4023/J XX.GP
DRINGLICHE ANFRAGE
der Abgeordneten Schwarzböck, Schwarzenbergerl, Auer
und Kollegen
gem. § 93 Abs. 1 GOG
an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft
betreffend Agenda 2000 - Absicherung einer bäuerlichen Landwirtschaft
Die Europäische Kommission hat im Juni 1997 die Grundzüge der weiteren
Ausgestaltung der zentralen Politikbereiche der EU für die nächste
Finanzplanungsperiode vorgestellt. Es sind darin enthalten die Vorschläge der
Europäischen Kommission
- zur Finanzgebarung der EU,
- zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik,
- zur Strukturpolitik sowie
- zur Osterweiterung.
Mittlerweile liegen seit 18. März dieses Jahres auch die Legislativvorschläge zur
Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sowie der Strukturpolitik vor.
- Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 über die
Gemeinsame Marktordnung für Getreide und zur Aufhebung der Verordnung
(EWG) Nr. 2731/75 über die Standardqualitäten für Weichweizen, Roggen,
Gerste, Mais und Hartweizen
- Vorschlag zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter
landwirtschaftlicher Kulturpflanzen
- Vorschlag über die Gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch
- Vorschlag über die Gemeinsame Marktorganisation für Milch und
Milcherzeugnisse
- Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr.3950/92 über die
Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor
Vorschlag über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes durch
den Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds (EAGFL)
- Vorschlag über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik
- Vorschlag zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im
Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik
- Vorschlag zur Änderung der Verordnung Nr.136/66/EWG über die Errichtung
einer Gemeinsamen Marktorganisation für Fette
- Vorschlag über eine gemeinschaftliche Förderung für Maßnahmen in den
Bereichen Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raumes zur
Vorbereitung des Beitritts der Bewerberländer in Mittel - und Osteuropa
während des Heranführungszeitraumes
- Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr.2075/92 über die
Gemeinsame Marktorganisation für Rohtabak
-
Vorschlag zur Änderung der GMO Wein
Für Österreich sind vor allem die Vorschläge in den Bereichen Milch, Rindfleisch,
Getreide und andere Kulturpflanzen sowie insbesondere die Vorschläge für die
Entwicklung des ländlichen Raumes bzw. horizontale Maßnahmen von Bedeutung.
Die agrarpolitischen Maßnahmen laufen vornehmlich auf institutionelle
Preissenkungen sowie eine Erhöhung bei Direktzahlungen hinaus. Auch in der
Regionalpolitik werden wesentliche neue Akzente gesetzt.
Die österreichischen Bauern würden ersten Schätzungen zufolge mit den nun
vorliegenden Entwürfen mit Einkommenseinbußen von insgesamt 2,5 Milliarden öS
konfrontiert. Die verschärfte Wettbewerbssituation würde zwangsläufig viele
landwirtschaftliche Existenzen gefährden und den heimischen Arbeitsmarkt
zusätzlich belasten. Dennoch gibt es im vorliegenden Paket auch eine Reihe von
positiven Ansätzen für die österreichische Landwirtschaft, etwa die Eröffnung neuer
Marktperspektiven oder eine stärkere Umweltorientierung.
Insgesamt aber ist der vorliegende Entwurf in dieser Form kein geeigneter Schritt,
die Absicherung der flächendeckenden Landwirtschaft in Österreich bzw. in der
Europäischen Union zu gewährleisten bzw. den ökosozialen Weg fortzuführen.
Es wird nunmehr darum gehen, in den bevorstehenden Verhandlungen auf
Ministerratsebene Regelungen zu erreichen, die den österreichischen Bauern
bessere Perspektiven geben. Es gibt in Österreich den breiten Wunsch der
Bevölkerung nach einer naturnahen und flächendeckenden bäuerlichen
Landwirtschaft, die neben der agrarischen Produktion eine Reihe von zusätzlichen
Leistungen erbringt (Landschaftspflege, Umweltleistungen, Ressourcenschutz,
Sicherung der ländlichen Infrastruktur, volkskulturelle Leistungen, etc.).
Angesichts der gewaltigen Strukturunterschiede und der viel strengeren
Produktionsauflagen, Sozialkosten und - standards ist zu bezweifeln, ob eine
Marktliberalisierung im Bereich der Landwirtschaft ein geeigneter Weg zur
Stabilisierung bäuerlicher Einkommen und Strukturen ist.
Außerdem geht es hier um Fairneß gegenüber einer Berufsgruppe, die schon jetzt
unterdurchschnittliche Einkommen hat und dafür überdurchschnittliche Leistungen
erbringt. Schließlich geht es auch darum, das Gesicht Österreichs, unsere Identität,
die Landschaft und damit unseren wichtigsten Exportfaktor, den Tourismus,
abzusichern.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Land - und
Forstwirtschaft folgende
Anfrage:
1. Welche wichtigen Inhalte bringt der Beschluß des EU - Agrarministerrates aus
dem Herbst des Vorjahres über ein eigenständiges agrarpolitisches Modell für
Europa?
2. Wie beurteilen Sie den Vorschlag zur Finanzgebarung aus österreichischer
Sicht?
3.
Sind damit die anstehenden Aufgaben bewältigbar?
4. Wie beurteilen Sie den derzeit vorliegenden Entwurf im Hinblick auf die
geplante Osterweiterung?
5. Welche Punkte beinhaltet der derzeitige Milchvorschlag, wie sieht die
wirtschaftliche Prognose für diesen Betriebszweig aus, was sind die konkreten
österreichischen Forderungen im Bereich Milch?
6. Welche Änderungen sind im Rinderbereich geplant, mit welchen
Auswirkungen für die österreichischen Bauern ist zu rechnen, welche
Verhandlungsposition nimmt Österreich dazu ein?
7. Welche Änderungen sind im kulturpflanzenbereich geplant, mit welchen
Ergebnissen ist für die österreichischen Bauern zu rechnen und welche
Verhandlungsposition nimmt Österreich dazu ein?
8. Was beinhaltet der Vorschlag für die Entwicklung des ländlichen Raumes?
9. Auch die Ausgleichszulage im Berggebiet und benachteiligten Gebiet ist von
der Änderung betroffen. Ist ein Sockelbetrag möglich?
10. Wie sehen die österreichischen Vorstellungen zu den EU - Vorschlägen bei den
horizontalen Maßnahmen (z.B. Modulierung) aus?
11. Welche Positionen nahmen die EU - Mitgliedstaaten im Sonderministerrat zu
den Vorschlägen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (Landwirtschaft)
am 31.3.1998 ein?
12. Welcher Zeithorizont und welche Vorgangsweise ist für die Beschlußfassung
und Umsetzung geplant?
13. Welches WTO - Szenario, welche Verhandlungsstrategie der EU für die
nächste WTO - Runde sowie Weltmarktperspektiven liegen den
Kommissionsannahmen zugrunde?
14. Wie beurteilen Sie die Strategie der Annäherung der Agrarpreise an die
Weltmarktpreise aus Sicht der österreichischen Landwirtschaft insgesamt?
15. Wie beurteilen Sie die wiederholten Aussagen führender Oppositionspolitiker
nach einer Renationalisierung und nach einer Halbierung der nationalen
Förderungen für die Landwirtschaft angesichts der neuen Entwicklungen in
der EU?
Gemäß § 93 Abs. 1 GOG verlangen die unterfertigten Abgeordneten, daß diese vor
Eingang in die Tagesordnung eingebrachte Anfrage dringlich behandelt wird und daß
dem Erstanfrager Gelegenheit zur Begründung der Anfrage gegeben wird.