3551/J XX.GP
der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres betreffend die Zu-
kunft des Vereinswesens in Österreich
Keine Änderungen im Vereinsrecht, dafür schärfere Kontrollen von großen Ver-
einen"- diese Lösung hat der Bundesminister für Inneres lt. „Kurier“ und „OÖN“ vom 29.12.
1997 in einem Interview mit „Radio Vorarlberg“ ausgegeben.
Mit der angekündigten schärferen Kontrolle will der Bundesminister verhindern, ,‚ daß
Spendengeld mißbräuchlich „verwendet wird“ oder daß dubiose Machenschaften über
Vereine abgewickelt werden“.
Zunächst ist zu beachten, daß das Vereinsgesetz im Sinne der Vereinsfreiheit auszule-
gen ist und dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nur die aus der Sicht der öffent-
lichen Interessen notwendigen Eingriffe zuläßt (vgl. A 11 A 2 EMRK; VfSlg. 13025/1992).
Ferner ist auch das Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes vom 9. November 1978
bedeutsam, in dem es heißt:
„Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes sind juristische Personen
des privaten Rechtes. Das dem öffentlichen Recht zugehörige Ver-
einsrecht des Vereinsgesetzes hat sich grundsätzlich auf die Staats-
aufsicht bei Gründung, Tätigkeit und Auflösung der Vereine zu
beschränken.“
Das Vereinsgesetz - das allerdings lt. Aussage des Innenministers nicht geändert
werden soll - beschränkt sich in seiner Regelung der Vereinstätigkeit zunächst auf das
Verbot, durch das Fassen von Beschlüssen oder das Ausfertigen von Erlässen sich
staatliche Autorität anzumaßen oder gegen strafgesetzliche Bestimmungen zu versto-
ßen. Außerdem darf jeder Verein nur die Tätigkeit entfalten, die seinem statutenmä-
ßigen Wirkungsbereich entspricht: Er darf nur die in den Satzungen genannten Zwecke
mit den in den Satzungen zur Verwirklichung dieser Zwecke vorgesehenen Tätigkeit
verfolgen (vgl. VfSlg. 2620/1953; 3956/1961).
Unter diesem Blickwinkel ist folgende Feststellung nun besonders wichtig:
Der Schutz des Art. 12 StGG gilt nicht nur der freien Vereinsbildung, sondern,
weil mit der Bildung des Vereines auch die Satzungen festgelegt werden, die seine
Tätigkeit bestimmen, auch der satzungsgemäßen Tätigkeit des Vereines (vgl. VfSlg.
2620/1953; 3956/1961).
Die Absicht des Bundesministers für Inneres, „schärfere Kontrollen bei großen(!)
Vereinen durchzuführen, ist jedoch mit dem Vereinsgesetz unvereinbar!
Im Vereinsgesetz von 1951 ist nicht festgelegt, was ein „großer Verein“ ist.
Offenbar geht der Bundesminister von dem im Buch „Reform des Vereinsrechtes -
Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Vereinsrecht“ herausgegeben von Dr. Peter
Fessler, Dr. Christine Krejci, Dr. Peter Zetter, Wien, 1997, getroffenen Definition aus.
In diesem Buch wird der „Große
Verein“ als § 3 sehr ausführlich behandelt.
Ungeklärt ist auch, was unter dem Begriff ,, dubiose Machenschaften, die über
Vereine abgewickelt werden“ verstanden werden soll.
Es dürfte den Redaktoren wohl entgangen sein, daß die Vereinsbehörden bereits
seit 131 Jahren auf Grund des § 24 des Vereinsgesetzes jeden Verein auflösen können,
wenn von ihm Beschlüsse gefaßt oder Erlässe ausgefertigt werden, die dem Strafgesetz
zuwiderlaufen.
Es sollte doch auch im Innenministerium bekannt sein, daß im Strafgesetz
Tatbilder vorgegeben sind und jene „dubiose Machenschaften‘< sich nicht darunter
subsumieren lassen.
In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an den
Bundesminister für Inneres folgende
Anfrage:
1.) Reichen Ihnen die Paragraphen 20 und 24 des Vereinsgesetzes 1951 nicht
aus, um die ,,dubiosen Machenschaften" zu unterbinden? -
Wenn nein, warum nicht?
2.) Gegen wieviel und welche Vereine sind seit dem 1. Jänner 1995 auf Grund
von Verstößen gegen das Strafgesetzbuch aufsichtsbehördliche Verfahren
durchgeführt worden?
3.) Wie viele Vereine sind im genannten Zeitraum wegen Verstoßes gegen das
Strafgesetzbuch behördlich aufgelöst worden?
4.) Auf Grund welcher Bestimmungen des Vereinsgesetzes sollen die von Ihnen
erwünschten „schärferen Kontrollen“ in den Vereinen durchgeführt werden?
5.) Auf Grund welcher Bestimmungen des Vereinsgesetzes sollen die Aufsichts-
behörden „Kontrollen“ über die Verwendung von Spendengeldern durch-
führen?
Anlage konnte nicht gescannt werden !!!