4556/J XX.GP

 

DRINGLICHE ANFRAGE

gemäß § 93 Abs. 1 GOG - NR

der Abgeordneten DI Prinzhorn

und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Steuerrekord und rot - schwarze Steuergeschenke

Die Steuerbelastung der Österreicherinnen und Österreicher hat einen neuen Rekord

erreicht. Die SPÖVP - Bundesregierung kann stolz darauf sein, mit einer im europäischen

Durchschnitt äußerst hohen Abgabenquote von 45,7 % im Jahre 1996 (lt. Eurostat; EU -

Durchschnitt: 42,4 %) Österreich zu einem ausgesprochenen Hochsteuerland mit allen

negativen Folgen gemacht zu haben. Während sich im EU - Durchschnitt die

Abgabenquote von 40,9 % im Jahr 1989 auf 42,4 % im Jahr 1996 um 1,5 % steigerte,

wuchs diese in Österreich um 3,8 % von 41,9 % auf 45,7 %. Auch mit dieser

Steigerungsrate liegt Österreich im europäischen Spitzenfeld.

Aus dieser hohen Abgabenquote folgt, daß die Bürgerinnen und Bürger vom 1. Jänner

bis 12. Juni allein für die gierigen “öffentlichen Hände” arbeiten müssen und nur die

restliche Zeit des Jahres für sich selbst.

Die Österreicher zahlen heuer um satte 147 Milliarden Schilling mehr an Steuern und

Abgaben als vor drei Jahren. An den Bund allein gehen um 107 Milliarden mehr als

1995, den Rest der zusätzlichen Beute teilen sich Länder und Gemeinden. Da Milliarden

schwer vorstellbar sind, sei diese bemerkenswerte Tatsache auch anders formuliert: Die

Österreicher zahlen derzeit um rund 30 Prozent mehr an Steuern und Abgaben als vor

den Sparpaketen. Um die schlechte Nachricht dreimal und in drei verschiedenen Formen

zu verbreiten: Jeder erwachsene Österreicher liefert heuer im Schnitt um 25.000,-- S

mehr an die Finanzämter und verwandten Einrichtungen ab als früher (Salzburger

Nachrichten, 21.3.1998).

Nach übereinstimmender Expertenmeinung ist die hohe Steuerbelastung eine echte

Gefahr für den Wirtschaftsstandort Österreich und insbesondere für die

Beschäftigungssituation. So haben etwa vor kurzem anläßlich der Budgetberatungen

1999 Im Budgetausschuß des Nationalrates alle Experten mit Nachdruck darauf

hingewiesen, daß insbesondere der Faktor Arbeit dringend und erheblich steuerlich

entlastet werden müsse.

Nur eine erhebliche steuerliche Entlastung der Arbeit kann zu einer wirksamen

Entspannung auf dem Arbeitsmarkt führen, zumal auch die Zahl der Arbeitslosen im Mai

1998 mit 219.000 Personen einen neuen, in Anbetracht der Jahreszeit besonders

besorgniserregenden Höhepunkt erreicht hat und gegenüber dem gleichen Monat des

Vorjahres um 8.000 Personen bzw. 3,7 % angestiegen ist. Die Prognose der

Arbeitslosenquote für 1998 wurde dementsprechend von WIFO und IHS von 7,1 % auf

7,2 % korrigiert. Im Jahr 1998 wird es somit wieder einen Arbeitslosenrekord geben.

Die exorbitante und noch ständig steigende steuerliche Belastung der Arbeit wird

bewiesen durch nackte Zahlen: betrug das Lohnsteueraufkommen 1989 noch 88 Mrd. S

so sind im Budget 1999 bereits 198 Mrd. S veranschlagt. Die kalte Progression schmälert

die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicherin zunehmendem Maße.

