4852/J XX.GP
der Abgeordneten Mag. Stadler
und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Ostmafiakontakte
Der Zusammenbruch der real - sozialistischen Diktaturen in Osteuropa hat dazu geführt,
daß Bürger dieser Staaten in verstärktem Ausmaß nach Österreich reisen. Die groß -
kriminelle Unterwanderung dieser Personen durch Gruppen organisierter Kriminalität, im
speziellen der Russenmafia, wurde in Österreich durch Strukturananlysen der EDOK
nachgewiesen. Die kriminellen Aktivitäten der Russenmafia umfassen eine breite Palette
wobei enorme Geldflüsse und eine überaus brutale Vorgangsweise der Täter auffallen.
Es ist seit langem evident, daß der Import von Kriminalität aus den osteuropäischen
Reformstaaten und insbesondere aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen
Sowjetunion eine eminente Gefahr für die Sicherheit der Österreicherinnen und
Österreicher darstellt. Dabei wird der Anteil der organisierten Kriminalität, die durch den
Zuzug aus dem Osten besonders begünstigt wird, an der Gesamtkriminalität in
Österreich laut Kriminalstatistik 1996 schon auf ca. 30 bis 35 % geschätzt und wird in
Zukunft durch die absehbaren Folgen des Schengener Abkommens noch wesentlich
unterstützt und erleichtert werden (Menschen - insbesondere Frauenhandel,
Schlepperei, Prostitution, Waffen - und Drogenhandel, Schutzgelderpressungen,
Geldwäsche etc.). Nach der Einschätzung von EU - Experten droht mit der Osterweiterung
der EU ein weiteres Sicherheitsproblem erster Ordnung, da die meisten Osteuropäischen
Staaten ihren Grenzschutz bisher vernachlässigt haben und sich deshalb die groß -
kriminellen Organisationen ungehindert und grenzüberschreitend ausweiten konnten.
Der amerikanische Experte für internationale Finanzkriminalität, Jack Blum, sieht in Wien
sogar ein Zentrum der Geldwäsche aus den ehemaligen Oststaaten. Im zunehmendem
Maße fänden Transaktionen mafioser Organisationen aus Rußland und insbesondere die
Weißwäsche von Geldern kriminellen Ursprungs in Wien statt (Die Presse, 10. März
1998).
Der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Dr. Michael Sika, schätzt die
Bedrohung Österreichs durch die von Kriminellen aus der ehemaligen Sowjetunion
gesteuerte organisierte Kriminalität überaus dramatisch ein, indem er feststellt, daß
“man sich im klaren sein müsse, “daß es keinen Handel mit Rußland gibt, ohne
irgendwie in Kontakt mit mafiosen Leuten zu kommen” (Profil Nr. 11,9. März 1998).
Gleichzeitig wirft Sika maßgebenden Politikern der Koalitionsparteien vor, die Augen vor
der offenkundigen Realität zu verschließen, indem sie naiv fragen: “Gibt es die
organisierte Kriminalität wirklich?”
Auf diese Gefahren haben die Freiheitlichen seit langem immer wieder hingewiesen,
wobei folgende konkrete Vorgänge aufgezeigt wurden:
Der damalige Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky intervenierte beispielsweise für den
Unternehmer Leopold Bausbek bei seinem ehemaligen Sekretär Gerhard Praschak, der
mittlerweile Vorstand der österreichischen Kontrollbank geworden war. Gegenstand der
Intervention waren Ostgeschäfte mit dem später ermordeten David Sanikidse, wobei es
um Hotelprojekte ging. David Sanikidse, in seiner Heimat ein prominenter Mann, war
den Behörden als Pate der georgischen Mafia wohl bekannt.
Ein weiteres Beispiel sind die innigen Kontakte des damaligen Bundeskanzlers Dr.
