3485/J XX.GP

 

Anfrage

der Abgeordneten Kurzbauer

und Kollegen

an den

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr

betreffend der Errichtung des Semmeringtunnels

ÖBB-Generaldirektor Helmut Draxler übte in einem Interview mit der „Kronen-Zeitung“ vom

13 Dezember scharfe Kritik an den staatlichen Verkehrsplanern. Wörtlich meinte er, daß „es

intelligentere Lösungen als jetzt gibt, wo die linke Hand plant und die rechte das ‚ausbaden‘

muß“. Als konkrete Beispiele für derartige praxisfremde Projekte nannte Draxler namentlich

auch den Semmeringtunnel, der sich für die ÖBB in der geplanten Form nicht rechnet. Vom

ÖBB-Generaldirektor wurde auch die Begründung gleich mitgeliefert: „Die Kosten sind für

uns so hoch, daß wir auf dieser Strecke die Preise erhöhen müßten. Das würde zu einer

Verlagerung des Güterverkehrs auf die Straße führen“.

Draxler selbst setzte andere verkehrspolitische Prioritäten wie etwa den Ausbau der „Donau—

und der Pontebbana-Achse“‘ den Lückenschluß sowie Modernisierungen auf der Tauern- und

Pyhrnautobahn oder den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Großraum Wien.

Mit ÖBB-Generaldirektor Helmut Draxler hat ein Mann, der als anerkannter Manager gilt,

massive Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Projektes Semmeringtunnel angemeldet.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wissenschaft und

Verkehr folgende

Anfrage

1. Von ÖBB-Generaldirektor Helmut Draxler wird die wirtschaftliche Rentabilität des

Semmeringtunnels für die ÖBB stark in Zweifel gezogen.

Ergeben sich nicht auch für Sie, Herr Bundesminister, immer mehr Zweifel an der

Sinnhaftigkeit dieses Projektes? Wie erklären Sie, weiter daran festhalten zu wollen?

2. Ist Ihnen bekannt, daß sich mit den ÖBB der Hauptbenutzer der geplanten Schiennetze

gegen die Realisierung dieses Projektes ausgesprochen hat?

3. Draxler meinte, der Semmeringtunnel rechnet sich nicht und nannte auch konkrete Zahlen.

Im Falle eines Baus des Semmeringtunnels stünden Einsparungen in Höhe von 150 bis

200 Millionen Ausgaben in Form von Benützungsgebühren in Höhe von 400 Millionen

Schilling gegenüber. Unter dem Strich ein Minus von 250 bis 200 Millionen Schilling.

Für die ÖBB damit ein absolutes Defizitgeschäft.

Wie sehen Sie diese Rechnung? Ist Draxler aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht völlig

recht zu geben?

4. Aufgrund der hohen Kosten, die für die Bahn auf dem Semmering anlaufen würden,

kündigte Draxler eine massive Preiserhöhung an. Dadurch käme es aber — wie Draxler

einräumte — zu einer Verlagerung des Güterverkehrs auf die Straße.

Gerade das kann aber nicht Sinn und Zweck des Semmeringtunnels sein!

Wie sehen Sie das, Herr Bundesminister?

5. Draxler räumte nicht dem Neubau, sondern vielmehr dem zügigen Ausbau der

bestehenden Schienennetze und dem öffentlichen Güter— und Nahverkehr absoluten

Vorrang ein. Die Praxis untermauert diese Aussage: Wien erstickt im Lkw-Verkehr und

braucht dringend einen neuen Güterbahnhof. Fast 50 Prozent des Personenverkehrs

spielen sich im Großraum Wien ab. Und viele Pendler aus den Bundesländern müssen mit

veraltetem Wagenmaterial in überfüllten Zügen der ÖBB Vorliebe nehmen. Für moderne

Doppelstockwaggons fehlt das Geld.

Ist nicht auch für Sie, Herr Bundesminister, der Semmeringtunnel ein viel zu wenig

praxisorientiertes Projekt, welches an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigeht?

6. Es ist noch nicht abzusehen, wann das Naturschutzverfahren des Landes Niederösterreich

abgeschlossen wird.

Glauben Sie, Herr Bundesminister, daß diese Tatsache Auswirkungen auf die

Finanzierung haben wird?

7. Gibt es Untersuchungen über die Möglichkeit alternativer Projekte, wie zum Beispiel die

Sanierung der Bergstrecke über den Semmering?

8. Ergibt sich für Sie eine neue Situation durch die neuesten Prognosen, vor allem jener der

Planungsgemeinschaft Ost aus dem Jahr 1996, über die Entwicklung des Güterverkehrs

auf der Süd-Bahn-Strecke?