Die SPÖVP - Bundesregierung hat auf diese Situation bisher in keiner Weise reagiert. Die

Situation auf dem Arbeitsmarkt ist ihr offenbar gleichgültig, solange nur die Positionen

der rot - schwarzen Funktionäre und ihrer Protektionskinder ungefährdet sind. Dies

beweist ihr Agieren auf allen Gebieten, auf denen richtungsweisende Strukturreformen

und Investitionen in die Zukunft notwendig sind, wie z.B.:

- beim Nationalen Beschäftigungsplan, der eine Aneinanderreihung von vagen

Ankündigungen und Vorschlägen enthält, für die vielfach nicht einmal eine

budgetäre Bedeckung vorhanden ist,

- über die Lehrlingspolitik, die der Bundeskanzler für vollmundige

öffentlichkeitswirksame Erklärungen genutzt hat, deren Substanzlosigkeit in den

Medien wiederholt erörtert wurden, und die es in Kauf nimmt, daß noch in diesem

Sommer tausende Schulabgänger ohne Lehr - und Ausbildungsplatz sein und in

Kursen und ,,Lehrlingsstiftungen” zwischengelagert werden,

- bis hin zu den mehrfach angekündigten Export - und Technologieoffensiven, die es bis

heute nicht gibt. Die Exporterfolge, die sich nunmehr in den Statistiken

widerspiegeln, sind nicht einer solchen Initiative zuzuschreiben, sondern einerseits der

Eigeninitiative der jeweiligen Unternehmen und andererseits den realen

Aufwertungen von Währungen wichtiger Handelspartner. Hinsichtlich der

Technologieoffensive gesteht sogar Bundeskanzler Klima das Scheitern ein: “In dieser

Legislaturperiode sei nichts mehr zu machen" (Die Presse, 28.2.1998).

Dies ist eine Politik, die die Zukunft Österreichs verschläft!

Anstatt ein Konzept für eine nachhaltige steuerliche Entlastung der Arbeit vorzulegen,

hat sich die Koalitionsregierung in der letzten Zeit vorwiegend bemüht, ihr

nahestehende Gruppen zu bedienen:

So wurde für eine Kreditkarten - Tochter der Bank Austria und des Raiffeisensektors das

Umsatzsteuergesetz rückwirkend geändert, weil dieser auf Grund einer Betriebsprüfung

eine Umsatzsteuernachzahlung in Höhe von mehreren hundert Millionen Schilling

vorgeschrieben wurde. Wie man sieht, helfen gute Beziehungen zur SPÖ - Spitze sogar,

wenn man weniger Steuern zahlen will.

Ein anderer aktueller Fall ist das von der ÖVP beim Finanzminister eingereichte Ansuchen

auf Nachsicht von Aussetzungszinsen in Höhe von rund 1 Mio. S, “mit dessen positiver

Erledigung mit großer Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist” (50 ÖVP - Generalsekretärin

Rauch - Kallat in einem Brief an die Finanz). Weiters heißt es in diesem, am 2. Juni1998

beim Finanzamt eingelangten Brief: “Auf unser o.a. Steuerkonto Nr. xxx, Referat 16,

haftet der Betrag von ÖS 990.362,07 aus, welcher aus den Aussetzungszinsen gemäß

Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung vom 12. Oktober 1995

resultiert und gemäß Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom

10.12.1997, Einbringungsstelle, bis 30.6.1998 gestundet wurde.

Wir beantragen nun neuerlich in offener Frist die Stundung des angeführten Betrages

bis 1 Monat nach Erledigung unseres Nachsichtsansuchens, mindestens jedoch bis 31.

Dezember 1998”.

Auch hier handelt es sich um eine Abgabe, die von den zuständigen Finanzbeamten

zurecht vorgeschrieben wurde und die mittlerweile - weil die ÖVP nicht zahlen wollte -

mit entsprechendem politischen Druck nachgesehen wurde. Diese Vorgangsweise ist

nach Auskunft von Steuerberatern höchst erstaunlich, da Anträge auf Nachsicht - vor

allem von Aussetzungszinsen - so gut wie nie positiv erledigt werden.