Vranitzky mit dem ehemaligen Bürgermeister von St. Petersburg Anatol Sobtschak, dem
mit großem Medienrummel die Finanzierung eines Österreichplatzes zugesagt wurde.
Mittlerweile ist die Finanzierungshilfe der österreichischen Steuerzahler in dunklen
Kanälen verschwunden und Bürgermeister Sobtschak untergetaucht.
Allgemein bekannt sind die Ostkontakte des ehemaligen Innenministers Karl Blecha. Karl
Blecha verfügt aus seiner Tätigkeit als Berater in Wirtschaftsfragen sowie als Markt - und
Sozialforscher über ausgezeichnete Kontakte zu Personen und Unternehmen in den
ehemaligen Ostblockstaaten. Er war aber auch seit 1992, als beispielsweise
Schutzgelderpressungen bekannt wurden, gemeinsam mit Ex - Außenminister Gratz und
dem bereits erwähnten Mafiapaten David Sanikidse an einer Firma beteiligt. Sanikidse
soll ein Hauptverantwortlicher für Schutzgelderpressung westlicher Investoren gewesen
sein (Roth, Die roten
Bosse, S 257).
Schließlich sind auch die umfangreichen Ostkontakte des ehemaligen Landwirtschafts -
ministers Dr. Erich Schmidt allgemein bekannt. Im Rahmen seiner Insolvenz wurde
evident, daß im Zusammenhang mit seinem verschachtelten Firmenimperium hunderte
Millionen im Osten versickert sind.
Im Wiener Landesgericht für Strafsachen findet derzeit der Strafprozeß gegen die
mutmaßlichen Mörder des erwähnten David Sanikidse statt. Nach den Aussagen eines
Beamten der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (EDOK) soll
das Mordopfer ein bedeutender Pate der georgischen Mafia mit weitreichenden
Verbindungen in die ganze Welt gewesen und letztlich den Krieg mit einem anderen
Verbrecherclan zum Opfer gefallen sein. Darüber hinaus soll er den Erkenntnissen der
EDOK zufolge über exzellente Verbindungen zu österreichischen Wirtschaftstreibenden
und Politikern verfügt haben. Nach Angaben des EDOK - Ermittlers sollen acht kriminelle
Gruppierungen aus der ehemaligen Sowjetunion in Österreich aktiv sein. Nach Aussagen
des EDOK - Ermittlers seien zahlreiche Verbindungen von Sanikidse zu österreichischen
Politikern - unter anderem ehemaligen SPÖ - Regierungsmitgliedern - und Unternehmen
bekannt und durch Fotos dokumentiert. Die EDOK habe diese Personen des öffentlichen
Lebens gewarnt. Sie sehe in solchen Kontakten österreichischer Politiker mit solchen
Personen, die ihren Erkenntnissen zufolge Mafiapaten seien, die Gefahr der
Unterwanderung der österreichischen Gesellschaft.
Durch diese Aussagen werden die Warnungen der FPÖ vor der Gefahr von
Mafiakontakten durch österreichische Politiker und Unternehmensvertreter vollinhaltlich
bestätigt. Auch die Warnung des Generaldirektors für Öffentliche Sicherheit vor einem
leichtfertigen Umgang mit der organisierten Kriminalität und insbesondere vor der
Bedrohung der österreichischen Demokratie durch die von Kriminellen aus der
ehemaligen Sowjetunion gesteuerte organisierte Kriminalität und die in dieselbe
Richtung zielenden Aussagen von Roth (“Die Roten Bosse”) haben sich als zutreffend
erwiesen.
Die Bundesregierung hat es trotz dieser bereits vor Monaten erfolgten Warnungen
unterlassen die erforderlichen Schritte zu setzen, um bei Ostkontakten von Politikern
und Wirtschaftsvertretern die Gefahr von bewußten oder unbewußten Kontakten und
Kooperationen mit der
Russenmafia möglichst auszuschließen. Aufgrund dieses
sorglosen Umgangs mit der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher richten
die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres nachstehende
Dringliche Anfrage
1. Sind Ihnen die Aussagen, die von einem EDOK - Beamten im laufenden Sanikidse -
Prozeß gemacht wurden bekannt?
