3425/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Gredler, Partnerinnen und Partner
an den Bundeskanzler
betreffend Vorschlagsrecht der Bundesregierung für durch Österreicherinnen und
Österreicher zu besetzende hohe Positionen in internationalen Organisationen
Für verschiedene hohe Positionen in der Verwaltung internationaler und supra—
nationaler Organisationen hat Österreich das Vorschlags- bzw. Ernennungsrecht.
Wie leider auch durch innerösterreichische Fälle belegt (zuletzt durch die
fragwürdige Bestellung des Leiters des Bundesasylsenates), ist nicht immer die
fachliche Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber, sondern oft auch
Proporzdenken oder die Möglichkeit der Vergabe eines ,,Versorgungspostens
ausschlaggebend für die Ernennung oder Bestellung der Kandidatinnen und
Kandidaten.
So hat Österreich die zwei ihm zustehenden stellvertretenden Generaldirektoren in
der EU—Kommission mit der SPÖ nahestenden Personen besetzt, nachdem der
österreichische EU—Kommissär der ÖVP zuzurechnen ist. Laut Zeitungsberichten
(z.B. KURIER vom. 9.11.1997: „Der Proporz als Exportartikel“) werden durch das
Streben nach parteipolitischer Balance sogar Aufstiegschancen österreichischer
Beamter verhindert.
Ein weiteres Beispiel für undurchsichtige Postenauswahl ist die Erstellung des
Dreiervorschlages für einen österreichischen Richter am Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte durch die Bundesregierung. Die Erstellung dieses Vorschlages
ist deshalb so sensibel, weil das Hearing im Europarat nur eine Formsache ist und
gewöhnlich der erstgereihte Kandidat den Job erhält.
Die Qualifikation jeder einzelnen Person soll hier keinesfalls angezweifelt werden. Es
erhebt sich jedoch die Frage, ob es im Sinne des Ansehens Österreichs und der
hohen internationalen Verantwortung, die Österreichs Vertreter in Top-Positionen bei
internationalen Organisationen tragen, nicht angebracht wäre, die von der
Bundesregierung zu ernennenden Posten einer öffentlichen Ausschreibung und/oder
einem Hearing zu unterziehen.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundeskanzler:
1. Für welche Posten in Exekutiv— und Verwaltungsorganen sowie der
Gerichtsbarkeit der Europäischen Union hat die Bundesregierung ein Vorschlags—
bzw. Ernennungsrecht?
2. Welche Personen wurden wann für diese Posten vorgeschlagen?
3. Welche Qualifikationen waren für die Ernennung dieser Personen
ausschlaggebend?
4. Wurde für diese Posten eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt? Wenn nein,
warum nicht?
5. Wurde für diese Posten ein Hearing durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?
6. Wann wird wieder eine Entscheidung über Posten in EU-Organen anstehen?
7. Wird es zu diesem Zeitpunkt eine öffentliche Ausschreibung und/oder ein Hearing
für diese Positionen geben? Wenn nein, warum nicht?
8. Stimmt die Meldung im oben zitierten Artikel des KURIER, daß der österreichische
Kandidat nur deshalb nicht den prestigeträchtigen Job als Leiter der Task Force
„Osterweiterung“ erhielt, weil sich Österreich aus Gründen der parteipolitischen
Balance zu wenig dafür stark gemacht hat? Wenn nein, wie begründen Sie dies?
9. Für welche Posten im Verwaltungsbereich der Vereinten Nationen hat die
Bundesregierung ein Vorschlags- bzw. Ernennungsrecht?
10.Welche Personen wurden wann für diese Posten vorgeschlagen?
11 Welche Qualifikationen waren für die Ernennung dieser Personen
ausschlaggebend?
12.Wurde für diese Posten ein Hearing oder eine öffentliche Ausschreibung
durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?
13. Für welche Posten im Rahmen der Verwaltung der Welthandelsorganisation
sowie der internationalen Finanzorganisationen Weltbankgruppe, IWF. .) hat die
Bundesregierung ein Vorschlags— bzw. Ernennungsrecht?
14.Welche Personen wurden wann für diese Positionen vorgeschlagen?
1 5.Welche Qualifikationen waren für diese Positionen ausschlaggebend?
16.Wurde für diese Posten ein Hearing oder eine öffentliche Ausschreibung
durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?
17.Für welche Posten im Rahmen der Verwaltung sonstiger internationaler
Organisationen hat die Bundesregierung ein Vorschlags- oder Ernennungsrecht?
1 8.Welche Personen wurden wann für diese Posten vorgeschlagen?
19.Welche Qualifikationen waren für die Ernennung dieser Personen
ausschlaggebend?
20.Wurde für diese Posten ein Hearing oder eine öffentliche Ausschreibung
durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?
21. Weshalb wurde vor Erstellung des Dreiervorschlagung für die Ernennung eines
österreichischen Richters am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte keine
öffentliche Ausschreibung und kein Hearing durchgeführt?
22. lst Ihnen bewußt, daß das im Rahmen des Europarates durchzuführende Hearing
zur Bestellung der Richter im Regelfall eine reine Formsache ist und der vom
jeweiligen Mitgliedstaat erstgereihte Kandidat bestellt wird?
23. Halten Sie grundsätzlich die Durchführung von öffentlichen Ausschreibungen und
Hearings bei Besetzung von hohen Positionen in internationalen Organisationen
für sinnvoll? Wenn ja, was werden Sie unternehmen, daß diese in Zukunft
durchgeführt werden? Wenn nein, warum nicht?