Für alle Bürgerinnen und Bürger, die nicht über so gute politische Verbindungen

verfügen wie die SPÖ - nahe Bank Austria oder die ÖVP muß sich die Frage stellen, ob es

sich hier um Protektion handelt.

Diese Fragen müssen sich auch alle Unternehmen stellen, die insgesamt mehr als 3 Mrd.

S an Außenhandelsförderungsbeiträgen gezahlt haben und noch Jahre, nachdem der

Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24.11.1994, ZI. 94/16/0182, entschieden

hat, daß diese Abgabe zu Unrecht eingehoben wurde, auf die Rückzahlung warten

mußten. Die Rückzahlung dieser unrechtmäßig kassierten Gelder erfolgte äußerst

schleppend, da sich das Bundesministerium für Finanzen und die Wirtschaftskammer

nicht einigen konnten, wer für die Rückzahlung aufkommen muß. Einigung konnte nur

dahingehend erzielt werden, daß das Höchstgericht diese Frage klären sollte, weshalb

die betroffenen Unternehmer lange auf ihr Geld warten mußten.

Die SPÖVP - Bundesregierung hat offenbar nicht die Absicht, in absehbarer Zeit die

Steuerbelastung der Österreicherinnen und Österreicher nachhaltig zu senken, wie dies

von allen Experten gefordert wird. Der Bundesminister für Finanzen tritt im Gegenteil für

eine neuerliche Verschiebung einer Steuerreform bis zum Jahre 2001 ein, die darüber

hinaus ohnedies nur aufkommensneutral sein soll, das heißt keine wirkliche Senkung der

Steuern bringen soll (Die Presse, 16.6.1998).

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen

gemäß § 93 Abs. 1 GOG - NR nachstehende

DRINGLICHE ANFRAGE

1. Teilen Sie die Auffassung, daß sich die in den letzten Jahren erheblich

zugenommene Steuerbelastung der Österreicherinnen und Österreicher für den

Wirtschaftsstandort Österreich negativ auswirkt?

2. Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen werden Sie zur Änderung der Situation

veranlassen?

Wenn nein, warum nicht?

3. Um wieviel Prozentpunkte soll die exorbitant hohe Steuer - und Abgabenquote im

Zuge der Steuerreform gesenkt werden?

4. Ist es richtig, daß Sie nicht beabsichtigen, zum 1.1.1999 bzw. 2000 eine Entlastung

der Arbeitseinkommen durch eine Senkung der Lohn - und Einkommensteuer

herbeizuführen?

Wenn ja, weshalb nicht und wann beabsichtigen Sie die Durchführung dieser längst

überfälligen Maßnahme?

5. Welche konkreten Maßnahmen zur Senkung des Lohn - und Einkommensteuertarifs

planen Sie?

6. Ist es richtig, daß der Lohn - und Einkommensteuertarif im Zuge einer Steuerreform

nur marginal um höchstens 1 bis 2 Prozentpunkte gesenkt werden soll?

Wenn ja, warum ist keine stärkere Entlastung geplant?

7. Können Sie die steigende Belastung der Arbeitnehmereinkommen durch eine

enorm wachsende Lohnsteuerquote mit Ihrer Gesinnung als Sozialdemokrat

vereinbaren?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, weshalb haben Sie bisher nichts zur Änderung der Situation

unternommen?

8. Können Sie ausschließen, daß im Zuge der Steuerreform die Grund - sowie die

Erbschafts - und Schenkungssteuer erhöht werden?

Wenn nein, warum nicht?

9. Können Sie ausschließen, daß im Zuge der Steuerreform die Mineralölsteuer

angehoben wird?

Wenn nein, warum nicht?

10. Können Sie ausschließen, daß im Zuge der Steuerreform eine Erhöhung der

Energiesteuer auf Strom und Gas und anderer Abgaben beabsichtigt ist?

Wenn nein, warum nicht?

