3428/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Gredler, Partnerinnen und Partner

an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten

betreffendVorschlagsrechtderBundesregierupafürdurchÖsterreicherinnenund

ÖsterreicherzubesetzendehohePositionenininternationalenOrganisationen

Für verschiedene hohe Positionen in der Verwaltung internationaler und supra-

nationaler Organisationen hat Österreich das Vorschlags- bzw. Ernennungsrecht.

Wie leider auch durch innerösterreichische Fälle belegt (zuletzt durch die

fragwürdige Bestellung des Leiters des Bundesasylsenates), ist nicht immer die

fachliche Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber, sondern oft auch

Proporzdenken oder die Möglichkeit der Vergabe eines ,Versorgungspostens“

ausschlaggebend für die Ernennung oder Bestellung der Kandidatinnen und

Kandidaten.

So hat Österreich die zwei ihm zustehenden stellvertretenden Generaldirektoren in

der EU-Kommission mit der SPÖ nahestenden Personen besetzt, nachdem der

österreichische EU-Kommissär der ÖVP zuzurechnen ist. Laut Zeitungsberichten

(Z.B. KURIER vom. 9.11.1997: „Der Proporz als Exportartikel“) werden durch das

Streben nach parteipolitischer Balance sogar Aufstiegschancen österreichischer

Beamter verhindert.

Ein weiteres Beispiel für undurchsichtige Postenauswahl ist die Erstellung des

Dreiervorschlages für einen österreichischen Richter am Europäischen Gerichtshof

für Menschenrechte durch die Bundesregierung. Die Erstellung dieses Vorschlages

ist deshalb so sensibel, weil das Hearing im Europarat nur eine Formsache ist und

gewöhnlich der erstgereihte Kandidat den Job erhält.

Die Qualifikation jeder einzelnen Person soll hier keinesfalls angezweifelt werden. Es

erhebt sich jedoch die Frage, ob es im Sinne des Ansehens Österreichs und der

hohen internationalen Verantwortung, die Österreichs Vertreter in Top-Positionen bei

internationalen Organisationen tragen, nicht angebracht wäre, die von der

Bundesregierung zu ernennenden Posten einer öffentlichen Ausschreibung und/oder

einem Hearing zu unterziehen.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten folgende

ANFRAGE

an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten:

1. Für welche Posten in Exekutiv- und Verwaltungsorganen sowie der

Gerichtsbarkeit der Europäischen Union hat die Bundesregierung ein Vorschlags-

bzw. Ernennungsrecht?

2. Welche Personen wurden wann für diese Posten vorgeschlagen?

3. Welche Qualifikationen waren für die Ernennung dieser Personen

ausschlaggebend?

4. Wurde für diese Posten eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt? Wenn nein,

warum nicht?

5. Wurde für diese Posten ein Hearing durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?

6. Wann wird wieder eine Entscheidung über Posten in EU-Organen anstehen?

7. Wird es zu diesem Zeitpunkt eine öffentliche Ausschreibung und/oder ein Hearing

für diese Positionen geben? Wenn nein, warum nicht?

8. Stimmt die Meldung im oben zitierten Artikel des KURIER, daß der österreichische

Kandidat nur deshalb nicht den prestigeträchtigen Job als Leiter der Task Force

„Osterweiterung“ erhielt, weil sich Österreich aus Gründen der parteipolitischen

Balance zu wenig dafür stark gemacht hat? Wenn nein, wie begründen Sie dies?

9. Für welche Posten im Verwaltungsbereich der Vereinten Nationen hat die

Bundesregierung ein Vorschlags- bzw. Ernennungsrecht?

1O.Welche Personen wurden wann für diese Posten vorgeschlagen?

11 Welche Qualifikationen waren für die Ernennung dieser Personen

ausschlaggebend?

12.Wurde für diese Posten ein Hearing oder eine öffentliche Ausschreibung

durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?

13.Für welche Posten im Rahmen der Verwaltung der Welthandelsorganisation

sowie der internationalen Finanzorganisationen (Weltbankgruppe, IWF...) hat die

Bundesregierung ein Vorschlags— bzw. Ernennungsrecht?

14.Welche Personen wurden wann für diese Positionen vorgeschlagen?

1 5.Welche Qualifikationen waren für diese Positionen ausschlaggebend?

16.Wurde für diese Posten ein Hearing oder eine öffentliche Ausschreibung

durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?

17. Für welche Posten im Rahmen der Verwaltung sonstiger internationaler

Organisationen hat die Bundesregierung ein Vorschlags— oder Ernennungsrecht?

18.Welche Personen wurden wann für diese Posten vorgeschlagen?

1 9.Welche Qualifikationen waren für die Ernennung dieser Personen

ausschlaggebend?

20.Wurde für diese Posten ein Hearing oder eine öffentliche Ausschreibung

durchgeführt? Wenn nein, warum nicht?

21. Weshalb wurde vor Erstellung des Dreiervorschlagung für die Ernennung eines

österreichischen Richters am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte keine

öffentliche Ausschreibung und kein Hearing durchgeführt?

22.lst Ihnen bewußt, daß das im Rahmen des Europarates durchzuführende Hearing

zur Bestellung der Richter im Regelfall eine reine Formsache ist und der vom

jeweiligen Mitgliedstaat erstgereihte Kandidat bestellt wird?

23.Halten Sie grundsätzlich die Durchführung von öffentlichen Ausschreibungen und

Hearings bei Besetzung von hohen Positionen in internationalen Organisationen

für sinnvoll? Wenn ja, was werden Sie unternehmen, daß diese in Zukunft

durchgeführt werden? Wenn nein, warum nicht?