher Direktvermarkter von Milch und

Milchprodukten nach der vorgeschriebenen Umstellung auf

Wärmebehandlung (z.B. hinsichtlich Gewerberecht) ?

6. Ist Ihrem Ressort bekannt, welche Gründe für die Beantragung

von nur drei nationalen österreichischen Käsesorten maßgeblich

waren, während die EU—Mitgliedstaaten Spanien 89, Deutschland

53, Frankreich 36 und Italien 21 Ausnahmen bewilligt bekamen ?

7. Ist Ihrem Ressort bekannt, wievielen österreichischen

gewerblichen und genossenschaftlichen Milchbe— und —verar—

beitungsbetrieben Hygiene—Ausnahmen - analog zu den seit

1994 von der EU für ca. 2000 italienische Be— und Verarbeiter

zugestandenen Ausnahmen - zugestanden wurden ?

8. Was werden Sie unternehmen, damit die neue Milchhygiene—

verordnung die bäuerliche Direktvermarktung nicht noch

mehr als bisher behindert ?

9. Was werden Sie unternehmen, um die Verzerrungen des

Wettbewerbs und des EU-Fördermittelflusses zugunsten

jener Mitgliedsstaaten und Milchbe- und -verarbeitungs-

betriebe mit de facto niedrigeren Hygienestandards

transparent zu machen und zu bekämpfen ?