11. Planen Sie im Zuge der Steuerreform eine Erhöhung der Kapitalertragsteuer und

eine Besteuerung von Kursgewinnen von Wertpapieren wie in den USA?

12. Ist es richtig, daß Österreich auf EU - Ebene für die Einführung von

Mehrheitsentscheidungen im Steuerbereich eingetreten ist?

Wenn ja, mit welcher Begründung und ist dies mit dem Koalitionspartner

abgesprochen?

13. Welche Haltung haben Sie persönlich in diesem Zusammenhang eingenommen?

14. Welche Bereiche des Steuerrechts sind nach Auffassung der Bundesregierung

geeignet, durch EU - Mehrheitsentscheidungen geregelt und aus dem

Verantwortungsbereich der einzelnen Staaten genommen zu werden?

1 5. Welche Gründe waren dafür maßgebend, das Umsatzsteuergesetz rückwirkend

zugunsten der Kreditkarten - Tochter der Bank Austria und des Raiffeisensektors zu

ändern, woraus sich zu Lasten des Budgets ein Steuervorteil von mehreren hundert

Millionen Schilling ergab?

16. Trifft es zu, daß diese rückwirkende Gesetzesänderung keineswegs auf Grund von

EU - Normen geboten war?

Wenn ja, weshalb wurde dann von Regierungsseite wiederholt unrichtigerweise

behauptet, daß die EU diese Regelung gefordert habe?

17. Wie hoch ist der jährliche Steuervorteil, der den Kreditkartenunternehmen durch die

Änderung des Umsatzsteuergesetzes erwächst?

18. Mit welcher Begründung wurde der ÖVP in der letzten Zeit ein Betrag von nahezu 1

Mio. S nachgesehen?

19. Weshalb wurde in diesem Fall eine Unbilligkeit der Einhebung angenommen?

20. Teilen Sie die Auffassung, daß es sich bei diesem Vorgang um ein Steuergeschenk

handelt?

Wenn ja, wieso haben Sie zugelassen, daß die ÖVP ein Steuergeschenk erhält?

Wenn nein, warum nicht?

21. Wie lange dauerte im gegenständlichen Fall das Verfahren zwischen Erstbescheid

und Berufungsentscheidung hinsichtlich der Frage der

Vorsteuerabzugsberechtigung?

22. Für welchen Zeitraum wurden Aussetzungszinsen berechnet?

23. Gab es Interventionen hinsichtlich einer positiven Erledigung des

Nachsichtsantrages, da über diesen nicht “ohne unnötigen Aufschub” entschieden

wurde?

24. Aus welchem Grund wurde der Nachsichtsantrag beim Bundesministerium für

Finanzen und nicht beim zuständigen Finanzamt für Körperschaften eingebracht?

25. Entspricht dies dem üblichen Behördenweg?

26. Auf welche Höhe dürfte sich die Zinsersparnis für die ÖVP, insbesondere durch die

dreijährige Nichterledigung (von 1987 bis 1990), belaufen?

27. In wie vielen Fällen wurden nach negativen Berufungsentscheidungen (und bei

negativen VwGH - Verfahren) seit 1990 Aussetzungszinsen nachgesehen?

28. In wie vielen anderen Fällen wurden seit 1990 politischen Parteien Abgaben

nachgesehen, welche Parteien wurden begünstigt und um welche Beträge handelte

es sich dabei?

29. Wurden die zu Unrecht einbehaltenen Außenhandelsförderungsbeiträge bereits zur

Gänze an die Unternehmen zurückbezahlt?

Wenn nein, warum nicht?

30. Wie hoch ist der Betrag, der den Unternehmen bisher rückerstattet worden ist?

31. Sind Sie nach wie vor der Ansicht, daß Zinsnachteile vom jeweils Betroffenen selbst

getragen werden sollen?

Wenn ja, weshalb?

Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen zur Änderung der Rechtslage planen

Sie?

Es wird beantragt, die Dringliche Anfrage gemäß § 93 Abs. 1 GOG - NR zum

frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln.