3776/J XX.GP

 

der Abgeordneten Dr. Brauneder, Dr. Grollitsch, DI Schöggl und Kollegen

an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr

betreffend anonyme Qualitätskontrollen im universitären Lehrbetrieb

Die Ankündigung von Wissenschaftsminister Dr. Caspar Einem, die Qualität der Lehre an den Univer -

sitäten durch anonyme Kontrollore überprüfen zu lassen, hat zu einem Proteststurm geführt. Nicht nur

die unmittelbar Betroffenen, also die Lehrenden an den Universitäten, sondern auch die Wissenschafts-

sprecher aller politischen Parteien mit Ausnahme der SPÖ sprachen sich gegen die geplanten - und als

„Spitzel - Aktion“ bezeichneten - Maßnahmen aus.

Der Rektor der Technischen Universität Wien, Univ. - Prof. Dr. Peter Scalicky dazu wörtlich: „Das ist

widerlich, das hat es in der Zweiten Republik noch nie gegeben, und das gibt es auch im Ausland

nicht!“ („Die Presse“, 3.2.98) Der Wissenschaftssprecher der ÖVP, Dr. Dieter Lukesch, spricht von

einer „Ungeheuerlichkeit und besonderen Ungeschicklichkeit“ (APA/OTS 0124, 2.2.98), Grün -

Abgeordneter Univ. - Prof. Dr. Alexander Van der Bellen von einer Zertrümmerung der Gesprächsbasis

mit den Universitäten (APAIOTS 0062, 3.2.98), Abgeordnete Dr. Martina Gredler von den Liberalen

stellt sich die Frage, ob angesichts einer solchen „sinnlosen Provokation der Universitätslehrer“ Mini -

ster Einem „zum schwarzen Schaf in der Regierung“ mutiere (APA/OTS 0080, 3.2.98), ÖVP -

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek spricht von einem „Karnevalsbeitrag“ des Ministers und einem

„eklatanten Eingeständnis des eigenen Unvermögens“ (APAIOTS 0106, 3.2.98), die Österreichische

Hochschülerschaft kritisiert Einems „Ruf nach Geheimagenten im Hörsaal“ als „denkbar ungünstigen

Lösungsansatz“ (APA/OTS 0167, 3.2.98).

Aus freiheitlicher Sicht stellt die geplante Entsendung anonymer Kontrollore an die Universitäten eine

Mißachtung der Hochschulautonomie‘ ein Mißtrauen in die Mitbestimmungs - Universität sowie ange -

sichts bereits bestehender Evaluierungsmöglichkeiten eine überflüssige Verschwendung von Steuergeld

dar.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr

folgende

Anfrage

1. Die von Ihnen mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1997 erlassene Evaluierungsverordnung, BGBl.

Nr.224/1997, ermöglicht bereits jetzt laufende „Überprüfungen der Effektivität und Effizienz uni -

versitärer Lehr - und Forschungstätigkeit sowie universitätsbezogener Maßnahmen“.

Zweifeln Sie nunmehr an der Effizienz dieser Verordnung und beabsichtigen Sie diese zu ändern?

2. Im Falle, daß Sie die Evaluierungsverordnung nicht zu ändern gedenken und daher für effizient

halten: Wie begründen Sie die zusätzlichen Kontrollmaßnahmen?

3. § 4 der erwähnten Evaluierungsverordnung normiert eine breite Palette von Evaluierungsarten:

Heranziehung externer Fachleute zur Bewertung von Forschungstätigkeiten, Sachverständigenbe -

fragungen und Sachverständigengutachten sowie Lehrveranstaltungsbewertungen durch die Studie -

ren den.

Werden diese Evaluierungsarten ausgeschöpft?

Wenn ja, welche Ergebnisse haben sie bisher gezeitigt?

Wenn nein, warum nicht?

4. Warum genügen Ihnen Ergebnisse der Evaluierungsverordnung nicht?

5. Läßt sich die geplante Entsendung von anonymen Qualitätskontrolloren im Auftrag Ihres Ministe -

riums mit der im Universitätsstudiengesetz verankerten Hochschulautonomie vereinbaren?

Wenn ja, mit welcher Begründung?

6. Halten Sie es mit einem demokratischen Rechtsstaat vereinbar, Qualitätskontrollen an den Univer -

sitäten anonym durchzuführen?

Wenn ja, was spricht aus Ihrer Sicht für die Anonymität?

Wenn nein, wieso greifen Sie zu der umstrittenen - und wohl zu Recht! - als Bespitzelung empfun -

denen Kontrollmaßnahme?

7. Auf welcher Rechtsgrundlage basieren die von Ihnen geplanten Kontrollen?

8. Aus welchen Budgetansätzen oder -titeln beabsichtigen Sie die Kosten für diese Kontrollen zu

bedecken?

9. Haben Sie eine genaue Kostenaufstellung für die zusätzlichen Kontrollen in Auftrag gegeben?

Wenn ja, wie sieht diese aus?

Wenn nein, warum nicht?

10. Das Problem der beklagten didaktischen Ineffizienz an Österreichs Hochschulen läßt sich zu einem

nicht unerheblichen Teil auf budgetbedingten Personalmangel zurückführen.

Haben Sie je daran gedacht, anstelle der von Ihnen geplanten Kontrollmaßnahmen um deren Ge -

genwert zusätzliches Lehrpersonal - Lektoren, Lehrbeauftragte, Gastprofessoren etc. - einzustel -

len?

Wenn ja, wann und in welchem Umfang?

Wenn nein, warum nicht?

11. Haben Sie Maßnahmen erwogen, den eklatant gestiegenen Verwaltungsaufwand im Hochschulbe -

reich - mitverursacht durch einen unzumutbaren Schwall von Gesetzen und Verordnungen - im

Sinne einer höheren Effizienz des Forschungs - und Lehrbetriebs einzudämmen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?