2. Seit wann ist Ihnen der Inhalt dieser Aussagen bekannt?
3. Seit wann ist Ihnen konkret bekannt, daß Sanikidse exzellente Verbindungen zu
österreichischen Politikern und Wirtschaftstreibenden unterhalten hat?
4. Ist es richtig, daß es sich bei den Politikern mit Sanikidse - Kontakten auch um
ehemalige SPÖ - Regierungsmitglieder handelt?
Wenn ja, um welche Personen handelt es sich dabei konkret?
5. Welche anderen Politiker und Wirtschaftstreibende unterhielten Kontakte mit
Sanikidse?
6. Seit wann ist Ihnen konkret bekannt, daß auch andere Personen, die nach den
polizeilichen Ermittlungen dem Millieu der Russenmafia (Ostmafia) zuzurechnen sind,
exzellente Verbindungen zu österreichischen Politikern und Wirtschaftstreibenden
unterhalten haben?
7. Ist es richtig, daß es sich bei den Politikern mit derartigen Kontakten auch um
ehemalige SPÖ - Regierungsmitglieder handelt?
Wenn ja, um welche Personen handelt es sich dabei konkret?
8. Welche anderen Politiker und Wirtschaftstreibende unterhielten Kontakte mit
Personen, die nach den polizeilichen Ermittlungen dem Millieu der Russenmafia
zuzurechnen sind?
9. Wurden diese bekannten Kontakte von den Polizeibehörden zum Anlaß genommen,
den Hintergrund der Kontakte zu analysieren?
Wenn nein, warum nicht?
10. Wurde bei diesen Analysen geprüft, ob und inwieweit durch diese Kontakte
kriminelle Geschäfte der organisierten Kriminalität begünstigt wurden und welches
Ergebnis erbrachte diese Prüfung?
Wenn nein, warum nicht?
11. Gegen welche Personen wurde bzw. wird aufgrund derartiger Prüfungen wegen des
Verdachts von strafbaren Handlungen ermittelt?
12. Ist es richtig, daß seitens der Polizeibehörden österreichische Politiker und
Unternehmensvertreter vor Kontakten mit Personen im Millieu der Russenmafia
gewarnt wurden?
13. Welche konkreten Personen wurden aufgrund welcher Erwägungen gewarnt?
14. Aufgrund welcher Erwägungen wurde Nationalratspräsident Fischer nicht vor
derartigen Kontakten gewarnt, wie dieser behauptet, obwohl seine Bekanntschaft
mit Sanikidse dokumentiert war?
15. Welche Veranlassungen werden Sie aufgrund der im bisherigen Verlauf des
Sanikidse - Prozesses festgestellten Verfilzungen zwischen der Russenmafia und SPÖ -
Politikern treffen?
16. Teilen Sie die Auffassung von Dr. Sika, daß der leichtfertige Umgang mit der
organisierten Kriminalität, den dieser maßgebenden Politikern der Koalitionsparteien
vorgeworfen hat, letztlich auch eine Gefahr für die österreichische Demokratie
darstelle?
17. Auf welche Weise werden Sie diesen Warnungen vor der organisierten Kriminalität
Rechnung tragen?
18. Werden Sie einen umfassenden Bericht über die Tätigkeit der organisierten
Kriminalität in Österreich, insbesondere der Russenmafia, die Verflechtungen
zwischen der organisierten Kriminalität und Österreichischen Politikern und
Wirtschaftsvertretern, und die Maßnahmen zur Bekämpfung durch die
Sicherheitsbehörden vorlegen? Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?
Es wird beantragt, die Dringliche Anfrage gemäß § 93 Abs. 1 GOG - NR zum
frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln.