4454/J XX.GP
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend öffentliche Erörterung über die geplante Hochleistungstrasse Hubertendorf -
Blindenmarkt
Über die öffentliche Erörterung zur geplanten HL - Trasse Hubertendorf - Blindenmarkt am
15.4.1998 ist mir folgender Bericht der Bürgerinitiative „Für ein lebenswertes
Blindenmarkt“ (auszugsweise) vor:
„Am 15.4.1998 fand die öffentliche Erörterung über die geplante HL - Trasse Hubertendorf -
Blindenmarkt im Turnsaal der hiesigen Hauptschule statt. Laut UVP - Gesetz § 30 ist so eine
Veranstaltung vorgesehen, wenn eine neue Trassenführung 100 m vom Bestand abweicht.
Die geplante HL - Trasse führt mitten durch verbautes Gebiet, was natürlich bei der
betroffenen Bevölkerung auf massiven Widerstand stößt. Mehr als 300 schriftliche
Einwände dokumentieren die Sorgen und Ängste der Betroffenen. Zusätzliches
Lärmaufkommen, Erschütterungen und Körperschall lassen auf eine Verschlechterung der
Lebensqualität schließen.
Aufgrund dieser berechtigten Bedenken wurde diese Trasse vom Gemeinderat der
Martkgemeinde Blindenmarkt einstimmig abgelehnt, ebenso von der NÖ
Umweltanwaltschaft, der BH Melk und der NÖ Landwirtschaftskammer. Die
Stellungnahme des Landes NÖ, welches eine Untersuchung einer im Jahr 1992 von der
ÖBB geplanten Trasse (Tunnel im Norden von Blindenmarkt) fordert, steht noch aus.
Über 300 Blindenmarkter kamen zur öffentlichen Erörterung. Aus der Einladung seitens des
Bundesministeriums ging lediglich hervor, daß die Veranstaltung um 9.00 Uhr beginnt und
Wortmeldungen nur durch Eintragung in eine Rednerliste (ab 8.00 Uhr) erfolgen können.
Für die Anwesenden, die sich fast alle für diesen Tag Urlaub nehmen mußten, um ihre
demokratischen Rechte wahrzunehmen, endete dieser Vormittag mit einer herben
Enttäuschung. Sie mußten sich nämlich stundenlang die Vorstellung der geplanten Trasse
anhören, obwohl das Projekt bereits am 11.11.1997 ausführlich vorgestellt worden ist. Der
Wunsch nach einer kurzen, für alle verständlichen Vorstellung wurde abgelehnt, wodurch
es zum Eklat kam.
Der Vorsitzende, Dr. Wurmitzer, verlor die Beherrschung und ließ sich zu der Aussage:
‚Dies ist keine demokratische
Veranstaltung, hier geschieht, was ich anordne‘ hinreißen.
Die vom Land NÖ, der Gemeinde und der Bürgerinitiative geforderte Tunnelumfahrung
wurde nur ganz oberflächlich untersucht und mit zum Teil menschenverachtenden
Argumenten - wie die Verlegung eines Baches wäre für die Fische und die Fischerei eine
Gefahr (kein Fischer würde je in diesem Gewässer seine Angel auswerfen!) - abgelehnt.
Ab 13.00 Uhr konnten dann die Ausharrenden - viele waren bereits nach Hause gegangen -
ihre Sorgen und Ängste äußern, die natürlich alle als bedenklos hingestellt wurden.
Grundsätzlich könne man über einzelne Bedenken keine Auskünfte geben, es sei nur die
Gesamtheit des Projektes zu betrachten.
Völlig enttäuschte und sich übergangen fühlende Menschen verließen das groteske Szenario.
Für uns entsteht der Eindruck, daß die Politik gegen diese Machenschaften ebenso
chancenlos ist, wie der Bürger, der von seinem demokratischen Recht Gebrauch gemacht
hat, seine Meinung zu äußern und geglaubt hat, etwas bewegen zu können, das den
Menschen und seine Umwelt in den Mittelpunkt stellt! Und das für einen Ort, der durch
seine besondere Verkehrssituation (A1, B1 und Westbahn) jetzt schon arg benachteiligt ist.
Die von der Gemeinde geforderte Trasse würde eine einmalige Chance für eine eindeutige
Verbesserung der Lebensqualität ergeben.“
Nach § 35 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz hat die öffentliche Erörterung das
Vorhaben selbst und die eingelangten Stellungnahmen zum Gegenstand. § 36 Abs 1 lautet:
„Bei der öffentlichen Erörterung hat jedermann die Möglichkeit, sich zum Vorhaben und zu
seinen Auswirkungen zu äußern und Fragen zu stellen.“ Das Bürgerbeteiligungsverfahren
bei Trassenverordnungen gibt der betroffenen Bevölkerung keine rechtswirksamen
Mitspracherechte, sondern dient allein der Information und der Förderung der Akzeptanz
des Vorhabens. Immerhin aber ist bei Festlegung des Trassenverlaufs gemäß § 3 Abs 1 des
Hochleistungsstreckengesetzes auf die Ergebnisse der Anhörung „Bedacht zu nehmen“. Es
ist daher unverständlich, warum der Verhandlungsleiter eine so geringe Sensibilität
gegenüber den Sorgen und Alternativvorschlägen der Bevölkerung zutage legte und damit
dem Zweck des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes und des
Hochleistungsstreckengesetzes widersprach.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie nimmt der Bundesminister zu den zitierten Vorwürfen gegen die
Verhandlungsleitung der öffentlichen Erörterung Stellung?
2. In welcher Weise entspricht das gegenständliche Projekt besser den öffentlichen
Interessen im Sinne des § 1 Hochleistungsstreckengesetz als die Alternative, dem
Tunnel im Norden von Blindenmarkt?